Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2011, Az. I ZB 67/09

1. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10237

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Gegenstand

Abrechnung über Provision des Handelsvertreters: Anforderungen an einen Buchauszug; Bezugnahme auf Aktenordner


Leitsatz

1. Eine klare, geordnete und übersichtliche Form der Darstellung sämtlicher relevanten Geschäftsvorfälle in einem Buchauszug im Sinne von § 87c Abs. 2 HGB kann dadurch erreicht werden, dass einer Aufstellung Abdrucke von Auftrags- und Rechnungsunterlagen beigefügt werden, die ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können .

2. Hat der Unternehmer in einem Buchauszug auf einen Aktenordner Bezug genommen, wird sein Inhalt Teil des Buchauszugs und unterliegt ebenfalls den Anforderungen, die hinsichtlich Klarheit, Ordnung und Übersichtlichkeit an einen Buchauszug zu stellen sind .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des [X.] vom 18. August 2009 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.

Gegenstandswert: 5.000 €

Gründe

1

I. Der Gläubiger, der für die Schuldnerin als Handelsvertreter tätig war, hat diese im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Zahlung restlicher Provision in Anspruch genommen. Nach dem Teilurteil des [X.] hat die Schuldnerin dem Gläubiger einen Buchauszug über sämtliche zwischen der Schuldnerin und näher bezeichneten Kunden im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 31. Mai 2006 zustande gekommenen [X.] zu erteilen. Der Buchauszug muss Auskunft über folgende Punkte geben:

a) Auftragsdatum und Auftragsnummer;

b) Auftragsumfang mit Angabe der [X.] und Warenmenge (gegebenenfalls mit Artikelnummer); Stückpreise und Auftragswert;

c) …

d) Datum und Umfang der Lieferung bzw. Teillieferungen;

e) Rechnungsdatum, Rechnungsnummer und Rechnungsbetrag;

f) Kunden mit genauer Anschrift (eventuell Kundennummer);

g) Höhe und Datum der Zahlungseingänge;

h) …

i) Annullierungen, Nichtauslieferungen und Stornierungen nebst Angabe von Gründen;

j) Retouren nebst Angabe von Gründen.

2

Die Schuldnerin hat eine Übersicht vorgelegt, die auf mehrere beigefügte Aktenordner und die darin enthaltenen Schriftstücke verweist.

3

Der Gläubiger ist der Ansicht, die vorgelegten Unterlagen genügten nicht den Anforderungen, die an einen Buchauszug zu stellen seien, und hat Antrag auf Zwangsvollstreckung gemäß § 887 ZPO gestellt.

4

Das [X.] hat den Gläubiger ermächtigt, den Buchauszug von einem Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer auf Kosten der Schuldnerin erstellen zu lassen. Es hat die Schuldnerin verurteilt, das Betreten und die Durchsuchung ihrer Geschäftsräume durch den Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer zu dulden und dem Gläubiger wegen der entstehenden Kosten einen Vorschuss von 5.000 € zu zahlen.

5

Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Schuldnerin die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie weiter die Zurückweisung des Zwangsvollstreckungsantrags des Gläubigers begehrt. Der Gläubiger beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

6

II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

7

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

8

Die von der Schuldnerin vorgelegten Unterlagen erfüllten nicht die an einen Buchauszug zu stellenden Anforderungen. Sie seien nicht aus sich heraus verständlich, übersichtlich und ohne erheblichen Nachforschungsaufwand handhabbar. Die von der Schuldnerin erstellte Übersicht nehme auf Unterlagen in Aktenordnern Bezug. Die Übersicht und die Verweise auf die in den Ordnern enthaltenen Unterlagen seien keine geeignete Abbildung der vom Gläubiger vermittelten Aufträge. Die Übersicht erfordere eine aufwendige zeitraubende Sucharbeit des Gläubigers, um die für die [X.] wichtigen Daten zusammenzustellen. Der Gläubiger müsse anhand der Übersicht auf fünf Aktenordner zurückgreifen. Durch diese Art der Darstellung werde der titulierte Anspruch nicht erfüllt.

