Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2008, Az. VI ZR 223/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3651

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN [X.]ES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 3. Juni 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.]G[X.] § 823 Abs. 1 [X.]c Zu den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht bei einer Trampolinan-lage. [X.], Urteil vom 3. Juni 2008 - [X.] - [X.] LG [X.] - 2 - [X.]er [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2008 durch die Vizepräsidentin [X.]r. [X.] und [X.] [X.], [X.], Pauge und [X.] für Recht erkannt: [X.]ie Revision der [X.]eklagten gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 31. August 2007 wird [X.]. Auf die Revision des [X.] wird das [X.]erufungsurteil im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das [X.]erufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:[X.]er am 7. Juni 1967 geborene Kläger macht gegen den [X.]eklagten zu 1 als Inhaber und die [X.]eklagte zu 2 als vor Ort tätige Geschäftsführerin einer [X.]reizeitanlage materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht im Zusammenhang mit einem Unfall vom 2. Oktober 2004 geltend, den er bei der [X.]enutzung einer [X.] erlitten hat. 1 Am Unfalltag besuchte der Kläger mit seiner [X.]amilie und einer [X.] die [X.]reizeitanlage, zu der ein "Indoor-Spielplatz" mit einer 2 - 3 - [X.] gehört, auf welcher mehrere Personen gleichzeitig auf ver-schiedenen Trampolinfeldern, zwischen denen Schaumstoffmatten liegen, springen können. An der Anlage befinden sich Hinweisschilder, die unter anderem [X.] "Wichtige Hinweise" enthalten: 3 "A) Um Verletzungen zu verhindern, nicht mit den Ellenbogen abstützen und keine Kopfsprünge machen. [X.]) [X.]eim Springen darauf achten, dass sich die Zunge nicht zwi-schen den Zähnen befindet. [X.]) [X.]evor man [X.] ausführt, sollte man sich zuerst mit dem Trampolin vertraut machen. [X.]) [X.]eim Ausführen von [X.] sollte man die [X.]eine möglichst gestreckt halten, um einen Rückschlag (Knie ins Gesicht) beim Aufprall zu vermeiden. E) Keine Übungen durchführen, wenn man sich nicht sicher fühlt. [X.]) [X.]ie Anlage kann von Kindern ab vier Jahren und von [X.] benutzt werden. –" [X.]er Kläger benutzte die [X.] und landete bei dem Versuch eines Salto vorwärts nicht auf den [X.]einen, sondern auf dem Rücken. [X.]ei dem Aufprall brach er sich das Genick und ist seitdem querschnittgelähmt. 4 [X.]as [X.] hat mit einem Grund- und Teilurteil die Zahlungsklage des [X.] unter [X.]erücksichtigung eines Mitverschuldens von 50 % dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, dass die [X.]eklagten ver-pflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren zukünftigen materiellen und imma-teriellen Unfallschäden zu 50 % - vorbehaltlich eines Rechtsübergangs auf [X.] oder sonstige [X.]ritte - zu ersetzen; im Übrigen hat es die 5 - 4 - Klage abgewiesen. [X.]ie hiergegen gerichteten [X.]erufungen aller Parteien hat das [X.]erufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihren vom [X.]erufungsgericht zugelasse-nen Revisionen verfolgen sie ihre Anträge weiter, soweit zu ihrem Nachteil er-kannt worden ist. Entscheidungsgründe: [X.] [X.]as [X.]erufungsgericht führt aus, die [X.]eklagten hafteten dem Grunde nach aus § 823 Abs. 1 [X.]G[X.] als Gesamtschuldner wegen Verletzung der [X.] für die dem Kläger durch den Unfall entstandenen [X.], da sie [X.]prünge auf der [X.] nicht generell unterbunden oder zumindest nicht deutlicher auf die besonderen Gefahren von [X.]prün-gen hingewiesen hätten. Gerade bei einem solchen Kinderspielgerät, welches für Kinder ab vier Jahren frei gegeben sei und ohne besondere Aufsicht benutzt werden könne, rechne der [X.]enutzer nicht damit, dass auch bei einer nicht fern liegenden [X.]enutzung erhebliche Verletzungsrisiken bestünden. [X.]iese Pflicht-verletzung sei für den Unfall zumindest mitursächlich gewesen. [X.]as [X.] habe zu Recht ein hälftiges Mitverschulden des [X.] angenommen. Unabhängig davon, ob der Kläger die besondere Gefährlichkeit und