Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2011, Az. B 13 R 3/10 R

13. Senat | REWIS RS 2011, 600

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Rentenberechnung - Berücksichtigung von Ausbildungszeiten - Fachschulausbildung - Gesamtleistungsbewertung - Verfassungsmäßigkeit


Leitsatz

Im Rahmen der begrenzten Gesamtleistungsbewertung ist die Zeit einer mit Unterhaltsgeld geförderten Fachschulausbildung, die als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit bewertet wird, in die Höchstdauer von drei Jahren für die Bewertung nichtakademischer Ausbildungen einzubeziehen (Abgrenzung zu BSG vom 19.4.2011 - B 13 R 79/09 R = SozR 4-2600 § 58 Nr 13).

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 28. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die höhere Bewertung des [X.]raums einer beruflichen Ausbildung bei der Berechnung der Altersrente des Klägers.

2

Im [X.] des Klägers sind der [X.]raum 1.4.1963 bis [X.] als Pflichtbeitragszeit aufgrund beruflicher Ausbildung sowie der [X.]raum [X.] bis 31.3.1976 als [X.] der Arbeitslosigkeit sowie zugleich einer Fachschulausbildung (letztere bis zum 23.3.1976) gespeichert. Der Fachschulbesuch wurde von der (damaligen) [X.] ([X.]) durch Zahlung von Unterhaltsgeld gemäß § 44 Abs 1 [X.] gefördert; im [X.]raum davor (bis 31.3.1974) und danach (ab 1.4.1976) sind Pflichtbeitragszeiten vermerkt.

3

Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab [X.] Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem Zugangsfaktor von 1,0, insgesamt zugrunde gelegten 69,8955 persönlichen Entgeltpunkten (EP) und einem monatlichen Zahlbetrag von 1667,99 Euro (Bescheid vom 11.11.2008). Hierbei bewertete sie die 24 Monate beitragsfreie [X.] von April 1974 bis März 1976 als Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit mit [X.] des - 0,1314 EP je Kalendermonat betragenden - [X.]s (insgesamt 2,5224 EP). Hinsichtlich der insgesamt 30 Monate an Pflichtbeitragszeiten einer beruflichen Ausbildung (April 1963 bis September 1965) berücksichtigte sie nur für die 12 Monate des [X.]raums April 1963 bis März 1964 einen Zuschlag auf die bereits durch Pflichtbeiträge erworbenen EP (0,1375 EP) bis zur Höhe des auf maximal 0,0625 EP je Kalendermonat begrenzten [X.]s (insgesamt 0,6125 EP). Die restliche [X.] bewertete sie lediglich mit 0,2067 EP, die sich aus den tatsächlich erzielten [X.] ergaben. Dabei ging die Beklagte davon aus, dass von den nach § 74 S 3 [X.] höchstens zu bewertenden drei Jahren einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme bereits zwei Jahre auf die (vorrangig zu bewertende) [X.] der Fachschulausbildung vom [X.] bis 23.3.1976 entfielen, sodass für einen Zuschlag für beitragsgeminderte [X.]en im Rahmen der [X.] nur noch 12 Monate verblieben.

4

Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom [X.], Urteile des [X.] vom 26.6.2009 und des [X.] vom 28.10.2009). Das [X.] hat im Wesentlichen ausgeführt, der vom Kläger für die Monate April 1964 bis September 1965 begehrte Zuschlag zu den EP komme ausschließlich im Rahmen der [X.] in Betracht. Die Beklagte habe jedoch zutreffend gemäß § 74 S 3 [X.] den [X.]raum des Fachschulbesuchs (April 1974 bis März 1976) vorrangig bewertet und nur dem danach noch verbleibenden [X.]raum einer beruflichen Ausbildung im Umfang von 12 Monaten (April 1963 bis März 1964) nach § 71 Abs 2 [X.] zusätzliche EP bis zum begrenzten [X.] von 0,0625 EP je Kalendermonat zugeordnet. Dem stehe nicht entgegen, dass sie nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips die Monate April 1974 bis März 1976 nicht mit dem begrenzten [X.] für Ausbildungszeiten von [X.] (höchstens 0,0625 EP), sondern mit dem höheren Wert für Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit (§ 263 Abs 2a [X.]: [X.] des [X.]s) bewertet habe.

