Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.08.2022, Az. VIII R 27/21

8. Senat | REWIS RS 2022, 5037

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Gegenstand

Berücksichtigung gezahlter Prämien für Glattstellungsgeschäfte im Zusammenhang mit Einnahmen aus Stillhalterprämien bei periodenübergreifenden Optionsgeschäften


Leitsatz

1. Aufwendungen für die den Stillhalterprämien zugehörigen Glattstellungsgeschäfte mindern nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG --in Ausnahme zu § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG (sog. Abflussprinzip)-- die Einnahmen in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Stillhalterprämien vereinnahmt wurden. Es handelt sich insoweit um ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

2. Ergibt sich dabei für das einzelne Stillhalter-/Glattstellungsgeschäft ein Verlust (eine negative Differenz), ist dieser abzugsfähig und unterliegt nicht dem Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des [X.] vom 28.09.2021 - 6 K 1458/19 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 15.05.2019 aufgehoben.

Der Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 23.02.2015 wird dahingehend geändert, dass nicht ausgeglichene Verluste der Klägerin aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes unterliegen, in Höhe von 277.251 € zu berücksichtigen sind.

Die Einkommensteuer wird auf ... € festgesetzt.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, in welchem Veranlagungszeitraum gezahlte Prämien für Glattstellungsgeschäfte im Zusammenhang mit Einnahmen aus [X.] bei periodenübergreifenden Optionsgeschäften steuerlich zu berücksichtigen sind.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) tätigte diverse Optionsgeschäfte. Im Streitjahr (2013) tätigte sie folgende periodenübergreifende Stillhalter- und Glattstellungsgeschäfte:

-       

Sie schloss am 06.03.2013 jeweils Glattstellungsgeschäfte (Glattstellungsgeschäfte 1) ab, die zu Aufwendungen in Höhe von 234.046,55 € und 119.065,83 € führten. Diese betrafen Kauf- (Zufluss der Stillhalterprämien im [X.] in Höhe von 221.975,42 €) und Verkaufsoptionen (Zufluss der Stillhalterprämien im [X.] in Höhe von 207.530,41 €) auf den [X.] Aktienindex mit unterschiedlichen Basispreisen, die sie am 18.12.2012 eingeräumt hatte.

-   

Am 19.12.2013 räumte sie Kauf- (Zufluss der Stillhalterprämien im Streitjahr in Höhe von 408.688,50 €) und Verkaufsoptionen (Zufluss der Stillhalterprämien im Streitjahr in Höhe von 496.390,50 €) ein und tätigte bezüglich dieser Kauf- und Verkaufsoptionen am 21.01.2014 jeweils Glattstellungsgeschäfte (Glattstellungsgeschäfte 2), die zu Aufwendungen in Höhe von 571.490,13 € und 380.427,66 € führten.

3

Kapitalertragsteuer wurde bei den [X.] nicht einbehalten, da diese bei einem ausländischen Kreditinstitut getätigt wurden.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --[X.]--) erfasste im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 23.02.2015 erklärungsgemäß Einkünfte aus der Differenz von [X.] und gezahlten Prämien aus Glattstellungsgeschäften [X.] 20 Abs. 1 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 319.647 €. Die Differenz ergab sich aus in dem Veranlagungszeitraum zugeflossenen [X.] und abgeflossenen Prämien für Glattstellungsgeschäfte. [X.] wurden wie folgt berücksichtigt: Die im Streitjahr getätigten Aufwendungen in Höhe von 234.046,55 € bzw. 119.065,83 € (aus den Glattstellungsgeschäften 1) waren bei den im Bescheid angesetzten Einkünften aus [X.] --mindernd-- enthalten, nicht aber die Aufwendungen aus dem [X.] in Höhe von 571.490,13 € bzw. 380.427,66 € (aus den Glattstellungsgeschäften 2). Außerdem wurden bei der Steuerfestsetzung Kapitalerträge in Höhe von 1.907 € berücksichtigt, die nicht aus [X.] resultierten. Aufgrund des Antrags der Klägerin zur Überprüfung des [X.] gemäß § 32d Abs. 4 EStG wurden somit im Rahmen der Veranlagung Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 320.753 € nach § 32d Abs. 1 EStG der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegt. Daraus errechnete das [X.] eine Einkommensteuer nach dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG in Höhe von 78.615 €. Ferner erzielte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit; diesbezüglich ermittelte das [X.] (laut Bescheid vom 23.02.2015) die Einkommensteuer nach dem Grundtarif in Höhe von ... €. Die Einkommensteuer für 2013 setzte es mit 82.112 € fest. Die Klägerin legte am 23.03.2015 Einspruch ein, mit dem sie begehrte, Verluste aus [X.] der Jahre 2014 und 2015 im Streitjahr abzuziehen.

