Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2006, Az. VI ZR 43/05

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5769

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 10. Januar 2006 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 249 Hd Zur [X.], die dem Geschädigten durch die anwaltliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen seinen eigenen Unfallversiche-rer entstehen. [X.], Urteil vom 10. Januar 2006 - [X.] - [X.] AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], Pauge und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 26. Januar 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12. Februar 2000, bei dem er erheblich verletzt wurde. Die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, dessen volle Haftung außer Streit steht. Der Kläger beauftragte seinen Rechtsanwalt auch mit der Geltendma-chung von Ansprüchen gegen seine private Unfallversicherung. Diese zahlte ihm nach Begutachtung seines Gesundheitszustands eine Invaliditätsentschä-digung von 57.258,71 •. Der Kläger verlangt Ersatz des insoweit angefallenen 1 - 3 - [X.] von 1.098,69 •. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass Rechtsanwaltskosten, die dem Geschädigten aufgrund der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den eigenen Unfallversicherer entstehen, nicht zu den infolge des [X.] adäquat kausal angefallenen und gemäß § 249 Satz 2 [X.] a.F. zu er-setzenden Rechtsverfolgungskosten zählen, weil es dabei nicht um die Durch-setzung eines auf Schadensersatz gerichteten Anspruchs gehe, sondern um die Geltendmachung einer vertraglichen Leistung. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht dargetan, weshalb die Einschaltung eines Rechtsanwalts im Streitfall erforderlich gewesen sei. 2 I[X.] Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 3 1. Da das schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, bestimmt sich der Umfang der auf §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 [X.], 3 Nr. 1 [X.] beruhenden Ersatzpflicht der Beklagten nach den Vorschriften der §§ 249 ff. [X.] in der seinerzeit geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 4 - 4 - EG[X.]). Ist wegen der Verletzung einer Person Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte gemäß § 249 Satz 2 [X.] a.F. Ersatz der erforderlichen Herstellungskosten verlangen, d.h. insbesondere die Kosten für notwendige Heilbehandlungen sowie Kur- und Pflegekosten. Daneben umfasst der zu er-setzende Schaden gemäß § 252 [X.] auch den entgangenen Gewinn. Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist ihm darüber hinaus gemäß § 843 [X.] Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grund-sätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen [X.]. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl. Senatsurteile [X.] 127, 348, 350 ff. und vom 1. Oktober 1968 - [X.] ZR 159/67 - [X.], 1145, 1147; [X.] 39, 73, 74 und Urteil vom 23. Oktober 2003 - [X.]/02 - [X.], 869, 871, jeweils m.w.[X.]) hat der Schädiger allerdings nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte [X.] und zweckmäßig waren. 5 Teil der Schadensabwicklung ist auch die Entscheidung, den [X.] einem Versicherer zu melden. Ist es aus Sicht des Geschädigten [X.], anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies grundsätzlich auch für die [X.]eldung des Versicherungsfalles bei dem eigenen Versicherer (vgl. zur Kaskoversicherung [X.], [X.], 12; [X.], [X.], 6, 9; [X.], 1297 und [X.], 431; [X.], [X.], 196, 197; [X.], [X.], 213 f.; [X.], [X.], 1399, 1401 f.; Ge-rold/[X.]/von [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., Rdn. 33 zu § 118; [X.] - 5 - lich/Mümmler/[X.]/[X.], [X.], 20. Aufl., Stichwort: "[X.]", [X.]. 2, jeweils m.w.[X.]; [X.]/[X.]