5

Nach § 74 S 3 [X.] seien [X.]en einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme für insgesamt höchstens drei Jahre zu "bewerten". Weder § 71 noch § 74 [X.] lasse sich entnehmen, dass Ausbildungszeiten nur dann als "bewertet" anzusehen seien, wenn für sie gerade der [X.] für Ausbildungszeiten berücksichtigt werde; entscheidend sei nach dem Wortlaut vielmehr allein, dass überhaupt eine Bewertung stattgefunden habe. Nichts anderes ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte, dem Sinn und Zweck sowie aus der systematischen Einordnung des § 74 S 3 [X.]. Die Bewertung von [X.]en einer Fachschulausbildung mit dem für Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit maßgeblichen [X.] führe nicht zu Wertungswidersprüchen innerhalb des Systems der [X.]. Diese Auslegung sei auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 GG stehe weder dem System der [X.] noch einer Begrenzung der Bewertung von [X.]en der beruflichen Ausbildung - einschließlich der Fachschulzeiten - auf höchstens 0,0625 EP je Kalendermonat und auf höchstens drei Jahre entgegen.

6

Der Kläger rügt mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision sinngemäß eine Verletzung von § 74 S 3 [X.]. Der [X.]raum vom [X.] bis 23.3.1976 umfasse sowohl eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 58 Abs 1 [X.] Nr 3 [X.] als auch eine Anrechnungszeit wegen Fachschulbesuchs nach § 58 Abs 1 [X.] Nr 4 [X.]. Dass bei der Rentenberechnung diese [X.] nur als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit und nicht zusätzlich auch noch als Anrechnungszeit wegen Fachschulbesuchs bewertet werde, nehme er hin. Die höhere Bewertung als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit (mit [X.] des [X.]s, ohne Begrenzung auf 0,0625 EP je Kalendermonat) verdränge jedoch die Bewertung als Anrechnungszeit wegen Fachschulbesuchs. Die in § 74 S 3 [X.] angeordnete Begrenzung der Bewertung von ([X.]) [X.]en einer Fachschulausbildung auf drei Jahre beziehe sich nur auf [X.]en des Besuchs einer Fachschule, die auch als solche bewertet worden seien; die [X.] vom [X.] bis 23.3.1976 dürfe hierauf nicht angerechnet werden. Der Sinn der vorrangigen Bewertung von Fachschulzeiten bestehe darin, diese besser zu stellen als [X.]en der beruflichen Ausbildung, weil in der Regel während des Schulbesuchs überhaupt keine Beiträge, für [X.] jedoch Pflichtbeiträge gezahlt würden. Dieser Gesetzeszweck werde ins Gegenteil verkehrt, wenn [X.]en der Fachschulausbildung, die als anderer rentenrechtlicher Tatbestand bereits besser bewertet worden seien, voll auf die beitragsgeminderten [X.]en einer beruflichen Ausbildung angerechnet würden. Dann stehe ein Versicherter besser da, der in der fraglichen [X.] nur arbeitslos gewesen sei; wer dagegen [X.]en der Arbeitslosigkeit zur Fortbildung nutze, erhalte eine geringere Rente. Dies könne nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein. Auch das [X.] habe in seinem Tätigkeitsbericht für das [X.] auf diese Problematik hingewiesen und eine Gesetzesänderung angeregt.

