Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2004, Az. I ZR 14/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1387

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Entscheidungstext


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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 30. September 2004 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Streßtest UWG § 6 Abs. 2 Nr. 2

Eigenschaften einer Sache, die sich bei außerhalb der regelmäßigen oder der empfohlenen Betriebsbedingungen vorgenommenen Tests zeigen, sind rele-vant i.S. des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, soweit es für den angesprochenen Verkehr von Bedeutung ist zu wissen, inwieweit die Sache auch außerhalb der regel-mäßigen oder der empfohlenen Betriebsbedingungen verwendet werden kann, oder soweit der Verkehr hieraus Rückschlüsse auf die Tauglichkeit der Sache unter normalen oder den empfohlenen Betriebsbedingungen ziehen kann.

UWG § 5 Abs. 3

Bei einem Vergleichstest unter extremen Bedingungen liegt erfahrungsgemäß die Gefahr einer Irreführung über die Eigenschaften der verglichenen Waren bei normaler oder empfohlener Nutzung nicht fern.

[X.], [X.]. v. 30. September 2004 - [X.] - [X.]

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 30. September 2004 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 17. Oktober 2001 aufgeho-ben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien stehen beim Vertrieb sogenannter [X.] in Wettbewerb. [X.] werden in der Chromatographie, einem Trennverfahren für chemische Stoffgemische zum Zwecke der Analyse und der Gewinnung chemischer Stoffe, insbesondere von [X.], [X.]. - 3 -
In dem Anfang 1999 erschienenen Katalog "[X.]

" der [X.] waren zwei im nachstehend wiedergegebenen Klageantrag darge-stellte Diagramme abgebildet, die jeweils die Ergebnisse von Stabilitätstests mit verschiedenen [X.] darstellten; darunter befanden sich auch von den Parteien vertriebene [X.]. Das erste Diagramm zeigte die Stabilität der Säulen gegenüber einer auf 70° C erhitzten und mit einem ph-Wert von 1,3 stark sauren Lösung (im folgenden: [X.]). In diesem Diagramm [X.] unter anderem die Testergebnisse für die von der Klägerin vertriebene Säu-le " " und die von der [X.] vertriebenen Säulen "

" und " " dargestellt. Das zweite Diagramm zeig- te die Stabilität der Säulen gegenüber einer mit einem ph-Wert von 11,3 stark basischen Lösung bei 30° C (im folgenden: [X.]). Dieses Diagramm enthielt unter anderem die Testergebnisse für die von der Klägerin vertriebene Säule " " und die von der [X.] vertriebene Säule "

". Beide Grafiken wiesen für die von der Klägerin vertriebene [X.] schlechtere Testergebnisse aus als für die von der [X.] vertriebenen Säulen.
Die Klägerin sieht hierin eine unzulässige vergleichende Werbung. Sie behauptet, die von ihr vertriebene Säule sei nach ihrer Bedienungsanweisung nur für pH-Werte zwischen 1,5 und 9,5 vorgesehen. Die Beklagte wolle mit ihrer Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, daß sich die Säule der Klägerin im Normalbetrieb bei pH-Werten zwischen 1,5 und 9,5 ebenso verhal-te wie unter den extremen Testbedingungen. Die in dem ersten Diagramm dar-gestellten Testergebnisse ermöglichten zudem deshalb keine zuverlässige - 4 - Aussage über die Stabilität ihrer Säule, weil diese nicht auf eine Temperatur von 70° C ausgerichtet sei. Rückschlüsse von derartigen Streßtests auf [X.] - die übliche Betriebstemperatur liege bei 30° C - seien unzu-lässig. An einer Vergleichbarkeit fehle es insbesondere hinsichtlich der von der [X.] in den Vergleich der [X.] der Säulen einbezogenen Säule " " eines dritten Mitbewerbers, da diese Säule laut [X.] speziell für hohe Betriebstemperaturen und extreme Säurewerte aus-gelegt sei. Die Werbung sei zudem irreführend.
Die Klägerin hat beantragt,

