Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.01.2013, Az. II ZR 91/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8615

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II [X.]/11
Verkündet am:

29. Januar 2013

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 430; UStG § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 15
Die auf § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG beruhende Zuweisung des Vorsteuerabzugs-rechts an den Organträger ist lediglich formeller, der Abwicklung des [X.] dienender Natur. Der Organträger ist der Organgesellschaft im Innen-verhältnis der Mitglieder des [X.] zum Ausgleich der Vorsteuerabzugsbe-träge verpflichtet, die auf Leistungsbezüge der Organgesellschaft entfallen und die lediglich infolge der umsatzsteuerlichen Organschaft dem Organträger zu [X.] sind.

[X.], Urteil vom 29. Januar 2013 -
II [X.]/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der II.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Dezember 2012
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann, die Richterin
Caliebe
sowie die Richter
Dr.
[X.], [X.] und Sunder
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 11. Zivilse-nats des [X.] vom 24. März 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte war seit dem 24. September 2002 am Grundkapital der kla-genden Aktiengesellschaft mit 75,03
% beteiligt. Ein Beherrschungs-
oder Ge-winnabführungsvertrag bestand nicht. Im Zeitraum von Januar 2003 bis Juni 2003 war die Klägerin in einer umsatzsteuerlichen Organschaft gemäß §
2 Abs.
2 Satz
1 Nr. 2 UStG in das Unternehmen der Beklagten als Organträgerin eingegliedert. Die Klägerin teilte der Beklagten monatlich die auf die von ihr ausgeführten Lieferungen und Leistungen angefallene Umsatzsteuer sowie die Vorsteuerbeträge für die an sie erbrachten Lieferungen und Leistungen anderer Unternehmer im Rahmen interner Umsatzsteuervoranmeldungen mit. Für den Zeitraum von Januar 2003 bis Juni 2003 wiesen diese einen [X.]
-
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-
schuss der Klägerin von 123.2Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt H.

ab und ver-

Für die einzelnen Monate ergibt sich folgendes:

Monat (2003)
Vergütung
an die Beklagte
[X.]
der Klägerin
Januar

Februar

März

April

Mai

Juni

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung des sich aus ihren internen Umsatzsteuervoranmeldungen ergebenden Vorsteuer-abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr auf die Berufung der Klägerin hin in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
2
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4
5
-
4
-
I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB. Bei dem aus einem Vorsteuerabzug folgenden Umsatzsteuergut-haben handele es sich um einen dem Unternehmer zugewiesenen [X.]. In diese Vermögenszuordnung habe die Beklagte dadurch eingegrif-fen, dass sie einerseits die Aktienmehrheit an der Klägerin erworben und ande-rerseits die Klägerin als Organgesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organi-satorisch in ihr Unternehmen eingegliedert habe. Die daraus folgende steuer-rechtliche Zuordnung der [X.] auf die Beklagte stelle anders als bei der gewerbesteuerlichen Organschaft im Innenverhältnis der Parteien noch keinen zivilrechtlich tragenden Grund für die zu Gunsten der Beklagten und zu Lasten
der Klägerin eingetretene Vermögensverschiebung dar. Ob sich die Parteien darauf verständigt hätten, dass die Wirkungen der Organschaft bei der Beklagten unausgeglichen bleiben sollten, könne offen bleiben, weil eine solche rechtsgeschäftliche Verständigung mangels Nachteilsausgleichs gem. §
311 Abs. 1, § 317 Abs. 1 Satz 1 [X.] unwirksam wäre. Die Klageforderung sei auch nicht durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung der Beklagten mit an sie abgetretenen Vergütungs-
und Auslagenerstattungsansprüchen ihres
Ge-schäftsführers und [X.] erloschen.
II.
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den sich aus den internen Umsatzsteuervoranmel-dungen ergebenden [X.] für den Zeitraum von Januar 2003

1.
Die Zulassung der Revision ist auf den von der Klägerin verfolgten [X.] beschränkt. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Beru-fungsurteils. Von einer beschränkten Zulassung der Revision ist aber auszuge-6
7
8
-
5
-
hen, wenn die Zulassung wegen einer bestimmten Rechtsfrage ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbstständigen Teil des [X.] erheblich sein kann ([X.], Urteil vom 27. September 2011