5

Nach erfolglosem Einspruch erhob sie Klage, mit der sie geltend machte, dass nach der gesetzlichen Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG die für die Glattstellungsgeschäfte gezahlten Prämien im Veranlagungsjahr des Bezugs der (jeweiligen) [X.] zu berücksichtigen seien. Danach seien die im angefochtenen Bescheid angesetzten Einkünfte aus [X.] um die im Streitjahr getätigten Aufwendungen in den Glattstellungsgeschäften 1 in Höhe von 234.046,55 € und 119.065,83 € zu erhöhen, da die diesbezüglichen [X.] bereits im [X.] vereinnahmt worden seien, und Aufwendungen für die Glattstellungsgeschäfte 2 in Höhe von 571.490,13 € und 380.427,66 € zu berücksichtigen, die zwar erst im [X.] gezahlt worden seien, jedoch im Zusammenhang mit den im Streitjahr vereinnahmten [X.] stehen würden.

6

Die Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 2060 mitgeteilten Gründen keinen Erfolg.

7

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Finanzgericht ([X.]) habe § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG unzutreffend ausgelegt.

8

Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil der Vorinstanz und die Einspruchsentscheidung vom 15.05.2019 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 23.02.2015 dahingehend zu ändern, dass negative Einkünfte aus [X.] in Höhe von 279.158 € als Kapitaleinkünfte der Besteuerung zugrunde gelegt werden.

9

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Aufwendungen für Glattstellungsgeschäfte seien --so zu Recht das [X.]-- nach § 11 Abs. 2 EStG im Jahr des Abflusses zu berücksichtigen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das Urteil des [X.] verletzt § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG. Schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die jeweiligen Einnahmen aus [X.] --rückwirkend im Jahr deren [X.] um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien (unter [X.]). Danach sind im Streitjahr negative Einkünfte aus [X.] in Höhe von 279.158 € der Besteuerung zugrunde zu legen; es ergeben sich nicht ausgeglichene Verluste i.S. des § 32d Abs. 1 EStG in Höhe von 277.251 €, die nach § 20 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG festzustellen sind (unter II.2.). Die Einkommensteuer wird auf ... € festgesetzt (unter II.3.).

1. Mit Einführung der Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 hat der Gesetzgeber die Besteuerung der [X.] und Glattstellungsgeschäfte in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erstmals gesondert geregelt. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG [X.], die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden; schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, mindern sich die Einnahmen aus den [X.] um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien. Es handelt sich um einen steuerlichen Einmaltatbestand, weshalb die Aufwendungen für die den [X.] zugehörigen Glattstellungsgeschäfte dem Veranlagungszeitraum zuzuordnen sind, in dem die Stillhalterprämie vereinnahmt wurde. Dies gilt auch dann, wenn das Glattstellungsgeschäft in einem anderen Veranlagungszeitraum getätigt wird als das Stillhaltergeschäft (im Ergebnis ebenso [X.]/[X.], EStG, 41. Aufl., § 20 Rz 142; [X.] in [X.], EStG, 21. Aufl., § 20 Rz 116; Haisch, [X.] 2007, 762, 764; Haisch/[X.], [X.] 2010, 311, 314; vgl. auch Urteil des [X.] --[X.]-- vom 18.08.2015 - I R 38/12, [X.], 378, Rz 22 ff., zur Rechtslage vor Einführung der Abgeltungsteuer; anderer Ansicht Schreiben des [X.] --BMF-- vom 18.01.2016 - IV C 1-S 2252/08/10004:017, [X.], 85, Rz 25; [X.] in [X.]/[X.], § 20 EStG Rz 401; [X.] EStG/[X.], 13. Ed. [01.07.2022], EStG § 20 Rz 1139.3; [X.], Der Betrieb 2010, 128, 129).

a) Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die für das Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien zu einer Einnahmeminderung führen. Denn nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG "mindern sich die Einnahmen aus den [X.] um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien". Der Gesetzgeber hat danach im gesetzlichen Tatbestand die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien mit den vereinnahmten [X.] verknüpft. Er hat § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG als punktuellen Besteuerungstatbestand normiert, der erst abgeschlossen ist, wenn endgültig feststeht, in welcher Höhe der Steuerpflichtige einen Überschuss aus dem Stillhaltergeschäft erzielt hat. Dieser in § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wille erfordert eine punktuelle Überschussermittlung. Aus Sicht des Senats ist es daher folgerichtig, wenn die Höhe der ursprünglich erzielten [X.] auch bei periodenübergreifenden Glattstellungsgeschäften um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien gemindert werden. Allein dies trägt der Wirkungsweise des Glattstellungsgeschäfts Rechnung. Mit diesem soll das Risiko, das der Stillhalter mit dem Stillhaltergeschäft eingegangen ist, Vermögenseinbußen durch ein Ausführungsgeschäft zu erleiden, vermindert werden.

Bei den laufend veranlagten Steuern wie der Einkommensteuer sind zwar die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebliche Sachverhalt ändert; dieser Grundsatz ist jedoch nur insoweit maßgebend, als die einschlägigen steuerrechtlichen Regelungen nicht bestimmen, dass eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führt (so z.B. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 19.07.1993 - GrS 2/92, [X.]E 172, 66, [X.] 1993, 897, unter C.[X.]d; zur Rückwirkung bei einer "zeitlich gestreckten Tatbestandsverwirklichung" [X.]-Urteil vom 13.09.2000 - X R 148/97, [X.]E 193, 129, [X.] 2001, 641, unter II.3.). Dies setzt eine dementsprechende materiell-rechtliche Anordnung des Gesetzgebers voraus, wie sie § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG vorsieht. Flankiert wird diese materiell-rechtliche Regelung durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung [X.]), nach dem ein Steuerbescheid bei Eintritt eines Ereignisses zu ändern ist, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Das rückwirkende Ereignis liegt darin, dass die endgültige Höhe der [X.] aus den [X.] nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG erst dann feststeht, wenn die Prämien aus dem dazugehörigen Glattstellungsgeschäft von diesen abgezogen werden; das [X.] und das jeweilige Glattstellungsgeschäft stehen insoweit in einem wirtschaftlichen Zusammenhang (vgl. dazu [X.]-Urteil vom 28.02.2018 - VIII R 53/14, [X.]E 261, 223, [X.] 2018, 687, Rz 31).

b) Dass der Gesetzgeber eine Rückwirkung beabsichtigt hat, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (BTDrucks 16/4841, S. 54). Nach dieser soll nur der beim Stillhalter nach Abschluss eines Gegengeschäfts (Glattstellung) verbliebene Vermögenszuwachs der Besteuerung unterworfen werden (Nettoprinzip). Der Gesetzgeber ist somit der zur Rechtslage vor dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG 2008) vom 14.08.2007 ([X.], 1912) ergangenen Rechtsprechung zur Besteuerung von [X.] gefolgt. Nach dieser war der Aufwand für das Glattstellungsgeschäft im [X.] und nicht nach § 11 Abs. 2 EStG 1990 im Jahr des Abflusses abzuziehen, da das Stillhaltergeschäft als einmalige sonstige Leistung anzusehen gewesen ist, das erst abgeschlossen war, wenn endgültig feststand, dass und in welcher Höhe der Steuerpflichtige den Erlös behalten durfte ([X.]-Urteil in [X.], 378).

c) Auch der Sinn und Zweck der Regelung spricht dafür, dass die für das Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien von den [X.] --unabhängig von dem in § 11 EStG normierten Zu- und [X.]-- abziehbar sind. Ohne Rückwirkung wäre es beispielsweise denkbar, dass Einnahmen aus [X.] im Veranlagungszeitraum 01 voll besteuert werden, obgleich im Veranlagungszeitraum 02 in derselben Höhe im Glattstellungsgeschäft gezahlte Prämien anfallen, um das Stillhaltergeschäft wieder zu schließen, und diese Prämien --mangels entsprechender Einkünfte aus [X.] wegen des Verlustverrechnungsverbots nach § 20 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 EStG nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden dürfen und somit unberücksichtigt blieben. Dies würde dem Gebot der Folgerichtigkeit und Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes widersprechen, denn die Leistungsfähigkeit des Stillhalters ist um die gezahlten Prämien gemindert (vgl. hierzu ausführlich [X.]-Urteil vom 20.10.2016 - VIII R 55/13, [X.]E 256, 56, [X.] 2017, 264, Rz 20, m.w.N.). Daher ist die steuerliche Erfassung der Aufwendungen für das Glattstellungsgeschäft im Veranlagungszeitraum, in dem die Stillhalterprämie vereinnahmt wurde, auch verfassungsrechtlich geboten.