der [X.] zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr die von ihr für den [X.] vertriebenen [X.] bei der Bewerbung mit Säulen von Mitbewerbern, insbesondere mit Säulen der Klägerin, zu vergleichen, wenn die Säulen der Mitbewerber und/oder der Klägerin für andere Einsatzzwecke und/oder mit unterschiedlichen Betriebsbedingungen konzipiert worden sind, ins-besondere die Säulen und

mit der Säule

zu vergleichen, wie dies - wie nachfolgend beschrieben - auf S. 122 des Katalogs "[X.] " geschieht: - 5 -

Des weiteren hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zur [X.] zu verurteilen sowie deren Verpflichtung festzustellen, der Klägerin [X.] zu leisten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, die Klä-gerin habe den Anwendungsbereich der von ihr vertriebenen Säule noch im Jahr 1999 mit pH-Werten zwischen 1,0 und 10 angegeben. Die für den Stabili-tätstest gewählte Temperatur von 70° C sei zwar nicht die Standardtemperatur, komme aber nicht selten vor. Jedenfalls sei die Stabilität der Säulen im Nor-- 6 - malbetrieb derjenigen im [X.] zumindest ähnlich. Vergleichstests un-ter Extrembedingungen und die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse seien in der Branche und darüber hinaus üblich; jeder sachkundige Interessent könne ihre Bedeutung richtig einschätzen.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben, soweit sich die Klageanträ-ge auf den die [X.] betreffenden Werbevergleich bezogen haben, und sie im übrigen abgewiesen.
Hiergegen haben beide Parteien im Umfang ihres Unterliegens Berufung eingelegt. Die Berufung der [X.] hatte nur hinsichtlich eines nicht in die Revisionsinstanz gelangten Teils des Auskunftsanspruchs Erfolg. Die Berufung der Klägerin führte mit Ausnahme des entsprechenden Teils des Auskunftsan-spruchs zum Erfolg der Klage auch hinsichtlich des die [X.] betref-fenden [X.].
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat in der Darstellung der Stabilität der Säulen in den beanstandeten Diagrammen eine unzulässige vergleichende Werbung ge-sehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: - 7 -
Hinsichtlich der in dem zweiten Diagramm dargestellten Stabilität der Säulen im extrem basischen Bereich könne dahinstehen, ob die Säulen der beiden Parteien dieselbe Zweckbestimmung hätten, die verglichenen Eigen-schaften nachprüfbar seien und der Werbevergleich irreführend sei. Die [X.] habe jedenfalls nicht relevante Eigenschaften der Säulen verglichen. Zwar sei die Stabilität der Säulen eine wesentliche Eigenschaft. Das Verhalten der unstreitig allenfalls für den pH-Wert 10 bestimmten Säule der Klägerin im extrem basischen Bereich (pH-Wert: 11,3) sei aber nicht relevant. Unerheblich sei, welche Rückschlüsse die Stabilität der Säule im [X.] auf ihre Stabilität im Normalbereich zulasse. Für solche Rückschlüsse bestehe keine Notwendigkeit, weil die Beklagte vergleichende Stabilitätsversuche (auch) im Normalbereich vornehmen könne.
Hinsichtlich der in dem ersten Diagramm dargestellten Stabilität der Säu-len im extrem sauren Bereich liege ebenfalls eine vergleichende Werbung mit nicht relevanten Eigenschaften vor. Dabei könne dahinstehen, ob der pH-Wert von 1,3 außerhalb des [X.] liege, für den die Säule der Klägerin nach der Bedienungsanleitung bestimmt sei. Jedenfalls sei die Stabilität der Säule der Klägerin bei einer erhöhten Betriebstemperatur von 70° C nicht rele-vant. Die Betriebstemperatur liege zumindest nach den tatsächlichen [X.] in der Praxis auch dann in aller Regel bei 30° C, wenn - wovon im [X.] auszugehen sei - in der Bedienungsanleitung eine bestimmte Betriebstem-peratur oder ein bestimmter Temperaturbereich nicht angegeben sei. Eine nur ausnahmsweise vorkommende Betriebstemperatur von 70° C wirke sich nega-tiv auf die Stabilität der Säule aus. Dies sei den mit dem Gebrauch der Säulen - 8 - befaßten Fachleuten bekannt und, da es spezielle, auf eine erhöhte Betriebs-temperatur ausgelegte Säulen gebe, auch vermeidbar.
