Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2005, Az. 1 StR 338/04

1. Strafsenat | REWIS RS 2005, 3119

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 338/04
vom 14. Juni 2005 in der Strafsache gegen

wegen vorsätzlicher unerlaubter Ausfuhr u.a.
- 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 14. Juni 2005, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.] [X.]

und [X.] am [X.] Dr. Wahl, [X.], [X.]in am [X.] Elf, [X.] am [X.] Dr. [X.],

[X.] - in der Verhandlung - , Oberstaatsanwalt beim [X.] - bei der Verkündung -

als Vertreter der [X.]schaft,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
- 3 - Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. März 2004 mit den zugehörigen [X.] aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher unerlaubter Ausfuhr in 21 Fällen und wegen des Förderns einer unerlaubten Ausfuhr in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30 • verur-teilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte, der eine Verfahrensrüge erhebt und die Verletzung materiellen Rechts beanstandet. Sein Rechtsmittel hat [X.]. - 4 -

[X.] Nach den Feststellungen des [X.] veranlaßte der Angeklagte als Geschäftsführer der Firma [X.], einem Unternehmen zur Herstel-lung und dem Verkauf spezieller Werkzeuge für die Herstellung von Patronen-lagern in Waffen, die Ausfuhr solcher Werkzeuge an Waffenhersteller im [X.], darunter auch nach [X.]. Obgleich ihm bekannt gewesen sei, daß die Ausfuhr solcher Werkzeuge genehmigungspflichtig ist, habe er in der [X.] vom 1. Januar 1998 bis Anfang Februar 2000 in 21 Fällen solche Werkzeuge an Waffenhersteller im Ausland liefern lassen und in zwei Fällen die Werkzeuge zur Abholung in den Geschäftsräumen bereitgestellt, von wo aus sie dann durch die Abnehmer selbst ins Ausland verbracht worden seien.

I[X.] 1. Der vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge liegt folgendes zugrunde: Die Zeugin E. [X.] ist seit September 2001 mit dem Bruder [X.]des Angeklagten verheiratet. Beide waren bis zu ihrem Ausscheiden im [X.] des Jahres 2000 ebenfalls in der Firma [X.] tätig, die Zeugin [X.]dabei insbesondere mit der Abwicklung von Warenausfuhren ins Ausland betraut. Aufgrund dessen war sie nach Entdeckung der Vorgänge mehrfach - teilweise als Zeugin, teilweise als Beschuldigte - dazu vernommen worden. In der Hauptverhandlung hat sie dann jedoch von ihrem Zeugnisver-weigerungsrecht aus § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO Gebrauch gemacht, so daß die Verwertung der vorangegangenen Angaben in Frage steht. So wurde sie, nachdem sie bereits am 23. Mai 2002 durch einen Beamten des [X.] 5 - amtes [X.] und am 5. Juli 2002 durch den Ermittlungsrichter des [X.] als Zeugin vernommen worden war, am 12. August 2003 er-neut - [X.] als Beschuldigte - durch einen Beamten des [X.], Herrn ZOI [X.], vernommen. Im Gegensatz zu den vo-rangegangenen Vernehmungen war sie aber zu Angaben nicht bereit, nach-dem der [X.] sich auf ihre Bitte nicht in der Lage sah, ihr eine Abschrift des zu erstellenden Vernehmungsprotokolls nach der Vernehmung auszuhändigen. Dabei sagte er ihr aber, falls sie es sich noch anders überlege, könne sie auch eine schriftliche Stellungnahme einreichen. Am 26. August 2003 ging beim Zollfahndungsamt [X.] - Dienstort [X.] - ein Fax-schreiben der Zeugin [X.] ein. In dem [X.], das folgende Über-schrift trägt: "Schriftliche Stellungnahme zur Ladung vom 12.8.2003 (Strafver-fahren)", beschuldigt sie den Angeklagten sinngemäß, er habe Kenntnis von der Notwendigkeit einer Ausfuhrgenehmigung für die Werkzeuge gehabt, weil sie ihm bereits 1995 oder 1996 nach dem Besuch eines Seminars dieses Er-fordernis mitgeteilt habe. Zur Überführung des Angeklagten hat sich das [X.] auf die An-gaben der Zeugin in diesem [X.] gestützt, weil es nach Ansicht der [X.] nicht im Zusammenhang mit einer Vernehmung entstanden, son-dern von der Zeugin aus freien Stücken verfaßt worden sei. 2. Die Revision sieht in der Verwertung der schriftlichen Stellungnahme der Zeugin [X.]vom 20. August 2003 mit Recht einen Verstoß gegen § 252 StPO. Verweigert ein Zeugnisverweigerungsberechtigter in der Hauptverhand-lung gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO das Zeugnis, so darf auch seine Einlas-sung in einem früheren, gegen ihn selbst gerichteten Verfahren nicht gegen den nunmehr angeklagten Angehörigen verwendet werden ([X.]St 20, 384; - 6 - NStZ 2003, 217). Der Auffassung der [X.], das Schreiben vom 20. August 2003 sei nicht im Zusammenhang mit einer Vernehmung entstan-den, folgt der [X.] nicht. Dies ist bereits aus der Überschrift des Schreibens herzuleiten, wodurch ein direkter Bezug zur Ladung zur Beschuldigtenverneh-mung und dem gegen die Zeugin damals geführten Ermittlungsverfahren [X.] wird. Insbesondere handelt es sich nicht um Angaben, die sie "aus [X.]" und nicht im Bewußtsein ihrer späteren Verwendungsmöglichkeit im Verfahren abgegeben hat ([X.] NStZ-RR 2001, 171, 172; [X.]R StPO § 252 - Verwertungsverbot 16). Wie die [X.] selbst festgestellt hat, war die Vernehmung der Zeugin [X.] am 12. August 2003 abgebrochen worden, nachdem sich der [X.] nicht in der Lage sah, dem Wunsch der Zeugin nach Aushändigung einer Abschrift des Vernehmungsprotokolls nach-zukommen. Indem er sie dabei darauf hingewiesen hatte, sie könne, falls sie es sich noch anders überlege, auch eine schriftliche Stellungnahme einreichen, hat er eine motivationsfördernde Wirkung ausgeübt und dadurch die dann zwei Wochen später eingegangene Stellungnahme initiiert. Auch der zeitliche [X.] zwischen dem [X.]punkt des [X.] und dem Eingang der schriftlichen Stellungnahme ist vorliegend nicht so groß, daß dadurch ein Zusammenhang mit der Vernehmung in Frage gestellt würde. Das [X.] hat seine Überzeugung, der Angeklagte habe spätestens seit Ende 1997 über die Genehmigungspflicht der [X.] gewußt, allein auf das nichtverwertbare Schreiben ([X.]St 22, 219, 220) der Zeugin [X.]vom 20. August 2003 gestützt, so daß das Urteil auf der fehlerhaften Verwertung der Angaben in diesem Schreiben beruht.