9

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Verurteilung zur Erstellung eines [X.] im Sinne von § 87c Abs. 2 [X.] grundsätzlich nach § 887 ZPO zu vollstrecken ist, wenn der Buchauszug - wie hier - aufgrund vorhandener Unterlagen nicht nur vom Schuldner, sondern auch von einem Dritten erstellt werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 26. April 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1475 Rn. 15; Beschluss vom 13. August 2009 - [X.], NJW-RR 2010, 279 Rn. 21).

b) Das Beschwerdegericht hat ferner mit Recht angenommen, dass im Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO der Einwand des Schuldners zu prüfen ist, er habe den titulierten Anspruch bereits erfüllt ([X.], Beschluss vom 5. November 2004 - [X.], [X.]Z 161, 67, 68 ff.; Beschluss vom 22. September 2005 - [X.], [X.] 2005, 256, 257; Beschluss vom 17. September 2009 - [X.], [X.] 2009, 662 Rn. 7).

aa) Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Schuldnerin habe mit der Vorlage der Übersicht, die auf in mehreren Ordnern enthaltene Unterlagen verweise, den titulierten Anspruch des Gläubigers auf Erteilung eines [X.] nicht erfüllt. Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

bb) Für die Entscheidung, ob der titulierte Anspruch erfüllt ist, ist der Vollstreckungstitel maßgeblich ([X.], NJW-RR 2007, 1475 Rn. 17). Nach dem Teilurteil des [X.] vom 6. Juli 2007 - soweit es in Rechtskraft erwachsen ist - hat die Schuldnerin dem Gläubiger einen Buchauszug über sämtliche [X.] zu erteilen, die zwischen der Schuldnerin und ihren in der beigefügten Liste bezeichneten Kunden im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 31. Mai 2006 zustande gekommen sind, wobei der Buchauszug die oben angegebenen Angaben enthalten muss. Dieser Anspruch ist erfüllt, wenn der erteilte Buchauszug formal den Anforderungen des [X.] entspricht, indem er sämtliche in den Büchern verzeichneten Geschäfte, die unter den [X.] fallen, mit den in den Büchern enthaltenen Angaben vollständig erfasst und klar, geordnet und übersichtlich darstellt. Der Zweck des Anspruchs aus § 87c Abs. 2 [X.], dem Handelsvertreter eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder zu erteilenden [X.] zu ermöglichen, erfordert nicht nur eine vollständige Darstellung der geschäftlichen Vorgänge in dem Buchauszug, sondern auch ihre Angabe in klarer, geordneter und übersichtlicher Form. In welcher Weise dies zu erreichen ist, hängt von Art und Umfang der im Einzelfall anzugebenden Tatsachen ab. Der Unternehmer ist grundsätzlich nicht auf eine bestimmte Form der Darstellung festgelegt; es steht ihm vielmehr frei, unter mehreren gleich geeigneten Darstellungsweisen eine Auswahl zu treffen, etwa die kostengünstigere oder weniger lästige Darstellungsform zu wählen (vgl. [X.], Urteil vom 21. März 2001 - [X.], NJW 2001, 2333, 2335 f.; Urteil vom 20. September 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 246 Rn. 17; Urteil vom 29. Oktober 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 821 Rn. 14). Erforderlich ist, dass der Buchauszug aus sich heraus verständlich ist (vgl. [X.], Urteil vom 23. Oktober 1981 - I ZR 171/79, [X.] 1982, 378 f.). Das schließt es nicht aus, dass die Anforderungen, die an eine klare, geordnete und übersichtliche Form der Darstellung sämtlicher relevanten Geschäftsvorfälle zu stellen sind, auch dadurch erreicht werden können, dass einer Aufstellung Abdrucke von Auftrags- und Rechnungsunterlagen beigefügt werden, die ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können (vgl. [X.] in Großkomm.[X.], 5. Aufl., § 87c Rn. 113; MünchKomm.[X.]/von [X.], 3. Aufl., § 87c Rn. 40).

cc) Davon ist auch das Beschwerdegericht ausgegangen. Es hat zu Recht angenommen, dass die von der Schuldnerin vorgelegte Übersicht und die mit den Ordnern vorgelegten Unterlagen den Anforderungen nicht genügen, die an einen Buchauszug in Bezug auf Klarheit und Übersichtlichkeit zu stellen sind.