erhebliche Verletzungsgefahr bei [X.]prüngen erkannt habe und sie ihm in der fraglichen Situation bewusst gewesen sei, habe er - obwohl er in der [X.]enutzung eines Trampolins ungeübt gewesen sei und sich mit dem Gerät nur kurz vertraut [X.] habe - einen schwierigen Sprung versucht, den er nicht beherrscht habe. Mit der nahe liegenden Gefahr, dass er bei einem Misslingen des [X.] un-glücklich aufkommen könne und in diesem [X.]all auch die Abfederung durch Mat-ten oder Sprungtuch erhebliche Verletzungen nicht verhindern könne, habe er 6 - 5 - sich offenbar nicht auseinandergesetzt. Hierin liege ein nicht unerhebliches Mit-verschulden, welches das [X.] zu Recht mit 50 % bewertet habe. [X.]em [X.] stehe nicht entgegen, dass der Kläger vor den spezifi-schen Gefahren eines [X.]prunges nicht durch Hinweise der [X.]eklagten ge-warnt worden sei. [X.]ie Annahme eines anspruchsmindernden Mitverschuldens nach § 254 [X.]G[X.] sei auch nicht aus Rechtsgründen wegen des Schutzzwecks der von den [X.]eklagten verletzten Pflicht ausgeschlossen. I[X.] A. Zur Revision der [X.]eklagten: 7 [X.]ie Revision der [X.]eklagten hat keinen Erfolg. [X.]as [X.]erufungsgericht ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die [X.]eklagten dem Grunde nach aus § 823 Abs. 1 [X.]G[X.] wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für die dem Kläger durch den Unfall entstandenen Schäden haften. 8 1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] - welcher das [X.]erufungsgericht folgt - ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich wel-cher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. etwa Senat, Urteile vom 19. [X.]ezember 1989 - [X.] ZR 182/89 - [X.], 498, 499; vom 4. [X.]ezember 2001 - [X.] ZR 447/00 - [X.], 247, 248; vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 155/02 - [X.], 1319; vom 5. Oktober 2004 - [X.] ZR 294/03 - [X.], 279, 280; vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 - [X.], 233, 234 und vom 6. [X.]ebruar 2007 - [X.] ZR 274/05 - [X.], 659, 660, jeweils m.w.[X.]). [X.]ie rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst dieje-nigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen [X.] - 6 - zen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. [X.]abei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbe-gründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (vgl. Senatsurteile vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 - und vom 6. [X.]ebruar 2007 - [X.] ZR 274/05 - aaO, jeweils m.w.[X.]). [X.]eshalb muss nicht für alle denk-baren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädi-gung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senat, Urteile vom 10. Oktober 1978 - [X.] ZR 98/77 - und - [X.] ZR 99/77 - VersR 1978, 1163, 1165; vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 - und vom 6. [X.]ebruar 2007 - [X.] ZR 274/05 - aaO). [X.]er im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 [X.]G[X.]) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden [X.]ereich herrschende Verkehrsauf-fassung für erforderlich hält (vgl. Senat, Urteile vom 16. [X.]ebruar 1972 - [X.] ZR 111/70 - [X.], 559, 560; vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 - aaO und vom 6. [X.]ebruar 2007 - [X.] ZR 274/05 - aaO). [X.]aher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheits-vorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und ge-wissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend [X.] darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Um-ständen nach zuzumuten sind (vgl. Senat, Urteile vom 12. [X.]ebruar 1963 - [X.] ZR 145/62 - VersR 1963, 532; vom 19. Mai 1967 - [X.] ZR 162/65 - VersR 1967, 801; vom 4. [X.]ezember 2001 - [X.] ZR 447/00 - aaO; vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - [X.] ZR 332/04 - aaO; vom 16. Mai 2006 - 7 - - [X.] ZR 189/05 - [X.], 1083, 1084 und vom 6. [X.]ebruar 2007 - [X.] ZR 274/05 - aaO). [X.]er [X.]etreiber einer Sport- und Spielanlage braucht demnach zwar nicht allen denkbaren Gefahren vorzubeugen. [X.]ie Verkehrssicherungspflicht erfor-dert jedoch regelmäßig den Schutz vor Gefahren, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, vom [X.]enutzer nicht vorhersehbar und für ihn nicht ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Senatsurteil vom 25. April 1978 - [X.] ZR 194/76 - VersR 1978, 739; [X.], Urteil vom 12. Juni 2007 - [X.]