Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. IX ZR 206/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6519

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

IX [X.]/11

Verkündet am:

10. Mai 2012

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 255 Abs. 1, § 256 Abs. 1
a)
Der Schuldner gerät nicht mit der Erfüllung des Insolvenzplans in Rückstand, wenn die nicht erfüllte Forderung nicht zur Tabelle festgestellt worden und keine Entscheidung des Insolvenzgerichts über die vorläufige Berücksichtigung der [X.] ergangen ist.
b)
Die nicht festgestellte und nicht nach Maßgabe des Insolvenzplans erfüllte Forde-rung lebt nicht dadurch wieder auf, dass der
Schuldner innerhalb der ihm gesetz-ten Nachfrist keine Entscheidung des Insolvenzgerichts über die vorläufige Be-rücksichtigung der Forderung beantragt.
[X.], Urteil vom 10. Mai 2012 -
IX [X.]/11 -
OLG [X.]

LG Hildesheim

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2012
durch [X.] [X.], den
Richter
Raebel, die Richterin [X.], [X.] Pape und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird das Urteil des 13. Zivil-senats des [X.] vom 14. Juli 2011 im Kos-tenpunkt und
insoweit aufgehoben, als
auf die Berufung des [X.] hin
das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 15. Dezember 2010 abgeändert worden ist.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 15. Dezember 2010 wird [X.].

Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtsmittel.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem
am 31. August 2005 eröffneten
Insol-venzverfahren über das Vermögen der S.

GmbH (fortan: GmbH). Der Beklagte zu 1 (fortan: Beklagter) ist Geschäftsführer und Gesell-schafter der GmbH sowie Gesellschafter der früheren Beklagten zu 2, einer 1
-
3
-
Gesellschaft bürgerlichen Rechts, von welcher die GmbH Betriebsräume an-gemietet hatte.

Über das Vermögen des Beklagten
wurde
am 4.
Mai 2007 ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet. Dieses Verfahren wurde am 19.
Juni 2009 aufge-hoben, nachdem ein
Insolvenzplan angenommen und bestätigt worden war. Der Plan sah für
die in einer Gruppe 3 zusammengefassten privatrechtlichen Gläubiger ohne Absonderungsrechte eine Erlassquote von 97,61
vom Hundert
vor. Die [X.] waren am Ende des Monats fällig, der auf die Fest-setzung der [X.] und die Abnahme der Schlussrechnung des [X.] folgte. Der Plan enthält eine Wiederauflebensklausel entspre-chend §
255 [X.].

Der Kläger, der im Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.] keine Forderungen angemeldet hatte, hat im Dezember 2009
verschiedene Zahlungen der GmbH an den Schuldner und an die frühere Beklagte zu 2 ange-fochten und
zunächst
Rückgewähr von insgesamt 64.200

Mit Schreiben vom 2.
Februar 2010
hat er
unter Fristsetzung bis zum 18.
Februar 2010
Zahlung der Quote von 2,39
vom Hundert
(1.534,38

; nach Ablauf der Frist hat er erneut Zahlung des gesamten Betrages verlangt. Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 41.000

von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.
September 2005
sowie als Gesamtschuldner neben der früheren Beklagten zu
2 weitere 23.200

ber dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2005
zu zahlen.

2
3
4
-
4
-

Das Landgericht hat den Beklagten
verurteilt, an den Kläger
979,90

nebst Zinsen sowie als Gesamtschuldner neben der früheren Beklagten zu
2
weitere
554,48

. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Anschlussberu-fung des Beklagten ist als unzulässig verworfen worden. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
des Beklagten
hat Erfolg. Sie
führt
zur Zurückweisung der Berufung des [X.]
gegen das Urteil des [X.].

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt
([X.], 690):
Die
tatbestandli-chen Voraussetzungen der geltend gemachten insolvenzanfechtungsrechtli-chen Rückgewähransprüche seien erfüllt. Der Kläger könne diese Ansprüche trotz des Insolvenzplans in voller Höhe geltend machen. Sie
seien durch die Rechtskraft des Insolvenzplans nicht präkludiert. Dessen Gestaltungswirkung gelte zwar auch für nicht angemeldete Forderungen, und zwar auch dann, wenn diese erst nach Rechtskraft des Plans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht würden. Der [X.] sei jedoch dadurch entfallen, dass der Beklagte weder die Forderungen in Höhe der Quote innerhalb der ihm gesetz-ten Nachfrist erfüllt noch eine Entscheidung des Insolvenzgerichts gemäß §
256 [X.] herbeigeführt habe. Verwirkung sei nicht eingetreten.
5
6
-
5
-

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Der Kläger hatte gegen den Beklagten Ansprüche aus §§
133, 143 Abs.
1 [X.] auf Rückgewähr von insgesamt 64.200

i-on zieht die entsprechenden Feststellungen sowie den Subsumtionsschluss des Berufungsgerichts nicht in Zweifel.

2. Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans traten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen, insbesondere die Erlassquote von 97,61
vom Hundert
für die Gläubiger der Gruppe 3, für und gegen alle Beteilig-ten ein (§
254 Abs.
1 Satz
1
[X.] aF, §
254 Abs.
1 [X.]).
Soweit die Forderun-gen als erlassen gelten, sind sie nicht erloschen, bestehen aber nur als natürli-che, unvollkommene Verbindlichkeiten fort, deren Erfüllung möglich ist, aber nicht erzwungen werden kann ([X.], Urteil vom 19.
Mai 2011 -
IX ZR 222/08, [X.], 538 Rn.
8). Auch die streitgegenständlichen Forderungen des [X.] galten
zu 97,61
vom Hundert
erlassen. Dass der Kläger seine Forderun-gen
bis dahin nicht geltend gemacht hatte,
stand nicht entgegen. Gemäß §
254 Abs.
1 Satz
3 [X.] aF (§
254b
[X.]) gilt ein Insolvenzplan
auch für Insolvenz-gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben.

3. Entgegen der Ansicht der Revision waren
die Forderungen des [X.] nicht präkludiert.
Die [X.] sieht nicht vor, dass Forderungen, die im Insolvenzverfahren nicht angemeldet worden sind, nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gegen den Insolvenzschuldner geltend gemacht werden können
(vgl. 7
8
9
10
-
6
-
[X.], Urteil vom 19.
Mai 2011, aaO; HK-[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
254 Rn.
4
f mwN;
MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
254 Rn.
23
f;
HmbKomm-[X.]/
[X.], 3.
Aufl., §
227 Rn.
5;
Schreiber/Flitsch, [X.] 2005, 1173, 1176;
aA
Sächs-LAG, Urteil vom 22.
November 2007 -
1
Sa 364/03, juris Rn.
42). Die
hier noch anwendbare
Vorschrift des
§
254 Abs.
1 Satz
3 [X.] aF, nach welcher der In-solvenzplan auch für nicht angemeldete Forderungen galt, setzte
-
wie die [X.] selbst erkennt
-
gerade voraus, dass die nicht angemeldeten Forderun-gen fortbestanden
und weiterhin durchgesetzt werden konnten
(jetzt §
254b [X.]; vgl. auch die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Er-leichterung der Sanierung von Unternehmen vom 4.
Mai 2011, BT-Drucks. 17/5712, S.
37, zu Nr.
41).
Zwar kann die Erfüllung von
Insolvenzplänen durch nachträglich erhobene Forderungen
gefährdet oder unmöglich werden, insbe-sondere dann, wenn diese vorsehen, dass eine bestimmte Summe Geldes un-ter den [X.] verteilt wird.
Dieses Problem hat
der Gesetzgeber der [X.]
jedoch
gesehen. Die [X.] hatte nämlich
im Ersten Bericht,
Leitsätze 2.2.30 und 2.2.31,
einen Vollstreckungs-schutz zugunsten des Schuldners sowie eine Verjährungsfrist von längstens zwei Jahren nach rechtskräftiger Bestätigung des Reorganisationsplans [X.]
(vgl. BT-Drucks. 17/5712, S.
37). Die nicht begründete, aber ange-sichts des [X.]sberichts bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, das mit der Zulassung nachträglich erhobener Forderungen
verbundene Risiko eines Scheiterns der Planerfüllung
ohne Abhilfemöglichkeiten
hinzunehmen, ist
für die Gerichte
grundsätzlich
bindend.
Der völlige Verlust einer Forderung
als Folge einer Ausschlussfrist
stellt
einen
erheblichen Eingriff in das Eigentums-recht des Gläubigers (Art.
14 Abs.
1 GG) dar, der einer ausdrücklichen gesetzli-chen Grundlage bedarf
(vgl. hierzu [X.] 92, 262, 271
ff
=
ZIP 1995, 923, 924
f zu §
14 [X.]).