II
ZR 221/09, [X.], 2491 Rn. 18; Beschluss vom 27. September 2011

II
ZR 256/09, juris Rn. 6; Urteil vom 17. April 2012

[X.], juris Rn.
13). Nach den Gründen
der angegriffenen Entscheidung ist die Revision zur Klärung der Rechtsfrage zugelassen worden, ob die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr.
2 UStG einen auch zivilrechtlich tragfähigen Rechtsgrund für den im Fall der umsatzsteuerlichen Organschaft zu Lasten der Organgesellschaft eintretenden Übergang etwaiger Vorsteuerguthaben auf den Organträger darstellt. Diese Rechtsfrage betrifft nur den [X.], nicht jedoch die von der Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Ansprüche. Insoweit ist auch ein selbst-ständiger, abtrennbarer Teil des [X.] betroffen. Dem steht nicht entgegen, dass im Fall der Klageabweisung eine Entscheidung über die Hilfs-aufrechnung nicht hätte ergehen dürfen (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Juli 2009

[X.], NJW-RR 2009, 1612 Rn. 9 ff.).
2.
Der Klägerin steht

wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat

gegen die Beklagte in Höhe des geltend gemachten [X.] ein Anspruch auf Erstattung der [X.] zu, die auf
Leistungsbezüge der Klägerin entfallen und die infolge der umsatz-steuerlichen Organschaft zwischen den Parteien gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, §
15 UStG der Beklagten zu [X.] gekommen sind. Die Beklagte ist der Klägerin im Innenverhältnis der Parteien als Mitglieder des [X.] insoweit zum Ausgleich verpflichtet.
a)
Aufgrund der zwischen den Parteien nach den Feststellungen des Be-rufungsgerichts bestehenden umsatzsteuerlichen Organschaft im Zeitraum von Januar bis Juni 2003 war die Beklagte als Organträgerin nach § 2 Abs. 2 Satz 1 9
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6
-
Nr. 2 UStG Steuerschuldnerin der auf die Umsätze der Organschaft entfallen-den Umsatzsteuer (vgl. [X.], Urteil vom 23. September 2009

[X.]/08, [X.]E 226, 391, 395). Neben dem Organträger als Steuerschuldner haftet bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft die Organgesellschaft nach §
73 Satz
1
[X.] für solche Steuern des [X.], für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Die Vorschrift behandelt den [X.] als einheitliches Ganzes und erfasst infolgedessen auch diejenigen Steuern, die im Unternehmen des [X.] angefallen sind ([X.], Urteil vom 22. Oktober 1992

[X.], [X.]Z 120, 50, 53 f.). Nach §
73 Satz
2 [X.] erstreckt sich die Haftung der Organgesellschaft auf Ansprüche der Finanz-behörden auf Erstattung von Steuervergütungen, die dem Organträger zuge-flossen sind. Der Organträger als Steuerschuldner und die nach §
219 Satz 1 [X.] nur nachrangig haftende Organgesellschaft werden

obwohl es an der Gleichstufigkeit der Schuld fehlt
-
im Hinblick auf § 44 Abs. 1 [X.] als Gesamt-schuldner behandelt. Ein eventueller Innenausgleich wird nach bürgerlichem Recht entsprechend §
426
BGB vorgenommen (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Oktober 1992

[X.], [X.]Z 120, 50, 55
f.; Urteil vom 1. Dezember 2003

II
ZR
202/01, [X.], 164, 165; Urteil vom 19.
Januar 2012

IX
ZR
2/11, [X.]Z
192, 221 Rn.
19; [X.], Urteil vom 23. September 2009

VII
R
43/08, [X.]E 226, 391, 398).
b)
Umfang und Grenzen eines Ausgleichsanspruchs im Anwendungsbe-reich des
entsprechend heranzuziehenden §
426 Abs. 1 Satz 1 BGB richten sich nach der zivilrechtlichen Ausgestaltung des Innenverhältnisses der am [X.] Beteiligten (vgl. [X.], Urteil vom 1. Dezember 2003

[X.], [X.], 164, 165). Hierbei gilt im Grundsatz, dass derjenige Beteiligte am [X.], aus dessen Umsätzen die an das Finanzamt gezahlten [X.] herrühren, im Innenverhältnis der Organschaft auch die Steuerlast zu tra-gen hat ([X.], Urteil vom 19. Januar 2012

