Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2004, Az. IV ZR 458/02

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4316

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL IV ZR 458/02

Verkündet am:

3. März 2004

Heinekamp

Justizobersekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja _____________________

[X.] § 12 Abs. 3

Zu den Anforderungen an die Einhaltung der Frist des § 12 Abs. 3 [X.] durch [X.], wenn die fristgerecht bei Gericht eingegangene Klage nicht unterschrie-ben war.

[X.], Urteil vom 3. März 2004 - [X.] OLG Hamburg

LG Hamburg

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2004

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des [X.], [X.], vom 18. Dezember 2001 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 21. Dezember 2000 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert wegen des Verlustes seines bei den Beklagten versicherten Hochseekatamarans, der vor der Küste [X.] in [X.] geriet und sank, 1.850.000 US-Dollar. Die Beklagten lehnten mit Schreiben vom 22. Juni 1999 Versicherungsleistungen ab, weil der Klä-ger seine Rettungsobliegenheiten (§ 62 [X.]) verletzt habe, und wiesen gemäß § 12 Abs. 3 [X.] darauf hin, daß sie von der Verpflichtung zur - 3 -

Leistung frei würden, wenn der Kläger den Anspruch nicht innerhalb von 6 Monaten gerichtlich geltend mache. Dieses Schreiben ging dem vor-prozessualen Vertreter des [X.] noch am 22. Juni 1999 per Telefax und am 23. Juni 1999 mit der Post zu.

Am 15. Dezember 1999 ging die Klage beim [X.] ein. We-der das Original noch die Abschriften waren unterschrieben. Nachdem der Klägervertreter darauf hingewiesen worden war, holte er die [X.] am 7. Januar 2000 nach. Bereits am 23. Dezember 1999 wurde bei der [X.] der Eingang des [X.] unter Angabe der Parteien sowie des Aktenzeichens gebucht; als Einzahler ist der damalige Prozeßbevollmächtigte des [X.] angegeben. Nach Klä-rung der Kammerzuständigkeit wurde die Klage am 8. Februar 2000 den Beklagten zugestellt. Diese rügen, die Frist des § 12 Abs. 3 [X.] sei nicht gewahrt.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.

1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts lief die Sechsmonatsfrist des § 12 Abs. 3 [X.] am 23. Dezember 1999 ab; die Übermittlung durch Fax am 22. Juni 1999 habe die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform nicht gewahrt. Da die Klage im Anwaltsprozeß abweichend von der [X.] 4 -

vorschrift des § 130 Nr. 6 ZPO unterschrieben sein müsse, sei die [X.] der nicht unterschriebenen Klage als unwirksame Prozeßhand-lung anzusehen. Durch das Nachholen der Unterschrift am 7. Januar 2000 sei dieser Mangel zwar geheilt worden. Wenn eine Klage aber wie hier innerhalb einer gesetzlichen Ausschlußfrist zu erheben sei, werde die Prozeßhandlung erst vom Zeitpunkt der Behebung des Mangels an wirksam. Auch die Frist des § 12 Abs. 3 [X.] sei eine solche gesetzliche Ausschlußfrist. Sie sei bereits verstrichen gewesen, als der Klägervertre-ter am 7. Januar 2000 die Unterschrift nachgeholt habe.

Jedoch sei in der Rechtsprechung anerkannt, daß die [X.] des postulationsfähigen Rechtsanwalts für eine Klage auch in an-derer Weise als durch das Nachholen einer versäumten Unterschrift festgestellt werden könne. Ausschlaggebend sei, ob und von welchem Zeitpunkt an kein vernünftiger Zweifel mehr darüber habe bestehen [X.], daß die Klage nicht etwa versehentlich, sondern mit Wissen und Wollen des Anwalts dem Gericht zugeleitet worden war, dieser also die Verantwortung für die Klageschrift übernommen hatte. Dies komme etwa in Betracht, wenn der Anwalt mit der nicht unterschriebenen Urschrift gleichzeitig eine Abschrift mit unterschriebenem Beglaubigungsvermerk einreiche oder unter Angabe des Aktenzeichens und genauer [X.] der Rechtssache beim Gericht anfrage, wann die Klage zugestellt worden sei ([X.]Z 92, 251, 256). Im vorliegenden Fall sei die Buchung des [X.] am letzten [X.] ein eindeutiges Indiz dafür, daß die Klageschrift mit Wissen und Wollen des erstinstanz-lichen Prozeßbevollmächtigten an das Gericht gelangt sei. Daß diese Bestätigung einem Organ der Exekutive, nämlich der [X.], zuge-- 5 -