-
7
-

Die weitere Rechtsentwicklung
zeigt ebenfalls, dass nicht angemeldete Forderungen auch nach der Annahme und Bestätigung des Insolvenzplans und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeschlossen sind. Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7.
Dezember 2011 (BGBl.
I 2582) sind
mit Wirkung vom 1.
März 2012
die Bestimmungen der §§
259a, 259b [X.]
eingeführt worden.
Danach kann der Schuldner Vollstreckungsschutz beantragen, wenn die Durchführung des Plans durch nachträglich erhobene Forderungen gefährdet wird;
im Insolvenzverfah-ren nicht angemeldete Forderungen von
[X.] verjähren
spätes-tens in einem Jahr nach rechtskräftiger Bestätigung des
Insolvenzplans.
Der Gesetzgeber hat damit die eingangs genannten Vorschläge der [X.] für
Insolvenzrecht nachträglich
aufgegriffen.
Die Vorschriften
der §§
259a, 259b [X.]
setzen
voraus, dass dem Planverfahren keine [X.] zu-kommt.
Weitergehenden
Vorschlägen, eine materielle Ausschlussfrist für im Insolvenzverfahren nicht angemeldete Forderungen zu schaffen, ist
der Ge-setzgeber der amtlichen Begründung
zufolge bewusst nicht gefolgt, weil eine Ausschlussfrist aus verfassungsrechtlichen Gründen mit der Möglichkeit einer Wiedereinsetzung verbunden sein müsse
und
die vergleichbare Ausschlussfrist des §
14 [X.] zu zahlreichen und langwierigen Streitigkeiten über die Frage des Verschuldens bei der Fristversäumnis geführt habe (BT-Drucks. 17/5712, S.
37).

4. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die Forderungen des Kläger nicht gemäß oder entsprechend §
255 Abs.
1 [X.] dadurch wieder aufgelebt, dass der Beklagte innerhalb der ihm mit Schreiben vom 2.
Februar 2010 gesetzten Frist weder die Quote von 2,39
vom Hundert
gezahlt noch eine vorläufige
Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Berücksichtigung der Forderung

256 Abs.
1 Satz
2 [X.]) beantragt hat.
11
12
-
8
-

a) Die Voraussetzungen des §
255 Abs.
1 [X.] sind allerdings erfüllt. Die streitgegenständlichen Forderungen aus Insolvenzanfechtung sind mit der Er-öffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH entstanden (vgl. [X.], 71, 74; [X.], Urteil vom 3.
Dezember 1954 -
V
ZR 96/53, [X.]Z 15, 333, 337; vom 9.
Juli 1987 -
IX
ZR 167/86, [X.]Z 101, 286,
288; Beschluss vom 29.
April 2004 -
IX [X.], [X.], 1390; vom 18.
Dezember 2008
-
IX ZB 46/08, Z[X.] 2009, 495 Rn.
10; vom 29.
September 2010 -
IX
ZB 204/09, [X.], 73 Rn.
103) und fällig geworden. Der Kläger hat den [X.] gemahnt und ihm eine ausreichende Nachfrist gesetzt.

b) Der Beklagte kann sich jedoch auf die Ausnahmevorschrift des §
256 Abs.
1 [X.] berufen, nach welcher ein Rückstand nicht anzunehmen ist, wenn der Schuldner eine bestrittene Forderung bis zu deren endgültiger Feststellung durch das Prozessgericht nur im Umfang der Entscheidung des [X.] über das Stimmrecht oder die vorläufige Berücksichtigung
der Forderung begleicht.

aa) Die Vorschrift des §
256 Abs.
1 [X.] ist auf erst nach der Annahme und Bestätigung des Insolvenzplans erhobene
Forderungen entsprechend an-wendbar
([X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
256 Rn.
4; aA HmbKomm-[X.]/
[X.], 3.
Aufl., §
256 Rn.
4). Unmittelbar
gilt sie
für im Prüfungstermin [X.] Forderungen, die nicht zur Tabelle festgestellt worden sind. Gläubiger, die
sich am Insolvenzverfahren nicht beteiligt haben, können sich ebenfalls nicht auf eine Tabelleneintragung stützen; eine Prüfung ihrer Forderung durch den Insolvenzverwalter, den Schuldner und die übrigen Insolvenzgläubiger (vgl. §
176 [X.]) hat nicht stattgefunden.
"Streitig"
ist die
wegen einer unterbliebe-nen Anmeldung
nicht festgestellte Forderung dann, wenn sie vom Schuldner 13
14
15
-
9
-
bestritten wird. Nach Annahme und Bestätigung des Plans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens kommt es auf ein Bestreiten des Insolvenzverwalters und der anderen Insolvenzgläubiger
nicht mehr an; denn eine Prüfung und Feststel-lung von Forderungen kann nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr erfolgen.

