Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.09.2021, Az. 3 StR 128/21

3. Strafsenat | REWIS RS 2021, 9952

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Gegenstand

Vermögensabschöpfung in Strafsachen: Tenorierung einer Einziehungsanordnung bei Gesamtschuldnerschaft der Angeklagten


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.]  und [X.]wird das Urteil des [X.] vom 4. November 2020

a) in den Aussprüchen über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin geändert, dass die Angeklagten und die Mitangeklagten [X.]     und [X.]         jeweils für den gesamten gegen sie erkannten Einziehungsbetrag als Gesamtschuldner haften;

b) auch die Mitangeklagten betreffend im Ausspruch über die Einziehung der Umhängetasche Nike, der Banderole "4000 €", der Tankquittung, des bläulichen Handtuchs, des schwarzen Turnbeutels mit gelbem Aufdruck und des weißen Stoffbeutels mit schwarzer Aufschrift aufgehoben; diese Entscheidung entfällt;

c) im den Angeklagten [X.]  betreffenden Ausspruch über die Einziehung des Handys [X.] weiß/gold, [X.]               , aufgehoben; diese Entscheidung entfällt;

d) im den Angeklagten [X.] betreffenden Ausspruch über "die Einziehung eines Betrags von 3.260 €" dahin geändert, dass die Einziehung des sichergestellten Bargelds in dieser Höhe angeordnet wird.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten wegen verschieden gelagerter Betrugstaten zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt und [X.] getroffen. Ihre jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlich Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils führt in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu folgenden Änderungen der [X.]:

3

a) Soweit das [X.] die Einziehung des Wertes von [X.]n angeordnet hat, macht der Tenor nicht kenntlich, dass die Angeklagten jeweils in der gesamten Höhe des gegen sie erkannten [X.] als Gesamtschuldner haften. Nach den getroffenen Feststellungen verfügte jeder von ihnen über die ertrogene Tatbeute in allen Fällen - wenn auch in wechselnden Beteiligungen - jeweils mit wenigstens einem weiteren Mittäter. Hinzu kommt, dass die Gruppe den Großteil der [X.] an die Hintermänner in der [X.] weiterleitete, so dass auch jene nachfolgend die faktische Verfügungsgewalt über die Beute hatten.

4

Um eine doppelte Inanspruchnahme zu vermeiden, ist die Höhe der gesamtschuldnerischen Haftung für jeden Angeklagten in der Entscheidungsformel unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen. Der individuellen Benennung der anderen Gesamtschuldner bedarf es dabei nicht (st. Rspr.; s. etwa [X.], Beschluss vom 25. August 2021 - 3 StR 100/21, juris Rn. 11 mwN).

5

Der Rechtsfehler betrifft auch die Mitangeklagten. Deshalb ist die Änderung gemäß § 357 Satz 1 StPO auf sie zu erstrecken.

6

b) Die Urteilsfeststellungen belegen nicht die Voraussetzungen für die Einziehung der unter [X.]) der [X.] genannten Gegenstände nach § 74 StGB. Der [X.] hat hierzu ausgeführt:

"Soweit die ... weiteren Gegenstände eingezogen wurden, ist den Urteilsgründen weder zu entnehmen, in wessen Eigentum diese standen (zu diesem Erfordernis [X.], Beschluss vom 21. März 2011 - 4 StR 43/11, BeckRS 2011, 7096) noch inwiefern diese - insbesondere das Handtuch - als Tatmittel zum Einsatz kamen oder zumindest kommen sollten. Diese Entscheidung ist daher aufzuheben."

7

Dem verschließt sich der Senat nicht. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat die Entscheidung zu entfallen. Auch diese Änderung ist nach § 357 Satz 1 StPO auf die Mitangeklagten zu erstrecken.

8

c) Ebenfalls keinen Bestand hat die Einziehung des in der Wohnung des Angeklagten [X.]  sichergestellten [X.]. Dieses hat die [X.] eingezogen, weil sie davon ausgegangen ist, dass es für die Kommunikation bei künftigen Straftaten hätte Verwendung finden sollen. Damit sind weder die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 und 2 StGB noch diejenigen des § 74b Abs. 1 StGB belegt. Denn auch die Sicherungseinziehung setzt voraus, dass es sich bei den einzuziehenden Gegenständen um solche im Sinne des § 74 Abs. 1 oder 2 StGB handelt, mithin um Tatprodukte, Tatmittel oder Tatobjekte ([X.], Beschlüsse vom 2. März 2021 - 4 StR 366/20, [X.], 471 Rn. 15 ff.; vom 9. März 2021 - 3 StR 197/20, juris), eine Einziehung mit Strafcharakter gemäß § 74 Abs. 3 Satz 1 StGB indes nicht in Betracht kommt, weil der Täter oder Teilnehmer ohne Schuld gehandelt hat (§ 74b Abs. 1 Nr. 1 StGB) oder die Gegenstände einem anderen als dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen (§ 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB). Dass das Telefon zur Begehung oder Vorbereitung der abgeurteilten Taten gebraucht worden oder bestimmt gewesen ist (§ 74 Abs. 1 StGB), hat die [X.] aber nicht festgestellt. Da auch insoweit weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat diese Entscheidung ebenfalls zu entfallen.

9

d) Den Ausspruch, vom Angeklagten S.    den "Betrag" von 3.260 € einzuziehen, hat die [X.] auf § 73a Abs. 1 StGB gestützt. Bei ihm war Bargeld in entsprechender Höhe sichergestellt worden. Nach Überzeugung des [X.]s stammte das Geld aus illegalen Quellen, es hat sich jedoch keiner konkreten Straftat zuordnen lassen (zum Vorrang der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB s. etwa [X.], Beschluss vom 30. Juni 2021 - 3 [X.], juris Rn. 9 mwN). Gegen diese Wertung ist nichts zu erinnern. Die [X.] hätte allerdings den konkreten Gegenstand, mithin das sichergestellte Bargeld, und nicht einen entsprechenden Wertersatz einziehen müssen (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 16. März 2021 - 4 StR 22/21, juris Rn. 3 mwN).

2. Im Übrigen hat die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen den Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben.

3. Angesichts des geringen Erfolgs der Revisionen ist es nicht unbillig, die Angeklagten mit den gesamten Kosten ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Berg     

        

Paul     

        

Erbguth

        

Kreicker     

        

Voigt     

        

Meta

3 StR 128/21

07.09.2021

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Düsseldorf, 4. November 2020, Az: 7 KLs 8/20

§ 25 Abs 2 StGB, § 73 StGB, § 73c StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.09.2021, Az. 3 StR 128/21 (REWIS RS 2021, 9952)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9952

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