d) Danach sind die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien seit der Neuregelung der Besteuerung von [X.] in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG nicht mehr als Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1, § 20 Abs. 9 EStG bei den Einkünften als Stillhalter zu berücksichtigen (so noch die Rechtslage vor dem UntStRefG 2008, z.B. [X.]-Urteile vom 10.02.2015 - IX R 8/14, [X.]/NV 2015, 830; vom 17.04.2007 - IX R 23/06, [X.]E 217, 562, [X.] 2007, 606), so dass das [X.] des § 11 EStG entgegen der Auffassung des [X.] keine Anwendung findet.

e) Dieser Auslegung steht --entgegen den Ausführungen des [X.]-- das [X.]-Urteil in [X.]E 256, 56, [X.] 2017, 264 nicht entgegen. Dieses hatte die Frage zum Gegenstand, inwieweit nach der Einführung der Abgeltungsteuer der Barausgleich als Verlust steuerlich zu berücksichtigen ist, und enthält keine Ausführungen zur Besteuerung von [X.] und Glattstellungsgeschäften im Sinne eines einheitlichen, in sich geschlossenen Tatbestands i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG, der eine den Veranlagungszeitraum überschreitende Berücksichtigung der Aufwendungen für das Glattstellungsgeschäft anordnet.

f) Inwiefern die im BMF-Schreiben vom 19.05.2022 - IV C 1-S 2252/19/10003:009 ([X.], 742, Rz 25) für den Abzug der Kapitalertragsteuer beschriebene Vorgehensweise mit dieser materiell-rechtlichen Anordnung des Gesetzgebers vereinbar ist, braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, da für die im Ausland getätigten Stillhaltergeschäfte der Klägerin keine Kapitalertragsteuer einbehalten wurde. Die in dem BMF-Schreiben in [X.], 742 vorgesehene Aufteilung der [X.]/Glattstellungsgeschäfte in einen Zu- und [X.] § 11 EStG widerspricht jedoch der vom Senat dargelegten Lösung auch für Fälle, in denen Kapitalertragsteuer im Inland einzubehalten wäre.

2. Die Sache ist spruchreif. Gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O kann der [X.] in der Sache selbst entscheiden und gibt der Klage statt. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 2 EStG sind die von der Klägerin im Streitjahr getätigten Aufwendungen in Höhe von 234.046,55 € und 119.065,83 € aus den Glattstellungsgeschäften 1 entgegen der Festsetzung im angefochtenen Einkommensteuerbescheid nicht im Streitjahr anzusetzen, da die jeweiligen [X.] bereits im [X.] bezogen wurden und die betreffenden Aufwendungen dementsprechend ebenfalls im [X.] abzuziehen sind. Dagegen sind nach dieser Vorschrift die von der [X.] getätigten Aufwendungen in Höhe von 571.490,13 € und 380.427,66 € aus den Glattstellungsgeschäften 2 von den im Streitjahr bezogenen Einnahmen aus [X.] abzuziehen. Die sich danach im Streitjahr ergebenden negativen Einkünfte aus [X.] in Höhe von 279.158 € sind mit den (weiteren) positiven Kapitalerträgen der Klägerin von 1.907 € gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG zu verrechnen. Somit ergeben sich im Streitjahr nicht ausgeglichene Verluste der Klägerin aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, in Höhe von 277.251 €. Diese sind nach § 20 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen und mindern nach § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG die Kapitaleinkünfte, die die Klägerin in den folgenden [X.] aus Kapitalvermögen erzielt.

3. Da Verluste aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 EStG nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden dürfen, wird die Einkommensteuer auf den vom [X.] hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit ermittelten Betrag in Höhe von ... € festgesetzt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

VIII R 27/21

02.08.2022

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 28. September 2021, Az: 6 K 1458/19, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 11 EStG 2009, § 20 Abs 9 EStG 2009, § 11 Abs 2 S 1 EStG 2009, § 32d Abs 1 EStG 2009, § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, EStG VZ 2013

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.08.2022, Az. VIII R 27/21 (REWIS RS 2022, 5037)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5037


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 K 1458/19

FG München, 6 K 1458/19, 28.09.2021.


Az. VIII R 27/21

Bundesfinanzhof, VIII R 27/21, 02.08.2022.


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