Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.12.2012, Az. 8 W (pat) 701/10

8. Senat | REWIS RS 2012, 776

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Gegenstand

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Verfahren zur Herstellung von Kunststoffbehältern für Flüssigkeiten" – zum Rechtsschutzbedürfnis an der Fortsetzung des Einspruchsverfahrens nach Erlöschen des Patents – Freistellung von Ansprüchen aus dem Patent für die Vergangenheit – zur Rückzahlung der Einspruchsgebühr aus Billigkeitsgründen


Leitsatz

Verfahren zur Herstellung von Kunststoffbehältern für Flüssigkeiten

1. Erlischt das Streitpatent im Laufe des Einspruchsverfahrens und legt der Einsprechende kein eigenes besonderes Rechtsschutzbedürfnis am Widerruf des Patents dar, so ist auch dann vom fehlenden Rechtsschutzbedürfnis des Einsprechenden an der Fortsetzung des Einspruchsverfahrens auszugehen und die Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache festzustellen, wenn der Patentinhaber den Einsprechenden nicht von Ansprüchen aus dem Patent für die Vergangenheit freigestellt hat.

2. Für eine Rückzahlung der Einspruchsgebühr aus Billigkeitsgründen nach § 62 Abs. 1 PatG ist es nicht ausreichend, wenn sich der Einsprechende zur Erhebung des Einspruchs herausgefordert sieht, weil er den Patentgegenstand nach seiner Ansicht auch für den Patentinhaber erkennbar offenkundig vorbenutzt hat.

Hierfür ist auch nicht ausreichend, wenn der Patentinhaber unter dem Eindruck des Einspruchs und der Einspruchsbegründung das Streitpatent erlöschen lässt.

Tenor

In der Einspruchssache

betreffend das Patent 10 2004 039 963

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] am 4. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden [X.]. [X.] und [X.]. Dr. [X.], [X.] und Dipl.-Ing. Dr. Dorfschmidt

beschlossen:

1. Das Einspruchsverfahren ist in der Hauptsache erledigt.

2. Der Antrag der Einsprechenden, die amtlichen Gebühren für das Einspruchsverfahren zurückzuzahlen, wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Gegen das Patent 10 2004 039 963 der P… S.A. ([X.] in [X.]), dessen Erteilung am 28. Januar 2010 veröffentlicht worden ist, hat die [X.] mit am 23. April 2010 eingegangenem Schriftsatz unter Zahlung der [X.] und unter Auseinandersetzung mit dem Gegenstand des [X.] anhand von mehreren Druckschriften und einer geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung Einspruch erhoben. Zugleich hat die Einsprechende die Übertragung der Entscheidung auf das [X.] gemäß § 61 Abs. 2 Nr. 1 [X.] beantragt und die entsprechende Gebühr entrichtet.

2

Während des [X.] ist das Streitpatent mit Wirkung zum 1. März 2011 wegen Nichtzahlung von [X.] erloschen. Daraufhin hat das Patentamt, das den Einspruch bis dahin noch nicht an das [X.] weitergeleitet hat, die Einsprechende mit Bescheid vom 4. Mai 2011 auf das Erlöschen des [X.] hingewiesen und ausgeführt, dass damit auch das Einspruchsverfahren beendet sei, sofern die Einsprechende nicht ein begründetes Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des [X.] innerhalb einer Frist von einem Monat darlege. Hierauf hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 7. Juli 2011 mitgeteilt, dass das vom Patentamt „vermeintlich notwendigerweise angenommene Rechtsschutzinteresse“ nicht bestehe, es aber im Hinblick auf die Entscheidung B[X.] GRUR 2011, 657

3

Nach Vorlage des Einspruchs an das [X.] hat der Senat die Einsprechende mit Bescheiden vom 25. Juli 2012 und 31. August 2012 darauf hingewiesen, dass er in seiner [X.]ruchpraxis mit dem 21. Senat ([X.], 363

4

Hierauf hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 10. August 2012 zunächst erneut mitgeteilt, dass auf ihrer Seite ein Rechtsschutzinteresse nicht ersichtlich sei. Weiter hat sie auf die Entscheidung [X.] Int. 2012, 500, 503, Rn. 43, 44

5

Weiter meint die Einsprechende, dass der 21. Senat des [X.]s (gemeint offenbar: [X.] 2011, 384

6

Auch die neuere Entscheidung [X.], 1071

7

Nachdem sie vom Senat auf die o. g. [X.]-Entscheidung „Sondensystem“ aufmerksam gemacht worden ist, hat die Einsprechende ihre in der Eingabe vom 10. August 2012, Ziffer 1., enthaltene Erklärung widerrufen, wonach ein Rechtsschutzbedürfnis auf ihrer Seite nicht ersichtlich sei. Das Einspruchsverfahren sei fortzusetzen und durch Beschluss abzuschließen (Schriftsatz vom 10. September 2012, Ziff. 4.).