gangen sei und nicht dem Gericht, sei nicht entscheidend. Damit sei die Frist des § 12 Abs. 3 [X.] gewahrt worden.

Die Klage sei im übrigen begründet, weil die Beklagten eine [X.] nicht nachgewiesen hätten.

2. Gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Frist des § 12 Abs. 3 [X.] habe hier durch die Einzahlung des [X.] gewahrt werden können, wendet sich die Revision mit Recht.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegan-gen, daß die Klageschrift als bestimmender Schriftsatz im Anwaltsprozeß grundsätzlich keine wirksame Prozeßhandlung darstellt, solange sie nicht von dem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterschrieben worden ist (§§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 6 ZPO; vgl. [X.]Z 92, 251, 254; 101, 134, 137 f.; 111, 339, 342). Die Beklagte hat sich hier auf diesen Mangel auch berufen. Der Mangel kann zwar geheilt werden, die unwirksame Prozeß-handlung wird aber erst von ihrer Heilung an wirksam; eine abgelaufene Frist kann mithin durch die Heilung nicht mehr gewahrt werden (vgl. [X.]Z 111, 339, 343 f.; 90, 249, 253; [X.], Beschluß vom 6. Dezember 1979 - [X.] - [X.], 331 unter 1 c; [X.]/[X.], ZPO 24. Aufl., § 253 Rdn. 22; Musielak/Foerste, ZPO 3. Aufl. § 253 Rdn. 10; [X.], 2. Aufl. § 253 Rdn. 165; [X.], ZPO 21. Aufl. § 129 Rdn. 29). Das gilt auch für die materiell-rechtliche Ausschlußfrist des § 12 Abs. 3 [X.] (zu deren Zweck und Besonderhei-ten vgl. näher [X.], Urteil vom 27. November 1958 - [X.]/57 - NJW 1959, 241; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl., § 12 Rdn. 32 - 6 -

m.w.N.). Das hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen (ebenso [X.], 1361 f.).

b) Richtig ist ferner, daß der Mangel der fehlenden Unterschrift des Anwalts nicht nur durch deren Nachholung, sondern auch dadurch beho-ben werden kann, daß sich auf andere, jeden vernünftigen Zweifel aus-schließende Weise feststellen läßt, der nicht unterschriebene Schriftsatz sei nicht etwa ein Entwurf, sondern von dem postulationsfähigen Anwalt verantwortet und mit seinem Wissen und Wollen als Klageschrift dem Gericht eingereicht worden ([X.]Z 92, 251, 256; zu [X.] vgl. [X.]Z 101, 134, 138). Mit Recht macht die Revision aber geltend, daß die Einzahlung des [X.], selbst wenn sie wie hier unter genauer Angabe der Rechtssache und ihres Aktenzeichens erfolgt ist, für eine derartige Feststellung nicht ausreicht. Daraus läßt sich zwar entnehmen, daß der Einzahler vom Eingang einer Klage in dieser Sache ausgegangen ist, die vom Gericht zugestellt werden sollte. Ob der [X.] vom postulationsfähigen Anwalt selbst oder etwa von seinem Büro in seinem Namen eingezahlt worden ist, bleibt dagegen offen. Es fehlt ferner jeder Anhaltspunkt in der Buchungsanzeige der [X.] dafür, daß es sich bei dem zuzustellenden Schriftsatz gerade um die am 15. Dezember 1999 beim [X.] eingegangene, nicht unterschrie-bene Klageschrift handeln sollte. Einen solchen Anhaltspunkt hat auch das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die [X.] er-weist sich danach jedenfalls im vorliegenden Fall als ungeeignet, die Übernahme der Verantwortung des erstinstanzlichen Prozeßbevollmäch-tigten für den Inhalt des am 15. Dezember 1999 eingegangenen Schrift-satzes als der zuzustellenden Klage nachzuweisen. Insofern unterschei-det sich dieser Fall wesentlich von einer Anfrage des Anwalts an das Ge-- 7 -

