Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2012, Az. VI ZR 157/11

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6267

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

22. Mai 2012

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 823 Abs. 1 F, §
249 Ba

Zur Einstandspflicht des Arztes für die Folgen eines Zweiteingriffs durch einen nachbehandelnden Arzt, der erforderlich wird, weil dem vorbehandelnden Arzt beim Ersteingriff ein Behandlungsfehler unterlaufen ist.

[X.], Urteil vom 22. Mai 2012 -
VI [X.] -
OLG [X.]

LG [X.] I

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
22.
Mai 2012
durch den Vorsitzenden [X.],
[X.], Pauge und [X.] und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Die Revision
der [X.]
gegen das Urteil des 1.
Zivilsenats des [X.]s [X.]
vom 21.
April 2011 wird [X.].
Auf die [X.] der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihres Anspruchs auf Ersatz des [X.] worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die [X.] wegen fehlerhafter ärztlicher [X.] auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens
in Anspruch.
Am 15.
Dezember 2004 wurden bei der Klägerin im Rahmen einer Kolo-skopie ein ca. 5
cm großer Tumor am Übergang zum [X.] sowie weiter pro-1
2
-

3

-

ximal ein kleiner gestielter Polyp festgestellt. Der Polyp wurde abgetragen.
Von dem Tumor wurden Proben entnommen.
Ausweislich des histopathologischen Befundberichts vom 17.
Dezember 2004 wiesen
die entnommenen Proben An-teile
eines
invasiven, mäßig differenzierten
Adenokarzinoms
auf. Am 17.
Januar 2005 nahm der Beklagte zu
2 in dem von der [X.] zu
1 betriebenen
Klini-kum bei der Klägerin eine Rektumresektion vor. Er entfernte die Basis des bei der Koloskopie abgetragenen Polypen, nicht hingegen den tiefer gelegenen Tumor. Nachdem im Rahmen einer Kontrollendoskopie vom 19.
Oktober 2005 festgestellt worden war, dass der Tumor nicht entfernt worden war, unterzog sich die Klägerin am 28.
Oktober 2005 einem
erneuten Eingriff
im Klinikum G., bei dem der vom Tumor betroffene Darmabschnitt entfernt und
ein künstlicher Darmausgang gelegt
wurde. In der Folge stellte sich eine Wundheilungsstörung im Bereich der Bauchdecke sowie eine Anastomoseinsuffizienz im Bereich der [X.] ein. Der weitere Heilungsverlauf war äußerst komplikationsbehaftet.
Mit der Klage hat die Klägerin die Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000

25.193,03

Höhe von 5.000

e-rufung der Klägerin hat das [X.] das landgerichtliche Urteil teil-weise abgeändert und die [X.] als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000

a-densersatz in Höhe von 14.369,52

e-stellt,
dass die [X.] als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus und in Zusammenhang mit ihrer Behandlung im Krankenhaus der [X.] zu
1 noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf
Sozialversiche-rungsträger oder andere Dritte übergegangen sind oder übergehen werden. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom [X.]
-

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-

richt zugelassenen Revision verfolgen die [X.] ihren Antrag auf Zurück-weisung der Berufung weiter. Die Klägerin erstrebt mit ihrer [X.] eine Verurteilung der [X.] zur Zahlung weiterer 3.231,83

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 1012 veröffentlicht ist,
hat aufgrund der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass die [X.] den [X.] grob fehlerhaft nicht ausgeführt hätten. Es sei schlichtweg unverständlich, dass sich der Beklagte zu
2 vor Durchführung der [X.] nicht vergewissert habe, welche Darmteile zu entfernen seien. Wenn der Beklagte zu
2 nicht nur die Basis des
Polypen, sondern auch den Tumor entfernt hätte, wäre der zweite Eingriff nicht erforderlich geworden. Der zweite Eingriff stelle
den Primärschaden
dar.
Die eingetretene Nahtinsuffizienz und die sich daraus ergebenden Komplikationen seien kausal auf die [X.] zurückzuführen und deshalb als Sekundärschäden zu bewerten. Entgegen der Auffassung des [X.] sei der Zurechnungszusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler, der [X.] und den infolge der [X.] eingetretenen Komplikationen nicht zu verneinen. Zwar habe sich bei dem zwei-ten Eingriff ein operationsimmanentes Risiko verwirklicht, das durch den [X.] fehlerhaft durchgeführten Eingriff nicht
erhöht worden sei. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die [X.] kein erhöhtes Nahtinsuffizienzrisiko bei der [X.] bewirkt. Dieser Umstand führe aber nicht zu einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs. Denn die im Streitfall eingetretenen Schäden fielen nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm. Die [X.]
hätten
durch die [X.]
-

