Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.11.2016, Az. 9 AZR 81/16

9. Senat | REWIS RS 2016, 2401

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Gegenstand

Berücksichtigung einer Tantieme- bzw. Bonuszahlung bei der Berechnung des Vorruhestandsgelds


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. Oktober 2015 - 11 [X.] - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin das Urteil des [X.] vom 3. Februar 2015 - 34 [X.] 11945/14 - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die [X.]erücksichtigung von [X.] bzw. [X.]onuszahlungen bei der [X.]erechnung des [X.]gelds der Klägerin.

2

Die [X.]eklagte ist ein Unternehmen der Versicherungswirtschaft. Die am 1. September 1955 geborene Klägerin war seit dem 1. Jan[X.]r 2009 bei der [X.] unter einzelvertraglicher Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten seit dem 1. Jan[X.]r 1996 als „S“ in der [X.] in [X.] beschäftigt. In Ziff. 5 des undatierten Arbeitsvertrags der Parteien heißt es auszugsweise:

        

5     

        

Arbeitsentgelt, Sonderzahlungen, Mehrarbeitsvergütung

        

1.    

…       

                 

Zusätzlich erhält der Arbeitnehmer eine leistungsabhängige Jahrestantieme, die bei Erreichen aller Ziele (Unternehmensergebnisse, individuelle Ziele und persönliche Leistung) derzeit 9.839,89 € p.a. beträgt. Die Einzelheiten ergeben sich aus der [X.]esamtbetriebsvereinbarung über die übertarifliche Vergütung der [X.] und [X.] in ihrer jeweils gültigen Fassung und aus den für jedes [X.]eschäftsjahr gesondert zu treffenden Zielfestlegungen.

                 

…“    

3

Nach Ziff. IV („[X.]ONUS“) der [X.]esamtbetriebsvereinbarung über die übertarifliche Vergütung vom 4. Febr[X.]r 2013 erhalten Arbeitnehmer der [X.] für jedes Kalenderjahr einen [X.]onus, der von der Erreichung von Unternehmens- und individuellen Zielen abhängt. Dabei beträgt der [X.] „2,3 [X.]ruttomonatsgehälter“. [X.]ierauf erfolgt in zwölf gleichen Monatsraten eine Vorauszahlung in [X.]öhe des garantierten [X.]onus („1,3 [X.]ruttomonatsgehälter“).

4

Die [X.]eklagte vereinbarte im [X.]inblick auf eine bundesweite Umstrukturierung ihres Maklervertriebs mit dem bei ihr gebildeten [X.]esamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan vom 14. Jan[X.]r 2014 (Sozialplan [X.]), der unter Ziff. [X.] 1 den Sozialplan [X.] 2012 vom 19. Juli 2012 (Sozialplan 2012) nebst Protokollnotiz vom 19. Juli 2012 für anwendbar erklärt. Dessen Teil [X.] Ziff. VII Abs. 1 räumt Arbeitnehmern im Innendienst einen Anspruch auf Vorruhestand unter den Voraussetzungen und zu den [X.]edingungen gemäß der Anlage A (Vorruhestand) ein. Ziff. 3.1 [X.]uchst. a Abs. 1 der Anlage A enthält Regelungen zur [X.]öhe des zu zahlenden [X.]gelds und nimmt im Übrigen [X.]. [X.]ezug auf § 4 des Tarifvertrags „[X.]abkommen für die Versicherungswirtschaft“ vom 25. September 1991 ([X.]), der bereits Ende des Jahres 1997 außer [X.] getreten war. § 4 [X.] lautet auszugsweise:

        

§ 4 [X.]öhe des [X.]

        

(1) Das [X.]geld beträgt 75 %, für Arbeitnehmer mit mindestens 20-jähriger Unternehmenszugehörigkeit 80 % des [X.]rutto-Arbeitsentgelts des letzten Monats vor [X.]eginn des [X.]. Zuschläge für Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit und Nachtarbeit sowie tarifliche und betriebliche Sonderzahlungen bleiben unberücksichtigt. Variable Entgeltbestandteile werden mit dem monatlichen Durchschnitt der letzten 6 abgerechneten Monate vor [X.]eginn des [X.] berücksichtigt.

