Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2017, Az. XII ZB 414/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1551

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:291117BXIIZB414.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 414/17
vom
29. November 2017
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 520 Abs. 3; FamFG § 117 Abs. 1 Satz 1
a)
Die Rechtsmittelbegründung muss geeignet sein, die gesamte angefochtene Entscheidung in Frage zu stellen. Bei mehreren Streitgegenständen oder ei-nem teilbaren Streitgegenstand muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile der angefochtenen Entscheidung erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (im [X.] an [X.] Urteil vom 23.
Juni 2015

II
ZR
166/14

NJW 2015, 3040).
b)
Die Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen ist als Rechtsmit-telbegründung
unzureichend (im [X.] an [X.] Beschluss vom 27.
Ja-nuar 2015

VI
ZB
40/14

NJW-RR 2015, 511 und Senatsbeschluss vom 18.
Dezember 1991

XII
ZB
128/91

FamRZ 1992, 538).
[X.], Beschluss vom 29. November 2017 -
XII ZB 414/17 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
29.
November 2017
durch [X.] und [X.]
Dr.
[X.], Schilling, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10.
Zivilsenats

Familiensenat

des [X.]s [X.] vom 10.
Juli 2017 wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen.
Wert: bis 500

Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Feststellung einer gegen ihren früheren Ehemann (im Folgenden: Insolvenzschuldner) gerichteten Forderung
zur Insol-venztabelle.
Im Februar 2011 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners eröffnet und die Antragsgegnerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Die Antragstellerin hat mit ihrer beim Landgericht
eingereichten Klage, die an das Amtsgericht und dort dann an das Familiengericht verwiesen worden ist, die Feststellung verschiedener Forderungen zur Insolvenztabelle beantragt. Neben zwei Forderungen wegen behaupteter Darlehenstilgungsvereinbarungen und einem Anspruch aus einer abgetretenen Grundschuld hat
sie eine Forde-rung auf Erstattung von [X.]n, die sie für den Insolvenzschuldner geleistet haben will, in Höhe von 2.951,69

Das Familiengericht hat die Anträge zurückgewiesen und dabei zu den [X.]n
ausgeführt, es werde schon nicht klar, ob es
sich um einen 1
2
3
-
3
-

tilgungsersetzenden
Vertrag oder ein Ansparkonzept handele, was aus dem Vertrag letztlich geworden sei und welche Leistungen die Antragstellerin wann, in welcher Höhe und warum erbracht habe. Die Beschwerde der Antragstellerin hat das [X.] wegen des Betrags von 2.951,69

insoweit keine ausreichende
Beschwerdebegründung vorliege;
im Übrigen hat es sie zurückgewiesen.
Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen diese
Entscheidung, soweit ihre Beschwerde verworfen worden ist.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG iVm §§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt sind.
1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Ent-scheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss ver-letzt die Antragstellerin nicht in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch
auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet
es den Gerichten, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten
Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtferti-gender Weise zu erschweren (vgl.
Senatsbeschluss vom 12.
Oktober 2011

XII
ZB
127/11
FamRZ 2011, 1929 Rn.
8 mwN). Auch der von der Rechtsbe-schwerde behauptete Verstoß des [X.] gegen Art.
103 Abs.
1 GG liegt nicht vor.

4
5
6
-
4
-

2. Das [X.] hat die Erstbeschwerde mangels einer den ge-setzlichen Anforderungen genügenden Rechtsmittelbegründung verworfen. Da-mit
hält es sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
a) Gemäß
§
117 Abs.
1 Satz
1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Er muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanz-liche Entscheidung angreifen will und wie
er den Angriff begründet. Da
§
117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerde-antrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der
Beschwerdebegründung im Wesentlichen
die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach §
520 Abs.
3 Satz
2 ZPO gelten, auch wenn §
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG nicht auf §
520 Abs.
3 ZPO verweist (Senatsbeschluss
vom 10.
Juni 2015