I[X.] Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie füh-ren zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die von diesem bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, die Beklagte habe in unzulässiger Weise vergleichend geworben.
1. Die Beurteilung der Frage, ob das Verhalten der [X.] eine unzu-lässige vergleichende Werbung darstellt, ist, was den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch anbelangt, nach § 6 UWG in der Fassung vorzuneh-men, die diese Vorschrift durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ([X.]) mit Wirkung vom 8. Juli 2004 erhalten hat (vgl. [X.], [X.]. v. 2.10.2002 - [X.]/00, [X.], 444, 445 = [X.], 637 - "Ersetzt"; [X.] 158, 26, 31 - Genealogie der Düfte). Wer nach dieser Vorschrift unzulässig vergleichend wirbt, handelt wettbewerbsrechtlich unlauter i.S. von § 3 UWG und kann nach § 8 Abs. 1 UWG auf Unterlassung in [X.] genommen werden.
Hinsichtlich der auch für die [X.] vor dem 8. Juli 2004 geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gilt im Ergebnis nichts anderes. Für die [X.] vom 14. September 2000 bis zum 7. Juli 2004 beurteilt sich die Frage der Zulässigkeit vergleichender Werbung nach der - bis auf redaktionelle Änderungen inhaltsgleichen - Vorschrift des § 2 - 9 - UWG in der Fassung, die diese Vorschrift durch das Gesetz zur vergleichenden Werbung und zur Änderung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften vom 1. September 2000 ([X.] I S. 1374) mit Wirkung vom 14. September 2000 erhalten hatte (vgl. [X.] [X.], 444, 445 - "Ersetzt"; [X.] 158, 26, 31 - Genealogie der Düfte). Aber auch vor diesem [X.]punkt verstieß [X.] im Blick auf die umzusetzende Richtlinie 97/55/[X.] des [X.] und des Rates zur Änderung der Richtlinie 84/450/[X.] über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung (ABl. Nr. L 290 v. 23.10.1997, S. 18) nicht mehr grundsätzlich gegen § 1 UWG a.F., sondern war als zulässig anzusehen, sofern die unter Art. 3a Abs. 1 Buchst. a bis h der Richtlinie 97/55/[X.] genannten Voraussetzungen erfüllt [X.] (vgl. [X.] 158, 26, 31 - Genealogie der Düfte, m.w.[X.]). Diese Auslegung der Generalklausel des § 1 UWG a.F. im Lichte eines gewandelten [X.] ist somit für die rechtliche Beurteilung des Schadensersatzbegehrens und des darauf rückbezogenen Auskunftsanspruchs maßgebend (vgl. [X.] 138, 55, 64 - Testpreis-Angebot; [X.] [X.], 444, 445 - "Ersetzt"; [X.] 158, 26, 31 - Genealogie der Düfte).
2. Bei der mit der Klage beanstandeten Werbung handelt es sich um vergleichende Werbung i.S. des § 6 Abs. 1 UWG, weil mit ihr die von der Klä-gerin und weiteren Mitbewerbern der [X.] vertriebenen [X.] unmittelbar erkennbar gemacht werden. Vergleichende Werbung ist unlauter i.S. von § 3 UWG, wenn der angestellte Vergleich (zumindest) einer der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 UWG aufgeführten Fallgruppen unterfällt oder irreführend ist (§ 5 Abs. 3 UWG). Dies kann nach den vom Berufungsgericht bislang getroffe-nen Feststellungen nicht bejaht werden. - 10 -
