Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2002, Az. IV ZR 302/01

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 264

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[X.] DES VOLKESURTEILIV ZR 302/01Verkündet am:11. Dezember 2002FritzJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] und [X.] auf die mündliche [X.] erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des9. Zivilsenats des [X.] vom 20. November 2001 aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger unterhält bei der beklagten Versicherungsgesellschaftseit dem 1. Juni 1993 eine Kapitallebensversicherung mit [X.]. Die Parteien streiten [X.], ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die mit der [X.] versprochenen Leistungen - die Zahlung einer Berufsunfähig-keitsrente und die Befreiung von der Beitragspflicht - über den 30. [X.] hinaus zu [X.] 3 -Dem Versicherungsvertrag liegen die Bedingungen der Beklagtenfür die [X.] (Nr. 421; im [X.]) zugrunde, deren §§ 2 (1) und 7 (1) den Musterbedingungen fürdie [X.] aus den Jahre 1990 (VerBAV1990, 347) entsprechen. § 2 (1) der Bedingungen der Beklagten lautetauszugsweise:"Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der [X.] ... außerstande ist, seinen Beruf oder eine andereTätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse [X.] ausgeübt werden kann und seiner bisherigenLebensstellung [X.] wird u.a. [X.]) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer [X.] sind wir berechtigt, das Fortbestehen der [X.] und ihren Grad oder die Pflegestufe nach-zuprüfen ... . Dabei können wir erneut prüfen, ob die versi-cherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2Abs. 1 ausüben kann, wobei neu erworbene [X.] Fähigkeiten zu berücksichtigen sind....(5) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich [X.] auf weniger als 50% vermindert, können wir unsereLeistungen einstellen. ..."Der 1964 geborene Kläger war von Beruf [X.] und hattesich nach mehrjähriger Angestelltentätigkeit im Mai 1993 selbständiggemacht. Am 24. Januar 1994 erlitt er durch einen Unfall eine Quer-schnittslähmung. Die Beklagte erbrachte daraufhin die vertraglich [X.] Leistungen aus der [X.].Der Kläger ließ sich zum Verwaltungsfachangestellten umschulen [X.] zum 16. Juni 2000 bei einem Einwohnermeldeamt eingestellt, [X.] 4 -er seitdem für das Ausstellen von Ausweisen und für [X.] zuständig ist. Sein Einkommen ist höher als dasjenige, welcheser vor dem Unfall aus seiner Tätigkeit als selbständiger Gärtner erzielte.Die Anstellung beim Einwohnermeldeamt ist bis zum 31. März 2003 be-fristet. Die Beklagte stellte wegen dieser Anstellung ihre Leistungen zum1. Juli 2000 ein.Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Nachzahlung der [X.] für die Monate Juli bis November 2000 sowie die Feststellung,daß die Beklagte die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente [X.] Dezember 2000 bis zum 1. September 2019 fortzahlen muß und daßer von der [X.] aus dem Versicherungsvertrag befreitist. Er meint, seine jetzige befristete Tätigkeit im öffentlichen Dienst [X.] früheren Lebensstellung als selbständiger Gärtner nicht ver-gleichbar.Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der [X.] ist vom [X.] zurückgewiesen worden. [X.] die Beklagte Revision eingelegt.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils undzur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.[X.] Das Berufungsgericht meint, die Freiheit des selbständigenHandwerkers, einen Auftrag überhaupt anzunehmen und zu entscheiden,- 5 -wie er die ihm übertragene Aufgabe im einzelnen lösen wolle, sei mit [X.] eines Verwaltungsangestellten nicht vergleich-bar. Außerdem sei der Kläger mit dem Ausstellen von Ausweisen und [X.] von Wohnortveränderungen kenntnis- und erfahrungsmäßigvergleichsweise wenig gefordert. An der Vergleichbarkeit fehle es auchdeshalb, weil er vor dem Unfall die Einstellung von Mitarbeitern geplanthabe, die vom Betriebsinhaber besondere Fähigkeiten der Personalfüh-rung verlange. Ferner könnten keine realistischen [X.] [X.] im neuen Beruf festgestellt werden. Die fehlende Vergleich-barkeit der Tätigkeit eines Verwaltungsangestellten mit der eines selb-ständigen Gärtners gelte insbesondere dann, wenn der Angestellte ver-gleichsweise einfache Aufgaben zu erfüllen habe und nicht aufgrund ei-nes dauerhaften Anstellungsverhältnisses tätig sei.I[X.] Diese Erwägungen des Berufungsgerichts beruhen auf [X.] Feststellungen insbesondere zur beruflichen Tätigkeit des [X.] vor Eintritt der Berufsunfähigkeit.1. Nach den Bedingungen der