/06 - NJW 2007, 2549, 2551; [X.], [X.], 859, 860; OLG [X.]elle, [X.], 2544). [X.]er Umfang der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen rich-tet sich insbesondere danach, welcher Grad an Sicherheit bei der Art des Spiel- bzw. Sportgeräts und dem Kreis der dafür zugelassenen [X.]enutzer typischer-weise erwartet werden kann. [X.]ei einem Spielgerät, das für Kinder (ab vier Jah-ren) frei gegeben ist und ohne besondere Aufsicht benutzt werden konnte, muss ohne ausdrücklichen Hinweis grundsätzlich nicht damit gerechnet werden, dass es bei bestimmungsgemäßer [X.]enutzung zu lebensgefährlichen [X.] kommen kann. 10 2. Nach diesen Grundsätzen hat das [X.]erufungsgericht - entgegen der Auffassung der Revision der [X.]eklagten - aufgrund der von ihm getroffenen [X.]eststellungen eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der [X.]eklagten mit Recht bejaht. 11 a) Zwar wies die [X.] nach den unangegriffenen [X.]eststel-lungen des [X.]erufungsgerichts keine konstruktiven oder technischen Mängel auf und entsprach den einschlägigen [X.]IN-Normen. [X.]as [X.]erufungsgericht hat [X.] ohne Rechtsfehler eine Pflichtverletzung der [X.]eklagten darin gesehen, dass sie [X.]prünge auf der [X.] nicht generell unterbunden 12 - 8 - oder nicht zumindest deutlicher auf die besonderen Gefahren von - missglückten - [X.]prüngen hingewiesen haben. b) Nach den vom [X.]erufungsgericht aufgrund eines [X.] getroffenen [X.]eststellungen, die insoweit zwischen den Parteien un-streitig geworden sind, bedürfen schwierige Sprünge wie [X.]prünge auf ei-nem Trampolin besonderer Übung und Erfahrung, wobei missglückte Sprünge - insbesondere durch ungeübte Personen - auch dann zu schweren [X.] führen können, wenn der [X.]enutzer auf dem Sprungtuch und nicht auf den zwischen den einzelnen Trampolinen befindlichen Matten landet. [X.]ei dieser Sachlage konnte das [X.]erufungsgericht ohne Rechtsfehler annehmen, dass der [X.]enutzer einer solchen Anlage, die für Kinder ab vier Jahren und Erwachsene frei gegeben ist und nicht über Sicherheitseinrichtungen wie Gurte o. ä. verfügt, nicht damit rechnen müsse, dass es bei bestimmungsgemäßer Nutzung - wozu entsprechend den "Wichtigen Hinweisen" auch [X.]prünge gehören - zu [X.] schwerwiegenden Verletzungen kommen kann. 13 c) Soweit die [X.]eklagten im Revisionsverfahren geltend machen, der Klä-ger habe die angebrachten Warnhinweise nicht beachtet, weist das [X.]erufungs-gericht zutreffend darauf hin, dass diese Warnhinweise unzureichend waren, weil sie gerade nicht vor den spezifischen, beim Kläger eingetretenen Gefahren missglückter [X.]prünge gewarnt haben. Sie enthielten unter [X.]) lediglich die Empfehlung, bevor man [X.] ausführe, solle man sich zuerst mit dem [X.] vertraut machen, und unter [X.]) den Ratschlag, beim Ausführen von [X.] die [X.]eine möglichst gestreckt zu halten, um einen Rückschlag (Knie ins Ge-sicht) beim Aufprall zu vermeiden. [X.]iese Hinweise vermittelten den Eindruck, dass [X.]prünge eine zwar anspruchsvollere, aber durchaus übliche und zu-lässige Übung bei der [X.]enutzung des Trampolins seien und bei [X.]eachtung des 14 - 9 - [X.] unter [X.]) auch bei einem missglückten Sprung keine schwerwiegenden Gefahren drohten. Hieran vermag - entgegen der Auffassung der Revision der [X.]eklagten - weder der Hinweis unter E), keine Übungen durchzuführen, wenn man sich nicht sicher fühle, etwas zu ändern noch der - vom [X.]erufungsgericht nicht [X.] erwähnte - Hinweis, aus mangelnder Vorsicht, Müdigkeit und Missach-tung der Regeln könne sich eine Turnübung in ein ungewolltes Unglück ver-wandeln. [X.]enn diese ganz allgemein gehaltenen Hinweise machten einem [X.]e-nutzer der Anlage nicht deutlich, dass ein missglückter [X.]prung zu lebens-gefährlichen Verletzungen wie einem Genickbruch mit Querschnittlähmung