/[X.], [X.], Rdn. 75 zu § 249; zur Sachversicherung bei Brandschäden [X.], [X.], 98 f.). Auch die dadurch anfallenden Rechtsverfolgungskosten können entge-gen der Auffassung des Berufungsgerichts ersatzfähig sein, nämlich dann, wenn sie adäquat kausal auf dem Schadensereignis beruhen und die Inan-spruchnahme anwaltlicher Hilfe unter den Umständen des Falles erforderlich war (Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - [X.] ZR 73/04 - [X.], 558). Macht der Geschädigte gegenüber seinem Versicherer eine Forderung geltend, die zwar nach den Versicherungsbedingungen begründet ist, vom Schädiger aber nicht zu ersetzen ist, weil es insoweit an einem Schaden des Geschädigten fehlt, ist allerdings auch zu prüfen, inwieweit die durch die [X.]eldung entstan-denen Anwaltskosten dem Schädiger als Folgen seines Verhaltens zugerechnet werden können. Im Vordergrund steht dabei das Interesse des Geschädigten an einer vollständigen Restitution (Senatsurteile vom 20. April 2004 - [X.] ZR 109/03 - [X.], 876 und vom 6. Juli 2004 - [X.] ZR 266/03 - [X.], 1180, 1181 m.w.[X.]; [X.], Urteil vom 25. Oktober 1996 - [X.] - NJW 1997, 520). 2. Im Falle der Verletzung einer Person ist die Grenze der Ersatzpflicht dort zu ziehen, wo die Aufwendungen des Geschädigten nicht mehr allein der Wiederherstellung der Gesundheit, dem Ersatz entgangenen Gewinns oder der Befriedigung vermehrter Bedürfnisse dienen. Dies kann der Fall sein, wenn der Geschädigte Kosten aufwendet, um von seinem privaten Unfallversicherer Leis-tungen zu erhalten, die den von dem Schädiger zu erbringenden Ersatzleistun-gen weder ganz noch teilweise entsprechen. Das ist zu erwägen, wenn dem Geschädigten nach den Vertragsbedingungen seiner Unfallversicherung ein Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung zusteht, insoweit ein [X.] - etwa unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs vermehrter [X.] - 6 - dürfnisse - gegen den Schädiger nach Lage des Falles aber nicht besteht. Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Dies wird das Berufungsgericht zu klären ha-ben. 8 3. Eine Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten kann im Einzelfall aber auch dann in Betracht kommen, wenn es an einer derartigen Entsprechung zwischen der Leistung des eigenen Versicherers und dem vom Schädiger zu ersetzenden Schaden fehlt. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn der Ge-schädigte etwa aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden bei seinem Versicherer selbst anzumelden (vgl. Senatsurteil vom 8. November 1994, [X.], 183, 184). Vorliegend hat das Berufungsgericht einen An-spruch des [X.] auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten für die Geltendma-chung von Ansprüchen gegen seinen privaten Unfallversicherer verneint und ausgeführt, die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sei hierfür nicht erforderlich gewesen, denn der Kläger hätte die Ansprüche selbst geltend machen können. Zu den erheblichen Verletzungen, dem Inhalt der Gutachten und dem Verhalten des Unfallversicherers fehle es an substantiiertem Sachvortrag. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Das Berufungsgericht überspannt die Darlegungslast des [X.]. Dieser hat nämlich vorgetragen, er sei aufgrund seiner schweren Verletzungen, von denen die Beklagte gewusst habe, auf unbestimmte [X.] nicht in der Lage gewesen, sich selbst um die Gel-tendmachung und Wahrung seiner Ansprüche zu kümmern. Nach den erstin-stanzlichen Feststellungen, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, befand sich der Kläger für längere [X.] in stationärer Kran-kenhausbehandlung. Diese Umstände hat das Berufungsgericht nicht ausrei-chend bedacht. Seine Beurteilung, die Rechtsverfolgungskosten seien nicht 9 - 7 - erforderlich gewesen, begegnet bei dieser Sachlage durchgreifenden Bedenken und kann deshalb keinen Bestand haben. Die Aufhebung und [X.] gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die Umstände des Streitfalls [X.] zu würdigen und gegebenenfalls noch fehlende Feststellungen zur Er-forderlichkeit der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nachzuholen. [X.] [X.] [X.] Pauge [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 10.09.2004 - 3 C 720/04 - [X.], Entscheidung vom 26.01.2005 - 2 S 678/04 -

Meta

VI ZR 43/05

10.01.2006

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2006, Az. VI ZR 43/05 (REWIS RS 2006, 5769)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5769

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