bb) Der Beklagte hat die streitgegenständlichen Forderungen bestritten. Eine Entscheidung des Insolvenzgerichts über die vorläufige
Berücksichtigung der Forderungen liegt nicht vor.

c) Der Beklagte war nicht gehalten, zur Meidung der Rechtsfolgen des §
255 Abs.
1 [X.] innerhalb der ihm gesetzten Nachfrist eine vorläufige Ent-scheidung
des Insolvenzgerichts
über die Berücksichtigung der Forderung
zu beantragen.

aa) §
256 Abs.
1 Satz
2 [X.] gewährt dem Schuldner ein Antragsrecht, begründet aber keine Antragspflicht und regelt nicht die Rechtsfolgen eines nicht gestellten Antrags.
Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelungen der [X.] über das Wiederaufleben nicht plangemäß erfüllter [X.] lassen eine ergänzende Auslegung der §§
255, 256 [X.] in dem vom Kläger gewünschten Sinne ebenfalls nicht zu.

bb) Der Kläger kann allerdings die Rechtsprechung des [X.] zum Rechtszustand vor dem Inkrafttreten der [X.] für sich in Anspruch nehmen
([X.], Urteil vom 26.
April 1960 -
VIII
ZR 81/59, [X.]Z 32, 218, 220
ff; ebenso Urteil vom 7.
Dezember 1995 -
IX
ZR 150/94, NJW 1996, 1058, 1059 obiter). Die Vorschriften der §§
255, 256 [X.] sind denjenigen der §§
9, 97 [X.] nachgebildet (BT-Drucks.
12/2443, S.
213 zu §§
302, 303
16
17
18
19
-
10
-
RegE-[X.]).
§
97 Abs.
2
[X.] (§
256 Abs.
1 [X.])
wurde
als Schutzvorschrift zugunsten des Schuldners verstanden, die es diesem ermöglichte, sich den Verzugsfolgen
zu
entziehen, indem
er den vorläufig festgesetzten Betrag be-zahlte. Es war deshalb
seine
Aufgabe, eine Entscheidung des Vergleichsge-richts
nach §
97 Abs.
1 [X.]
herbeizuführen, um sich diesen Vorteil zu si-chern.
Stellte
er keinen entsprechenden Antrag, galt weiterhin
§
9 Abs.
1
[X.], nach welchem
die Nichterfüllung des Vergleichs innerhalb
der gesetz-ten
Nachfrist zum Wiederaufleben der Forderung führte.
Der Schuldner sollte
nicht davon profitieren, dass er eine Forderung nicht in das von ihm einzu-reichende (§
4 Abs.
1 Nr.
2 [X.]) [X.] aufgenommen hatte.

Diese Rechtsprechung muss jedoch
im Gesamtzusammenhang des Vergleichsverfahrens nach der [X.]
gesehen werden, welches
sich teils deutlich vom
Insolvenzplanverfahren nach der [X.] [X.]. Nach der [X.] konnte nur der Schuldner
die Eröffnung des Vergleichsverfahren beantragen (§
2 [X.]) und einen Vergleichsvor-schlag vorlegen (§
3 [X.]). Die
Vergleichsgläubiger
mussten mindestens 35
vom Hundert
ihrer Forderungen erhalten

7 Abs.
1 Satz
2 [X.]). Wenn der Schuldner flüchtig
war oder sich verborgen hielt (§
17 Nr.
3 [X.]), wenn und solange gegen den Schuldner wegen Bankrotts (§
283 Abs.
1 bis 3,
§
283a StGB) ein gerichtliches Verfahren anhängig oder wenn der Schuldner wegen einer solchen Straftat rechtskräftig verurteilt worden war (§
17 Nr.
3 [X.]), wenn der Schuldner seinen Vermögensverfall durch Unredlichkeit, Preisschleu-derei oder Leichtsinn herbeigeführt hatte (§
18 Nr.
1 [X.]) oder wenn der Schuldner den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens nach der [X.] des ordentlichen Geschäftsverkehrs schuldhaft verzögert hatte (§
18 Nr.
2 [X.]), war die Eröffnung des Verfahrens abzulehnen.
Vor diesem [X.] lag es nahe, die Vorschriften der §§
9,
97 [X.] über das Wiederaufle-20
-
11
-
ben nicht erfüllter Forderungen danach auszulegen, ob der Schuldner sich die Wohltat des Vergleichs verdient hatte oder nicht.