5

-

zung ihrer Verpflichtung, den bei der
Klägerin festgestellten Tumor zu entfer-nen, die Notwendigkeit einer [X.]
herbeigeführt und die Klägerin
da-mit
dem Risiko des Eintritts operationsimmanenter Risiken durch eine zweite
[X.] ausgesetzt. Es sei völlig offen, ob sich die Risiken auch bei der ers-ten [X.] verwirklicht hätten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die [X.] in derselben Körperregion mit gleicher Schnittführung
-
auch wenn sie das Risiko einer Nahtinsuffizienz nicht erhöht habe
-
nach den Ausfüh-rungen des Sachverständigen grundsätzlich
risikobehafteter als ein Ersteingriff gewesen sei. Das Ergebnis sei nicht unbillig, da die [X.] die Gefahr der [X.] herbeigeführt hätten
und ihnen der Nachweis offenstehe, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. [X.] Nachweis hätten sie allerdings nicht erbracht. Die Klägerin könne daher ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 40.000

Darüber hinaus sei ihr ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 13.207,02

e-rechnungstabellen
von [X.], 6.
Aufl.,
zurückgegriffen werden. Sie [X.] eine ausreichende Grundlage, um den Arbeitsaufwand für die Haushaltsfüh-rung nach §
287 ZPO zu schätzen. Für den Haushalt der Klägerin sei [X.] 3 (43 Wochenstunden) anzusetzen.
Allerdings sei hinsichtlich des Umfangs der Gartenarbeiten ein Zuschlag von 0,3 Stunden pro Quadratmeter,
d.h.
von 1,15 Wochenstunden zu machen. Gemäß Tabelle 8 liege der Anteil der Klägerin an der Haushaltsführung bei 62,3
%,
so dass von einem [X.] von 27,4 Wochenstunden für die volle Haushaltsführung und 18,4
Wo-chenstunden für die reduzierte Haushaltsführung auszugehen sei. Die Zeiten für die reduzierte Haushaltsführung ergäben sich aus den von der Klägerin an-gegebenen und durch Vorlage der Auszüge aus den Krankenakten belegten stationären Aufenthalten in den Kliniken. Von dem danach errechneten Haus-haltsführungsschaden sei der hypothetische Haushaltsführungsschaden [X.]
-

6

-

ziehen, der bei einer ordnungsgemäßen ersten [X.] entstanden wäre. Der Senat gehe in
ständiger
Rechtsprechung von einem
Stundensatz in Höhe von 8,50

.

II.
Diese Erwägungen halten den Angriffen der Revision, nicht hingegen
denen der [X.] stand.
1. Die zulässige Revision
der [X.]
hat in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin von den [X.] wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung Ersatz der ihr infolge der [X.] entstandenen materiellen und immateriellen Schäden verlangen kann

280 Abs.
1,
§§
278,
823 Abs.
1, §§
831, 253 Abs.
2 [X.]).
a) Die Revision wendet sich nicht gegen
die Beurteilung
des Berufungs-gerichts, den
[X.]
sei ein (grober) Behandlungsfehler vorzuwerfen, weil
der bei der [X.] zu 1 beschäftigte Beklagte zu 2 im Rahmen der von ihm durchgeführten Rektumresektion den vom Tumor betroffenen Darmabschnitt der Klägerin nicht mit entfernt hat. Die Revision stellt auch die Annahme des Berufungsgerichts nicht in Frage, dass sich die Klägerin aufgrund dieses Be-handlungsfehlers einem zusätzlichen Eingriff unterziehen musste, der ihr bei korrektem medizinischem
Vorgehen erspart geblieben wäre.
Diese Erwägungen des Berufungsgerichts lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des [X.],
die Einstandspflicht der [X.] beschränke sich nicht auf die unmittelbar mit dem Zweiteingriff verbundenen gesundheitlichen Belastungen der Klägerin, sondern umfasse auch die im Zusammenhang mit diesem Eingriff 6
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-