richt, wann die Zustellung bestimmter, von dem nachfragenden Anwalt und dem Auskunft gebenden Gericht in Bezug genommener Schriftsätze, die zwar nicht unterschrieben, vom Gericht aber gleichwohl bereits zuge-stellt worden waren, erfolgt sei (vgl. den der Entscheidung [X.]Z 92, 251, 252, 256 zugrunde liegenden Sachverhalt).

Soweit die Revisionserwiderung meint, aus der Angabe des Akten-zeichens auf dem Einzahlungsbeleg sei zu schließen, daß der Prozeß-bevollmächtigte des [X.] vor Zahlung der Gerichtskosten nach dem Aktenzeichen für den am 15. Dezember 1999 beim [X.] einge-gangenen Schriftsatz nachgefragt habe, stellt das Berufungsgericht fest, für eine Anfrage vor Fristablauf finde sich in der Akte kein Anhaltspunkt; vielmehr sei erst unter dem 29. Dezember 1999, also nach Fristablauf, vermerkt worden, daß dem Kläger das neue Aktenzeichen der zuständi-gen Zivilkammer mitgeteilt worden sei. Der Frage nach dem [X.] einer bestimmten Rechtssache ist für sich genommen jedenfalls keine Bezugnahme auf einen bestimmten Schriftsatz zu entnehmen, also hier etwa auf die am 15. Dezember 1999 eingegangene, nicht unter-schriebene Klageschrift. Daß der Prozeßbevollmächtigte des [X.] selbst beim Gericht rechtzeitig und insbesondere in einer Weise [X.] habe, die sich auf die am 15. Dezember 1999 eingegangene [X.] bezog, ist weder dargetan noch ersichtlich.

c) Mithin ist die Frist des § 12 Abs. 3 [X.] hier nicht eingehalten worden. Daß sich die Beklagten darauf berufen, ist nicht treuwidrig, auch wenn sie außergerichtlich über die Absicht des [X.], seinen Anspruch gerichtlich geltend zu machen, unterrichtet gewesen sein mögen und ih-nen die Klage, deren Zustellung sich infolge des Streits über die zustän-- 8 -

dige Zivilkammer verzögert hat, nicht später zugestellt worden sein dürf-te, als wenn sie schon bei Einreichung unterschrieben gewesen wäre. Das rechtfertigt es jedoch nicht, sich über die vom Gesetz geforderte ge-richtliche Geltendmachung des Anspruchs, die bei einer Klage eine frist-gerecht bei Gericht eingereichte ordnungsgemäße Klageschrift voraus-setzt, hinwegzusetzen ([X.], 1361, 1362).

Die Klage war danach ohne Rücksicht darauf abzuweisen, ob die Beklagten die geforderte Leistung aus anderen Gründen hätten ablehnen können.

Terno [X.] [X.]

Dr. [X.]

[X.]

Meta

IV ZR 458/02

03.03.2004

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2004, Az. IV ZR 458/02 (REWIS RS 2004, 4316)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4316

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

20 U 125/00 (Oberlandesgericht Hamm)


VI ZR 335/04 (Bundesgerichtshof)


III ZB 22/06 (Bundesgerichtshof)


III ZR 200/15 (Bundesgerichtshof)

Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen: Wahrung der Klagefrist; Anforderungen an die Klageschrift bei Bezugnahme auf andere Schriftstücke …


VII ZR 185/07 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.