cc) [X.], dass der Vergleich eine Vergünstigung für den Schuldner darstellt und daher nur "würdige"
Schuldner zum Abschluss eines Vergleichs zugelassen werden können, wurde bei der Schaffung der [X.] ausdrücklich aufgegeben (BT-Drucks.
12/2443, S.
194). Ein [X.]
kann nunmehr
auch ohne oder gegen den Willen des Insolvenzschuldners zustande
kommen.
Das Planverfahren ist Teil des Insolvenzverfahrens, das auch
auf Antrag eines Gläubigers eröffnet werden kann (§
13 Abs.
1 Satz
2
[X.]). [X.] ist neben dem Schuldner auch
der Insolvenzverwalter, der von der Gläubigerversammlung beauftragt werden kann, einen [X.] auszuarbeiten (§
218 Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 [X.]).
Inhaltlich kann der Plan, der nach den gesetzlichen Regelungen zustande kommt, von sämtlichen [X.] über die insolvenzmäßige Zwangsverwertung und Verteilung abwei-chende Regelungen treffen
(vgl. §§
221
ff [X.]); nach der Vorstellung des [X.] sollte er zu einem universellen Instrument der Masseverwer-tung werden
(BT-Drucks.
12/2443, S.
90).

Angesichts dessen kann es -
obwohl die Vorschriften der §§
255, 256 [X.] sich
in ihrem äußeren Regelungsmechanismus
kaum
von denjenigen der §§
9, 97 [X.] unterscheiden
-
jetzt nicht mehr
wesentlich
darauf ankommen, ob der Schuldner den Vergleich "verdient"
hat. Den Interessen der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger, deren Befriedigung auch das Planverfahren dient (§
1 [X.]),
ist eine mindestens
ebenso große Bedeutung beizumessen. Eine von den am Verfahren beteiligten [X.] gebilligte Vergleichslösung soll möglichst nicht
durch einen Gläubiger in Frage gestellt werden
können, dessen Forderung weder vom Insolvenzverwalter noch von den [X.] Gläubigern geprüft
werden konnte
und
die
nicht zur Tabelle festgestellt 21
22
-
12
-
worden ist.
Eine Gleichbehandlung aller Gläubiger
ist am ehesten dadurch zu erreichen, dass der Gläubiger, der seine Forderung erst nachträglich geltend macht, selbst tätig werden muss, wenn er aufgrund einer vorläufigen Entschei-dung des Insolvenzgerichts gemäß §
256 Abs.
1 Satz
2 [X.] vorab befriedigt werden will
([X.] ebenso
[X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
256 Rn.
9; Rattunde in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
256 Rn.
6;
Paul, Z[X.] 2011, 1590, 1591; [X.], EWiR 2011, 717, 718; [X.]/[X.], [X.], 393; [X.], [X.] 18/2011 Anm.
5; [X.] in [X.], [X.], 1998, §
256 Rn.
7). Die Erfüllung des von den Gläubigern angenommenen und vom Insolvenzgericht bestätigten Insolvenzplans ist so
weniger gefährdet, als wenn
ein unverzügliches Tätigwerden des Schuldners verlangt
würde.

d) Ist eine Forderung nicht zur Tabelle festgestellt worden und liegt auch keine Entscheidung des Insolvenzgerichts über das Stimmrecht oder über die vorläufige Berücksichtigung der Forderung gemäß §
256 Abs.
1 Satz
1 [X.] vor, kann der Gläubiger einer vom Schuldner bestrittenen Forderung folglich erst dann wirksam eine Frist nach §
255 Abs.
1 Satz
2 [X.] setzen, wenn seine Forderung vom Prozessgericht rechtskräftig festgestellt worden ist. Frühere Fristsetzungen sind wirkungslos.

III.

Das angefochtene
Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist im Umfang der Anfechtung aufzuheben

562 Abs.
1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif 23
24
-
13
-
ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§
563 Abs.
3 ZPO). Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] wird zurückgewiesen.

Kayser
Raebel
[X.]

Pape
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.12.2010 -
2 O 351/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.07.2011 -
13 U 26/11 -

Meta

IX ZR 206/11

10.05.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. IX ZR 206/11 (REWIS RS 2012, 6519)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6519

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZR 206/11

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