Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2014, Az. I ZB 31/14

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1317

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
ZB
31/14

vom

17.
November 2014

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 3
Wendet sich der Rechtsmittelführer mit einer Gegenvorstellung gegen die Fest-setzung des Werts des [X.] durch das Berufungsgericht auf einen 600

Neubewertung der Beschwer rechtfertigen, muss die Entscheidung des [X.], mit der es die Berufung wegen Nichterreichens der Wertgrenze als unzulässig verwirft, nachvollziehbar erkennen lassen, warum es an seiner Bewertung festhält.
[X.], Beschluss vom 17. November 2014 -
I [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 17.
November 2014 durch [X.]
Dr.
Büscher,
die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Koch, Dr.
Löffler und die Richterin Dr.
Schwonke

beschlossen:

Dem [X.]n wird gegen die Versäumung der Frist zur [X.] und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den [X.] des -
richtig
-
21.
Zivilsenats des [X.] vom 25.
November
2013 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Auf die Rechtsbeschwerde des [X.]n wird der Beschluss des 21.
Zivilsenats des [X.] vom 25.
November 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Gegenstandswert beträgt bis zu 900

.

-
3
-
Gründe:

[X.] Die Klägerin betreibt einen Kunsthandel und eine
Galerie. Auch der [X.] betrieb einen Kunsthandel. Er war bis Ende 2008 unter anderem auf Kommissionsbasis für die Klägerin tätig. Die Klägerin hat behauptet, sie habe dem [X.]n zwischen Dezember 2006 und Ende 2008 die in der Klageschrift aufgelisteten acht Kunstwerke mit einem Gesamtwert von 38.470,24

h-men eines Kommissionsvertrags übergeben. Sie nimmt den [X.]n im Wege einer Stufenklage auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung in Anspruch.

Das [X.] hat den [X.]n durch Teilurteil vom 13.
Januar 2011 verurteilt, über die ihm von der Klägerin überlassenen Kommissionswaren ge-mäß den im [X.] aufgelisteten [X.] Auskunft zu ertei-len und nach Auskunftserteilung Rechnung zu legen.

Dagegen hat der [X.] mit der
Begründung Berufung eingelegt, be-reits am 25.
November 2010
sei
über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Berufungsgericht hat den Gegenstandswert für die Beru-fung mit Beschluss vom 9.
Februar 2011 auf 500

. Die vom [X.] dagegen erhobene Gegenvorstellung hat das Berufungsgericht mit [X.] vom 18.
Februar
2011 zurückgewiesen. Nachdem das [X.] über das Vermögen des [X.]n am 16.
Juli 2013 aufgehoben worden war, hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 25.
November 2013 die Beru-fung des [X.]n gegen das Teilurteil des [X.]s vom 13.
Januar 2011 als unzulässig verworfen, weil der Wert des [X.] 600

nicht übersteige und das [X.] die Berufung nicht zugelassen habe.

Innerhalb der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde hat der [X.] einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt. Der Senat hat ihm mit Beschluss 1
2
3
4
-
4
-
vom 3.
April 2014 für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe be-willigt. Der [X.] hat gegen die Verwerfung der Berufung Rechtsbeschwerde eingelegt und wegen der Versäumung der Frist zu deren Einlegung und Be-gründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

I[X.] Dem [X.]n ist Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren, weil er vor der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch den Senat ohne Verschulden ge-hindert war, diese Fristen einzuhalten (§
233 Satz
1 ZPO). Die Wiedereinset-zungsfristen nach §
234 ZPO sind gewahrt.

II[X.] [X.] ist zulässig und begründet und führt zur [X.] an das Berufungsgericht.

1. [X.] ist gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1,
§
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthaft
und auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von §
574 Abs.
2 Nr.
2 Fall
2 ZPO eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
erfordert. Der angegriffene, die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluss des Berufungsgerichts ver-letzt das Recht des [X.]n auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) und sein Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1, 19 Abs.
4 GG). Die vom Berufungsgericht gestellten Anforderun-gen
erschweren dem [X.]n den Zugang zu der an sich gegebenen Beru-fung in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise. Dies führt zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde
(vgl. [X.], [X.] vom 7.
November 2013
2
BvR
1895/11, juris Rn.
14
mwN; [X.], Beschluss vom 10.
Mai 2012
V
ZB
242/11, [X.], 796, 797; Beschluss vom 23.
Januar 2013
XII
ZB
167/11, [X.], 1117
Rn. 4; Beschluss vom 5
6
7
-
5
-
25.
September 2013 -
XII [X.], [X.], 1362
Rn. 4;
Beschluss vom 17.
Oktober 2013
V
ZB
28/13, juris Rn.
5).

