Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2005, Az. VI ZR 73/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5464

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 18. Januar 2005 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 249 Hd

Beauftragt der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung einer Er-satzforderung gegen den eigenen Versicherer, kann sein Erstattungsanspruch hin-sichtlich der Anwaltskosten dem Schädiger gegenüber grundsätzlich auf die Gebüh-ren nach dem Wert beschränkt sein, für den dieser Ersatz zu leisten hat.

[X.], Urteil vom 18. Januar 2005 - [X.] - LG [X.]

AG [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und [X.] [X.], Pauge, [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landge-richts [X.] vom 14. November 2003 wird auf Kosten der Klä-gerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einem [X.] bebaut war. Dessen Fundament wurde im Januar 2002 infolge eines Bruchs der von der Beklagten betriebenen Frischwasserleitung unterspült. Das Gebäude stürzte teilweise ein und mußte abgerissen werden. Es entstand wirt-schaftlicher Totalschaden. Die Haftung der Beklagten dafür steht außer Streit. Die Klägerin unterhielt für dieses Gebäude eine Leitungswasserversiche-rung, nach deren Bedingungen der Neuwert des Gebäudes ohne einen Abzug —neu für [X.] sowie ein pauschaler [X.]chaden von 18.000 • zu ersetzen waren. Sie ließ den Schaden durch ihre Rechtsanwälte bei dem Versicherer anmelden, der daraufhin insgesamt 533.399,46 • erstattete. Diesen Betrag ha-- 3 - ben die Rechtsanwälte als Geschäftswert ihrer Schadensanmeldung zugrunde gelegt und Zahlung von 7.349,76 • verlangt. Die Klägerin begehrt die Freistel-lung von dieser Gebührenforderung. Die Beklagte hat 5.632,96 • ersetzt. Sie berechnet den Gegenstandswert nach dem Wert des Hauses unter Berücksich-tigung eines Abzuges —neu für [X.] mit nur 347.560,34 •. Das Amtsgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wieder-herstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht geht davon aus, daß zu den infolge eines Scha-densereignisses adäquat kausal angefallenen und gemäß § 249 Satz 2 [X.] a.F. zu ersetzenden Rechtsverfolgungskosten auch die Rechtsanwaltskosten zählen, die dem Geschädigten aufgrund der Geltendmachung des Schadens bei seinem eigenen Versicherer entstehen. Dies gelte allerdings nur, soweit der Schaden von dem Schädiger zu ersetzen sei. Denn durch die Entscheidung des Geschädigten, seinen eigenen Versicherer in Anspruch zu nehmen, dürfe der Ersatzpflichtige nicht schlechter gestellt werden, als wenn er oder sein Haft-pflichtversicherer direkt in Anspruch genommen worden wäre. Soweit der bei dem Versicherer angemeldete Schaden den Zeitwert des Hauses übersteige, sei die Beklagte aber nicht ersatzpflichtig. Deshalb bestehe insoweit auch kein Kostenerstattungsanspruch. Das gelte auch hinsichtlich des [X.], den die Klägerin nicht dargetan habe. - 4 - I[X.] Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Da das schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, bestimmt sich der Umfang der auf §§ 2, 10 HPflG beruhenden Ersatzpflicht der Beklagten nach den Vorschriften der §§ 249 ff. [X.] in der seinerzeit geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 EG[X.]). Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsge-richt davon aus, daß die Wiederherstellung des zerstörten Hauses möglich ist und die Klägerin deshalb nach § 249 Satz 2 [X.] a.F. den zum Wiederaufbau erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Zu den ersatzpflichtigen Aufwen-dungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die erforderlichen Rechts-verfolgungskosten. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl. Senatsurteile [X.] 127, 348, 350 ff. und vom 1. Oktober 1968 - [X.] ZR 159/67 - [X.], 1145, 1147; [X.] 39, 73, 74 und Urteil vom 23. Oktober 2003 - [X.]/02 - NJW 2004, 444, 446; jeweils m.w.[X.]) hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Dabei sind an die Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt nämlich darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des [X.] aus der Sicht des Geschädigten darstellt. Ist die [X.] für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar, daß aus der Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, daß der Schädiger ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde, so wird es grundsätzlich nicht erforderlich sein, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger ei-nen Rechtsanwalt hinzuzuziehen (Senatsurteil [X.] 127, 348, 351 f.). Eine - 5 - solche Fallgestaltung hat das Berufungsgericht vorliegend angesichts des Schadensumfangs und der Schwierigkeiten seiner Berechnung rechtsfehlerfrei verneint. Teil der Schadensabwicklung ist auch die Entscheidung, den [X.] einem Versicherer zu melden. Ist es aus Sicht des Geschädigten [X.], anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies grundsätzlich auch für die [X.]eldung des Versicherungsfalles bei dem eigenen Versicherer (vgl. zur Kaskoversicherung [X.], [X.], 12; OLG [X.], [X.], 6, 9; [X.], 1297 und [X.], 431; [X.], [X.], 196, 197; [X.], [X.], 213 f.; [X.], [X.], 1399, 1401 f.; [X.]/von [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., Rdn. 33 zu § 118; Göttlich/Mümmler/[X.]/[X.], [X.], 20. Aufl., Stichwort: —[X.], [X.]. 2, jeweils m.w.[X.]; [X.]/[X.]/[X.], [X.], Rdn. 75 zu § 249; zur Sachversicherung bei Brandschäden [X.], [X.], 98 f.). 2. Beauftragt der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der Geltendma-chung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer, so ist der Umfang des Ersatzverlangens nur für die [X.] zwischen dem Geschädigten und seinem Anwalt maßgebend (Innen-verhältnis). Kostenerstattung aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstat-tungsanspruchs kann der Geschädigte vom Schädiger dagegen grundsätzlich nur insoweit verlangen, als seine Forderung diesem gegenüber objektiv auch berechtigt ist. Denn Kosten, die dadurch entstehen, daß er einen Anwalt zur Durchsetzung eines unbegründeten Anspruchs beauftragt, können dem [X.] nicht mehr als Folgen seines Verhaltens zugerechnet werden (vgl. [X.] vom 1. Oktober 1968 - [X.] ZR 159/67 - aaO; [X.], Urteil vom 13. April 1970 - [X.]/69 - NJW 1970, 1122, 1123). - 6 - Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Geschädigte eine [X.] nicht gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer, son-dern (zunächst) gegen den eigenen Versicherer geltend machen läßt und [X.] den Ersatz der dadurch entstandenen Rechtsverfolgungskosten von dem Schädiger begehrt. Übersteigt die von dem Geschädigten bei seinem Versiche-rer angemeldete und nach den Versicherungsbedingungen begründete Forde-rung den Betrag, den der Schädiger zu ersetzen hat, ist zu prüfen, inwieweit die durch die [X.]eldung entstandenen Anwaltskosten dem Schädiger als Folgen seines Verhaltens zugerechnet werden können. Im Vordergrund steht dabei das Interesse des Geschädigten an einer vollständigen Restitution (Senatsurteile vom 20. April 2004 - [X.] ZR 109/03 - [X.], 876 und vom 6. Juli 2004 - [X.] ZR 266/03 - [X.], 1180, 1181 m.w.