Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2018, Az. IX ZB 43/17

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 7833

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:140618BIXZB43.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX [X.]/17
vom

14. Juni 2018

in dem Restschuldbefreiungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 4, 287; ZPO § 269 Abs. 1
Hat ein Gläubiger in dem gemäß § 300 Abs. 1 [X.] aF zur Anhörung anberaumten Termin oder innerhalb der stattdessen gesetzten Erklärungsfrist einen zulässigen [X.] gestellt, kann der Schuldner seinen Antrag auf Restschuldbefrei-ung auch dann nur noch mit Zustimmung dieses Gläubigers zurücknehmen, wenn die Sache entscheidungsreif ist, keine weiteren Erklärungen der Beteiligten ausste-hen und lediglich noch eine Entscheidung des Insolvenzgerichts zu treffen ist.

[X.], Beschluss vom 14. Juni 2018 -
IX [X.]/17 -
LG [X.]

[X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.] [X.], Dr.
Schoppmeyer und Meyberg

am 14. Juni 2018
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 9.
August 2017 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf fest-gesetzt.

Gründe:

I.

Am 27.
März 2009 beantragte der Schuldner die Eröffnung eines [X.] über sein Vermögen und die Erteilung der Restschuld-befreiung. Das Insolvenzverfahren wurde am 31.
März 2009 eröffnet und am 24.
Februar 2011 aufgehoben. Innerhalb der mit Beschluss vom 17.
Mai 2015
gesetzten Frist, Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung im
schriftlichen Verfahren zu stellen, beantragten zwei Gläubiger
unter Vorlage schriftlicher Un-terlagen, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, weil er einen am 12.
Dezember 2014 erhaltenen
Gehaltszufluss in Höhe von 12.500

verheimlicht 1
-

3

-
habe. Der nunmehr anwaltlich vertretene Schuldner bat zunächst um Verlänge-rung der ihm gesetzten Frist zur Stellungnahme. Am 3.
Juni 2015
nahm er seinen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung zurück, ohne sich zum geltend ge-machten Versagungsgrund zu äußern. Die den [X.] stellenden Gläubiger stimmten der Rücknahme nicht zu. Mit Beschluss vom 21.
Januar 2016 versagte das Insolvenzgericht die Erteilung der Restschuldbefreiung.

Das Beschwerdegericht wies die hiergegen gerichtete sofortige Be-schwerde des Schuldners mit Beschluss vom 9.
August 2017 unter der ergän-zenden Feststellung
zurück, dass die Rücknahme des Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung unzulässig sei. Mit der vom Beschwerdegericht zugelasse-nen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Ziel weiter, die Aufhebung des Beschlusses vom 21.
Januar 2016 und die Zurückweisung der Versagungs-anträge
zu erreichen.

II.

Auf den Streitfall finden die Vorschriften der [X.] in der bis zum 1. Juli 2014 geltenden Fassung Anwendung, weil das Insolvenzverfahren vor diesem Zeitpunkt beantragt worden ist (Art.
103h Satz 1 EG[X.]).

III.

Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer unbeschränkten Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß §
574 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 ZPO, §§
4, 6,
2
3
4
-

4

-
300 Abs.
3 Satz
2 [X.] statthaft
und auch im Übrigen zulässig (§
575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Ein Schuldner sei zwar grund-sätzlich gemäß §
4 [X.], §
269 Abs. 1 ZPO befugt, vor einer endgültigen Ent-scheidung des Insolvenzgerichts über die Restschuldbefreiung seinen [X.] Antrag zurückzunehmen. Allerdings sei ihm die Rücknahme verwehrt, sobald ein begründeter
Antrag zur Versagung der Restschuldbefreiung bei [X.] eingegangen sei. Es könne nichts anderes als in dem vom [X.] bereits entschiedenen Fall (Beschluss vom 22.
September 2016 -
IX
ZB 50/15, [X.], 2315) gelten. Auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung selbst könne nicht abgestellt werden, wenn der Gläubiger einen nach Aktenlage berechtigten [X.] stelle, über den lediglich noch zu entscheiden sei. Denn es sei oft nicht klar, wann es nach Ablauf etwaiger Stellungnahmefris-ten zur Entscheidung komme. Auch hier sei entsprechend §
269 ZPO die Dispo-sitionsfreiheit des Schuldners gegen das Interesse des den [X.] stellenden Gläubigers an einer Entscheidung über die Versagung abzuwägen. Gegen den Schuldner spreche im Streitfall, dass er offensichtlich treuwidrig die Zahlung
der fünfstelligen Summe verschwiegen habe, um diese dem [X.] zu entziehen. Diesen vom Gläubiger geltend gemachten [X.] habe der Schuldner nicht angegriffen. Deshalb könne die Rücknahme [X.] nur dem Zweck dienen, die negativen Folgen einer Versagung der Restschuldbefreiung nicht eintreten zu lassen.