8

Weiter beantragt die Einsprechende, die amtlichen Gebühren zurückzuzahlen. Da allein der Einspruch für die Nichtzahlung der [X.] ursächlich gewesen sei, die Patentinhaberin sich mithin einer Entscheidung entziehe und der [X.] sowie der Allgemeinheit auf diese Weise sollte der Senat bei seiner vorläufigen Rechtsauffassung bleiben die Vernichtung des Patents mit Wirkung von Anfang an verweigert werde, sei es nur billig, der [X.] die Gebühren zu erstatten.

9

Die Einsprechende beantragt sinngemäß,

das Patent zu widerrufen,

die amtlichen Gebühren für das Einspruchsverfahren zurückzuzahlen.

Weiter regt sie an,

die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Patentinhaberin hat sich auf die ihr zur Kenntnis übersandten Eingaben der [X.], wie auch sonst im gesamten bisherigen Einspruchsverfahren, nicht geäußert.

II.

1. Das Einspruchsverfahren ist in der Hauptsache erledigt.

a) Nachdem das Streitpatent im Laufe des [X.] erloschen ist, kann das Verfahren entgegen der Ansicht der [X.] nur dann fortgesetzt werden, wenn sie hierfür ein besonderes eigenes Rechtsschutzbedürfnis hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] und h.M., der sich auch der Senat anschließt, wird das Einspruchsverfahren im Falle des zwischenzeitlichen Erlöschens des [X.] nur dann fortgesetzt, wenn auf Seiten des [X.] ein besonderes eigenes Rechtsschutzbedürfnis an der Fortsetzung besteht (vgl. [X.], 615, 617, li. [X.].

Die von der [X.] hiergegen vorgebrachten wesentlichen Argumente vermögen nicht zu überzeugen:

Soweit der [X.] in seinem Urteil GRUR Int. 2011, 500, Rn. 43

Auch soweit die Einsprechende Kritik an der Entscheidung B[X.] (21. Senat) [X.] 2011, 384

Im Übrigen ist der 21. Senat in seiner Entscheidung a. a. [X.]

Auch das von der [X.] weiter angeführte Argument, der Patentinhaber könne nach dem Erlöschen lassen des [X.] und nach Feststellung der Erledigung des [X.] eine Verletzungsklage erheben, so dass der Einsprechende dann auf die kostenaufwendige Nichtigkeitsklage angewiesen sei, vermag den Senat nicht zu überzeugen. In dem der Entscheidung [X.], a. a. [X.]

Zwar hat der [X.] nicht zu der Frage Stellung genommen, auf welcher verfahrensrechtlichen Grundlage in solchen Fällen die Feststellung der Erledigung in der Hauptsache beruht, dies bedarf hier jedoch keiner weiteren Vertiefung mehr (vgl. dazu aber ausführlich B[X.], a. a. [X.]

Soweit die Einsprechende darauf hinweist, dass das Patent nach einer solchen Feststellung der Erledigung des [X.] allein noch mit der kostenaufwendigen Nichtigkeitsklage angegriffen werden kann, wenn der Patentinhaber dann doch noch Rechte für die Vergangenheit geltend macht, ist dies aus Gründen der Rechtssicherheit (vgl. § 81 Abs. 2 [X.]) hinzunehmen. Sofern dabei erkennbar wird, dass der Patentinhaber die förmliche Beendigung des [X.] abgewartet hat, um dann erst Ansprüche für die Vergangenheit geltend zu machen, dürfte ein solches Verhalten bei der Kostenentscheidung eines Nichtigkeitsverfahrens nach § 84 Abs. 2 [X.], die auch nach [X.] getroffen wird, zu berücksichtigen sein.