        

(2) Überschreitet das nach Abs. 1 maßgebende Arbeitsentgelt das 1,2-fache der bei [X.]eginn des [X.] geltenden monatlichen [X.]eitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung, wird der übersteigende [X.]etrag bei der [X.]erechnung des [X.] nur zur [X.]älfte berücksichtigt.

        

(3) Das [X.]geld wird jeweils entsprechend der linearen Tarifgehaltssteigerung erhöht. …

        

…“    

5

Das [X.]ruttomonatsentgelt der Klägerin setzte sich zuletzt wie folgt zusammen:

        

[X.]ehalt Tarif

4.572,00 [X.]

        

UET - nicht tariffähig

540,62 [X.]

        

[X.]arantiebonus ÜT-MA

553,87 [X.]

        

VL A[X.]-Anteil

40,00 [X.]

        

Summe 

5.706,49 [X.]

6

Im April 2014 zahlte die [X.]eklagte an die Klägerin als „Tant. [X.]. Vorjahr“ einen [X.]etrag i[X.]v. 3.162,49 [X.] brutto.

7

Die Parteien schlossen im Febr[X.]r 2014 einen [X.], der eine [X.]eendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2014 und einen Vorruhestand vom 1. Juli 2014 bis zum 31. August 2018 vorsieht. § 2 dieses Vertrags regelt [X.].:

        

§ 2   

        

[X.]öhe des [X.]entgelts

        

(1)     

Die Arbeitnehmerin erfüllt bei [X.]eginn des [X.] die Voraussetzung der mindestens 15-jährigen [X.]etriebszugehörigkeit. Sie erhält daher ein monatliches [X.]entgelt von 75 % des [X.]. § 4 [X.] berechneten [X.]ruttoarbeitsentgelts des letzten Monats vor [X.]eginn des [X.].

        

(2)     

Vergütungen für Mehrarbeit und [X.]guthaben bleiben bei der [X.]erechnung des [X.]ruttoarbeitsentgelts unberücksichtigt. Das [X.]entgelt berechnet sich wie folgt:

                 

Monatliches [X.]ruttogehalt

5.112,62 EUR

                 

Vermögenswirksame Leistungen

     40,00 EUR

                 

insgesamt brutto

5.152,62 EUR

                 

Daraus 75 % brutto

3.864,47 EUR

        

…“    

                 

8

Mit Wirkung ab Oktober 2014 erhöhte sich das [X.] in der privaten Versicherungswirtschaft um 2,2 %. Die [X.]eklagte zahlte in deren Folge ab Oktober 2014 an die Klägerin ein monatliches [X.]geld i[X.]v. 3.949,49 [X.] brutto.

9

In der Protokollnotiz zum Sozialplan 2012 vom 21. Mai 2015 erklärten die [X.]eklagte und der [X.]esamtbetriebsrat:

        

„Aus gegebenen Anlass sehen sich die Parteien veranlasst, folgende Klarstellung zu Teil [X.] Ziffer VII Abs. 1 des Sozialplans [X.] 2012 vom 19.07.2012 in Verbindung mit § 4 des tariflichen [X.]abkommens für die Versicherungswirtschaft vom 25. September 1991 (nachstehend ‚[X.]‘ genannt) zu protokollieren, um zu dokumentieren, was mit der Klausel immer schon zum Ausdruck gebracht werden sollte und auch weiterhin gelten soll:

        

Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass weder der [X.]onus gemäß der [X.]esamtbetriebsvereinbarung über die übertarifliche Vergütung der [X.] vom 04.02.2013, noch der [X.] gemäß [X.]etriebsvereinbarung über die übertarifliche Vergütung des [X.] V A[X.] vom 26.03.2013, noch die Tantieme gemäß der [X.]esamtbetriebsvereinbarung über die übertarifliche Vergütung der V A[X.] vom 24.05.2011 einen variablen Entgeltbestandteil im Sinne des § 4 (1) Vo[r]RA darstellt und demzufolge bei der [X.]erechnung des [X.] unberücksichtigt bleibt.“

Die Klägerin hat - soweit noch für die Revision von [X.]elang - für die Monate Juli bis September 2014 ein um 613,05 [X.] brutto und für die Monate Oktober 2014 bis Juli 2015 ein um 626,54 [X.] brutto erhöhtes [X.]geld geltend gemacht. Für die [X.] ab dem 1. August 2015 hat sie die Zahlung eines monatlichen [X.]gelds i[X.]v. 4.477,52 [X.] brutto verlangt.