a) Die getroffenen Feststellungen tragen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ein auf § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG gestütztes Verbot nicht.
aa) Nach der genannten Bestimmung ist vergleichende Werbung nur zu-lässig, wenn Eigenschaften miteinander verglichen werden, die für die betref-fenden Waren wesentlich, relevant, nachprüfbar und typisch sind. Die Frage, ob sich die Werbung auf eine Eigenschaft bezieht, die für die Ware die genannten, kumulativ zu fordernden Qualifikationen aufweist, ist dabei aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs zu beurteilen ([X.] 158, 26, 33 - Genealogie der Düfte, m.w.[X.]).
bb) Das Berufungsgericht hat - ohne dies näher auszuführen - zutreffend angenommen, daß es sich bei der in der beanstandeten Werbung verglichenen Stabilität der [X.] unter den dazu hergestellten Einsatzbedingungen um eine Eigenschaft i.S. des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG handelt.
Der Begriff der Eigenschaft i.S. des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist weit zu verstehen. Maßgebend ist, ob der angesprochene Verkehr aus der Angabe ei-ne nützliche Information für die Entscheidung erhalten kann, ob dem Erwerb der angebotenen Ware oder Dienstleistung nähergetreten werden soll ([X.] 158, 26, 33 f. - Genealogie der Düfte, m.w.[X.]). Das ist für die beiden im [X.] in Rede stehenden Stabilitätsvergleichsdiagramme zu bejahen. In den [X.] wird die Stabilität von [X.] mehrerer Hersteller unter ver-schiedenen Einsatzbedingungen miteinander verglichen. Diese Stabilität von [X.] unter verschiedenen Einsatzbedingungen ist für die mit dem - 11 - Werbevergleich angesprochenen Fachkreise von Interesse. Hierbei ist es uner-heblich, ob die den Stabilitätstests zugrunde gelegten Einsatzbedingungen sich in dem Rahmen halten, der nach der Bedienungsanweisung für die von der Klägerin vertriebene Säule vorgesehen ist, und ob insbesondere auch die für den [X.]stest gewählte Temperatur der Lösung üblich ist. Selbst wenn beides nicht der Fall sein sollte, könnte den Stabilitätstests nicht jeglicher Informationswert abgesprochen werden. Das folgt schon daraus, daß eine hohe Stabilität einer HPLC-Säule auch unter nicht vorgesehenen Extrembedingun-gen deren Einsatzmöglichkeiten erweitert.
[X.]) Nicht frei von [X.] ist dagegen die Annahme des [X.], die Beklagte habe nicht relevante Eigenschaften der [X.] miteinander verglichen.
(1) Eine beworbene Eigenschaft ist relevant, wenn sie den [X.] einer nicht völlig unerheblichen Zahl der angesprochenen [X.] zu beeinflussen vermag ([X.] 158, 26, 35 - Genealogie der Düfte, m.w.[X.]). Bei der hier streitigen Werbung gegenüber dem mit der Säulenchro-matographie befaßten Fachpublikum kommt es daher darauf an, ob die Stabili-tät der Säulen gegenüber einer auf 70° C erhitzten und mit einem pH-Wert von 1,3 stark sauren Lösung sowie gegenüber einer mit einem pH-Wert von 11,3 stark basischen Lösung bei 30° C eine Rolle spielen kann. Hierzu hat das [X.] - wie die Revision mit Recht rügt - keine tragfähigen Feststellun-gen getroffen. - 12 - (2) Die Revision wendet sich bezüglich des die [X.] betreffen-den Diagramms mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, eine Betriebstemperatur von 30° C ergebe sich als Regelfall aus den tatsächlichen Verhältnissen in der Praxis, wohingegen eine Betriebstemperatur von 70° C nur selten vorkomme. Der vom [X.] beauftragte Sachverständige Prof. Dr. S. hat im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zwar ausgeführt, als normale Betriebstemperatur könne in aller Regel 30° C angegeben werden, zugleich aber bestätigt, daß der Betrieb der Säulen bei höherer Temperatur durchaus praktiziert werde. Die Beklagte hat im übrigen in ihrer Berufungserwiderung vorgetragen und [X.] dafür angetreten, daß eine Temperatur von 70° C in der Praxis nicht selten [X.].
