Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.05.2014, Az. 3 StR 134/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 5881

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Gegenstand

Versuch der Körperverletzung: Freiwilligkeit des Rücktritts vom unbeendeten Versuch; Erreichen eines außertatbestandlichen Ziels


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. Dezember 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem sich aus der [X.] ergebenden Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 [X.].

2

Der Schuldspruch wegen schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

3

1. Nach den Feststellungen des [X.]s betrat der mit einer Sturmhaube maskierte Angeklagte durch eine offen stehende Terrassentür die Wohnung der Geschädigten. In der einen Hosentasche trug er griffbereit ein Pfefferspray, in der anderen einen Elektroschocker bei sich. Diese Gegenstände wollte er erforderlichenfalls einsetzen, um etwaigen Widerstand gegen die geplante Wegnahme von Geld aus der Wohnung zu brechen. Als die Geschädigte den Angeklagten bemerkte, drückte er ihr mit dem Elektroschocker mehrmals auf den Arm und versuchte, einen Stromschlag auszulösen. Dies scheiterte jedoch, weil der Sicherungsstift nicht eingeführt war, den der Angeklagte möglicherweise gar nicht bei sich hatte. Die Geschädigte fürchtete dennoch weitere körperliche Übergriffe und wies den Angeklagten deshalb auf Geld in ihrer Handtasche hin, in der er einen Umschlag mit 1.000 € und ein Portemonnaie mit 285 € fand, die er an sich nahm. Zudem öffnete die Geschädigte auf Aufforderung des Angeklagten [X.], dem er weitere 900 € entnahm.

4

2. Danach kann die Verurteilung wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung keinen Bestand haben; denn das [X.] hat nicht erörtert, ob der Angeklagte vom unbeendeten Versuch der gefährlichen Körperverletzung zurückgetreten ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB). Dies ist rechtsfehlerhaft, weil die Feststellungen den von der [X.] angenommenen Fehlschlag des Versuchs nicht tragen, so dass die Frage eines freiwilligen Rücktritts der Prüfung bedurft hätte.

5

Dem Angeklagten war es aus technischen Gründen nicht gelungen, einen Stromstoß auszulösen. Damit hatte er ersichtlich noch nicht alles getan, um den Körperverletzungserfolg herbeizuführen. Den Urteilsgründen lassen sich keine Umstände entnehmen, die ihn daran gehindert haben konnten, mit dem griffbereit zur Verfügung stehenden und von ihm von vornherein zum Einsatz vorgesehenen Pfefferspray weitere körperliche Angriffe gegen die Geschädigte zu führen; ein Fehlschlag des [X.] ist daher nicht belegt (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Mai 1993 - [X.], [X.]St 39, 221, 228; Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 [X.], [X.], 156, 157 f.). Ebenso wenig verhält sich das Urteil zu der Frage, ob der Angeklagte nur unfreiwillig davon absah, die Geschädigte doch noch körperlich zu verletzen. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er sich aufgrund äußerer Zwänge oder psychischer Hemmungen nicht mehr in der Lage gesehen hätte, die Geschädigte nunmehr unter Einsatz des Pfeffersprays anzugreifen. Dass der Angeklagte möglicherweise deshalb von weiteren Einwirkungen auf die Geschädigte absah, weil diese bereits aufgrund des folgenlosen Einsatzes des Elektroschockers um Leib und Leben fürchtete und sich zur Duldung der Wegnahme des Geldes veranlasst sah, schließt einen Rücktritt vom unbeendeten Versuch nicht aus; denn dem steht nicht entgegen, dass der Angeklagte sein mit der Verwendung des Elektroschockers verfolgtes außertatbestandliches Ziel, an das Geld der Geschädigten zu gelangen, erreicht hatte ([X.], Beschluss vom 19. Mai 1993 - [X.], [X.]St 39, 221; Beschluss vom 20. September 2012 - 3 [X.], [X.], 105).

6

Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung lässt auch die - von diesem Rechtsfehler nicht betroffene - Verurteilung wegen des [X.] dazu begangenen schweren Raubes entfallen ([X.], [X.], 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Der Wegfall der für diese Tat verhängten [X.] entzieht auch dem [X.] die Grundlage.

[X.]     

     

Pfister     

     

Ri[X.] Dr. Schäfer befindet sich
im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.

     

     

     

     

[X.]

     

Gericke     

     

Spaniol     

     

Meta

3 StR 134/14

06.05.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kleve, 11. Dezember 2013, Az: 110 KLs 34/13

§ 24 Abs 1 StGB, § 224 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.05.2014, Az. 3 StR 134/14 (REWIS RS 2014, 5881)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5881

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