7

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des [X.] vom 28. Oktober 2009 und des [X.] vom 26. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2009 zu verurteilen, ihm ab 1. Febr[X.]r 2009 Altersrente für schwerbehinderte Menschen in der Höhe zu zahlen, die sich bei Bewertung auch des [X.]raums April 1964 bis September 1965 mit 0,0625 Entgeltpunkten je Kalendermonat ergibt.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil des [X.] für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 165 [X.] iVm § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 [X.]G). Die [X.] in den angefochtenen Bescheiden der Beklagten ist rechtmäßig; das [X.] hat daher seine Berufung gegen das klagabweisende Urteil des [X.] zu Recht zurückgewiesen.

1. Rechtsgrundlage für den vom [X.]läger zutreffend in Form einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Alt 2, Abs 4 iVm § 56 [X.]G) geltend gemachten Anspruch auf einen Zuschlag zu den bei seiner Rente zu berücksichtigenden EP für den [X.]raum April 1964 bis September 1965 ist § 71 Abs 2 S 1 [X.]B VI (in der zum 1.1.2002 in [X.] getretenen Fassung von Art 2 [X.] des Gesetzes zur Änderung des [X.], [X.]). Danach ist für beitragsgeminderte [X.]en die Summe der EP um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese [X.]en jeweils als beitragsfreie Anrechnungszeiten wegen [X.]rankheit und Arbeitslosigkeit, wegen einer schulischen Ausbildung und als [X.]en wegen einer beruflichen Ausbildung oder als sonstige beitragsfreie [X.]en hätten.

Aus der Regelung in § 54 Abs 3 [X.]B VI ergibt sich, was beitragsgeminderte [X.]en im Sinne dieser Vorschrift sind: Nach der Definition in Satz 1 (aaO) sind dies solche [X.]alendermonate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch mit Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten belegt sind; unabhängig hiervon gelten gemäß Satz 2 (aaO) als beitragsgeminderte [X.]en auch alle [X.]alendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung ([X.]en einer beruflichen Ausbildung). Die Vorgaben in § 71 Abs 3 S 1 [X.] [X.]B VI stehen dem nicht entgegen. Zwar werden nach dieser Regelung [X.]alendermonate mit [X.]en einer beruflichen Ausbildung für die [X.] "insoweit nicht als beitragsgeminderte [X.]en berücksichtigt". Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine gleichsam vor [X.] gezogene Berechnungsvorschrift für die Ermittlung der Höhe des [X.] im Rahmen der Grundbewertung (§ 72 [X.]B VI) oder der Vergleichsbewertung (§ 73 [X.]B VI). Für die Frage, ob eine beitragsgeminderte [X.] vorliegt, für die im Rahmen der [X.] ein Zuschlag an EP gewährt werden kann, ist § 73 Abs 3 S 1 [X.] [X.]B VI hingegen ohne Bedeutung (vgl von [X.] in [X.], [X.]B VI, 3. Aufl 2008, § 71 Rd[X.]9; [X.]/[X.][X.], Handbuch der RV, [X.] - [X.]B VI, 3. Aufl, Stand September 2011, § 71 Rd[X.]9c, 29d; Stahl in [X.]/[X.], [X.]B VI, Stand September 2011, [X.] § 71 Rd[X.] 79, 83).

Da der [X.]läger im hier streitbefangenen [X.]raum April 1964 bis September 1965 Pflichtbeiträge für eine berufliche Ausbildung aufweist, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 71 Abs 2 S 1 [X.]B VI für einen Zuschlag an EP für beitragsgeminderte [X.]en an sich erfüllt.

