Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2001, Az. III ZR 150/00

III. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3418

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[X.]/00vom22. Februar 2001in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:[X.] § 839 A, [X.]; [X.] §§ 90 Abs. 1, 91 Abs. 1 Nr. 1 und 9a)Erbringt eine Handwerkskammer für ein Mitglied Beratungsdienste- hier: Erstellung eines Wertgutachtens anläßlich der beabsichtig-ten Veräußerung des Betriebsgrundstücks des Mitglieds -, so [X.] sie in Ausübung eines öffentlichen Amtes.b)Zur Frage, inwieweit ein Kaufinteressent, gegenüber dem bei [X.] das von der Handwerkskammer erstellte [X.] verwendet wird, geschützter Dritter im Sinne des § 839 [X.].[X.], Beschluß vom 22. Februar 2001 - [X.]/00 - [X.] Erfurt- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat am 22. Februar 2001 durch [X.] [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.]:Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] [X.] in [X.] vom 11. April 2000- 3 U 1843/98 - wird nicht angenommen.Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97Abs. 1 ZPO).Streitwert: 105.000,00 [X.]:Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 554 b ZPO).Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg ([X.] 54,277).1.Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann [X.] nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG von der Beklagten Ersatz des Scha-dens verlangen, der ihm durch die schuldhaft unrichtige Erstellung eines Gut-- 3 -achtens über den Verkehrswert des von ihm erworbenen Grundstücks entstan-den ist.a) Die beklagte Handwerkskammer, die von der früheren Grund-stückseigentümerin, die auf dem [X.] eine Bäckerei betrieben hatteund in dieser Eigenschaft Mitglied der Beklagten war, um die Erstellung einesVerkehrswertgutachtens ersucht worden war, hat für Fehler bei der Begutach-tung des Grundstücks nach Amtshaftungsgrundsätzen einzustehen.Nach §§ 90 Abs. 1, 91 Abs. 1 Nr. 1 und 9 der Handwerksordnung ist [X.] der Handwerkskammern, die wirtschaftlichen Interessen des Hand-werks zu fördern. Hierzu gehört es, den Mitgliedern der Kammer bei allen mitihrem Beruf zusammenhängenden Fragen beratend und helfend zur Seite zustehen ([X.], Urteil vom 12. Juli 1990 - I ZR 278/88 - [X.], 1839, 1840;OVG Lüneburg, [X.] 1986, 201, 202 m.Nachw.; [X.], Die [X.], § 91 [Stand: September 1998] Rn. 59 ff). Die [X.] dieser den [X.] wegen obliegenden Bera-tungsdienste stellt sich dabei als Ausübung eines öffentlichen Amtes dar (vgl.[X.], Urteil vom 30. November 1955 - [X.]/54 - NJW 1956, 711; [X.],[X.] 1997, 405 f).b) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß die [X.], das von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Verkehrswertgutachtenmit der erforderlichen Sorgfalt zu erstellen, vorliegend auch den Grundstücks-käufern, nämlich dem Kläger und seiner Ehefrau, gegenüber bestanden [X.] 4 -aa) Ungeachtet des den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen in-newohnenden weiten [X.] ist die den Handwerkskammernzugewiesene Aufgabe und Befugnis zur Hilfeleistung dadurch gekennzeichnet,daß sie auf den selbständigen Handwerker in seiner Eigenschaft als (Mit-)Inha-ber eines Handwerksbetriebs ausgerichtet ist ([X.], Urteil vom 11. Juli 1990aaO). Diese gesetzliche Ausformung und zugleich Begrenzung des Tätigkeits-bereichs einer Handwerkskammer ist bei der Beurteilung der Frage, ob [X.], der im Zuge einer fehlerhaften Beratungsleistung einen Schaden erleidet,"Dritter" im Sinne des § 839 BGB ist, von besonderer Bedeutung. Daraus folgt,daß die mit der Beratungstätigkeit der Handwerkskammern einhergehendenAmtspflichten vor allem den Zweck haben, die berufsbezogenen Interessen [X.] zu schützen und zu fördern, das "fragend" an die Kammerherangetreten ist. Dies zwingt allerdings nicht zu dem Umkehrschluß, daß [X.] aller anderen Personen, für die sich eine fehlerhafte Beratungstätig-keit nachteilig auswirken kann, von vornherein außer Betracht zu bleiben ha-ben. Vielmehr ist auch hier einzelfallbezogen zu prüfen, ob zwischen dem [X.] und der verletzten Amtspflicht eine besondere Beziehung besteht,aufgrund derer es geboten ist, das konkret berührte Interesse dem Schutzbe-reich des § 839 BGB zu unterstellen (vgl. nur Senatsurteil [X.]Z 140, 380, 382m.w.