Die Schuldnerin ist aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung verpflichtet, die [X.], die Warenmenge, die Stückpreise und den Auftragswert (Urteilsformel b) und den Umfang von Teillieferungen (Urteilsformel d) anzugeben. Um diese Angabe zu erhalten, muss der Gläubiger [X.] und -menge und die Stückpreise dem mit Auftragsbestätigungen bezeichneten Ordner [X.] entnehmen, für die Ermittlung des Umfangs der Teillieferungen auf die [X.] ZV [X.], [X.] und b zugreifen und wegen ergänzender Informationen zu Differenzen zwischen Auftragswert und [X.] nach Spalte 22 der Übersicht den Ordner [X.] heranziehen. Zudem weicht die Reihenfolge der Übersicht, die alphabetisch nach den Namen der Kunden geordnet ist, von der Reihenfolge der Unterlagen ab, die fortlaufend nach den Nummern der Auftragsbestätigungen und Rechnungen sowie nach [X.] sortiert sind, was die Klarheit und Übersichtlichkeit der Angaben zusätzlich herabsetzt. Eine derartige Darstellung genügt nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des [X.] nicht den Anforderungen, die an einen Buchauszug zu stellen sind.

Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass das Beschwerdegericht den Ordner ZV [X.] in die Beurteilung nicht hätte einbeziehen dürfen und dass der Ordner [X.] nicht entscheidungserhebliche Zusatzinformationen enthalte.

Die Schuldnerin hat in der Spalte 12 der Übersicht zu den Teillieferungen und in Spalte 22 der Übersicht zu Differenzen zwischen Auftrags- und [X.] auf die Ordner ZV [X.] und [X.] verwiesen und im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, dass die in der Übersicht in Bezug genommenen Ordner Teil des [X.] seien. Daran ist die Schuldnerin gebunden. Sind die Ordner damit Teil des [X.], muss die gesamte Darstellung klar, übersichtlich und verständlich sein. Dass auch der Ordner [X.] Teil des [X.] ist und die Spalten 21 bis 23 der Übersicht nicht aus sich heraus verständlich sind, macht zudem der von der Rechtsbeschwerde beispielhaft angeführte Auftrag des Kunden A. deutlich. Zur Erläuterung der zwei nicht aufgelegten Artikel ([X.] Nr. 898501 und [X.] Nr. 898502) im Gesamtwert von 200,80 € nimmt die Rechtsbeschwerde nicht nur Bezug auf Spalte 22 der Übersicht, sondern auch auf die Zusatzinformationen in einem Aktenordner. Der zur Erläuterung von der Rechtsbeschwerde herangezogene Beleg befindet sich allerdings unter Nr. 50 im Aktenordner [X.] und nicht - wie von der Rechtsbeschwerde bezeichnet - im Ordner [X.], der keine [X.] enthält.

Dagegen kommt es für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts nicht entscheidend darauf an, dass der Ordner ZV [X.] entgegen der Annahme des [X.] ab dem zweiten blauen Heftstreifen mit - teilweise auf den Kopf gestellten und deshalb nur schwer lesbaren und handhabbaren - handschriftlichen [X.] von 1 bis 377 versehen ist.

III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm                                  Pokrant                              Büscher

                          Schaffert                                 Koch

Meta

I ZB 67/09

20.01.2011

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Karlsruhe, 18. August 2009, Az: 8 W 31/09, Beschluss

§ 87c Abs 2 HGB, § 887 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2011, Az. I ZB 67/09 (REWIS RS 2011, 10237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10237

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