2. Der Berücksichtigung eines Zuschlags für diesen [X.]raum steht vorliegend jedoch die Regelung in § 74 S 3 [X.]B VI zur Begrenzung der [X.] - in Gestalt einer Anordnung zur ausnahmsweisen [X.] bestimmter [X.]en (vgl B[X.] [X.]-2600 § 58 [X.] Rd[X.]8) - entgegen. Nach dieser Vorschrift (hier anzuwenden in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung des [X.] vom 21.7.2004, [X.] 1791) werden [X.]en einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet, vorrangig die [X.]en der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Die Regelung fasst sowohl bestimmte Anrechnungszeiten im Sinne von § 58 Abs 1 S 1 [X.] [X.]B VI (Fachschulbesuch und Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen als [X.]en einer schulischen Ausbildung) als auch [X.]en einer beruflichen Ausbildung zu einer Gruppe zusammen und unterwirft sie in Bezug auf die Anwendung eines [X.] einer gemeinsamen Höchstdauerbegrenzung; zugleich legt sie die Reihenfolge fest, in der im Falle des Wirksamwerdens der zeitlichen Begrenzung diese [X.]en für eine Bewertung bzw Höherbewertung zum Zuge kommen oder aber ausgeschlossen werden.

Bei der Umsetzung der Höchstdauerbegrenzungsregelung des § 74 S 3 [X.]B VI hat die Beklagte zu Recht die beitragsfreie [X.] von April 1974 bis März 1976 (24 Monate), in der der arbeitslose [X.]läger (vgl B[X.] [X.] 2200 § 1259 [X.]) von der [X.] Unterhaltsgeld nach § 44 [X.] für die von ihm absolvierte Fachschulausbildung erhielt, als [X.] einer Fachschulausbildung berücksichtigt. Dem steht - anders als der [X.]läger dies meint - nicht entgegen, dass der genannte [X.]raum im Rahmen der [X.] nicht als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung (§ 58 Abs 1 S 1 [X.] iVm § 74 S 1 und 2 [X.]B VI), sondern vielmehr - günstiger - als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs 1 S 1 [X.] iVm § 252 Abs 7 S 1 [X.] Buchst a und § 263 Abs 2a S 1 [X.]B VI) bewertet wird.

a) Der Wortlaut der Begrenzungsregelung gibt allerdings keine eindeutigen Hinweise darauf, ob [X.]räume, denen sowohl als Fachschulausbildung als auch in anderer Hinsicht - etwa als [X.]en der Arbeitslosigkeit - rentensteigernde Bedeutung zukommen kann, im Rahmen der Höchstdauerbegrenzung stets oder aber nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie nach den [X.] für eine Fachschulausbildung rentenwirksam werden. § 74 S 3 [X.]B VI ordnet an, dass "[X.]en einer (…) Fachschulausbildung (…) insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet" werden. Dieser Wortlaut stellt ohne nähere Eingrenzungen nur auf eine rentenrechtliche Bewertung an sich ab; jedenfalls ist nicht mit hinreichender [X.]larheit erkennbar, dass nur [X.]en, die gerade als Fachschulausbildung bewertet werden, in die Höchstdauerregelung einbezogen werden dürfen. Er schließt eine solche - ihren Anwendungsbereich einschränkende - Deutung jedoch auch nicht aus.