Die Klägerin meint, sie habe bereits nach der in [X.]ezug genommenen Regelung des § 4 Abs. 1 [X.] Anspruch auf die [X.]erücksichtigung der Tantieme bei der [X.]erechnung des [X.]gelds. Jedenfalls habe die [X.]eklagte ihr die [X.]erücksichtigung der Tantiemen bei der [X.]erechnung des [X.]gelds zugesagt. [X.]ierzu behauptet sie, dass sie mit dem Abteilungsleiter Personal der [X.] am Standort [X.], [X.]errn V, in den dem schriftlichen Arbeitsvertrag vorausgehenden Verhandlungen Anfang Dezember 2008 vereinbart habe, dass die in ihrem vorhergehenden Arbeitsverhältnis mit der A [X.]mb[X.] bestehenden Ansprüche besitzstandswahrend auf das mit der [X.] zu begründende Arbeitsverhältnis übertragen würden. Auf der [X.]rundlage der Verhandlungen sei die Zahlung der leistungsabhängigen Tantieme in Ziff. 5 des schriftlichen Arbeitsvertrags aufgenommen worden. Die Nachfrage der Klägerin im Rahmen dieser Verhandlungen, ob ihre Ansprüche auf variable Vergütung bei der [X.]erechnung eines etwaigen künftigen [X.]gelds berücksichtigt würden, habe [X.]err V bejaht, weil es sich dabei um einen variablen Entgeltbestandteil iSv. § 4 [X.] handele.

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,

        

1.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie ein monatliches [X.]geld i[X.]v. 4.477,25 [X.] brutto ab dem 1. August 2015 jeweils zum Monatsende bis zum 31. August 2018 zu zahlen;

        

2.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 613,05 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. August 2014 zu zahlen;

        

3.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 613,05 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. September 2014 zu zahlen;

        

4.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 613,05 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. Oktober 2014 zu zahlen;

        

5.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. November 2014 zu zahlen;

        

6.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. Dezember 2014 zu zahlen;

        

7.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. Jan[X.]r 2015 zu zahlen;

        

8.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. Febr[X.]r 2015 zu zahlen;

        

9.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. März 2015 zu zahlen;

        

10.     

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. April 2015 zu zahlen;

        

11.     

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. Mai 2015 zu zahlen;

        

12.     

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. Juni 2015 zu zahlen;

        

13.     

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. Juli 2015 zu zahlen und

        

14.     

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 626,54 [X.] brutto nebst Zinsen i[X.]v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. August 2015 zu zahlen.

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und dazu die Rechtsauffassung vertreten, sowohl die Vorschusszahlungen auf den [X.] bzw. [X.]onusanspruch als auch die Abschlusszahlung seien als „betriebliche Sonderzahlungen“ iSv. § 4 Abs. 1 [X.] nicht bei der [X.]erechnung des [X.]gelds zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus der Auslegung des Sozialplans 2012 sowie aus der Protokollnotiz zum Sozialplan 2012 vom 21. Mai 2015.

Die Klägerin hat in erster Instanz die Zahlung eines monatlichen [X.]gelds i[X.]v. 4.675,17 [X.] brutto und auf dieser [X.]rundlage die Zahlung eines Differenzbetrags für die Monate Juli bis November 2014 verlangt. Das [X.] hat eine Zahlungspflicht der [X.] von monatlich 4.477,52 [X.] brutto angenommen und der Klage teilweise stattgegeben. Dagegen hat die [X.]eklagte [X.]erufung eingelegt. Die Klägerin hat in der [X.]erufungsinstanz im Wege der Anschlussberufung und nach Teil-Klagerücknahme die Zahlung von 4.477,52 [X.] brutto ab dem 1. August 2015, für die Monate Juli bis September 2014 die Zahlung eines monatlichen [X.]ruttobetrags von 613,05 [X.] sowie für den [X.]raum von Oktober 2014 bis Juli 2015 von 626,54 [X.] brutto monatlich geltend gemacht. Das [X.] hat die [X.]erufung der [X.] teilweise zurückgewiesen, der Anschlussberufung der Klägerin stattgegeben und die [X.]eklagte verurteilt, an die Klägerin ab dem 1. August 2015 ein monatliches [X.]geld i[X.]v. 4.576,03 [X.] zu zahlen. Mit ihrer Revision begehrt die [X.]eklagte insgesamt Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Tantieme bzw. der [X.] bei der Berechnung ihres [X.]gelds berücksichtigt wird.