Entgegen der Auffassung der [X.] führt die Feststellung der Erledigung des [X.] in der Hauptsache auch nicht etwa zu [X.], wenn der Patentinhaber nach Verkündung oder Zustellung einer auf Widerruf lautenden Entscheidung auf das Patent verzichtet. Der Widerrufsbeschluss wird mit seiner Verkündung bzw. Zustellung wirksam, so dass die den Beschluss erlassende Stelle spätestens ab diesem Zeitpunkt an ihn gebunden ist (§ 318 ZPO analog (für das Patentamt) bzw. § 318 ZPO i. V. m. § 99 Abs. 1 [X.] (für das Patentgericht)). Er wird damit unabhängig von einem späteren [X.] rechtskräftig, sofern er nicht angefochten wird. Dies gilt auch, wenn man der Rechtsauffassung der [X.] folgt. Wird der Widerrufsbeschluss vom Patentinhaber angefochten und verzichtet dieser im Beschwerdeverfahren auf das Patent, so würde sich nach Auffassung des Senats die Feststellung der Erledigung des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens nach den gleichen Grundsätzen anbieten, wie in der ersten Instanz (vgl. allerdings [X.], a. a. [X.], § 73 Rn. 193; Busse, a. a. [X.], § 79 Rn. 14 jew. m. w. N.), was hier aber nicht im Einzelnen geklärt zu werden braucht. [X.] sind für den Senat jedenfalls nicht ersichtlich.

b) Das demnach für die Fortsetzung des [X.] erforderliche eigene Rechtsschutzbedürfnis am Widerruf hat die Einsprechende vorliegend nicht dargelegt. Vielmehr hat sie zunächst zweimal erklärt, dass ein Rechtsschutzbedürfnis auf ihrer Seite nicht bestehe (Schriftsätze vom 7. Juli 2011 und 10. August 2012) und diese Erklärungen später nach Kenntnisnahme der Entscheidung [X.] a. a. [X.]

Auch aus dem weiteren Akteninhalt ergaben sich für den Senat keine Hinweise auf das erforderliche Rechtsschutzinteresse der [X.]. Nicht ausreichend ist insbesondere die von der [X.] aufgestellte und anhand von eidesstattlichen Versicherungen ihrer Mitarbeiter unter Beweis gestellte Behauptung, dass sie das patentierte Herstellungsverfahren selbst seit fast 26 Jahren benutze und die Patentanmeldung angesichts des engen, transparenten Marktes und der Marktführerschaft der Patentinhaberin geradezu eine „Frechheit“ sei (vgl. Einspruchsschrift vom 23. April 2010 unter [X.]); eidesstattliche Versicherung des Qualitätsmanagers der [X.] vom 21. April 2010, Ziff. 3. (Anlage [X.] zum Einspruch)). Ob ein offensichtlich schutzunfähiges Patent vorliegt, dies auch der Patentinhaberin schon bei der Anmeldung erkennbar war und die Einsprechende sich daher zur Erhebung des Einspruchs provoziert sehen musste, ist eine Frage der Kostenauferlegung bzw. der Rückzahlung der [X.]en (s. u.). Für ein schutzwürdiges Bedürfnis an der Fortsetzung des [X.] zwecks Beseitigung des Patents mit Wirkung ex tunc gibt dies nichts her. Vielmehr würde eine angesichts der Marktverhältnisse von Anfang an erkennbare Schutzunfähigkeit des Patents zusammen mit dessen Erlöschen lassen indiziell eher dagegen sprechen, dass die Einsprechende noch befürchten muss, auch für die Vergangenheit mit Klagen aus dem Patent überzogen zu werden.

Auch allgemeine Hinweise auf eine „Vielzahl von streitigen Verfahren einschließlich aufwendigen Patentverletzungsverfahren“ zwischen den Beteiligten bzw. ihren Konzernen (vgl. eidesstattliche Versicherung, a. a. [X.]) begründen als solche keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass eine Inanspruchnahme der [X.] aus dem erloschenen Streitpatent für die Vergangenheit zu erwarten ist. Weiter ist auch aus dem Antwortschreiben der Patentinhaberin vom 30. März 2010, in dem sie im Vorfeld des [X.] ein Mitbenutzungsrecht der [X.] am Streitpatent „aus ganz grundsätzlichen Erwägungen“ abgelehnt hat (Anlage [X.] 3 zum Einspruchsschriftsatz) kein konkreter Hinweis darauf entnehmbar, dass die Patentinhaberin die Einsprechende auch nach einem späteren Erlöschen lassen des Patents noch für die Vergangenheit in Anspruch nehmen werde.

Entgegen der Ansicht der [X.] wird ein Rechtsschutzinteresse auch nicht bereits deshalb vermutet, weil die Patentinhaberin sich nicht geäußert, insbesondere die Einsprechende nicht von Ansprüchen für die Vergangenheit freigestellt hat. Zwar lag worauf die Einsprechende hinweist der Entscheidung [X.] a. a. [X.]

Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass der Einsprechende für die Fortsetzung des [X.] nach Erlöschen des [X.] ein eigenes Rechtsschutzinteresse konkret darzulegen hat (s. o.). Dann aber reicht hierfür der Hinweis auf ein bloßes Schweigen bzw. eine bloße Untätigkeit des [X.] nicht aus. Vielmehr entspricht es in der Praxis dem Normalfall, dass ein Patentinhaber, der sein Schutzrecht erlöschen lässt, kein Interesse mehr am Patent und den damit in Zusammenhang stehenden Verfahren hat, somit untätig bleibt und insbesondere weder den [X.] von Ansprüchen freistellt noch sich sonst im Einspruchsverfahren weiter äußert. Aus einer bloßen Untätigkeit des [X.] kann ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis für den insoweit darlegungs- und beweispflichtigen [X.] (s. o.) nicht hergeleitet werden. Nach Auffassung des Senats stellt eine Freistellungserklärung daher nicht etwa eine Voraussetzung für das Fehlen eines Rechtsschutzinteresses des [X.], sondern nur einen zusätzlichen besonderen Umstand dar, der das Rechtsschutzbedürfnis selbst in Fällen früherer Abmahnungen entfallen lassen kann (vgl. B[X.] GRUR 2009, 522

Damit war festzustellen, dass das Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt ist.

2. Der Senat sieht davon ab, amtliche Gebühren, insbesondere die [X.] zurückzuzahlen. In Betracht kommt vorliegend nur die Rückzahlung der [X.] nach § 62 Abs. 1 Satz 3 [X.]. Soweit sich der Rückzahlungsantrag der [X.] auf sämtliche „amtlichen Gebühren“ und damit auch auf die Gebühr für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 61 Abs. 2 [X.] (Nr. 400 000 der Anlage zum Patentkostengesetz) bezogen haben sollte, fehlt es für die Rückzahlung dieser Gebühr bereits an einer gesetzlichen Rechtsgrundlage.

Die Rückzahlung der [X.] kann angeordnet werden, wenn es der Billigkeit entspricht (§ 62 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Dann müssen besondere Umstände vorliegen, die es als unangemessen erscheinen lassen, die Gebühr einzubehalten ([X.], a. a. [X.], § 62 Rn. 21). Dabei kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr entwickelt worden sind (vgl. B[X.] [X.] 2005, 241; [X.], a. a. [X.], § 62 Rn. 21; Busse, a. a. [X.], § 62 Rn. 25; [X.], a. a. [X.], § 62 [X.], Rn. 15). Insbesondere kann es für die Rückzahlung aus Billigkeitsgründen sprechen, wenn offensichtlich ist, dass der Einspruch bei sachgemäßer Behandlung durch das [X.] vermeidbar gewesen wäre, wenn also das Patent nicht hätte erteilt werden dürfen ([X.], a. a. [X.], Rn. 22; [X.], a. a. [X.], Rn. 15).

Verfahrensfehler oder eine sonst unsachgemäße Behandlung durch die Prüfungsstelle, etwa eine offensichtlich unzureichende Recherche, offensichtliche Fehlbewertung der Relevanz der im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen Entgegenhaltungen o. Ä. macht die Einsprechende nicht geltend. Sie beruft sich vielmehr auf eine (wenn auch aus dem parallelen EPA-Prüfungsverfahren bekannte) von ihr eingeführte Druckschrift ([X.]) als neuheitsschädlicher Stand der Technik, weiter auf eine Kombination einer aus dem Prüfungsverfahren bekannten Druckschrift mit von ihr neu eingeführten weiteren Druckschriften als die Erfindung nahelegend, vor allem aber führt sie eine offenkundige Vorbenutzung an, die sie intensiv mit Prospekten und eidesstattlichen Versicherungen zu belegen sucht. Von einer unsachgemäßen Sachbehandlung durch das Amt im Prüfungsverfahren, die zu einer offensichtlichen Fehlerteilung und damit zur Notwendigkeit der Zahlung der [X.] führte, kann daher nicht ausgegangen werden.