[X.]) In der Rechtsprechung des Senats spielt bei der Bestimmung des"[X.]" und des Schutzzwecks der verletzten Amtspflicht der Aspekt des [X.] eine maßgebliche Rolle. Zu fragen ist dabei, ob und inwieweitjemand auf die Richtigkeit und Verläßlichkeit behördlicher Entscheidungen,Erklärungen und Auskünfte vertrauen und diese zur Grundlage von [X.] machen durfte (vgl. Senatsurteile [X.]Z 134, 268, 276 ff;- 5 -137, 11, 15 ff; vom 5. Mai 1994 - [X.] - NJW 1994, 2415, 2417). [X.] es nahe, daß bei der Vereinbarung des Kaufpreises ein [X.] einer Handwerkskammer die Wertvorstellungen beider [X.] beeinflußt, also nicht nur die Preisvorstellung und -erwartung [X.], der als [X.] das Gutachten erbeten hat. Allerdings istbei der Frage, ob geschützte Dritte auch Personen sein können, die nicht [X.] der beratenden Handwerkskammer sind, auch zu bedenken, daß es an-gesichts der Vielfalt denkbarer Beratungsleistungen und Hilfestellungen [X.] und der Vielzahl von außenstehenden [X.], die mitdieser Beratungsleistung in Berührung kommen können, der Gefahr entgegen-zuwirken gilt, daß für die Handwerkskammern unberechenbare und unüber-schaubare Haftungsrisiken entstehen.cc) Bei der hier vorliegenden Fallgestaltung ist es nach Meinung desSenats sach- und [X.], bei der Bestimmung des nicht zu den[X.]ern gehörenden, aber gleichwohl nach Amtshaftungsgrundsät-zen geschützten "[X.]" dieselben Kriterien zugrunde zu legen, die nach [X.] des [X.] bei der Frage heranzuziehen sind, obein Käufer in den Schutzbereich eines vom Verkäufer abgeschlossenen [X.]vertrages über den Wert der [X.] einbezogen ist (Senatsurteil[X.]Z 127, 378; vgl. auch Senatsurteil vom 1. Februar 2001 - [X.] -,zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen). Genau das hat das Berufungsge-richt getan und im Ergebnis zutreffend eine Haftung der Beklagten dem Klägergegenüber bejaht. Die von der Revision dagegen erhobenen [X.] greifennicht durch.- 6 -(1) Bei dem von dem für die Beklagte tätig gewordenen [X.] [X.] erstellten "Beratungsbericht" handelt es sich objektiv um ein - auchals solches gekennzeichnetes - Verkehrswertgutachten, wie es üblicherweisevon berufsmäßig als Bausachverständige auftretenden Personen erstellt zuwerden pflegt. Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, daß als Vorga-ben für die Ermittlung des Verkehrswertes die [X.], [X.] und "einschlägige Rechtsprechung" angeführt werden. DasBerufungsgericht ist nach Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, daßdem Berater [X.] auch bekannt war, daß das Wertgutachten für Verkaufszweckebenötigt werde. Die Einlassung des Beraters, nach seinem Verständnis habedie Ermittlung des Verkehrswertes nur einer Bewertung des [X.] sollen, hat es als bloße Schutzbehauptung zurückgewiesen. Diese Be-weiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Die Rüge der Revision, das [X.] habe nicht hinreichend beachtet, daß eine Vermutung dafür spre-che, ein Berater wolle seine Kompetenzen nicht überschreiten, geht fehl. [X.] ist schon nicht einsichtig, warum die Befugnis einer Handwerkskammer, ei-nem Mitglied bei der geplanten Aufgabe des [X.] zuteil werden zu lassen, davon abhängen soll, ob nach dem Willen desbisherigen Inhabers der Handwerksbetrieb endgültig aufgegeben oder - wiehier geschehen - kaufweise in andere Hände übergehen soll. Auf bloße Steu-erfragen ist, entgegen der Auffassung der Revision, die Beratung einer Hand-werkskammer ohnehin nicht beschränkt; dieser Bereich stellt vielmehr nur ei-nen Ausschnitt der allgemeinen Beratungstätigkeit dar (vgl. insbesondere[X.] aaO Rn. 59 ff; Musielak/[X.], [X.], 3. Aufl.,§ 91 Rn. 46 ff).- 7 -(2) Die Haftung der Beklagten scheitert auch nicht daran, daß der Bera-ter [X.] kein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger im Sinne des§ 36 der Gewerbeordnung ist. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß die be-sondere, durch staatliche Anerkennung oder einen vergleichbaren Akt nach-gewiesene Sachkunde des Gutachters nach der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen eines [X.] zugunsten Dritter trotz der - auch hier gegebenen - Gegenläu-figkeit der Interessen des "Auftraggebers" und des [X.] ist (Senatsurteil[X.]Z 127, 378, 380 f). Der dahinterstehende Gedanke, daß der Rechtsver-kehr einem solchen "ausgewiesenen" Sachverständigen hervorgehobeneSachkunde und Zuverlässigkeit zutraut und dieses Vertrauen besondersschutzwürdig ist, gebietet jedoch eine großzügigere Betrachtungsweise, wenn- wie hier - ein "gutachterlicher" Beratungsbericht durch eine Körperschaft desöffentlichen Rechts erstellt wird. Denn hier kommt der allgemeinere Grundsatzzum Tragen, daß der Bürger darauf vertrauen darf, daß sich eine Behörde beider Erfüllung der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nur solcher [X.], die die zur sachgerechten Erledigung der jeweils in Rede stehendenVerwaltungsaufgabe notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen.- 8 -2.Auch im übrigen weist das angefochtene Urteil keine Rechtsfehler [X.] der Beklagten auf.[X.][X.][X.]Schlick [X.]

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III ZR 150/00

22.02.2001

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2001, Az. III ZR 150/00 (REWIS RS 2001, 3418)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3418

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