Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2017, Az. VII ZB 64/14

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5168

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:190917BVIIZB64.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 64/14

vom

19. September
2017

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ZPO § 829, § 887; [X.] § 87c Abs. 2; BGB § 401
Die isolierte Pfändung der Rechte aus § 887 ZPO in Verbindung mit dem [X.] aus § 87c Abs. 2 [X.] ist nichtig. Diese Rechte sind als unselbständige Nebenrechte untrennbar mit dem Provisionsanspruch verbun-den und können nicht unabhängig von diesen geltend gemacht werden.
[X.], Beschluss vom 19. September
2017 -
VII ZB 64/14 -

LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 19.
September
2017 durch [X.]
Eick, [X.], Dr. Kartzke
und Prof.
Dr.
Jurgeleit sowie die Richterin
Sacher
beschlossen:
[X.] gegen den
Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 11.
November
2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des [X.] trägt die Gläubigerin.

Gründe:
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid und einem Kostenfestsetzungsbeschluss.
Der Schuldner
war seit April 2003 als Handelsvertreter für die R.
GmbH
&
Co. [X.] tätig. Das Handelsvertreter-Vertragsverhältnis endete durch fristlose Kündigung der R. GmbH & Co. [X.] vom 28.
Oktober
2005. Die [X.] war persönlich haftende Gesellschafterin
der R. GmbH & Co. [X.].
1
2
-
3
-
Mit Urteil des [X.] A.
vom 12.
Februar
2010 in der Fassung des Berufungsurteils des Oberlandesgerichts M.
vom 28.
Juli
2011 wurde die [X.] verurteilt, dem Schuldner einen Buchauszug gemäß §
87c
Abs.
2
[X.] zu erteilen. Mit Beschluss vom 10.
Mai
2013 ermächtigte das [X.] A.
den Schuldner, die der Drittschuldnerin auferlegte Pflicht zur Erteilung eines [X.] durch einen von ihm zu beauftragenden [X.] vornehmen zu lassen. Zugleich verpflichtete
das [X.] A.
die Drittschuldnerin,
12.960

Kosten
der Beauftragung eines Steuerberaters
an den Schuldner zu zahlen.
Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht -
mit Beschluss vom 31.
Juli
2013 "sämtliche Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin aus dem Beschluss des [X.] A.
vom 10.
Mai
2013, insbesondere

der Anspruch des Schuldners auf Zahlung von 12.960

Vorauszahlung der für die Erstellung des [X.] voraussichtlich anfal-gen diesen Beschluss hat der Schuldner Erin-nerung eingelegt. Die Erinnerung hat das Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht -
mit Beschluss vom 27.
März
2014 zurückgewiesen. Auf die vom Schuldner ge-gen den Zurückweisungsbeschluss eingelegte sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht den Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss des Amtsge-richts -
Vollstreckungsgerichts -
aufgehoben, soweit dieser den Anspruch auf Zahlung von 12.960

betrifft. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Gläubigerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

3
4
-
4
-
II.
[X.] hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt:
Mit seiner Beschwerde wende sich der Schuldner gegen den Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss nur insoweit, als der Anspruch auf Zahlung von 12.960