I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 1. Er ist auf die Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Ansprüche auf [X.]geld - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. [X.] 14. Juli 2015 - 3 [X.] - Rn. 12).

II. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf ein um monatlich 613,05 Euro brutto für die Monate Juli bis September 2014 bzw. um monatlich 626,54 Euro brutto ab Oktober 2014 höheres [X.]geld gemäß § 2 Abs. 1 des [X.]vertrags und Ziff. [X.] 1 des Sozialplans [X.]. dem Sozialplan 2012 und § 4 VorRA zu. Ein Anspruch der Klägerin auf eine [X.] bzw. [X.]zahlung ist bei der Berechnung des [X.]gelds nicht zugrunde zu legen. Die Tantieme bzw. der [X.] zählt nicht zu den variablen Entgeltbestandteilen iSv. § 4 Abs. 1 Satz 3 VorRA. Dies ergibt die Auslegung des Sozialplans [X.], zu dessen integralen Bestandteilen die normsetzenden Parteien die Regelungen des Sozialplans 2012 und des § 4 VorRA bestimmt haben.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] sind Sozialpläne als Betriebsvereinbarungen eigener Art wegen ihrer normativen Wirkungen (§ 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) wie Tarifverträge auszulegen. Für mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarte Sozialpläne gilt nichts anderes. Ausgehend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Darüber hinaus sind Sinn und Zweck der Regelung von besonderer Bedeutung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt ([X.] 17. November 2015 - 1 [X.] - Rn. 13 [X.]).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen fließt die jährliche Tantieme bzw. der [X.] der Klägerin nicht in die Berechnung des [X.]gelds ein.

a) Dafür spricht bereits der Wortlaut des Sozialplans, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., zB [X.] 17. Juni 2015 - 10 [X.] - Rn. 14; 24. Februar 2010 - 10 [X.] 1035/08 - Rn. 15).

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VorRA dient als Grundlage für die Berechnung des [X.]gelds das „[X.] des letzten Monats vor Beginn des [X.]“, dh. das letzte [X.]. Die Bestimmung enthält keine Definition dieses Begriffs. § 4 Abs. 1 Satz 2 VorRA regelt lediglich, dass Zuschläge für Mehrarbeit, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit sowie tarifliche und betriebliche Sonderzahlungen ebenso unberücksichtigt bleiben wie Vergütungen für Mehrarbeit und Zeitguthaben (Ziff. 3.1 Buchst. a Abs. 1 der Anlage A zu Teil B Ziff. VII Abs. 1 Sozialplan 2012). Demgegenüber sollen nach § 4 Abs. 1 Satz 3 VorRA variable Entgeltbestandteile mit dem monatlichen Durchschnitt der letzten sechs abgerechneten Monate vor Beginn des [X.] berücksichtigt werden. [X.] Festlegungen, welche weiteren Vergütungsbestandteile zum monatlichen „[X.]“ zählen oder wie dieser Begriff von den „variablen Entgeltbestandteilen“ abzugrenzen ist, bestehen nicht.

bb) Aus der Verknüpfung der Begriffe „Brutto“ und „des letzten Monats“ ergibt sich, dass mit [X.] nicht alle Einnahmen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gemeint sind. Der Begriff [X.] bezieht sich auf die Zahlungsweise und den Abrechnungszeitraum (vgl. [X.] 13. November 2012 - 3 [X.] 557/10 - Rn. 23). Für die Berechnung des [X.]gelds ist das im letzten Monat vor Beginn des [X.] bezogene „[X.]“, dh. im Regelfall das im letzten [X.] bezogene Entgelt maßgeblich. Daraus ergibt sich, dass auf das Jahr bezogene Vergütungsbestandteile für die Berechnung des [X.]gelds unbeachtlich sein sollen (vgl. [X.] 13. November 2012 - 3 [X.] 557/10 - Rn. 23). Dementsprechend nimmt § 4 Abs. 1 Satz 2 VorRA tarifliche und betriebliche Sonderzahlungen, die im letzten Monat vor Beginn des [X.] gezahlt werden, bei der Berechnung des [X.]gelds ausdrücklich aus.