füh-ren kann. 15 d) [X.]as [X.]erufungsgericht hat auch nicht - wie die Revision der [X.]eklagten meint - festgestellt, dass der Kläger die besondere Gefährlichkeit und erhebli-che Verletzungsgefahr bei [X.]prüngen erkannt hätte, sondern es hat ledig-lich dem Kläger im Rahmen der Prüfung eines Mitverschuldens im Sinne des § 254 Abs. 1 [X.]G[X.] vorgeworfen, er hätte die Gefahr eines missglückten [X.] auch ohne ausdrücklichen Hinweis erkennen können (dazu unten un-ter [X.]). [X.]as [X.]erufungsgericht hat darüber hinaus eine besondere Warnung vor [X.]prüngen auch nicht deshalb für entbehrlich gehalten, weil für jedermann selbstverständlich sei, dass [X.]prünge nur ausgeführt werden sollten, wenn der [X.]etreffende diese sicher beherrscht. [X.]ür den unerfahrenen [X.]enutzer war nach den [X.]eststellungen des [X.]erufungsgerichts nämlich nicht ohne weiteres erkennbar, ob das Trampolin die Ausführung von [X.]prüngen so erleichterte, dass sie auch ungeübteren Personen ohne größere Schwierigkeiten und Gefah-ren möglich waren. [X.]iese Gefahr einer Selbstüberschätzung wurde im Streitfall noch dadurch verstärkt, dass die Risiken von [X.]prüngen durch den Hinweis auf die empfohlene Haltung eher verharmlost wurden und sich der Kläger durch 16 - 10 - [X.]prünge von [X.] auf einem Nebenfeld, die aus seiner Sicht "total locker" aussahen, zu einem eigenen Sprungversuch hat verleiten lassen. Mit einem solchen Verhalten unerfahrener [X.]enutzer muss der [X.]etreiber einer sol-chen Anlage grundsätzlich rechnen. e) [X.]as [X.]erufungsgericht ist weiterhin ohne Rechtsfehler davon [X.], dass die Pflichtverletzung der [X.]eklagten für die vom Kläger erlittene schwere Verletzung zumindest mitursächlich geworden ist. [X.]ei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, die typischen Gefährdungen entgegenwirken sollen, findet der [X.]eweis des ersten Anscheins Anwendung, wenn sich in dem Schadensfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung bestimmter Verhaltenspflichten begegnet werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 14. [X.]ezember 1993 - [X.] ZR 271/92 - [X.], 324, 325; [X.], Urteil vom 18. Juli 2006 - [X.] - NJW 2006, 3268, 3270). Im Streitfall besteht [X.] eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sich der Kläger bei einem ent-sprechenden Hinweis auf die besondere Verletzungsgefahr bei [X.]prüngen durch ungeübte Personen hinweisgerecht verhalten und von dem Sprung [X.] genommen hätte. 17 f) Schließlich hat das [X.]erufungsgericht auch rechtsfehlerfrei das erforder-liche Verschulden der [X.]eklagten im Sinne des § 276 [X.]G[X.] bejaht. [X.]ie [X.]eklagten hätten sich als Verkehrssicherungspflichtige über die besonderen Gefahren dieses Spiel- bzw. Sportgerätes bei [X.]prüngen informieren müssen, bevor sie diese zuließen. [X.]abei vermag sie nicht zu entlasten, dass die Anlage den einschlägigen [X.]IN-Normen entsprach und sowohl der Sachverständige als auch der [X.] die an den Anlagen angebrachten Hinweise als ausreichend angese-hen haben. Abgesehen davon, dass sich die entsprechenden Ausführungen in erster Linie auf den konstruktiven und technischen Zustand der Anlage bezogen und der vom Gericht beauftragte Sachverständige selbst darauf hingewiesen 18 - 11 - hat, dass missglückte schwierige Sprünge auch bei einer Landung auf dem Sprungtuch schwere Verletzungen zur [X.]olge haben können, handelt es sich bei [X.]IN-Normen nicht um mit [X.]rittwirkung versehene Normen im Sinne hoheitlicher Rechtssetzung, sondern um auf freiwillige Anwendung ausgerichtete Empfeh-lungen [X.] [X.]eutschen Instituts für Normung e.V.", die regelmäßig keine abschließenden Verhaltensanforderungen gegenüber Schutzgütern [X.]ritter auf-stellen (vgl. Senatsurteil vom 13. März 2001 - [X.] ZR 142/00 - VersR 2001, 1040, 1041). Welche Maßnahmen zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich sind, hängt vielmehr stets von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Senatsurteil vom 21. März 2000 - [X.] ZR 158/99 - [X.], 984, 985). Im Streitfall war es nahe liegend, dass die für Kinder ab 4 Jah-ren freigegebene Anlage auch von unerfahrenen und ungeübten Personen im Vertrauen auf eine relative Gefahrlosigkeit benutzt werden würde, ein Nachah-mungseffekt eine Rolle spielen und es zu missglückten Sprüngen kommen kann. [X.]eshalb waren die [X.]eklagten verpflichtet, sich über die möglichen [X.]olgen insbesondere schwieriger Sprünge zu erkundigen, bevor sie diese ohne ent-sprechenden Hinweis auf die Risiken zuließen. [X.]