II[X.] - 7 - Entgegen der Ansicht der Revision kam vorliegend keine eigene Sach-entscheidung des [X.] gemäß § 354 Abs. 1 StPO in Betracht; denn die [X.] hat die ihr zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht ausreichend ausgeschöpft. Der [X.] kann daher nicht ausschließen, daß in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen möglich sind, die zu [X.] Verurteilung führen können. Zwar ist die [X.] zutreffend davon ausgegangen, daß die ausführliche Zeugenvernehmung der Zeugin [X.] vom 23. Mai 2002 durch einen Beamten des Zollfahndungsamtes [X.] in Folge der Zeugnisverweigerung in der Hauptverhandlung nicht verwertbar ist. Das [X.] hat jedoch die Aussage des Ermittlungsrichters des [X.] nicht vollständig ausgeschöpft, der die Zeugin am 5. Juli 2002 nach ordnungsgemäßer Belehrung vernommen hat. Dieser hat sich zwar nicht mehr konkret an den Inhalt der Bekundungen der Zeugin damals erinnert, konnte aber angeben, "daß sich die Zeugin E.
[X.] wider seinen Er-wartungen damals sehr [X.] zeigte (und) dabei ihre - den Angeklag-ten und auch sie selbst im Ergebnis belastenden - Aussagen vor dem Zollfahn-der [X.] bestätigte" ([X.]). Daraus folgt, daß sich der [X.] an [X.] und das Ergebnis der damaligen Aussage der Zeugin durchaus - 8 - erinnert hat und daher diese Erklärung dem Tatrichter als Beweismittel zur [X.] gestanden hätte (vgl. [X.]St 14, 310, 312). Inwieweit hierdurch der In-halt des Protokolls der Aussage der Zeugin am 23. Mai 2002 seine Bestätigung findet, wird der neue Tatrichter zu klären und seiner Überzeugungsbildung zugrundezulegen haben. [X.]

Wahl Kolz

Elf

[X.]

Meta

1 StR 338/04

14.06.2005

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2005, Az. 1 StR 338/04 (REWIS RS 2005, 3119)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3119

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