Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.08.2006, Az. 2 StR 249/06

2. Strafsenat | REWIS RS 2006, 2310

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 249/06 vom 2. August 2006 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 2. August 2006, an der teilgenommen haben: Richterin am [X.] Dr. [X.] als Vorsitzende und [X.] am [X.] [X.], Prof. Dr. [X.], [X.]in am [X.] Roggenbuck, [X.] am [X.] Dr. Appl, Bundesanwalt beim [X.] als Vertreter der [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - 1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 19. Januar 2006 wird verworfen. 2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels sowie die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Ausla-gen zu tragen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Verbreitung kinderporno-graphischer Schriften in drei Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs Jugendlicher in elf Fällen sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in [X.] mit Herstellen kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt, ihn vom Vorwurf weiterer Taten freigesprochen und die Einziehung eines Personal Computers angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die von der [X.] nicht vertreten wird, ist unbegründet. 1 1. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge allein gegen die Entscheidung des [X.]s, eine Maßregel gemäß § 63 (in Verbindung mit § 21) StGB oder gemäß § 66 StGB nicht anzuordnen. 2 - 4 - a) Das [X.] hat festgestellt, der Angeklagte sei bei Begehung der Taten voll schuldfähig gewesen. Die Ausführungen des (verlesenen) Gutach-tens eines Sachverständigen sind in den Urteilsgründen wie folgt [X.]: 3 "Zwar könne die homosexuelle Präferenz mit adoleszentophilen [X.] des Angeklagten im Gegensatz zur sogenannten reifen Homosexualität als Triebabweichung qualifiziert und damit dem Merkmalsbereich der schweren anderen seelischen Abartigkeit zugeordnet werden. Jedoch sei auf Grund der vom Angeklagten selbst durchgeführten Analyse seiner Handlungs- und Vorge-hensweise davon auszugehen, dass der Angeklagte die volle Einsicht in seine Handlungen gehabt habe. Die erforderliche Einschränkung der [X.] des Angeklagten im Zeitpunkt der Tathandlungen sei daher [X.]" ([X.]). 4 Diesen als "in sich schlüssig und nachvollziehbar" bezeichneten Ausfüh-rungen hat sich das [X.] ohne nähere Erörterung angeschlossen ([X.]). 5 Der Revision ist zuzugeben, dass die Formulierung, der Angeklagte habe "die volle Einsicht" gehabt, und "daher" sei eine Einschränkung seiner Steue-rungsfähigkeit ausgeschlossen, missverständlich und unzutreffend ist. [X.] Einschränkungen der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ist, wie sich schon aus dem Wortlaut von § 20 StGB ergibt, zu unterscheiden. Auf eine Min-derung der Fähigkeit, nach der Einsicht in das Unrecht der Tat zu handeln (§ 20 StGB), kann es nur ankommen, wenn eine solche Einsicht gegeben ist (vgl. BGHSt 49, 347, 356 ff.; [X.], 232 f.; BGHR StGB § 63 Schuld-unfähigkeit 1, 3; [X.]/[X.] StGB 53. Aufl. § 20 Rdn. 44 m.w.N.). Umge-kehrt kann daher aus dem Umstand, dass die Einsichtsfähigkeit des [X.] von 6 - 5 - der vorliegenden psychischen Störung nicht beeinträchtigt ist, nicht darauf [X.] werden, auch sein Hemmungsvermögen sei in vollem Umfang gege-ben. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich hier aber hinreichend deutlich, dass der Tatrichter dies im Ergebnis nicht verkannt und dass er in letztlich zutreffender Weise auf eine Einschränkung der Steuerungs-fähigkeit abgestellt hat. Der Angeklagte hatte sich, wie sich aus den Urteilsfest-stellungen ergibt, zu den Anklagevorwürfen umfangreich eingelassen; er hatte die Taten weitgehend gestanden und seine Motivlage sowie Einzelheiten der Tatbegehung geschildert. Hieraus und aus den Aussagen der Geschädigten ergeben sich ersichtlich keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten könne bei Begehung der Taten ein-geschränkt gewesen sein. Auch gegenüber dem Sachverständigen hatte sich der Angeklagte zu den Tatvorwürfen eingelassen. Hinzu kam, dass der Sach-verständige den Angeklagten bereits in einem früheren Strafverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Jahr 1997 untersucht und ein Gutachten über seine Schuldfähigkeit erstattet hatte. Das [X.] selbst hat trotz der fehlerhaften Formulierung seine Beurteilung im [X.] an den [X.] auf die "vom Angeklagten selbst durchgeführte Analyse seiner [X.] und Vorgehensweise" gestützt ([X.]). 7 Im Ergebnis wird daher die Annahme voller Schuldfähigkeit von den Ur-teilsfeststellungen getragen. Damit fehlte es bereits an der [X.] für die Anordnung einer Maßregel gemäß § 63 StGB. 8 b) Auch die Ablehnung der Anordnung einer Maßregel nach § 66 StGB ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei. Das sachverständig beratene [X.] hat im Hinblick auf die Persönlichkeitsentwicklung des Angeklagten und den Verlauf 9 - 6 - seiner Kriminalitätsentwicklung einen "Umschwung" in prägenden Persönlich-keitsmerkmalen sowie wichtige Indizien gegen die Annahme einer Hangtäter-schaft im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB festgestellt ([X.]) und daher das Vorliegen eines Hangs verneint. Die Revision zeigt Rechtsfehler dieser tat-richterlichen Beurteilung nicht auf. Auch ein Vorbehalt der Anordnung gemäß § 66 a StGB kam danach nicht in Betracht (vgl. BGHSt 50, 188, 194 f.; [X.], 3155, 3156 f.). 2. Auch die Prüfung der Strafzumessung auf Grund der Sachrüge hat keine Rechtsfehler zum Vorteil oder zum Nachteil des Angeklagten ergeben. 10 [X.] [X.] [X.] Roggenbuck Appl

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2 StR 249/06

02.08.2006

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.08.2006, Az. 2 StR 249/06 (REWIS RS 2006, 2310)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2310

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