b) Die Entstehungsgeschichte der Regelung hingegen zeigt auf, dass durch sie "eine unverhältnismäßige rentenrechtliche Besserstellung nichtakademischer Ausbildung" im Zusammenhang mit der Abschaffung einer Bewertung von [X.]en der Schul- bzw Hochschulausbildung verhindert werden sollte (Gesetzentwurf der Fraktionen [X.] und [X.]/[X.] zum [X.], BT-Drucks 15/2149 [X.] ). Da es nach bislang geltendem Recht im Einzelfall bei Absolvierung einer Fachschule und zusätzlich einer Berufsausbildung im dualen System (gegebenenfalls auch mehrerer) zu einer (Höher-)Bewertung von sechs oder mehr Ausbildungsjahren kommen konnte, sollte die Begrenzung eine "weit reichende Besserstellung nichtakademischer Ausbildung" verhindern (BT-Drucks 15/2149 [X.]4 - Zu [X.] <§ 74>). Der Sinn und Zweck der Regelung besteht somit darin, die (Höher-)Bewertung aller Formen einer nichtakademischen Ausbildung auf maximal drei Jahre zu begrenzen, um deren gewollte - jedoch rechtfertigungsbedürftige (vgl [X.]surteil vom [X.] - B[X.]E 108, 126 = [X.]-2600 § 74 [X.], Rd[X.] 51 ff) - Privilegierung abzusichern, indem eine "Überprivilegierung" ausgeschlossen wird. Zugleich ist sie Bestandteil einer mittel- und langfristig wirkenden (Spar-)Maßnahme, mit der die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung sichergestellt werden sollte (BT-Drucks 15/2149 [X.] bzw [X.] - vgl hierzu bereits B[X.] [X.]-2600 § 48 [X.] Rd[X.]2 und B[X.]E 108, 126 = [X.]-2600 § 74 [X.], Rd[X.]2 f). Es liegt auf der Hand, dass die von der Revision geforderte einschränkende Auslegung der Höchstdauerbegrenzungsregelung zur Verwirklichung der genannten Ziele in geringerem Maße beitragen würde als deren umfassende Anwendung, wie die Beklagte sie praktiziert.

c) Entscheidend sprechen jedoch systematische Gesichtspunkte für eine Berücksichtigung sämtlicher [X.]en eines Fachschulbesuchs oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme - unabhängig von ihrer konkreten Bewertung - im Rahmen der Höchstdauerbegrenzungsregelung des § 74 S 3 [X.]B VI.

aa) Das [X.]B VI enthält - anders als früher die [X.] bzw das [X.] - keinen Rechtssatz des Inhalts, dass bei zeitgleicher Erfüllung von Tatbeständen unterschiedlicher rentenrechtlicher [X.]en eine [X.] der anderen [X.] stets und in jeder Hinsicht vorgeht, letztere also vollständig verdrängt (B[X.] [X.]-2600 § 247 [X.] Rd[X.]4 mwN - insbesondere unter Hinweis auf Erwe, NZ[X.]95, 1, 3 ff). Vielmehr stehen grundsätzlich die zeitgleich erfüllten Tatbestände mehrerer rentenrechtlicher [X.]en gleichwertig nebeneinander, dh sie sind in ihrer jeweiligen Ausprägung bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen, sofern nicht gesetzliche Ausschlusstatbestände oder die Grundsätze der [X.] die Anrechnung nur einer Art der an sich in mehrfacher Hinsicht berücksichtigungsfähigen [X.] anordnen (B[X.] aaO).

Nach diesem dem [X.]B VI zugrunde liegenden System zur Bewältigung von [X.]onkurrenzen unterschiedlicher rentenrechtlicher [X.]en kommt hinsichtlich des Umfangs der Bewertung zeitgleich erfüllter Anrechnungszeiten - wegen ihres identischen Zwecks, ausgefallene Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung teilweise auszugleichen (vgl [X.]surteil vom [X.] - B 13 R 118/08 R - Juris Rd[X.]5 mwN) - im Rahmen des sog Günstigkeitsprinzips nur die jeweils höhere Bewertung zum Tragen (Erwe, aaO [X.] ; Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3 - Rentenversicherungsrecht, 1999, § 38 Rd[X.]59; Fichte in [X.]/[X.], [X.]B VI, Stand September 2011, [X.] § 58 Rd[X.]5). Die davon zu unterscheidende Frage, ob die gesetzliche Höchstdauer für die rentenrechtliche Berücksichtigung bestimmter [X.]en (hier: [X.]en nach § 74 S 3 [X.]B VI) überschritten ist, wird hierdurch jedoch nicht präjudiziert. Insoweit ist vielmehr gesondert zu untersuchen, ob ausnahmsweise ein gesetzlicher [X.] greift oder die Prinzipien der [X.] die Berücksichtigung einer [X.] im Rahmen der Höchstdauer ausschließen. Soweit dies nicht der Fall ist, zählt eine [X.], die nach ihrer spezifischen Ausprägung jedenfalls auch zu den höchstdauerbegrenzten [X.]en gehört, bei der Bestimmung der Höchstdauer mit (vgl Erwe, aaO [X.] ).