(3) Das Berufungsgericht hat im übrigen, ohne zu prüfen, ob dies auch der Sicht der mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreise entspricht, [X.] darauf abgestellt, ob die fraglichen beiden Stabilitätstests unter [X.] durchgeführt worden sind, unter denen [X.] regelmäßig einge-setzt werden und die auch den Vorgaben in der Bedienungsanweisung der von der Klägerin vertriebenen Säule entsprechen. Selbst wenn die gewählten ph-Werte und die Betriebstemperatur von 70° C bei dem [X.]stest nicht den Vorgaben in der Bedienungsanweisung der von der Klägerin vertriebenen Säule entsprochen haben, besagte dies noch nicht, daß die Stabilität einer HPLC-Säule unter solchen außerhalb der regelmäßigen oder der empfohlenen Betriebsbedingungen liegenden Umständen für den Kaufentschluß der ange-sprochenen Fachkreise ohne Belang sei. Eine Relevanz kommt vielmehr auch solchenfalls unter zwei Gesichtspunkten in Betracht: Zum einen könnte es für - 13 - den angesprochenen Verkehr von Bedeutung sein, inwieweit eine HPLC-Säule auch außerhalb der regelmäßigen oder der in der Bedienungsanweisung emp-fohlenen Betriebsbedingungen verwendet werden kann. Zum anderen könnte, selbst wenn dem nicht so wäre, das Stabilitätsverhalten von [X.] au-ßerhalb der regelmäßigen oder der in der Bedienungsanweisung empfohlenen Betriebsbedingungen insofern interessieren, als der angesprochene Verkehr hieraus Rückschlüsse auf die Stabilität der Säulen unter normalen und/oder in der Betriebsanweisung empfohlenen Bedingungen ziehen kann. Die Relevanz der verglichenen Eigenschaften läßt sich daher auch nicht mit der vom [X.] gegebenen Begründung verneinen, für solche Rückschlüsse be-stehe keine Notwendigkeit, weil die Beklagte vergleichende Stabilitätsversuche im Normalbereich vornehmen könne. Die Notwendigkeit des angestellten Ver-gleichs ist keine Voraussetzung für die Zulässigkeit der vergleichenden [X.].
[X.]) Nach den bislang getroffenen Feststellungen stellt sich die Bejahung eines auf § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG gestützten Verbots auch nicht deshalb als im Ergebnis richtig und die Revision daher gemäß § 563 ZPO a.F. als unbegrün-det dar, weil den verglichenen Eigenschaften die für einen zulässigen Werbe-vergleich auch erforderlichen Merkmale der Wesentlichkeit, Nachprüfbarkeit und Typizität ganz oder zumindest teilweise fehlten.
(1) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, ob es sich bei der Stabilität der Säulen gegenüber einer auf 70° C erhitzten und mit einem pH-Wert von 1,3 stark sauren Lösung sowie gegenüber einer mit einem pH-Wert von 11,3 stark basischen Lösung bei 30° C um we-- 14 - sentliche Eigenschaften von [X.] handelt. Es hat lediglich angenom-men, daß (allgemein) die Stabilität der Säulen eine wesentliche Eigenschaft sei. Das Berufungsgericht hat des weiteren - von seinem Standpunkt aus folgerich-tig - nicht mehr geprüft, ob die mit dem Werbevergleich der [X.] ange-sprochenen Eigenschaften typisch sind.