szahlung der für die Erstellung des [X.] voraus-sichtlich anfallenden Kosten gepfändet sei. Insoweit sei die Beschwerde [X.]. Der Anspruch auf Vorauszahlung unterliege nicht der Pfändung. [X.] §
399 Fall
1 BGB sei eine Forderung unübertragbar und damit gemäß §
851 ZPO unpfändbar, wenn der [X.] den Inhalt der Leistung ändern würde. Hierzu gehörten insbesondere zweckgebundene Forderungen. Der [X.] für die Kosten der Erstellung des [X.] sei in diesem Sinne zweckgebunden, da er allein der Erstellung des [X.] diene. Im Falle der Übertragung des [X.]es könne der Zweck nicht mehr erreicht werden, weil der Drittschuldner zur Erteilung des [X.] gerade nur gegenüber dem Schuldner verpflichtet sei.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis
stand.
a) [X.] ist nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Insbesondere fehlt es der Gläubigerin nicht deshalb am [X.] für die Rechtsbeschwerde, weil der [X.] vom 31.
Juli
2013 vom Beschwerdegericht aufgehoben worden
ist. Die Aufhebung des [X.]es durch den Beschluss des [X.] ist 5
6
7
8
9
10
-
5
-
ungeachtet der Anfechtbarkeit dieses Beschlusses sofort wirksam geworden. Ein aufgehobener [X.] lebt bei Wegfall des [X.] nicht wieder auf; er kann vom Rechtsmittelgericht auch nicht mehr in seiner ursprünglichen Fassung (mit demselben
Rang) wiederhergestellt wer-den. Etwas anderes gilt nur dann, wenn -
was hier nicht geschehen ist -
das den [X.] aufhebende Gericht zugleich die Anordnung trifft, dass der Aufhebungsbeschluss erst mit seiner Rechtskraft wirksam wird ([X.], Beschluss vom 18.
Mai
2017 -
VII
ZB
38/16, [X.], 1161
Rn.
19).
Ist ein [X.] durch instanzgerichtlichen Beschluss aufge-hoben worden und hat das aufhebende Gericht keine Anordnung getroffen, dass der Aufhebungsbeschluss erst mit seiner Rechtskraft wirksam wird, ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Rechtsbeschwerde des Gläubigers gleichwohl gegeben, wenn mit ihr das Ziel verfolgt wird, eine Vollstreckung mit neuem Rang zu ermöglichen ([X.], Beschluss vom 18.
Mai
2017 -
VII
ZB
38/16, WM
2017, 1161
Rn.
20). In diesem Sinne ist die Rechtsbeschwerde der Gläu-bigerin zu verstehen.
b) Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet.
Im Ergebnis zutreffend hat das Beschwerdegericht die Pfändbarkeit des [X.]es verneint. Der Anspruch
auf Erteilung des
Buchaus-zugs nach §
87c Abs. 2 [X.] und der
darauf beruhende
Anspruch auf Voraus-zahlung
aus § 887 Abs. 2 ZPO stellen
Nebenrechte zum Provisionsanspruch des Schuldners
dar, die nicht selbständig pfändbar sind. Die Beschlagnahme dieser Nebenrechte erfolgt vielmehr mit der Pfändung des Provisionsanspruchs.