bb) Für die Behandlung des [X.]raums April 1974 bis März 1976 im Rahmen der Höchstdauerbegrenzungsregelung des § 74 S 3 [X.]B VI gilt danach Folgendes:

Der [X.]läger bezog in der [X.] für diese Maßnahme zur beruflichen Fortbildung mit ganztägigem Unterricht von der [X.] Unterhaltsgeld nach § 44 Abs 1 [X.]. Damit erhielt er für eine [X.] der Arbeitslosigkeit (vgl B[X.] [X.] 2200 § 1259 [X.]) eine öffentlich-rechtliche Leistung, sodass auch die Voraussetzungen für eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit erfüllt sind (§ 58 Abs 1 S 1 [X.] iVm § 252 Abs 7 S 1 [X.] Buchst a und § 263 Abs 2a [X.]B VI). Die im genannten [X.]raum vorliegende Anrechnungszeit einerseits wegen Fachschulbesuchs und andererseits wegen Arbeitslosigkeit ist somit aufgrund eines einheitlichen Lebenssachverhalts entstanden.

Dies führt jedoch nicht dazu, dass die [X.], die Inhalt und Pflicht einer von der [X.] geförderten beruflichen Fortbildungsmaßnahme war, rentenversicherungsrechtlich deshalb nur insgesamt und einheitlich und in jeglicher Beziehung - dh auch im Rahmen der Höchstdauerbegrenzungsregelung nach § 74 S 3 [X.]B VI - als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit behandelt werden dürfte.

Allerdings hat der [X.] bereits entschieden, dass eine Fachschulausbildung, die im Rahmen einer berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme der [X.] absolviert wurde, nicht als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung berücksichtigt werden darf, sondern diese versicherungsrechtlich insgesamt und einheitlich das Schicksal der Rehabilitationsmaßnahme teilt ([X.]surteil vom [X.] - B 13 R 79/09 R - [X.]-2600 § 58 [X.] Rd[X.]3 f). Die genannte Entscheidung, bei der die Höchstdauerbegrenzung nach § 74 S 3 [X.]B VI ohne Bedeutung war, kann auf die hier zu beurteilende [X.]onstellation jedoch nicht übertragen werden. Insbesondere greift vorliegend - anders als im [X.]surteil vom [X.] (aaO) - kein gesetzlicher [X.] ein, der die [X.]onkurrenz zeitgleich erfüllter rentenrechtlicher Sachverhalte regelt. Während dort der [X.] des § 58 Abs 1 S 3 [X.]B VI wegen bestehender Versicherungspflicht während des Bezugs von Sozialleistungen nach Vollendung des 25. Lebensjahrs des Versicherten erfüllt war, findet jene Regelung im hier zu beurteilenden Fall keine Anwendung. Denn der Bezug von Unterhaltsgeld nach § 44 [X.] begründete im hier maßgeblichen [X.]raum von April 1974 bis März 1976 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung; Leistungen der [X.] wegen Arbeitslosigkeit waren vielmehr erst ab dem 1.7.1978 (und bis zum 31.12.1982) versicherungspflichtig (vgl § 1259 Abs 1 S 1 [X.] Teils 3 [X.]).