Soweit die Einsprechende sinngemäß geltend macht, dass die Anmeldung von längst auf dem Markt befindlichen Verfahren und Vorrichtungen den Einspruch notwendig gemacht habe, rügt sie ein „Fehlverhalten“ der Patentinhaberin (Anmeldung längst bekannter Technologie zum Patent) und betont die Notwendigkeit des Einspruchs zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit. Dann aber erscheint es nicht billig, dass der Staat auf die ohnehin geringe [X.] verzichtet und diese an die Einsprechende erstattet, da die Einsprechende in diesem Fall vornehmlich eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt (ähnlich [X.], a. a. [X.], § 62, Rz. 14 a. E.). Vielmehr würde es in derartigen Fällen nach [X.] naheliegender erscheinen, dem Patentinhaber die Kosten des [X.] aufzuerlegen und dabei die [X.] als Teil dieser Verfahrenskosten zu überbürden. Für eine solche Kostenauferlegung zu Lasten der Patentinhaberin, die die Einsprechende offenbar auch als eigentliches Kostenziel im Auge hatte (vgl. ihre anfänglich gestellten Kostenauferlegungsanträge), fehlt es hier aber wiederum an der Rechtsgrundlage. Denn nach § 62 Abs. 1 Satz 1 [X.] können einem Beteiligten nur die durch eine Anhörung oder eine Beweisaufnahme verursachten Kosten auferlegt werden. Soweit kam es hier nicht mehr. Die Rückzahlungsmöglichkeit der [X.] nach § 62 Abs. 1 Satz 3 [X.] stellt aber keinen Ersatz dar, mit dem die gesetzliche Beschränkung der Kostenauferlegung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 [X.] kompensiert werden kann.

Auch soweit die Einsprechende vermutet, dass das Erlöschen lassen des [X.] auf ihrem Einspruch beruht, stellt dies keinen Grund für die Rückzahlung der [X.] dar. Selbst wenn man unterstellt, dass das Patent unter dem Eindruck des Einspruchs wegen mangelnder Erfolgsaussicht von der Patentinhaberin aufgegeben sein sollte, so würde dies nur bedeuten, dass der Einspruch auch aus der Sicht der Patentinhaberin erfolgversprechend erschien. Der Erfolg des Einspruchs als solcher stellt jedoch keinen Rückzahlungsgrund dar ([X.], a. a. [X.] § 62 Rn. 23). Dann ist nicht einzusehen, warum er deshalb zu einem Rückzahlungsgrund werden soll, weil der angegriffene Patentinhaber den Einspruch ebenfalls als erfolgversprechend ansieht und sein Verhalten entsprechend anpasst. Im Übrigen kämen das Patentamt und das Patentgericht in erhebliche Feststellungsschwierigkeiten, wenn sie versuchen müssten, aus dem Erlöschenlassen des [X.] auf eine bestimmte Motivation des [X.] zu schließen, so wie dies die Einsprechende hier unterstellt.

3. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde zu, weil eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist und weil die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 [X.]).

Bisher nicht geklärt ist die Frage, ob es für die Beendigung des [X.] nach Erlöschen des [X.] bereits genügt, wenn der Einsprechende ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis an der Verfahrensfortsetzung nicht konkret darlegen kann, oder ob es für die Beendigung zusätzlich erforderlich ist, dass der Patentinhaber den [X.] von Ansprüchen aus dem Patent für die Vergangenheit freistellt. Darauf, dass der [X.] eine solche Freistellung als zusätzliche Voraussetzung für die Verneinung des [X.] und damit für die Verfahrenserledigung möglicherweise nicht ausschließt, deuten folgende Entscheidungspassagen hin:

[X.] GRUR 1999, 571

Darauf, dass der [X.] hingegen ein Rechtsschutzbedürfnis auch ohne Freistellung durch den Patentinhaber verneinen könnte, deutet folgende Entscheidung hin: [X.], 615

Die Bedeutung des (Nicht )Vorliegens einer solchen Freistellung wird auch in der Rechtsprechung des [X.]s nicht einheitlich beurteilt (vgl. Nachweise bei B[X.], [X.], 363, 365 li. [X.].

Ein gewisser wenngleich hier nicht entscheidungserheblicher Klärungsbedarf dürfte auch noch in der Frage liegen, wie und auf welcher rechtlichen Grundlage in solchen Fällen eine Verfahrensbeendigung des [X.] erfolgt, nachdem der [X.] von der Unzulässigkeit des Einspruchs ausgeht, es aber zugleich gebilligt hat, dass das Patentgericht das Verfahren in der Hauptsache als erledigt angesehen hat. Auf die intensiven Befassungen mit dieser Problematik in [X.] GRUR 2007, 283 und B[X.] (21. Senat) 2010, 363

Meta

8 W (pat) 701/10

04.12.2012

Bundespatentgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.12.2012, Az. 8 W (pat) 701/10 (REWIS RS 2012, 776)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 776

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