(a) Eine Eigenschaft ist wesentlich, wenn ihre Bedeutung für den jeweils angesprochenen Verkehr aus dessen Sicht im Hinblick auf die vorgesehene Verwendung des Produkts nicht völlig unerheblich ist ([X.] 158, 26, 35 - Genealogie der Düfte, m.w.[X.]). Sie ist zudem typisch, wenn sie die Eigenart der verglichenen Produkte aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den Bedarf oder die Zweckbestimmung prägt und damit reprä-sentativ oder aussagekräftig für deren Wert als Ganzes ist ([X.] 158, 26, 35 - Genealogie der Düfte, m.w.[X.]).
(b) Diese Voraussetzungen wären jedenfalls dann erfüllt, wenn die Einsatzbedingungen, unter denen die Stabilität der Säulen getestet worden ist, in der Praxis regelmäßig vorkämen und hinsichtlich der von der Klägerin ver-triebenen Säule den Vorgaben in deren Bedienungsanweisung entsprächen. Das hat das Berufungsgericht bislang allein hinsichtlich des Basenstabilitäts-tests verneint, nicht dagegen hinsichtlich des [X.]stests. Unabhängig davon aber handelte es sich bei der Stabilität der Säulen unter den bei den Tests gegebenen Einsatzbedingungen auch dann um eine wesentliche und typische Eigenschaft, wenn aus der Sicht der angesprochenen Fachkreise ein Bedarf für eine entsprechende Erweiterung des Betriebsbereichs der Säulen bestünde. Sollte ein solcher Bedarf zu verneinen sein, käme es schließlich - 15 - noch darauf an, ob das Stabilitätsverhalten der Säulen unter den gegebenen Einsatzbedingungen aus der Sicht der angesprochenen Fachkreise immerhin Rückschlüsse auf deren Stabilität unter den in der Bedienungsanweisung der Säule der Klägerin vorgegebenen regelmäßigen Einsatzbedingungen zuläßt.
(2) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus ebenfalls fol-gerichtig - ferner nicht mehr geprüft, ob die getesteten Eigenschaften nachprüf-bar sind.
Das Erfordernis der Nachprüfbarkeit bezweckt die Überprüfbarkeit des [X.] auf seine sachliche Berechtigung hin (vgl. [X.], [X.]. v. 23.4.1998 - I ZR 2/96, [X.], 69, 71 = [X.], 1065 - [X.]; [X.] 139, 378, 385 - Vergleichen Sie; [X.] in [X.]/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 6 UWG Rdn. 59). Hierfür ist es aber nicht erforderlich, daß der angesprochene Verkehr die in dem [X.] angeführten Eigenschaften selbst überprüfen kann; vielmehr reicht es aus, daß die bestimmte Eigenschaften vergleichende Werbeaussage zumin-dest einen Tatsachenkern aufweist, dessen Richtigkeit jedenfalls durch einen Sachverständigen überprüft werden kann ([X.] 158, 26, 34 - Genealogie der Düfte, m.w.[X.]). Daran dürften im Streitfall keine Zweifel bestehen.
b) Das Berufungsgericht hat es offengelassen, ob sich der Vergleich auf Waren für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG). Auch hier kann der Senat aufgrund des unstreitigen [X.] selbst feststellen, daß dies der Fall ist. Damit stellt sich das [X.]eil des - 16 - Berufungsgerichts auch nicht unter diesem Gesichtspunkt gemäß § 563 ZPO a.F. als im Ergebnis richtig dar.
aa) Der Wortlaut der in § 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG getroffenen Regelung, wonach es allein auf den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung an-kommt, sowie das anzuerkennende Informationsinteresse der Verbraucher sprechen dafür, die Zulässigkeit eines [X.] grundsätzlich auch bei solchen Produkten zu bejahen, die nur funktionsidentisch sind und aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher als Substitutionsprodukte in Betracht kommen (vgl. [X.] 139, 378, 383 - Vergleichen Sie; [X.] in [X.]/Hefermehl aaO § 6 Rdn. 48, jeweils m.w.[X.]).