2. [X.] ist auch begründet.

a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung des angefochtenen [X.] ausgeführt, das Vorbringen des [X.]n rechtfertige es nicht, die Beschwer für das Berufungsverfahren auf über 600

e-wertung des [X.] des zur Auskunftserteilung und Rechnungsle-gung Verurteilten sei der konkrete Aufwand an [X.] und Arbeit
entscheidend, den die sorgfältige Erteilung der Auskunft und Rechnungslegung erfordere. [X.] sei die Beschwer des [X.]n mit nicht mehr als 500

auch wenn davon ausgegangen werde, dass er aus gesundheitlichen Gründen zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung nicht ohne fremde Hilfe in der Lage sei. Selbst wenn sich seine Geschäftsunterlagen ungeordnet in mehreren Umzugskartons befänden, habe er nicht glaubhaft gemacht, dass
das Aussor-tieren der für die Auskunftserteilung und Rechnungslegung erforderlichen Un-terlagen und die geordnete Aufstellung von Einnahmen und Ausgaben zu den Kommissionswaren einen [X.]aufwand erforderten, der bei Hinzuziehung von Hilfspersonen einen Kostenaufwand von über 500

e. Es bestehe keine Notwendigkeit, hierfür einen Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer heran-zuziehen. Eine Aushilfskraft ohne hervorgehobene Qualifikationen sei zur Aus-führung dieser Arbeiten in der Lage.

b) Das Berufungsgericht ist im Ansatz
zutreffend von der ständigen
Rechtsprechung des [X.] ausgegangen, nach der sich der ge-mäß §§
2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzende Wert des [X.] im Fall der Einlegung der Berufung
der zur Auskunftserteilung verurteilten Person nach ihrem Interesse
bemisst, die Auskunft nicht erteilen zu 8
9
10
-
6
-
müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an [X.] und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte [X.] ein schützenswertes Interesse
daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem [X.] geheim zu
halten (vgl. nur [X.], Beschluss vom 24.
November 1994 -
GSZ 1/94, [X.]Z 128, 85, 87; Beschluss vom 10.
März 2010

IV
ZR
255/08, [X.], 891 Rn.
6; Beschluss vom 22.
März 2010
II
ZR
75/09, [X.], 998 Rn.
2; Beschluss vom 9.
November 2011
IV
ZB
23/10, [X.], 216 Rn.
13; Beschluss vom 9.
Februar 2012
III
ZB 55/11, [X.] 2012, 270 Rn.
7; Beschluss vom 13.
März 2014 -
I [X.], [X.], 908
Rn.
7 = NJW-RR 2014, 1210).

c) [X.] kann die Bemessung der Beschwer da-rauf überprüfen, ob das Berufungsgericht von dem ihm gemäß §
3 ZPO einge-räumten Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Die Bemessung der Beschwer ist rechtsfehlerhaft, wenn das Gericht bei der Bewertung des [X.] maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht [X.] oder erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungs-pflicht gemäß §
139 ZPO
nicht festgestellt hat ([X.], Beschluss vom 26.
Oktober 2011
XII
ZB 465/11,
NJW 2011, 3790 Rn.
17; [X.], [X.] 2012, 270 Rn.
8; [X.], [X.], 796 Rn.
8; [X.], Beschluss vom 24.
Juli 2012

II
ZB
18/11, juris Rn.
4). Ein solcher Fall liegt hier vor. Der angefochtene [X.] lässt nicht erkennen, auf welcher Tatsachengrundlage das Berufungs-gericht das ihm gemäß §
3 ZPO eingeräumte Ermessen bei der Ermittlung der Beschwer des [X.]n ausgeübt hat.

[X.]) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der [X.] in-folge seiner psychischen Erkrankung außer Stande ist, die ihm auferlegten Auskunfts-
und [X.] selbst zu erfüllen, so
dass er hierfür fremde Hilfe in Anspruch nehmen muss. Für die Ermittlung der Beschwer des 11
12
-
7
-
[X.]n ist deshalb darauf abzustellen, welche Kosten ihm durch die Inan-spruchnahme fremder Hilfe bei der Erfüllung der ihm auferlegten
Auskunfts-
und Rechnungslegungsverpflichtung entstehen.

bb) Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der [X.] keinen Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer einschalten muss,
um die Verpflichtung aus dem landgerichtlichen Urteil zu erfüllen.
Der [X.] war als Kommissionär der Klägerin tätig und hat
über die ihm anvertraute [X.] zu erteilen und Rechnung zu legen. Dies erfordert
nicht das Spezialwissen eines Rechtsanwalts oder Wirtschaftsprüfers. Vielmehr reicht die Einschaltung einer Person aus, die Erfahrung mit der Ausführung von [X.] hat.