cc) Die Einbeziehung der jährlichen Tantieme bzw. des [X.] in die Berechnung folgt auch nicht daraus, dass gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 VorRA variable Entgeltbestandteile mit dem monatlichen Durchschnitt der letzten sechs abgerechneten Monate vor Beginn des [X.] berücksichtigt werden. Auf das Jahr bezogene Vergütungsbestandteile stellen keine variablen Entgeltbestandteile in diesem Sinne dar. Dies zeigt die Festlegung des sechsmonatigen Referenzzeitraums. Wäre ein [X.] eine Leistung iSv. § 4 Abs. 1 Satz 3 VorRA, würde er nach dem Wortlaut der Bestimmung mit einem Sechstel überproportional in die Berechnung des [X.]gelds einfließen, wenn er im sechsmonatigen Referenzzeitraum zur Auszahlung gelangte, und im Übrigen keinerlei Berücksichtigung finden. Anhaltspunkte für einen hierauf gerichteten [X.] der normsetzenden Parteien sind nicht erkennbar. Hätten auf das Jahr bezogene (variable) Entgeltbestandteile erfasst werden sollen, so hätte es zur Vermeidung von Zufallsergebnissen einer Durchschnittsberechnung über den Jahreszeitraum bedurft (vgl. [X.] 13. November 2012 - 3 [X.] 557/10 - Rn. 23).

dd) Dass [X.]e [X.] und [X.]zahlungen nach dem [X.] der normsetzenden Parteien bei der Berechnung des [X.]gelds außer Betracht zu bleiben haben, folgt schließlich auch aus der Protokollnotiz vom 21. Mai 2015. Diese weist keinen eigenständigen Regelungsgehalt auf, gibt aber Aufschluss über das Normverständnis der den Sozialplan schließenden Parteien.

(1) Protokollnotizen normsetzender Parteien haben unterschiedliche Bedeutung. Protokollnotizen von Tarifvertragsparteien können eigenständige tarifliche Regelungen darstellen, können aber auch lediglich den Charakter einer authentischen Interpretation des Tarifvertrags oder eines bloßen Hinweises auf Motive der Vertragschließenden haben. Welcher rechtliche Status ihnen zukommt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Für Protokollnotizen der Betriebsparteien gilt nichts anderes ([X.] 2. Oktober 2007 - 1 [X.] 815/06 - Rn. 15).

(2) Die Parteien des Sozialplans [X.] haben die darin in Bezug genommen Regelungen des [X.]. § 4 VorRA als solche durch die Protokollnotiz nicht verändert, sondern nur übereinstimmend erklärt, welchen Inhalt sie ihrer Meinung nach haben. Dies zeigt die Formulierung des Einleitungssatzes der Protokollnotiz. Danach soll die „folgende Klarstellung“ das dokumentieren, „was mit der Klausel immer schon zum Ausdruck gebracht werden sollte und auch weiterhin gelten soll“. Daraus wird deutlich, dass damit gerade keine selbstständige Bestimmung und bindende Vorgabe zur Berechnung des [X.]gelds geschaffen werden sollte. Die Frage eines unzulässigen Eingriffs in rechtlich geschützte Positionen der Klägerin durch eine rückwirkende (Neu-)Regelung stellt sich danach nicht (vgl. zur Rückwirkung von Rechtsnormen [X.] 27. März 2014 - 6 [X.] 204/12 - Rn. 42 ff. [X.], [X.]E 147, 373).