bb) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die in den Vergleich einbezogenen [X.] haben dieselbe Funktion. Sie dienen der Tren-nung chemischer Stoffgemische zum Zwecke der Analyse und Gewinnung chemischer Stoffe, wobei sich ihr Einsatz auf die Säulenchromatographie be-schränkt. Die verglichenen Säulen sind daher aus der Sicht der mit dem [X.] angesprochenen Fachkreise auch austauschbar. Unerheblich ist dagegen, ob - wie die Klägerin behauptet hat - die für die durchgeführten [X.] gewählten Bedingungen nicht den für [X.] üblichen bzw. in der Bedienungsanweisung der von der Klägerin vertriebenen Säule vorgesehe-nen Bedingungen entsprochen haben. Dieser Umstand änderte nämlich nichts an der identischen Funktion der verglichenen Säulen sowie an deren [X.] und grundsätzlichen Vergleichbarkeit. Ein engeres Verständnis der Vergleichbarkeit ist auch nicht unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin geboten. Ihren Belangen wird durch die weiteren [X.] - dernisse der vergleichenden Werbung hinreichend Rechnung getragen (vgl. [X.] 139, 378, 383 f. - Vergleichen Sie).
II[X.] Danach konnte das angefochtene [X.]eil keinen Bestand haben und war deshalb aufzuheben. Die Sache war, da ihre abschließende Beurteilung weitergehende Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht erfordert zu anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Sollte das Berufungsgericht die in § 6 Abs. 2 UWG aufgestellten Voraus-setzungen für eine zulässige vergleichende Werbung nach erneuter Prüfung als erfüllt ansehen, wird es zu prüfen haben, ob der Werbevergleich nach §§ 3, 5 Abs. 1 bis 3 UWG irreführend und aus diesem Grund unlauter ist. Dabei ist hin-sichtlich der Form und des Inhalts des Vergleichs der gemeinschaftsrechtliche Irreführungsmaßstab zugrunde zu legen (vgl. [X.], [X.]. v. 8.4.2003 - Rs. [X.]/01, [X.]. 2003, [X.] Tz. 38-44 = [X.], 533 = [X.], 615 - [X.]/[X.]). Gerade bei einem Vergleichstest unter ex-tremen Bedingungen liegt die Gefahr einer Irreführung über die Eigenschaften der verglichenen Produkte im Normalbetrieb nicht fern. Nach dem sich aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ergebenden Sach- und Streitstand käme eine Irreführung dann in Betracht, wenn der Werbevergleich bei den angesproche-nen Fachkreisen den unzutreffenden Eindruck hervorriefe, die Säule der Kläge-rin verhalte sich unter den in ihrer Bedienungsanweisung vorgesehenen bzw. unter normalen Einsatzbedingungen ebenso wie unter den Bedingungen, die bei den in den beanstandeten [X.] dargestellten Tests vorge-legen haben. Eine Irreführung käme außerdem dann in Betracht, wenn bei an - 18 - [X.] durchgeführten Tests üblicherweise entweder die in den [X.] der getesteten Produkte vorgesehenen Einsatzbedingungen eingehalten werden oder ihre Überschreitung kenntlich gemacht wird und im Hinblick darauf maßgebliche Teile der mit der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Verkehrskreise aus dem Fehlen entsprechender Hinweise zu der unrichtigen Beurteilung gelangen können, daß bei den Tests an der Säule der Klägerin die entsprechenden Einsatzbedingungen beachtet wurden.

[X.]Büscher

Schaffert Bergmann

Meta

I ZR 14/02

30.09.2004

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2004, Az. I ZR 14/02 (REWIS RS 2004, 1387)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1387

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