. Zur Revision des [X.]: 19 [X.]ie Revision des [X.] hat Erfolg und führt zur Aufhebung des [X.]eru-fungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]erufungsgericht, so-weit dieses zum Nachteil des [X.] entschieden hat. 20 [X.]ie [X.]eurteilung des [X.]erufungsgerichts, den Kläger treffe bei der Entste-hung des Schadens ein hälftiges anspruchsminderndes Mitverschulden, ist nicht frei von [X.]. 21 - 12 - 1. Zwar kann die Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 [X.]G[X.] im Re-visionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob alle in [X.]etracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind (vgl. etwa Senatsurteil vom 16. Januar 2007 - [X.] ZR 248/05 - [X.], 557, 558 m.w.[X.]). Nach diesen Grundsätzen hält aber die vom [X.]erufungsgericht vorgenommene Quotelung revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. 22 2. [X.]as [X.]erufungsgericht durfte zwar ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass dem Kläger ein Verschulden gegen sich selbst angelastet werden kann, weil er - obwohl er in der [X.]enutzung eines Trampolins ungeübt war und sich mit dem Gerät nur kurz vertraut gemacht hatte - einen schwierigen Sprung versucht hat, den er nicht beherrschte. Maßgebend für das Ausmaß des Mitverschuldens ist jedoch weniger die vom Kläger offensichtlich in Kauf genommene Gefahr, dass der Sprung misslingen könne, als vielmehr die [X.]rage, ob für ihn erkennbar war, dass ein Misslingen des Sprungs zu schwersten Verletzungen wie einem Genickbruch mit Querschnittlähmung führen könne. In diesem Zusammenhang ist das [X.]erufungsurteil nicht frei von Widerspruch. Während es bei der [X.]rage der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die [X.]eklagten - rechtsfehlerfrei - davon ausgeht, dass gerade bei einem solchen Spielgerät, welches für Kinder ab vier Jahren frei gegeben ist und ohne besondere Aufsicht benutzt werden kann, der [X.]enutzer nicht damit rechnen müsse, dass auch bei einer nach den "Wichtigen Hinweisen" bestimmungsgemäßen [X.]enutzung er-hebliche Verletzungsrisiken bestehen, lastet es dem Kläger im Rahmen eines Mitverschuldens an, er habe sich nicht mit der "nahe liegenden Gefahr" ausei-nandergesetzt, dass er sich bei einem Misslingen des [X.] erhebliche Verlet-zungen zuziehen könne, wobei sich das Risiko der besonderen Gefährlichkeit von [X.]prüngen für den Kläger als Erwachsenen aufgedrängt habe. [X.]as [X.]e-rufungsurteil enthält jedoch keine tatsächlichen [X.]eststellungen dazu, weshalb 23 - 13 - für den Kläger erkennbar gewesen sein soll, dass weder das Sprungtuch noch die Matten eine ausreichende Abfederung gegen schwere Verletzungen bei missglückten [X.]prüngen böten. [X.]eststellungen hierzu wird das [X.]erufungs-gericht nachzuholen haben. [X.] [X.] [X.] Pauge [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 05.12.2006 - 5 O 488/05 - [X.], Entscheidung vom 31.08.2007 - 20 U 175/06 -

Meta

VI ZR 223/07

03.06.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2008, Az. VI ZR 223/07 (REWIS RS 2008, 3651)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3651

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

20 U 175/06 (Oberlandesgericht Köln)


20 U 175/06 (Oberlandesgericht Köln)


20 U 3360/14 (OLG München)

Schmerzensgeldrenten, Mitverschuldensanteil, Mitverschulden des Verletzten, Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, Verkehrssicherungspflichtverletzung, Hüpfkissen, Anschlussberufung


16 U 71/08 (Oberlandesgericht Köln)


VI ZR 294/03 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

19 U 23/17

19 U 125/16

Zitiert

20 U 175/06

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.