[X.]; [X.], Urteil vom 25. Oktober 1996 - [X.] - NJW 1997, 520). Deshalb müssen die nach § 249 Satz 2 [X.] a.F. zur Verfügung zu stel-lenden Mittel so bemessen sein, daß sich die Vermögenslage des Geschädig-ten, sofern er nur wirtschaftlich vernünftig verfährt, nicht besser, aber auch nicht schlechter darstellt, als wenn der Schadensfall nicht eingetreten wäre. Der da-nach —erforderlichefi Herstellungsaufwand wird nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens sowie die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Be-seitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflußmöglichkeiten des [X.] mitbestimmt. In diesem Sinne ist der Schaden nicht —[X.] zu bestimmen, sondern subjektbezogen (Senatsurteile [X.] 63, 182, 184 und vom 6. Juli 2004 - [X.] ZR 266/03 - aaO, jeweils m.w.[X.]). Deshalb darf der Ge-schädigte zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (vgl. [X.] vom 1. Oktober 1968 - [X.] ZR 159/67 - aaO; [X.], Urteil vom 13. April 1970 - [X.]/69 - aaO; jeweils m.w.[X.]). Die Grenze der Ersatzpflicht ist dort zu ziehen, wo die Aufwendungen des Geschädigten nicht mehr allein der Wie-- 7 - derherstellung der zerstörten Sache dienen, sondern eine Wertsteigerung be-wirken, denn der Geschädigte, dem ein Zahlungsanspruch nach § 249 Satz 2 [X.] a.F. zusteht, kann die Herstellungskosten insoweit nicht verlangen, als sie zu einem Wertzuwachs des Gebäudes, zu dessen erhöhter Lebensdauer oder zur Ersparung von Aufwendungen durch Hinausschieben künftiger Reparaturen führen (Senatsurteile [X.] 30, 29, 34; 102, 322, 331; [X.], Urteile vom 28. Mai 1962 - [X.] - [X.], 765, 767). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts belaufen sich die gemäß § 249 Satz 2 [X.] a.F. für die Wiederherstellung des Gebäudes erforderlichen Kosten (mit Ausnahme der Rechtsverfolgungskosten) unter Berücksichtigung des gebotenen Abzugs —neu für [X.] (vgl. Senatsurteil [X.] 102, 321, 331) auf insgesamt 347.560,34 •. Soweit die Versicherungsleistung diesen Betrag über-steigt, führt sie bei der Klägerin zu einem Wertzuwachs, der von der Beklagten nicht auszugleichen ist. Bei den auf der Geltendmachung des [X.] beruhenden Rechtsanwaltskosten handelt es sich mithin nicht um Kosten, die zur Wiederherstellung des zerstörten Gebäudes erforderlich sind. Die höheren Anwaltskosten sind vielmehr durch die Wertsteigerung veranlaßt und deshalb ebenso wie andere Nebenkosten, soweit diese zu einem Wertzuwachs führen (vgl. Senatsurteil [X.] 102, 322, 331), von der Beklagten nicht zu ersetzen. Der Umstand, daß die Einschaltung eines Rechtsanwalts aus der Sicht der Klä-gerin vorliegend insgesamt notwendig gewesen sein mag, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar kann auch die Belastung mit einer Verbindlichkeit einen ersatzfähigen Schaden darstellen (vgl. [X.] 59, 148, 150), doch ist der Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich seiner Anwaltskosten grundsätzlich auf die Gebühren nach demjenigen Geschäftswert beschränkt, welcher der letztlich festgestellten oder unstreitig gewordenen Schadenshöhe entspricht (Senatsurteil vom 1. Oktober 1968 - [X.] ZR 159/67 - [X.], - 8 - 1145, 1147; [X.] 39, 60, 72; 39, 73, 76 und [X.], Urteil vom 13. April 1970 - [X.]/69 - NJW 1970, 1122, 1123). 3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten, die ihr durch die [X.]eldung eines pauschalen [X.]chadens bei ihrem eigenen Versicherer entstanden sind. Mietausfall kann der Geschädigte von dem Schädiger nach § 249 Satz 2 [X.] a.F. nur dann erstattet verlangen, wenn ein solcher Schaden tatsächlich eingetreten ist. Das ist nach den von der Revi-sion nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vorliegend nicht der Fall. Mithin steht der Klägerin insoweit auch kein Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten zu. II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller [X.] Pauge

[X.] Zoll

Meta

VI ZR 73/04

18.01.2005

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2005, Az. VI ZR 73/04 (REWIS RS 2005, 5464)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5464

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