7

-

aufgetretenen Komplikationen (Nahtinsuffizienz, Fistelbildung, misslungene Stomarückverlagerung).
Die Revision macht
in diesem Zusammenhang ohne Erfolg
geltend, es fehle an dem erforderlichen Kausal-
und am
Zurechnungszu-sammenhang, weil
die [X.] mangels Erhöhung des Risikos einer Nahtinsuffizienz keinen primären Schaden hervorgerufen habe; die im Streitfall eingetretenen Komplikationen hätten schon bei der ersten [X.] eintreten können.

aa) Bei der Prüfung
des Kausalzusammenhangs
ist zwischen der [X.] und der haftungsausfüllenden Kausalität zu unterscheiden. Die haftungsbegründende Kausalität
betrifft den Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler
und der Rechtsgutsverletzung, d.h. dem ersten Verlet-zungserfolg im Sinne einer Belastung der gesundheitlichen Befindlichkeit
des Patienten (Primärschaden). Hingegen bezieht sich die
haftungsausfüllende
Kausalität auf den
ursächlichen Zusammenhang zwischen der Rechtsgutsver-letzung und weiteren Gesundheitsschäden des Patienten
(vgl. Senatsurteile vom 24.
Juni 1986 -
VI
ZR 21/85, [X.], 1121, 1122
f.; vom 21.
Juli 1998
-
VI
ZR 15/98, [X.], 1153, 1154; vom 16.
November 2004 -
VI
ZR 328/03, [X.], 228, 230; vom 12.
Februar 2008 -
VI
ZR 221/06, [X.], 644 Rn.
10, 13).
bb) Das Berufungsgericht hat den haftungsbegründenden Primärscha-den zu Recht in den unmittelbar mit dem Zweiteingriff verbundenen gesundheit-lichen Belastungen der Klägerin
(Bauchschnitt, [X.] mit der Notwen-digkeit des Legens weiterer Anastomosen)
gesehen und die in der Folgezeit eingetretenen Komplikationen
(Nahtinsuffizienz, Fistelbildung, misslungene Stomarückverlagerung)
der haftungsausfüllenden Kausalität
zugeordnet.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wären diese Folgeschäden in ihrer konkreten Ausprägung ohne den zweiten Eingriff nicht eingetreten. Seine Beur-10
11
-

8

-

teilung, die
Folgeschäden
seien adäquat kausal auf die Primärschädigung
zu-rückzuführen, begegnet keinen Bedenken.
[X.]) Der Umstand, dass bei korrektem medizinischen Vorgehen,
d.h. bei
Entfernung des vom Tumor betroffenen Darmabschnitts der Klägerin bereits im Rahmen des ersten Eingriffs,
möglicherweise
ebenfalls eine Nahtinsuffizienz mit vergleichbaren Folgen aufgetreten wäre, stellt die haftungsausfüllende Kau-salität nicht in Frage. Ob und welche Risiken sich im Falle der Vornahme nur eines Eingriffs realisiert hätten, betrifft nicht die Kausalität der
tatsächlich durchgeführten Behandlung für den eingetretenen Schaden, sondern einen
hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigem Alternativverhalten, für den der Beklagte beweispflichtig ist (vgl. Senatsurteile
vom 15.
März 2005 -
VI
ZR 313/03,
[X.], 836, 837; vom 9.
Dezember 2008 -
VI
ZR 277/07, [X.]Z 179, 115 Rn.
11
mwN). Steht -
wie hier
-
fest, dass ein Arzt dem Patienten durch fehlerhaftes und rechtswidriges Handeln einen Schaden zugefügt hat, so muss der Arzt beweisen, dass der Patient den gleichen Schaden auch bei rechtmäßigem und fehlerfreiem ärztlichem Handeln erlitten hätte (vgl. Senat, Urteil vom 5.
April 2005 -
VI
ZR 216/03,
[X.], 942 mwN; Geiß/[X.], [X.], 6.
Aufl., Rn.
[X.], [X.] mwN). Dass das Berufungsge-richt diesen den
[X.] obliegenden Nachweis als nicht geführt angesehen hat,
weil es völlig offen ist,
ob sich die Risiken auch bei Entfernung des Tumors im Rahmen der ersten [X.] verwirklicht hätten,
ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
dd) Entgegen der Auffassung der Revision ist der haftungsrechtliche Zu-rechnungszusammenhang zwischen der vom
[X.] zu 2 verursachten Rechtsgutsverletzung und den von der Klägerin geltend gemachten Gesund-heitsschäden auch nicht aufgrund des Schutzzwecks der haftungsbegründen-den Norm zu verneinen.
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-