Auch die allgemeinen Regeln der [X.] gebieten es nicht, den [X.]raum April 1974 bis März 1976 wegen dessen Bewertung (nach dem Günstigkeitsprinzip) gemäß den Bestimmungen für Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit (§ 263 Abs 2a [X.]B VI) als [X.] iS von § 74 S 3 [X.]B VI unberücksichtigt zu lassen. Beide Regelungen - die (Höher-)Bewertung und die Höchstdauerbegrenzung - stehen zueinander weder im Verhältnis der Spezialität noch der Subsidiarität. Denn die Frage, in welcher Höhe eine Ausbildungszeit bewertet wird, hat keine Relevanz für die Bestimmung der [X.] von höchstens drei Jahren. Die Bewertung einer Anrechnungszeit wegen Fachschulausbildung nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips mit einem höheren als dem nach § 263 Abs 3 [X.]B VI für Fachschulzeiten vorgesehenen Gesamtleistungswert ändert jedenfalls nichts daran, dass es sich (auch) um eine [X.] handelt.

Somit verbleibt es - da weder ein gesetzlicher [X.] eingreift noch die Regeln der [X.] Abweichendes erfordern - für die hier zu beurteilende [X.]onstellation bei der allgemeinen rentenrechtlichen [X.]onkurrenzregel (s oben aa). Damit sind auch [X.]en einer Fachschulausbildung, die nicht als solche, sondern nach günstigeren Bestimmungen bewertet werden, im Rahmen der Höchstdauerbegrenzungsregelung des § 74 S 3 [X.]B VI zu berücksichtigen.

d) Dieses Ergebnis ist auch mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung vereinbar. Wie bereits ausgeführt (s oben unter b), soll mit Hilfe von § 74 S 3 [X.]B VI die beitragsfreie rentenrechtliche Berücksichtigung von [X.]en einer nichtakademischen Ausbildung im Interesse der Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung auf höchstens drei Jahre beschränkt werden. Dem widerspräche es, wenn dieser [X.]raum allein dadurch ausgedehnt werden könnte, dass Teile einer nichtakademischen Ausbildung zusätzlich durch Sozialleistungen (hier Unterhaltsgeld) gefördert und aufgrund dessen sogar besser als die Ausbildungszeit selbst bewertet werden. Dies wäre aber die [X.]onsequenz, würde im vorliegenden Fall - dem Anliegen des [X.] entsprechend - die [X.] von April 1974 bis März 1976 nicht als Fachschulzeit, sondern ausschließlich als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit bei der Rentenberechnung berücksichtigt. Die Einbeziehung anderweitig bewerteter Fachschulzeiten in die Höchstdauerbegrenzungsregelung läuft auch nicht der Absicht des Gesetzgebers zuwider, [X.]en der Fachschulausbildung gegenüber sonstigen [X.]en der beruflichen Ausbildung vorrangig zu berücksichtigen und dadurch besser zu stellen. Denn anders, als der [X.]läger dies behauptet, wird der von ihm zurückgelegten Fachschulzeit eine rentenrechtliche Bewertung nicht gänzlich versagt. Im Gegenteil wird die [X.] aufgrund des Günstigkeitsprinzips sogar höher bewertet, als dies gemäß § 71 Abs 1 iVm § 74 S 1 und 2 [X.]B VI an sich für Fachschulzeiten vorgesehen ist.

e) Die vom [X.] für zutreffend erachtete Auslegung des § 74 S 3 [X.]B VI widerspricht nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt vor, wenn wesentlich Gleiches ohne sachliche Rechtfertigung - dh willkürlich - ungleich behandelt wird ([X.] 76, 256, 329). Art 3 Abs 1 GG ist demnach dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl [X.] 117, 272, 300 f = [X.]-2600 § 58 [X.] 7 Rd[X.] 70; [X.] 122, 151, 188 = [X.]-2600 § 237 [X.]6 Rd[X.] 62; [X.] 126, 29, 47; stRspr).