[X.], [X.]Z
192,
221 Rn.
28, 11
-
7
-
36; [X.], Urteil vom 23. September 2009

[X.]/08, [X.]E 226, 391, 398; vgl. zur gewerbesteuerlichen Organschaft: [X.], Urteil vom 22. Oktober 1992

[X.], [X.]Z 120, 50, 59).
Die durch § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG bewirkte Zurechnung der Umsät-ze des [X.] an den Organträger als Steuerschuldner gegenüber dem Finanzamt dient im Wesentlichen der Vereinfachung der Steuererhebung und stellt keine andere Bestimmung im Sinne des §
426 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Die gesetzgeberischen Gründe für die Normierung der umsatzsteuerlichen [X.] in der gegenwärtigen Form berühren die zivilrechtlichen [X.] zwischen den Parteien nicht. Das Umsatzsteuerrecht wird seit der Ein-führung des [X.] (BGBl. I
S. 545) auf [X.] der selbstständigen Vorunternehmer vom Grundsatz der [X.] beherrscht. Der jeweilige am [X.] beteiligte Rechtsträger ver-einnahmt die Umsatzsteuer für die von ihm ausgeführten Umsätze mit dem ([X.] von
seinem jeweiligen Abnehmer. Die Zurechnung dieser Um-sätze an den Organträger ohne zivilrechtlichen Innenausgleich widerspräche dem Grundsatz der Belastungsneutralität, weil er zu erheblichen Vermögens-verschiebungen zwischen den am [X.] beteiligten Rechtsträgern führen würde.
c)
Der Grundsatz der materiellen Zuordnung der [X.] im [X.] an den Verursacher ist in entsprechender Weise beim Ausgleich von Vorsteuerabzügen zu beachten. Die (materielle) Interessenlage im [X.] mit einem formal berechtigten Organträger und einer materiell berechtigten Organgesellschaft entspricht der von [X.]. Der zivilrechtliche Ausgleich entsprechend §
430 BGB innerhalb des [X.] hat auch im Hinblick auf das [X.] dem Grundsatz der Be-lastungsneutralität Rechnung zu tragen. Dies gebietet, demjenigen Beteiligten 12
13
-
8
-
am [X.], der durch einen Leistungsbezug die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG schafft, im Innenverhältnis der [X.] die dem Abzugsrecht korrespondierende [X.] zuzuwei-sen.
aa) Anders als für die Haftung für Steuerverbindlichkeiten des [X.] (§
73 [X.]) ist für [X.] des [X.] gegen die Steuerbehörden,
für welche die Organschaft steuerlich von Bedeutung ist, eine (subsidiäre) Mitberechtigung der Organgesellschaft gesetzlich nicht gere-gelt. Folglich kann nur der Organträger nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG Vor-steuervergütungsansprüche geltend machen. Das schließt es indes nicht aus, die Wertungen des Gesamtgläubigerausgleichs für das Verhältnis der am [X.] beteiligten Rechtsträger untereinander anzuwenden.

(1) Die auf § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG beruhende Verlagerung des [X.]s
auf den Organträger ist lediglich formeller, der [X.] des Steuerschuldverhältnisses dienender Natur, durch die die

ohne Be-stehen einer Organschaft im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG gegebe-ne

Zuweisung der in dem Anspruch auf eine Vorsteuervergütung liegenden Rechtsposition an die Klägerin als die Unternehmerin, für die andere [X.] im Sinne von §
15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG Lieferungen oder andere Leistungen ausgeführt haben, nicht verändert wird. Es gilt insoweit das oben unter II.
2.
a) zur Verteilung der [X.] Ausgeführte entsprechend. Kernelement des bereits angesprochenen Grundsatzes der Belastungsneutrali-tät ist das Recht des selbstständigen Vorunternehmers, die auf empfangene Lieferungen und Leistungen entrichtete Vorsteuer im Rahmen des [X.] geltend zu machen ([X.], [X.], 2311 Rn. 55 f.; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, Stand 9/2011, § 15 Rn. 22). Die gegenüber einer Organ-gesellschaft erbrachten, zum Vorsteuerabzug berechtigenden Lieferungen oder 14
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9
-
Leistungen sind durch die Entrichtung des ([X.]s mit einem tatsächli-chen Aufwand verknüpft, der durch den [X.] kom-pensiert werden soll. Es ist daher nicht ersichtlich, dass mit der durch § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr.
2 UStG bewirkten Zuweisung der [X.] an den Organträger eine den Grundsatz der Belastungsneutralität durchbrechende zivilrechtliche Vermögenszuweisung erfolgen sollte (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, Stand 1/12, § 15 Rn. 193 sowie § 2 Rn. 1039).