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-

(1)
In der Rechtsprechung des [X.] ist es anerkannt, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Eine Haftung besteht nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Ab-wendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht über-nommen wurde (vgl. [X.], Urteile vom 11.
Juni 2010
-
V
ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn.
24; vom 11.
Januar 2005 -
X
ZR 163/02, NJW 2005, 1420 f.; [X.]/
[X.], [X.], 71.
Aufl., vor §
249 Rn.
29
f. mwN).
Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen;
ein
"äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang genügt nicht.
Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. Senatsurteile vom 20.
September 1988 -
VI
ZR 37/88, [X.], 1273, 1274; vom 6.
Mai 2003 -
VI
ZR 259/02, [X.], 1128, 1130; [X.], Urteil vom 14.
März 1985 -
IX
ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1332, jeweils
mwN).

(2) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn
nach einem Behandlungs-fehler durch den erstbehandelnden
Arzt Folgeschäden aus einer
Behandlung durch einen nachbehandelnden Arzt zu beurteilen sind. In solchen Fällen kann es an dem erforderlichen inneren Zusammenhang fehlen, wenn das Schadens-risiko der Erstbehandlung im Zeitpunkt der Weiterbehandlung schon gänzlich abgeklungen
war, sich
der Behandlungsfehler des [X.] auf den weiteren Krankheitsverlauf also nicht mehr ausgewirkt hat (vgl. Senatsurteile vom 28.
Januar 1986 -
VI
ZR 83/85, [X.], 601, 602;
vom 20.
September 1988
-
VI
ZR 37/88, aaO; [X.]/[X.]/[X.], Arzthaftungsrecht, 4.
Aufl., Rn.
73). Gleiches gilt, wenn es um die Behandlung einer Krankheit geht, die mit dem Anlass für die Erstbehandlung in keiner Beziehung
steht, oder wenn der die Zweitschädigung herbeiführende Arzt in außergewöhnlich hohem Maße die an ein gewissenhaftes ärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen außer Acht gelassen und
derart gegen alle ärztlichen Regeln und Erfahrungen versto-14
15
-

10

-

ßen hat, dass der eingetretene Schaden seinem Handeln [X.] allein zugeordnet werden muss (Senatsurteile vom 20.
September 1988 -
VI
ZR 37/88, aaO; vom 6.
Mai 2003 -
VI
ZR 259/02, aaO).
(3) Nach diesen Grundsätzen kommt eine Begrenzung der Einstands-pflicht der [X.] aufgrund des Schutzzwecks der Norm nicht in Betracht. Die im Streitfall eingetretenen Schäden fallen nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm. Die die [X.] treffende Ver-pflichtung zu einer den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechenden Versor-gung der Klägerin
diente u.a.
dem Zweck, sie vor einem an sich nicht erforderli-chen Zweiteingriff und den damit einhergehenden Folgen zu bewahren. Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsschäden stehen auch in einem inneren Zusammenhang mit der durch die [X.] geschaffenen [X.]. Der den [X.] vorzuwerfende
Behandlungsfehler hat den weiteren Krankheitsverlauf entscheidend geprägt, zumal den nachbehandelnden Ärzten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kein Behandlungsfehler vorzu-werfen ist. Durch
den
Behandlungsfehler des [X.] zu 2
ist die Nachopera-tion
der Klägerin veranlasst worden. Die Klägerin musste sich nur deshalb einer zweiten Darmoperation unterziehen, weil dieser
im Rahmen der von ihm vorge-nommenen [X.] den von dem Tumor betroffenen Darmabschnitt (grob) fehlerhaft nicht mit entfernt hatte.
Die eingetretenen Folgeschäden beru-hen auf diesem zusätzlichen Eingriff, der der Klägerin bei korrektem medizini-schem Vorgehen erspart geblieben wäre.
2. [X.] der Klägerin ist zulässig.
a) Es
kann offenbleiben, ob das Berufungsgericht
die Zulassung der [X.] trotz der insoweit uneingeschränkten Fassung des [X.] nur zu-gunsten der [X.] ausgesprochen oder -
wie die Revision meint
-
auf den 16
17
18
-