[X.]) [X.] wendet sich jedoch mit Recht dagegen, dass das Berufungsgericht den
Wert der Beschwer des [X.]n mit nicht mehr als 500

Das Berufungsgericht hat die für die Wertbemessung erfor-derlichen Grundlagen nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, so dass sich diese nicht nachvollziehen lassen.

(1) Das Berufungsgericht
hat bei der Festsetzung des Streitwerts auf 500

mit Beschluss vom 9.
Februar 2011 darauf abgestellt, dass der [X.] die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung selbst und im laufenden [X.] erbringen kann. Die dagegen gerichtete Gegenvorstellung des [X.]n, mit der dieser auf seine psychische Erkrankung und das Erfordernis fremder Hilfe hingewiesen hat, hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 18.
Februar 2011 zurückgewiesen, ohne dabei nachvollziehbar zu begründen, warum dieser bei seinem Streitwertbeschluss vom 9.
Februar 2011 noch nicht bekannt gewesene Sachverhalt an der Streitwertfestsetzung nichts änderte. Das Berufungsgericht hat auch nach dem weiteren Vortrag des [X.]n
nach 13
14
15
-
8
-
Aufhebung des Insolvenzverfahrens über sein
Vermögen, seine Geschäftsun-terlagen befänden sich unsortiert in mehreren Umzugskartons, keine Veranlas-sung gesehen, seiner die Berufung verwerfenden Entscheidung einen
anderen [X.] als 500

(2) Für die Wertbemessung bei der Erfüllung einer Auskunftspflicht durch die verurteilte [X.] selbst sind die Vorschriften des Justizvergütungs-
und [X.] ([X.]) heranzuziehen ([X.], [X.], 891 Rn.
6; [X.], Beschluss vom 23.
März 2011 -
XII
ZB
436/10, [X.], 623 Rn.
10; Beschluss vom 27.
Februar 2013

IV
ZR
42/11, [X.] 2013, 154 Rn.
14; [X.] vom 29.
Juli 2014 -
IV
ZB
37/13, juris Rn.
6). Muss sich die [X.] bei der Auskunftserteilung und Rechnungslegung fremder Hilfe bedienen, ist dage-gen auf die Kosten abzustellen, die die Einschaltung einer Hilfsperson verur-sacht.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass die Eigenleistung des [X.]n bei laufendem Geschäftsbetrieb mit 500

können
angesichts der moderaten Vergütungssätze des [X.] noch als ange-messen angesehen werden. Es hätte jedoch einer nachvollziehbaren Berech-nung des erforderlichen Kostenaufwands
bedurft, den der [X.] zum [X.]-punkt der Einlegung der Berufung für die Auskunftserteilung und Rechnungsle-gung unter Inanspruchnahme fremder Hilfe gehabt hätte. Veranlassung hierzu bestand deshalb, weil der [X.] seine Geschäftstätigkeit eingestellt und
sich wegen seiner psychischen Erkrankung zumindest vorübergehend in stationärer oder
teilstationärer Behandlung befunden
hatte. Da das Berufungsgericht eine
solche Berechnung nicht angestellt
hat, ist die Bemessung des Werts des [X.] nach wie vor nur auf 500

Hinweis, die Festsetzung des Werts des [X.] entspreche
der Verfahrensweise des Berufungsgerichts in allen vergleichbaren Fällen, 16
17
-
9
-
reicht in Anbetracht der Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts nicht aus.

3. Danach ist der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts aufzu-heben und die Sache, die nicht zur Endentscheidung reif ist, an die Vorinstanz zurückzuverweisen

577 Abs.
4
Satz
1 ZPO).

Büscher Schaffert
Ri[X.] Dr. Koch

ist in Urlaub und

daher gehindert

zu unterschreiben.

Büscher

Löffler Schwonke

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.01.2011 -
14 O 620/10 -

O[X.], Entscheidung vom 25.11.2013 -
II-21 U 3/11 -

18

Meta

I ZB 31/14

17.11.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.11.2014, Az. I ZB 31/14 (REWIS RS 2014, 1317)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1317

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZB 31/14 (Bundesgerichtshof)

Berufungsverfahren gegen eine Verurteilung zur Auskunftserteilung: Notwendige Begründung eines Berufungsverwerfungsbeschlusses wegen Nichterreichens der Mindestbeschwer nach …


I ZA 8/15 (Bundesgerichtshof)


III ZB 70/17 (Bundesgerichtshof)

Fehlerhafte Verwerfung der Berufung wegen Nichterreichens der Berufungsbeschwer: Ermittlung der Beschwer bei Verurteilung zur Auskunftserteilung …


VIII ZB 83/20 (Bundesgerichtshof)

Bemessung der Berufungsbeschwer bei Verurteilung zur Erteilung einer neuen Heizkostenabrechnung


III ZB 70/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZB 31/14

XII ZB 200/13

I ZB 60/13

21 U 3/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.