11
12
13
-
6
-
aa)
Die mit einer Pfändung verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne weiteres auf alle Nebenrechte, die im Fall einer Abtretung nach §§
401, 412
BGB mit auf den neuen Gläubiger übergehen; einer gesonderten Neben-
und Hilfspfändung bedarf es dazu nicht. Neben den in §
401 BGB ausdrücklich genannten Rechten wird diese Vorschrift unter anderem auf [X.] ent-sprechend angewandt, die zur Geltendmachung oder Durchsetzung einer For-derung erforderlich sind. Solche Nebenrechte sind insbesondere Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung, die darauf abzielen, Gegenstand und Betrag des Hauptanspruchs zu ermitteln ([X.], Beschlüsse vom 19.
Dezember
2012
-
VII
ZB
50/11, [X.]Z
196, 62 Rn.
8; vom 18.
Juli
2003 -
IXa
ZB
148/03, [X.]
2004, 114,
juris Rn.
6; vgl. zudem [X.], Urteil vom 19.
März
1998
-
IX
ZR
242/97, [X.]Z 138, 179, 184,
juris Rn.
16).
[X.])
Der Anspruch auf Erteilung eines [X.] stellt zum
Provisi-onsanspruch
des Handelsvertreters aus §
87
[X.] einen solchen unselbständi-gen Nebenanspruch dar. Der Anspruch aus §
87c
Abs.
2 [X.] soll den
Han-delsvertreter
in die Lage versetzen, die Abrechnung seines Vertragspartners nachzuprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen,
und hat deshalb den Zweck,
die Durchsetzung des Provisionsanspruchs zu ermöglichen und zu erleichtern (MünchKomm[X.]/von [X.], 4.
Aufl., §
87c Rn.
4; [X.] in [X.]/Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band
1, 5.
Aufl., [X.].
VI Rn.
1; [X.], Vertriebsrecht, 3.
Aufl., §
87c Rn.
8; [X.] in [X.]/[X.], Vertriebsrecht, §
87c
[X.] Rn.
7; [X.], Handelsvertreter-recht, 5. Aufl., § 87c Rn. 1, 13). Dementsprechend geht der Anspruch aus §
87c Abs.
2 [X.] mit der Abtretung des Provisionsanspruches entsprechend §
401 BGB auf den [X.] über. Damit sind die Ansprüche aus §
87c Abs.
2 [X.] nicht selbständig pfändbar ([X.],
NJW-RR 1997, 1322, 14
15
-
7
-
1323,
juris Rn. 4 -
zur Abtretbarkeit; MünchKomm[X.]/von [X.], aaO; [X.], aaO
Rn.
21; [X.], in [X.]/[X.], aaO;
[X.],
aaO
Rn.
1; [X.]/[X.], [X.],
5. Aufl., §
87c Rn.
5d, 13; a.
[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., §
87c Rn.
25).
cc) Die vorstehenden Erwägungen gelten entsprechend für den nach §
887 Abs.
2
ZPO ausgeurteilten [X.]
zur Deckung der Kosten des zu beauftragenden Steuerberaters. Die Verurteilung zur Erstellung eines
[X.] nach §
87c Abs.
2 [X.] wird nach §
887 ZPO vollstreckt, wenn der Buchauszug -
wie hier -
aufgrund vorhandener Unterlagen nicht nur vom Schuldner, sondern
auch von einem Dritten erstellt werden kann ([X.], Beschluss vom 20.
Januar
2011 -
I
ZB
67/09, [X.], 1380 Rn.
10). Der nach §
887 Abs.
2
ZPO ausgeurteilte [X.] dient deshalb
der Verwirklichung des Anspruches auf Erstellung eines [X.] und damit der Klärung der Voraussetzungen des Provisionsanspruches.
[X.]) Sollte die Gläubigerin Provisionsansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin gepfändet haben oder pfänden, kann das
für diese Pfän-dung zuständige
Vollstreckungsgericht auf
Antrag der Gläubigerin
die Mitpfän-dung des [X.]s klarstellend aussprechen (vgl. [X.], [X.] vom 19. Dezember 2012 -
VII ZB 50/11, [X.]Z 196, 62 Rn. 12).
ee) Aus dem Umstand, dass sich der Schuldner nach den Feststellungen des [X.] ausschließlich gegen die Pfändung und Überweisung des [X.]s, aber nicht gegen eine Pfändung der [X.] zur Selbstvornahme der Erstellung des [X.] gewandt hat, folgt
nichts anderes.
Damit geht kein Auseinanderfallen der Verfügungsbefugnis ei-16
17
18
-
8
-
nerseits zur Selbstvornahme und andererseits zum [X.] einher. Denn eine isolierte Pfändung des Rechts
auf Selbstvornahme der Er-stellung des [X.] ist nicht nur rechtswidrig,
sondern nichtig,
und kann deshalb unabhängig von einer gerichtlichen Aufhebung keine Wirkungen entfal-ten
(vgl.
[X.], [X.] 2001, 1133, 1134, juris Rn. 57).
Die Nichtigkeit eines [X.]es setzt voraus, dass ein schwerer und bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Um-stände offenkundiger Fehler gegeben ist. Offenkundig ist ein Fehler, wenn für einen mit den Umständen vertrauten, verständigen Beobachter die schwere Fehlerhaftigkeit ohne weiteres ersichtlich ist ([X.], Urteil vom 17.
Dezember
1992 -
IX
ZR
226/91, [X.]Z 121, 98, 102
f.,
juris
Rn.
23; Jurgeleit,
Die Haftung des Drittschuldners, 2. Aufl., Rn. 3).

Auf dieser Grundlage ist die isolierte Pfändung des Rechtes aus §
887 Abs.
1 ZPO in Verbindung mit dem Anspruch des Handelsvertreters aus §
87c Abs.
2 [X.] nichtig. Diese Rechte sind als unselbständige Nebenrechte
un-trennbar mit dem Provisionsanspruch verbunden und können nicht unabhängig von diesem geltend gemacht werden. Werden diese Rechte gleichwohl isoliert gepfändet,
liegt darin ein schwerer Fehler, der für einen mit den Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich ist.

19
20
-
9
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1
ZPO.

Eick
[X.]
Kartzke

Jurgeleit

Sacher

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung
vom 05.06.2013 -
M 1027/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 11.11.2014 -
42 T 2208/14 -

21

Meta

VII ZB 64/14

19.09.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2017, Az. VII ZB 64/14 (REWIS RS 2017, 5168)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5168

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZB 64/14 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Zulässigkeit der isolierten Pfändung des Anspruchs des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs und des …


I ZB 82/06 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 32/17 (Bundesgerichtshof)

Provision des Handelsvertreters: Verjährung des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs


I ZB 67/09 (Bundesgerichtshof)

Abrechnung über Provision des Handelsvertreters: Anforderungen an einen Buchauszug; Bezugnahme auf Aktenordner


VII ZB 14/12 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckung: Pfändbarkeit der Informationsrechte des GmbH-Gesellschafters


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZB 64/14

VII ZB 50/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.