XII
ZB
611/14

FamRZ 2015, 1375 Rn.
9
mwN).
Nach §
520 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 bis
4 ZPO muss die Rechtsmittelbegrün-dung die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. Die gesetzliche Regelung bezweckt, formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Rechtsmittelbegrün-dungen auszuschließen, um dadurch auf die Zusammenfassung und Beschleu-nigung des Verfahrens im zweiten Rechtszug hinzuwirken. Die Rechtsmittelbe-gründung muss zudem geeignet sein, die erstinstanzliche Entscheidung im Um-fang der Anfechtung in Frage zu stellen. Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile der angefochtenen Entscheidung
erstrecken, hinsichtlich derer
eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil 7
8
9
-
5
-

unzulässig ([X.] Urteil vom 23.
Juni 2015

II
ZR
166/14

NJW 2015, 3040 Rn.
11 mwN). Besondere formale Anforderungen werden insoweit allerdings nicht gestellt.
Die Rechtsmittelbegründung erfordert insbesondere weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm noch die Schlüssigkeit oder jedenfalls Vertretbarkeit der erhobenen [X.] (Senatsbeschluss vom 4.
No-vember 2015

XII
ZB
12/14

NJW-RR 2016, 80 Rn.
6 mwN).
b) Wie das [X.] zutreffend ausführt, befasst sich die [X.] der Antragstellerin nicht mit
dem Anspruch auf Erstattung der [X.] und geht auf die vom Familiengericht insoweit gegebene
Begründung für die Antragsabweisung nicht ein. Soweit in der [X.] allgemein ausgeführt ist, der von der Antragstellerin erstinstanzlich gehaltene Sachvortrag müsse mangels wirksamen Bestreitens als richtig unter-stellt werden, so dass sich eine Antragsabweisung wegen Beweisfälligkeit [X.], kann das nicht dem die [X.] betreffenden Streitgegenstand gelten. Das Familiengericht hatte nämlich hierzu
nicht einen Beweis, sondern bereits eine ausreichende Darlegung vermisst.
Die eingangs der Beschwerdebegründung erfolgte Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen ist als Begründung unzureichend (st. [X.]., vgl. [X.] Beschluss vom 27.
Januar 2015

VI
ZB
40/14

NJW-RR 2015, 511 Rn.
7 mwN
und
Senatsbeschluss vom 18.
Dezember 1991

XII
ZB
128/91

FamRZ
1992, 538).
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Oberlan-desgericht habe die Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 30.
Juni 2017 unberücksichtigt gelassen. Dieser Schriftsatz, der fast acht Mona-te nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist
beim [X.] [X.] ist, war die Stellungnahme der Antragstellerin auf den [X.] Hinweisbeschluss des [X.]s und konnte den Mangel der Beschwerdebegründung nicht beheben. Denn nach Ablauf der Rechtsmittelbe-10
11
-
6
-

gründungsfrist kann eine unzulängliche Rechtsmittelbegründung nicht mehr geheilt werden (vgl. [X.] Beschluss vom 27.
Januar 2015

VI
ZB
40/14

NJWRR 2015, 511 Rn.
15 mwN).
Ob das Familiengericht tatsächlich, wie die Antragstellerin im Schriftsatz vom 30.
Juni 2017 geltend gemacht hat, erstin-stanzlichen Vortrag der Antragstellerin übergangen hat, ist daher für die Frage, ob eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Rechtsmittelbegründung vorliegt, unerheblich (vgl. [X.] Beschluss vom 27.
Januar 2015

VI
ZB
40/14

NJW-RR 2015, 511 Rn.
11).

Dose

[X.]

Schilling

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.07.2016 -
220 F 111/16 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.07.2017 -
II-10 UF 135/16 -

Meta

XII ZB 414/17

29.11.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2017, Az. XII ZB 414/17 (REWIS RS 2017, 1551)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1551

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 414/17

10 UF 135/16

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