(3) In der Protokollnotiz haben die normsetzenden Parteien eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass nach ihrem Normverständnis [X.] und [X.]zahlungen bei der Berechnung des [X.]gelds von vornherein unberücksichtigt bleiben sollten.

b) Die Nichtberücksichtigung auf das Jahr bezogener Vergütungsbestandteile steht auch dem Sinn und Zweck des [X.]gelds nicht entgegen. Der Bezug von [X.]geld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert sein, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden ([X.] 23. September 2014 - 9 [X.] 827/12 - Rn. 32). Durch die Ausklammerung [X.]er Leistungen haben die den Sozialplan schließenden Parteien im Rahmen ihrer [X.] bestimmt, dass es sich hierbei um die Einkommenssituation der Arbeitnehmer nicht prägende Leistungen handelt, welche in die Berechnung des [X.]gelds nicht einfließen (vgl. zum Spielraum von [X.], nur bestimmte Entgeltbestandteile in die Berechnung einer Abfindung einzubeziehen, selbst wenn dabei im Einzelfall Entgeltvariable außer Betracht bleiben, die auf dem zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer beruhen [X.] 2. Oktober 2007 - 1 [X.] 815/06 - Rn. 17).

3. Danach bleibt die [X.]e Tantieme bzw. der [X.] bei der Berechnung des [X.]gelds außer Ansatz.

a) Tantiemen und Boni sind keine monatlich zu zahlenden Entgeltbestandteile. Sie werden vielmehr auf das Jahr bezogen ermittelt und bleiben deshalb bei der Berechnung des [X.]gelds außer Betracht. Dabei kann dahinstehen, ob in Ziff. 5 des Arbeitsvertrags die bei der früheren Arbeitgeberin vereinbarte leistungsabhängige Jahrestantieme festgeschrieben oder die Klägerin in das Vergütungssystem der Beklagten überführt worden ist. Auch die leistungsabhängige Jahrestantieme bei der vormaligen Arbeitgeberin der Klägerin bleibt unberücksichtigt. Denn auch dieser Entgeltbestandteil war nicht auf den Monat, sondern auf das Jahr bezogen zu zahlen.

b) Auch die auf die Tantieme bzw. den [X.] als garantierte Leistung gewährten monatlichen Zahlungen sind nicht Teil des [X.]s. Es handelt sich hierbei um Teilleistungen auf den Zielbetrag, der [X.] gewährt wird. Damit sind auch die monatlichen Raten Teil einer [X.]en Leistung (vgl. [X.] 13. November 2012 - 3 [X.] 557/10 - Rn. 27).

4. Die Beklagte ist auch nicht aufgrund einer einzelvertraglichen Zusage verpflichtet, die Tantieme bzw. den [X.] bei der Berechnung des [X.]gelds zu berücksichtigen. Die Klägerin hat die Voraussetzungen für eine solche vertragliche Vereinbarung nicht hinreichend dargelegt. Sie hat behauptet, der Abteilungsleiter Personal der Beklagten, [X.], habe Anfang Dezember 2008 im Rahmen der Vertragsverhandlungen die Nachfrage der Klägerin, ob ihr Anspruch auf variable Vergütung bei der Berechnung eines etwaigen künftigen [X.]gelds Berücksichtigung fände, mit der Begründung bejaht, dass es sich bei der Tantieme um einen variablen Entgeltbestandteil iSv. § 4 VorRA handele. Der behaupteten Erklärung des [X.] kann nicht entnommen werden, dass er für die Beklagte eine über den Regelungsgehalt des § 4 VorRA hinausgehende rechtliche Verpflichtung begründen wollte. Die auf Nachfrage der Klägerin geäußerte Einschätzung stellt eine rein deklaratorische Wissenserklärung ohne Rechtsbindungswillen und nicht eine Willenserklärung dar (vgl. [X.] 4. August 2015 - 3 [X.] 137/13 - Rn. 35, [X.]E 152, 164; 14. Februar 2012 - 3 [X.] 685/09 - Rn. 59). Die Begründung einer rechtlichen Verpflichtung durch die bloße Erteilung einer Auskunft bedarf deutlicher Anhaltspunkte, die die Klägerin nicht vorgetragen hat.

III. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    Faltyn    

        

    Matth. [X.]    

                 

Meta

9 AZR 81/16

15.11.2016

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 3. Februar 2015, Az: 34 Ca 11945/14, Urteil

§ 77 Abs 4 S 1 BetrVG, § 112 Abs 1 S 3 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.11.2016, Az. 9 AZR 81/16 (REWIS RS 2016, 2401)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2401

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

3 TaBV 7/18

3 Sa 327/18

3 Sa 467/18

3 TaBV 79/16

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