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Das Insolvenzge-richt hat zu Recht gemäß §
300 Abs. 2, §
296 Abs. 1, §
295 Abs. 1 Nr. 3 [X.] die Restschuldbefreiung versagt. Die vom Schuldner ohne Einwilligung der beiden [X.]steller erklärte Rücknahme seines Antrags auf Restschuldbe-5
6
-

5

-
freiung war unzulässig. Hierüber konnte das Beschwerdegericht durch Beschluss entscheiden.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann
der Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung in entsprechender Anwendung des §
269 Abs.
1 ZPO jedenfalls dann nicht mehr ohne Einwilligung zurücknehmen, wenn er die Rück-nahme
erklärt, nachdem ein Insolvenzgläubiger gemäß §
289 Abs.
1, §
290 [X.] im Schlusstermin oder innerhalb der vom Insolvenzgericht im schriftlichen Ver-fahren für die [X.]stellung gesetzten Frist einen zulässigen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt und das Insolvenzgericht dem Schuldner hierauf die Restschuldbefreiung versagt hat ([X.], Beschluss vom 22.
September 2016 -
IX
ZB 50/15, [X.], 2315 Rn.
10 ff). Spätestens ab diesem Zeitpunkt haben die Gläubiger einen Anspruch darauf,
dass sich der Schuldner, dessen Unredlichkeit mit der
abschlägigen Entscheidung festgestellt ist, nicht dem Verfahren entzieht
und die Ergebnisse der Anhörung zu seinem Restschuldbefreiungsantrag
durch dessen Rücknahme zunichtemacht. Spätes-tens ab der Entscheidung über den [X.] überwiegt
ihr Interesse an der Versagung das Interesse des Schuldners, über seinen Antrag frei disponie-ren zu können
([X.], aaO Rn. 12 [X.]). Anderenfalls erhielte der Schuldner die Möglichkeit, einer sachlich berechtigten Versagung nachträglich den Boden zu entziehen ([X.], aaO Rn. 13 [X.]). Zudem besteht
ein schutzwürdiger Anspruch der Gläubiger
darauf, dass es bei einer sachlich berechtigten Versagung der Restschuldbefreiung bleibt, weil
diese eine [X.] nach sich zieht
(vgl. [X.], aaO Rn.
14). Steht
die Wirksamkeit der Rücknahme im Streit, kann
hier-über durch Beschluss entschieden werden ([X.], aaO Rn. 6 mwN).

b) Im Streitfall hatte das Insolvenzgericht zwar noch nicht über den [X.] entschieden, als der Schuldner die Rücknahme seines Antrags auf 7
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-

6

-
Restschuldbefreiung erklärte. Das Beschwerdegericht hat aber mit Recht ausge-führt, dass die Gründe der Senatsentscheidung dann
in gleicher Weise gelten, wenn die Restschuldbefreiung aufgrund des von einem Gläubiger in dem gemäß §
300 Abs. 1 [X.] zur Anhörung anberaumten Termin oder innerhalb der [X.] gesetzten Erklärungsfrist gestellten zulässigen [X.]s nach §
296 Abs.
1, §
295 Abs.
1 [X.] zu versagen ist und nur noch eine [X.] Entscheidung des Insolvenzgerichts aussteht.
Auch in diesem Fall überwiegt
das Interesse des
Gläubigers
an einer gerichtlichen Entscheidung über seinen [X.]. Ist -
wie
im Streitfall
-
eine Restschuldbefreiung gemäß §
300 Abs.
2, §
296 Abs.
1, §
295 Abs.
1 Nr. 3 [X.]
zu versagen, ist der
Schuldner nach §
290 Abs.
1 Nr. 3 [X.] für eine Dauer von zehn
Jahren und nach §
287a Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 [X.] in der ab dem 1.
Juli 2014 geltenden Fassung für die Dauer von drei
Jahren an der erneuten Stellung eines Restschuldbefreiungsan-trags gehindert. Dieses auf eine sachliche Entscheidung gerichtete Interesse des Gläubigers
ist rechtlich geschützt, weil die Restschuldbefreiung nach dem Willen des Gesetzgebers nur dem sich redlich und gläubigerfreundlich verhaltenden
Schuldner zuteilwerden und auf Antrag eines Gläubigers unter anderem dann ausgeschlossen sein soll, wenn dem Schuldner bis zum Ablauf der Wohlverhal-tensperiode oder im Anhörungstermin zur Restschuldbefreiung ein illoyales [X.] zur Last fällt (BT-Drucks. 12/2443, S. 100 f
und
188). Demgegenüber ist
das Interesse des Schuldners
nachrangig, der zu erwartenden Sanktion durch eine [X.] die Grundlage zu entziehen
und das im ersten Durch-gang für ihn absehbar negativ verlaufende Verfahren anschließend unmittelbar wiederholen zu können (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
September 2016, aaO Rn.
14 [X.]).

Ob das Interesse der Gläubiger dasjenige des Schuldners überwiegt, hängt -
wie die entsprechend anzuwendende Regelung des §
269
Abs.
1 ZPO 9
-

7

-
zeigt
-
nicht davon ab, ob eine gerichtliche
Entscheidung
über den Versagungs-antrag
im Zeitpunkt der Erklärung der [X.] bereits ergangen ist. Das [X.] kann auch vor diesem Zeitpunkt als nachrangig zu [X.] sein, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 22.
September 2016 (aaO Rn. 12) angedeutet hat. Es bedarf auch vorliegend keiner abschließenden Entscheidung darüber, welches prozessuale Verhalten im Restschuldbefreiungs-verfahren einem Beginn der mündlichen Verhandlung im Sinne von §
269 Abs.1 ZPO gleichgestellt werden kann. Denn dies ist jedenfalls zu bejahen, wenn über den [X.] -
wie vorliegend
-
ohne weiteres entschieden werden kann. Im Streitfall waren weitere Ermittlungen über das tatsächliche Vorliegen des geltend gemachten [X.] nicht veranlasst. Der Schuldner [X.] die maßgeblichen Tatsachen nicht bestritten. Der Zeitpunkt der demnach zu

-

8

-
erwartenden gerichtlichen Entscheidung ist von den Verfahrensbeteiligten hinge-gen nicht beeinflussbar und zufällig.

Kayser
[X.]
Pape

Schoppmeyer
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.01.2016 -
IK 275/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 09.08.2017 -
33 [X.] -

Meta

IX ZB 43/17

14.06.2018

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2018, Az. IX ZB 43/17 (REWIS RS 2018, 7833)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7833

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