(2) Lässt die steuerrechtliche Zuweisung des Rechts zum [X.] in der Organschaft den materiell gebotenen Belastungsausgleich zwischen den zivilrechtlich selbstständigen Rechtsträgern des [X.] unberück-sichtigt, kann allein mit der Begründung, es gebe keine formelle Mitberechti-gung der Organgesellschaft, eine zivilrechtliche Ausgleichspflicht nicht verneint werden. Infolge der Saldierung der Umsatzsteuerschuld mit den [X.] im Veranlagungsverfahren gem. § 16 Abs. 1, 2 UStG ist
es vom Zufall abhängig, ob es auf [X.] des [X.] zu einer Steuerschuld oder zu einem Steuervergütungsanspruch kommt. Der zivilrechtliche Ausgleich der durch die Organschaft bewirkten [X.] kann hiervon nicht abhängen.
[X.])
Soweit der erkennende Senat für die gewerbesteuerliche [X.] ausgesprochen hat, dass sich der Organträger wegen einer durch Erträ-ge der Organgesellschaft eintretenden Minderung einer Verlustvortragsmög-lichkeit nicht bei dieser schadlos halten kann ([X.], Urteil vom 1. März 1999

II
ZR 312/97, [X.]Z 141, 79, 87) und der [X.] in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG einen Rechtsgrund für den Verlustverbrauch auf [X.] des [X.] gesehen hat ([X.], Beschluss vom 21.
Dezember 2004

I
R
107/03, [X.]E
208, 288, 291), beruht das auf Besonderheiten der gewerbesteuerlichen Organschaft, die auf die zivilrechtliche Zuweisung des Rechts zum Vorsteuer-16
17
-
10
-
abzug innerhalb einer umsatzsteuerlichen Organschaft nicht übertragen werden können (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, Stand 4/12, § 2 Rn. 1039; [X.], [X.], 1997, [X.], 370; Pyszka/[X.], GmbHR 2010, 689, 691). Das Umsatzsteuerrecht ist in seiner Grundstruktur im Unterschied zum Gewer-besteuerrecht nicht auf spezifische, auf der organschaftlichen Verbindung beru-hende steuerliche Effekte ausgerichtet ([X.], [X.], 2006, S.
49 f.; [X.]/Stöcker, [X.], 8. Aufl., Rn.
1152). Vielmehr würde der Grundsatz der Belastungsneutralität auf Unternehmensebene systemwidrig durchbrochen, wenn das Recht zum Vorsteuerabzug für die an eine [X.] erbrachten Lieferungen und Leistungen zivilrechtlich dem Organträ-ger zugewiesen würde.
cc) Die Beklagte hat durch die finanzielle, wirtschaftliche und organisato-rische Eingliederung der Klägerin in ihr Unternehmen gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG das Recht erlangt, gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die gesetz-lich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmen für die Klägerin ausgeführt
wurden, als Vorsteuer abzu-ziehen. In Ausübung dieses Rechts hat die Beklagte gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 16 Abs. 1 und 2 UStG im Zeitraum Januar 2003 bis Juni 2003 [X.] abgegeben, die in den Monaten Februar, März, April und Juni
2003 infolge des Abzugs der Vorsteuerbeträge teilweise zur Verringe-rung der Umsatzsteuerverbindlichkeiten aus von ihr selbst ausgeführten Liefe-rungen und sonstigen Leistungen und im Übrigen zu einem Steuervergütungs-anspruch (§ 37 Abs. 1 [X.]) geführt haben.
d) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die von der Beklagten behauptete Vereinbarung, wonach der Klägerin wegen der organ-schaftlich bedingten Zuordnung von Vorsteuerguthaben bei der Beklagten kein Erstattungsanspruch zustehen solle, dem Ausgleichsanspruch der Klägerin 18
19
-
11
-
nicht entgegensteht. Die Klägerin wäre gemäß § 317 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie sie ohne den Abschluss einer solchen Vereinba-rung stünde.
aa) Der Ausgleich im umsatzsteuerrechtlichen [X.] entsprechend §
426 Abs. 1 Satz 1, § 430 BGB vollzieht sich nach einer anderweitigen Be-stimmung im Sinne dieser Vorschriften. Umfang und Grenzen eines [X.] richten sich nach dem Innenverhältnis der am [X.] [X.]. Haben die Parteien den Ausgleich nicht geregelt, erfolgt die Verteilung von [X.] und [X.] -
wie dargestellt
-
grundsätz-lich nach dem Verursacherprinzip. Daneben besteht etwa die Möglichkeit der Beeinflussung des Ausgleichs durch einen Unternehmensvertrag (vgl. [X.], Urteil vom 1. Dezember 2003

