Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.04.2010, Az. V ZR 171/09

5. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7537

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Gegenstand

Abriss eines Gebäudes entlang der Grenze benachbarter Grundstücke: Anspruch des Nachbarn auf Witterungsschutz für seine stehenbleibende Grenzwand


Leitsatz

Dass der Abriss eines entlang der Grenze benachbarter Grundstücke errichteten Gebäudes es notwendig macht, ein Gebäude auf dem angrenzenden Grundstück vor Witterungseinflüssen zu schützen, begründet keinen Ausgleichsanspruch des Eigentümers des angrenzenden Grundstücks .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 31. August 2009 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Dem Kläger gehört das Grundstück [X.] 37 in U., den Beklagten das angrenzende Grundstück [X.] 39. Beide Grundstücke sind bzw. waren in ihrem rückwärtigen Bereich entlang der gemeinsamen Grenze bebaut, das Grundstück des [X.] mit einem Haus, das Grundstück der Beklagten mit einem Stallgebäude. Die Außenwand des Hauses auf dem Grundstück des [X.] ist zum Grundstück der Beklagten hin mit Faserzementplatten gegen Witterungseinflüsse geschützt, soweit die Wand in Höhe und Breite über das Stallgebäude auf dem Grundstück der Beklagten hinausging. Im Jahre 2005 ließen die Beklagten das Stallgebäude abreißen. Seither fehlt dem Haus des [X.] in diesem Bereich der zuvor von dem Stallgebäude gebotene Witterungsschutz.

2

Der Kläger hat geltend gemacht, die Außenwand seines Hauses bedürfe wieder eines Schutzes. Dessen Vervollständigung verursache einen Aufwand von 3.271,37 €.

3

Mit der Klage hat er von den Beklagten diesen Betrag zuzüglich Zinsen und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.990,66 € zuzüglich Zinsen und den verlangten Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht verneint den geltend gemachten Anspruch. Es hat sachverständig beraten festgestellt, dass die beiderseitigen Gebäude entlang der Grenze zwischen den Grundstücken der Parteien errichtet sind bzw. waren und dass das Stallgebäude nicht an das [X.] angebaut war. Es meint, ein Anspruch des [X.] gemäß §§ 922 Satz 3, 1004 Abs. 1 [X.] wegen der Beeinträchtigung seines Hauses scheide aus. Ein solcher Anspruch folge auch nicht aus § 823 [X.], weil der Abriss des Gebäudes auf dem Grundstück der Beklagten keinen rechtswidrigen Eingriff in das Eigentum des [X.] bedeute und die Beeinträchtigung der Außenmauer dessen Hauses durch die Witterung nicht auf ein rechtswidriges Verhalten der Beklagten zurückgehe.

II.

5

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

6

Ein Anspruch des [X.] gegen die Beklagten, die Kosten für eine Vervollständigung des Witterungsschutzes der Außenmauer des Hauses zu tragen, besteht nicht.

7

Nach § 903 [X.] ist der Eigentümer einer Sache berechtigt, mit dieser nach Belieben zu verfahren. Die Rechte aus dem Eigentum haben nur insoweit zurückzutreten, als das Gesetz oder Rechte Dritter der Ausübung der Rechte aus dem Eigentum entgegenstehen (§§ 903 Satz 1, 1004 Abs. 1, Abs. 2, 986 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Solche Rechte können sich aus der Gemeinschaftlichkeit einer Grenzeinrichtung ergeben (vgl. Senat, [X.], 396, 399, Urt. vom 21. April 1989, [X.], NJW 1989, 2541, Urt. vom 11. April 2008, [X.], [X.], 2032) oder aus dem nachbarlichen [X.] im weitesten Sinne herzuleiten sein (vgl. Senat, [X.], 350, 353 f.). Die Gemeinschaftlichkeit einer Wand hindert nach der zitierten Rechtsprechung des Senats keinen der beteiligten Nachbarn an dem Abriss der Bebauung auf seinem Grundstück. Der einseitige Abriss begründet jedoch einen Anspruch auf Schutz der in dem gemeinschaftlichen oder nach dem Abriss ehemals gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Wand, § 10 Abs. 3 [X.] (vgl. Senat, [X.], 396, 399 f.).

8

Anders ist es, wenn es sich wie hier bei der Mauer, um deren Schutz es geht, nicht um eine gemeinschaftliche Einrichtung handelt ([X.] 1982, 848). Eine an die Grenze gebaute Mauer wird von dem bürgerlichen Recht und von dem [X.] Nachbarrechtsgesetz nur in dem von §§ 907 ff. [X.], §§ 16 ff. [X.] erfassten Umfang geschützt. Hierzu gehört die Bewahrung des finanziellen Vorteils nicht, der sich daraus ergibt, dass eine [X.] auf einem Grundstück so lange keines oder keines vollständigen Witterungsschutzes bedarf, wie dieser Schutz von einer parallel errichteten [X.] auf einem Nachbargrundstück geboten wird ([X.], NJW-RR 1987, 529 f.).

III.

9

[X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]                               Klein                            Stresemann

                   Czub                                [X.]

Meta

V ZR 171/09

16.04.2010

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Göttingen, 31. August 2009, Az: 6 S 124/08, Urteil

§ 922 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.04.2010, Az. V ZR 171/09 (REWIS RS 2010, 7537)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7537

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