Hier ist jedoch keine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem festzustellen. Insbesondere handelt es sich bei den vom [X.]läger angeführten Vergleichsgruppen, nämlich einerseits von Versicherten, die während der [X.] einer Arbeitslosigkeit ohne weitere Anstrengungen "nur" Arbeitslosengeld bezogen (was dazu führt, dass bei ihnen die Höherbewertung bereits früher zurückgelegter [X.]en einer beruflichen Ausbildung unangetastet bleibt) und andererseits von Versicherten, die nach Arbeitslosmeldung als berufsfördernde Maßnahme eine Fachschule absolvierten und hierfür Unterhaltsgeld erhielten (was nach § 74 S 3 [X.]B VI zur Verkürzung des [X.]raums der Bewertung bereits früher zurückgelegter [X.]en einer beruflichen Ausbildung führt), um nicht vergleichbare Sachverhalte.

Die genannten Sozialleistungen haben an unterschiedliche Voraussetzungen (Lebenslagen) angeknüpft: Das Arbeitslosengeld nach § 100 [X.] setzte neben dem Vorliegen von Arbeitslosigkeit insbesondere voraus, dass der Arbeitslose stets der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand und angebotene Arbeitsstellen im Rahmen des Zumutbaren annahm (§ 103 [X.]); seine Bezugsdauer war daher von vornherein nicht absehbar. Hingegen erforderte der Bezug von Unterhaltsgeld nach § 44 [X.] die Teilnahme an einer strukturierten Maßnahme zur beruflichen Fortbildung mit ganztägigem Unterricht, die auf einen festen [X.]raum ausgelegt sein musste (vgl § 34 Abs 1 [X.] iVm § 44 Abs 1 [X.]).

Eine gleiche rentenrechtliche Behandlung dieser verschiedenartigen Sachverhalte im Rahmen der begrenzten [X.] ist nicht geboten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die berufliche Qualifizierung im Rahmen einer Fachschulausbildung nicht nur - im Rahmen des § 74 S 3 [X.]B VI - zu einer Einschränkung der rentenrechtlichen Höherbewertung bereits früher zurückgelegter [X.]en einer beruflichen Ausbildung führt, sondern zugleich die Aussicht auf weitere Beschäftigung, ein höheres Einkommen und damit letztlich auf eine insgesamt höhere Rente eröffnet hat.

Im Lichte des Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG erscheint eher die vom [X.]läger geforderte einschränkende Auslegung des § 74 S 3 [X.]B VI als problematisch. Sie hätte zur Folge, dass ein Fachschulbesuch, den ein Versicherter selbst finanziert, bei der Höchstdauer von drei Jahren zu berücksichtigen wäre, nicht jedoch ein Fachschulbesuch, den die [X.] durch Unterhaltsgeld fördert. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür ist nicht ohne Weiteres ersichtlich.

3. Die vorrangige Berücksichtigung des [X.]raums der Fachschulausbildung im Rahmen der Höchstdauerbegrenzung von drei Jahren führt dazu, dass zugunsten des [X.] weitere [X.]en im Sinne des § 74 S 3 [X.]B VI - hier [X.]en der beruflichen Ausbildung von April 1963 bis September 1965 - nur noch im Umfang von maximal 12 Monaten bewertet werden können. Dabei sind die am weitesten zurückliegenden [X.]alendermonate zunächst zu berücksichtigen (§ 122 Abs 3 [X.]B VI), also hier der [X.]raum April 1963 bis März 1964, während für die nachfolgende - hier streitbefangene - [X.] von April 1964 bis September 1965 kein Zuschlag an EP mehr gewährt werden kann. Davon unberührt bleibt die Bewertung der in diesem [X.]raum gezahlten Pflichtbeiträge (§§ 55, 70 [X.]B VI).

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 13 R 3/10 R

12.12.2011

Bundessozialgericht 13. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Aachen, 26. Juni 2009, Az: S 6 R 44/09, Urteil

§ 58 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 6, § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6, § 71 Abs 2 S 1 SGB 6 vom 11.04.2002, § 74 S 3 SGB 6 vom 21.07.2004, § 252 Abs 7 S 1 Nr 3 SGB 6, § 263 Abs 2a SGB 6, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2011, Az. B 13 R 3/10 R (REWIS RS 2011, 600)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 600

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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