[X.], [X.], 164, 165).
[X.]) Die revisionsrechtlich zu unterstellende Vereinbarung zwischen den Parteien wäre ein für die Klägerin nachteiliges Rechtsgeschäft im Sinne des §
311 Abs. 1 [X.] Die allein steuerrechtlich veranlasste, der zivilrechtlichen Zuordnung nicht entsprechende Vermögensverlagerung von der Klägerin auf die Beklagte ist

wie dargestellt

grundsätzlich auszugleichen. Eine diesem Ausgleich entgegenstehende Vereinbarung ist
nachteilig im Sinne des §
311 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 1. März 1999

[X.], [X.]Z 141, 79, 84; [X.], [X.], 559, 561 f.; [X.], [X.] 171 [2007], 451, 465
f.; [X.], [X.] 2000, 523, 528). Unterlässt es das herrschende Unter-nehmen, den Nachteil bis zum Ende des Geschäftsjahrs tatsächlich auszuglei-chen oder der abhängigen Gesellschaft einen Rechtsanspruch auf einen zum Ausgleich bestimmten Vorteil zu gewähren, ist es der abhängigen Gesellschaft zum Ersatz des ihr daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§
317 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die [X.] einen Nachteilsausgleich nicht vereinbart. Soweit die Revision darauf ver-20
21
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12
-
weist, die Beklagte habe vorgetragen, ein Ausgleich habe im Hinblick auf um-fangreiche Sanierungsbeiträge nicht stattfinden sollen, ist das Berufungsgericht dieser Behauptung wegen ihrer Substanzlosigkeit zu Recht nicht nachgegan-gen. Die Klägerin hätte daher gemäß §
249 Abs. 1 BGB Schadenersatz zu leis-ten ([X.]/Stilz/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
317 Rn.
8; [X.] in Henssler/
Strohn, Gesellschaftsrecht, [X.] § 317 Rn.
6; [X.], [X.], 10.
Aufl., § 317 Rn.
9; [X.] in [X.]/[X.], Aktien-
und GmbH-Konzernrecht, 6.
Aufl., §
317 Rn.
15). [X.] eine auf den Erlass des Ausgleichsanspruchs ge-richtete Vereinbarung zwischen den Parteien vor, wäre die Beklagte der Kläge-rin gem. § 251 Abs. 1 BGB zum Wertersatz verpflichtet.
3. Der Anspruch besteht auf der Grundlage der von der Revision nicht in Frage gestellten Feststellungen des Berufungsgerichts auch in der geltend ge-machten Höhe. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung nur in Höhe der Summe der sich aus ihren internen Umsatzsteuervoranmeldungen erge-benden Vorsteuerüberschüsse, d.h. den Betrag, um den die Vorsteuerbeträge die im jeweiligen Zeitraum anfallenden Umsatzsteuerschulden der Klägerin übersteigen. Ob es aufgrund dieser Vorsteuerüberschüsse zu einer Vorsteuer-vergütung an die Beklagte gekommen ist oder ob diese von einer eigenen [X.] befreit wurde, ist für den Anspruch der Klägerin nicht von Be-deutung.
22
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13
-
4. Rechtsfehlerfrei

und von der Revision ebenfalls nicht beanstandet
-
hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, dass der Anspruch nicht verjährt ist.

Bergmann

Caliebe

[X.]

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.],
Entscheidung vom 09.05.2008 -
329 [X.]/07 -

O[X.], Entscheidung vom 24.03.2011 -
11 [X.]/08 -

23

Meta

II ZR 91/11

29.01.2013

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.01.2013, Az. II ZR 91/11 (REWIS RS 2013, 8615)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8615

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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