11

-

Grund des
Anspruchs beschränkt hat
(vgl. zum Grundurteil
über die haftungs-ausfüllende Kausalität:
[X.], Urteil vom 26.
September 1996 -
VII
ZR 142/95, NJW-RR 1997, 188).
Denn
gemäß
§
554 Abs.
2 Satz
1 ZPO
in der Fassung des [X.] vom
27.
Juli 2001
([X.]l. I S.
1887)
setzt
die Statthaftigkeit der Anschließung
abweichend von dem bis dahin geltenden Recht
nicht mehr voraus, dass
auch für den [X.] die Revision zugelassen worden ist.
Daher kann eine Anschlussrevi-sion bei
beschränkter Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn die [X.] nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (vgl. [X.], Urteile
vom 24.
Juni 2003 -
KZR 32/02, NJW 2003, 2525; vom 26.
Juli 2004 -
VIII
ZR 281/03, [X.], 3174, 3176; vom 22.
November 2007 -
I
ZR 74/05, [X.]Z 174, 244 Rn.
39).
b) Auch nach neuem Recht erfordert die Statthaftigkeit der Anschließung allerdings, dass zwischen dem
Streitgegenstand der [X.] und dem der Revision ein
rechtlicher
oder wirtschaftlicher
Zusammenhang besteht ([X.], Urteil vom 22.
November 2007 -
I
ZR 74/05, aaO Rn. 40). Diese Voraus-setzung ist vorliegend erfüllt. Revision und [X.] betreffen [X.] zum Teil
denselben Anspruch, nämlich
die Forderung
der Klägerin auf Er-satz des
ihr entstandenen
[X.], der ihr infolge der im Zusammenhang mit dem Zweiteingriff aufgetretenen Komplikationen (Nahtin-suffizienz, Fistelbildung, misslungene Stomarückverlagerung) entstanden ist.
3. [X.] hat auch in der Sache Erfolg.
Sie wendet sich mit Erfolg
gegen die Schätzung des der Klägerin
schadensbedingt entstande-nen [X.].
a)
[X.] beanstandet allerdings nicht, dass sich das Be-rufungsgericht bei der Bemessung des der Klägerin entstandenen Haushalts-19
20
21
-

12

-

führungsschadens
an dem Tabellenwerk von [X.]
(Schadenersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6.
Aufl.) orientiert hat. [X.] nimmt auch hin, dass das Berufungsgericht den objektiv er-forderlichen Zeitaufwand für die Aufrechterhaltung der Haushaltsführung nach dem bisherigen Standard auf dieser Grundlage auf 1.553,76 Stunden geschätzt hat. Die diesbezüglichen Erwägungen des Berufungsgerichts lassen [X.] nicht erkennen
(vgl. zur Berücksichtigung anerkannter Tabellenwerke bei der Schätzung: Senatsurteil vom 3.
Februar 2009 -
VI
ZR 183/08, [X.], 515).
b) [X.] beanstandet aber mit Erfolg, dass das [X.] bei
der Berechnung des [X.] die Vergü-tung einer fiktiven Ersatzkraft mit
8,50

bemessen hat.
aa) Zwar ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs in erster Linie Sache des nach §
287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechts-grundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfakto-ren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zu-grunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 3.
Februar 2009 -
VI
ZR 183/08, [X.], 515
Rn.
5; vom 12.
Juli 2011 -
VI
ZR 214/10, [X.], 362 Rn.
15; vom 27.
März 2012 -
VI
ZR 40/10,
juris Rn.
6). Zur Ermöglichung der Überprüfung muss der Tatrichter aber die tatsächlichen Grundlagen der Schät-zung und ihrer Auswertung darlegen ([X.], Urteile vom 30. April 1952 -
III
ZR 198/51, [X.]Z 6, 62, 63; vom 26.
März 2003 -
XII
ZR 167/01, NJW-RR 2003, 873, 874; Musielak/Foerste, ZPO, 9.
Aufl., §
287 Rn.
10).
bb) Hieran fehlt es vorliegend. Das Berufungsgericht
hat die Höhe der Vergütung einer
fiktiven
Ersatzkraft pauschal auf 8,50

22
23
24
-

13

-

[X.] beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht
nicht zu erkennen gegeben
hat, wie es auf diesen
Betrag
gekommen ist.
Den
Ent-scheidungsgründen
ist nicht zu entnehmen, welche Erwägungen
für die ge-troffene Entscheidung
insoweit
maßgebend waren.
Galke
[X.]
Pauge

[X.]
von Pentz
Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 22.03.2010 -
9 O 11012/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 21.04.2011 -
1 U 2363/10 -

Meta

VI ZR 157/11

22.05.2012

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2012, Az. VI ZR 157/11 (REWIS RS 2012, 6267)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6267

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