Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.01.2010, Az. IX ZB 177/09

9. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 10384

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Gegenstand

Insolvenzeröffnungsverfahren: Vollstreckbare Urkunde als Grundlage des Insolvenzantrags bei einstweiliger Einstellung der Vollstreckung nach erhobener Vollstreckungsabwehrklage


Leitsatz

Wird der Insolvenzantrag allein auf eine Forderung aus einer vollstreckbaren Urkunde gestützt und ist auf die von dem Schuldner erhobene Vollstreckungsabwehrklage die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt worden, so sind Einwendungen gegen die Forderung im Insolvenzeröffnungsverfahren nicht zu berücksichtigen, falls der Schuldner die für die Einstellung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nicht erbracht hat und der Titel weiter vollstreckbar ist .

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des [X.] vom 15. Juli 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

[X.] erwarb im Wege der Abtretung eine gegen den Schuldner gerichtete, auf einer notariellen Urkunde vom 1. Dezember 1998 beruhende Darlehensforderung über noch 103.880,88 € zuzüglich Zinsen. Der Schuldner unterwarf sich in der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. [X.] beantragte am 27. August 2008 mangels Begleichung dieser Forderung unter der Behauptung der Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Am 4. Februar 2009 erhob der Schuldner bei dem [X.] verbunden mit einem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der Urkunde [X.]. Das [X.] hat die Vollstreckung aus der Urkunde durch [X.]uss vom 2. März 2009 gegen Sicherheitsleistung von 5.000 € einstweilen eingestellt. Diesen [X.]uss hat das [X.] durch [X.]uss vom 29. April 2009 dahin abgeändert, dass die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 90.000 € vorläufig eingestellt wird.

2

Das Amtsgericht hat den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch [X.]uss vom 1. April 2009 mit Rücksicht auf die von dem Schuldner erbrachte Sicherheitsleistung von 5.000 € als unzulässig abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist von dem [X.] durch [X.]uss vom 15. Juli 2009 zurückgewiesen worden. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger den Antrag auf Insolvenzeröffnung weiter.

II.

3

[X.] ist gemäß § 34 Abs. 1, §§ 6, 7 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

4

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Sofern der Insolvenzgrund allein vom Bestand der Forderung des Antragstellers abhänge, müsse das Insolvenzgericht über eine Glaubhaftmachung hinaus die volle Überzeugung von dem Bestand der Forderung gewinnen. [X.] die Forderung des Antragstellers auf einem vollstreckbaren Titel, könne sich der Schuldner mit Einwendungen verteidigen, welche dazu geeignet seien, die Vollstreckbarkeit des Titels zu beseitigen. Der Schuldner habe mit Hilfe der [X.] und der erwirkten einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung die Glaubhaftmachung des Gläubigers so nachhaltig erschüttert, dass der Insolvenzantrag nachträglich unzulässig geworden sei. Infolge der einstweiligen Anordnung sei die Vollstreckbarkeit des Titels entfallen.

5

2. Diese Ausführungen halten in einem entscheidenden Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand.

6

a) Nach § 14 Abs. 1 [X.] muss der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Eröffnet wird das Verfahren, wenn ein Eröffnungsgrund gegeben ist (§ 16 [X.]). Soll der Eröffnungsgrund aus einer einzigen Forderung des antragstellenden Gläubigers abgeleitet werden und ist diese Forderung bestritten, muss sie für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewiesen sein ([X.], [X.]. v. 29. Juni 2006 - [X.] 245/05, [X.], 1632, 1633 Rn. 11). Den ihm obliegenden Beweis hat der Gläubiger durch die Vorlage der vollstreckbaren Urkunde geführt ([X.], aaO). Ist die Forderung des die Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreibenden Gläubigers tituliert, muss der Schuldner Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit in dem dafür vorgesehenen Verfahren verfolgen ([X.], [X.]. v. 29. November 2007 - [X.] 12/07, [X.], 227, 228 Rn. 9). Solange die Vollstreckbarkeit nicht auf diese Weise beseitigt ist, braucht das Insolvenzgericht die Einwendungen des Schuldners nicht zu berücksichtigen ([X.], [X.]. v. 17. September 2009 - [X.] 26/08, Z[X.] 2009, 2072 Rn. 5 m.w.[X.]).

7

b) In vorliegender Sache ist die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde gegen Sicherheitsleistung in Höhe von zuletzt 90.000 € eingestellt worden. Danach bildet der Titel nur dann keine Grundlage für den Insolvenzantrag, wenn die Sicherheitsleistung seitens des Schuldners tatsächlich erbracht wurde (HmbKomm-[X.]/Wehr, 3. Aufl. § 14 Rn. 22; FK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 14 Rn. 61). Fehlt es hingegen an einer Sicherheitsleistung, kann der Insolvenzantrag auf die dann weiter vollstreckbare Forderung gestützt werden.

8

c) Das Beschwerdegericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die (erhöhte) Sicherheitsleistung von 90.000 € tatsächlich seitens des Schuldners gestellt wurde. Mithin ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen [X.]usses an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

Ganter                             Gehrlein                              Vill

                 Lohmann                               Fischer

Meta

IX ZB 177/09

14.01.2010

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 15. Juli 2009, Az: 11 T 3385/09, Beschluss

§ 14 Abs 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.01.2010, Az. IX ZB 177/09 (REWIS RS 2010, 10384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10384

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