Beklagten kommt eine Verweisungdes Versicherten auf eine andere Tätigkeit - auch unter [X.] erworbener beruflicher Fähigkeiten - nur dann in Betracht, wenn dieandere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht (§§ 7 (1), 2(1) [X.]). Die bisherige Lebensstellung wird vor allem durch die zuletztausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeitenaus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung [X.] als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung eines Erwerbstätigenwird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, und- 6 -diese orientiert sich - ebenso wie die Vergütung der Tätigkeit - wiederumdaran, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße undsachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätig-keit ist mithin dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keinedeutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrerVergütung wie in ihrer Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau desbislang ausgeübten Berufes absinkt (st. Rspr. [X.], Urteil vom11. Dezember 1996 - [X.] - [X.], 436 unter II, 3 b).Liefert demgemäß die Berufsausübung vor Eintritt des [X.] die [X.] dafür, ob die neue Tätigkeit der bis-herigen Lebensstellung entspricht, muß bekannt sein, wie diese konkretausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte,welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm si-cherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten [X.] Das Berufungsgericht beschränkt sich insoweit darauf [X.], der Kläger habe sich im Mai 1993 in seinem erlernten Beruf [X.] ([X.]) selbständig gemacht und diese Tätigkeitbis zu dem Unfall am 24. Januar 1994 - also für etwa neun Monate -ausgeübt. Sein Auftragsbuch sei für Monate gefüllt gewesen, so daß [X.] die Anstellung von Mitarbeitern geplant habe.Daß mit diesen Feststellungen die frühere Tätigkeit des [X.]nicht in der erforderlichen Weise beschrieben worden ist, liegt auf [X.]. Ihnen ist nicht ansatzweise zu entnehmen, welche Tätigkeiten [X.] konkret ausgeübt hat, welche Anforderungen sich daraus für ihn- 7 -ergaben, inwieweit die Tätigkeit organisatorische und kaufmännischeAufgaben mit sich brachte. Demgemäß entbehren die [X.] (die Tätigkeit des Selbständigen bestehe in [X.] des Unternehmens, sie erfordere unternehmerisches Umgehenmit Geld- und Sachmitteln, der übliche Einsatz von Mitarbeitern verlangebesondere Fähigkeiten in der Personalführung) mit Blick auf den [X.] wie die Revision mit Recht rügt - einer tragfähigen tatsächlichenGrundlage.Soweit das Berufungsgericht eine Vergleichbarkeit der [X.] schon deshalb verneint, weil der Kläger seine Selbständigkeiteingebüßt habe, hat es nicht die Rechtsprechung des [X.] berücksichtigt, daß auch einem früher Selbständigen die Aufnahmeeiner Tätigkeit in sozial abhängiger Stellung nicht generell unzumutbarist (vgl. [X.], Urteile vom 19. November 1985 - [X.] - [X.], 278 unter 4; vom 11. November 1987 - [X.] - VersR1988, 234 unter 2 [X.] Allerdings verhält sich das Vorbringen der für den Wegfall [X.] im Rahmen des § 7 [X.] beweispflichtigen Beklag-ten ([X.], Urteil vom 11. Dezember 1996 aaO unter [X.]) zur Ausge-staltung der vom Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Gärtner nicht.Die Beklagte trifft jedoch insoweit auch nicht die Darlegungslast. [X.] derVersicherte geltend machen, die von ihm neu ausgeübte Tätigkeit [X.] nicht seiner bisherigen Lebensstellung, ist es an ihm, die [X.] Umstände darzulegen, aus der sich die fehlende Vergleichbarkeitergeben soll ([X.], Urteil vom 3. November 1999 - [X.], 171 unter III); das gilt auch und gerade, wenn er sich auf solche- 8 [X.] stützen will, die sich aus Art und Ausgestaltung seiner frühe-ren Tätigkeit ergeben. Sache der Beklagten ist es dann, diesen [X.] widerlegen.Dieser Darlegungslast hat der Kläger bislang nicht genügt. [X.] indessen nicht zur Abweisung der Klage. Denn der Kläger [X.] der Entscheidung des [X.]s, das der Klage stattgegebenhatte, keinen Anlaß davon auszugehen, er habe bislang seiner Darle-gungslast nicht genügt. Das Berufungsgericht hat einen der Sache nachgebotenen Hinweis (§ 139 ZPO) nicht erteilt. Das Verfahren war [X.] das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit der Kläger Gelegen-heit erhält, seinen Vortrag zu ergänzen.[X.] [X.] Ambrosius [X.] [X.]

Meta

IV ZR 302/01

11.12.2002

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2002, Az. IV ZR 302/01 (REWIS RS 2002, 264)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 264

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