Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2018, Az. III ZB 70/17

III. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 12624

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:080318BIIIZB70.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 70/17
vom

8. März
2018

in dem Rechtsstreit

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Der III. Zivilsenat des [X.] hat am 8. März
2018 durch [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterinnen
Dr. [X.] und Dr. Arend

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der [X.] zu 1 wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] in
[X.] vom 17. Mai 2017 -
2 U 8/16 -
aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt im Wege der Stufenklage von der [X.] zu 1 Rechnungslegung sowie nach Rechnungslegung von den [X.] zu 1 und 2 Zahlung eines noch zu beziffernden Schadensersatzes.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für die Organisation von Ge-schäftsreisen. Im Juni 2010 wurde sie damit beauftragt, für die [X.] und die [X.] für Mitarbeiter des N.

Rundfunks (N.

) möblierte Unterkünfte in [X.] zur Verfügung zu stellen. Die Einzelheiten regelte ein "Untermietvertrag"
zwischen der Klägerin und dem 1
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NDR. Die Bereitstellung der Unterkünfte delegierte die Klägerin mit einem wort-gleichen "Untermietvertrag" an die M.

GmbH, die mit Verwaltern und Eigentümern von Appartement-
und Hotelanlagen in [X.] die jeweiligen [X.] abschloss. Für die Bezahlung der aus den Abreden [X.] vereinbarte die Klägerin mit der [X.] zu
1, die unter anderem Rechts-, Wirtschafts-
und Steuerberatungsdienstleis-tungen erbringt, sowie mit dem N.

in einer "[X.]"
, dass der N.

die von ihm geschuldeten Mietzahlungen auf ein eigens dafür [X.] Konto der [X.] zu 1 leisten sollte. Der [X.] zu
1 oblag es dann, die Mieten bei Vorliegen näher bezeichneter Voraussetzungen
an die M.

GmbH weiterzuleiten.

Die Klägerin wirft der [X.] zu 1 vor, ihre Pflichten aus der [X.] verletzt und hierdurch einen Schaden verursacht zu haben, für den beide [X.] einzustehen hätten.

Das [X.] hat die Beklagte zu 1 durch Teilurteil verurteilt, "an die Klägerin unter Vorlage einer geordneten Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben eine Abrechnung über die von der [X.] im Rahmen der zwischen den [X.]en und dem N.

geschlossenen Treuhandvereinbarung vom 14./24.06.2010 und deren Änderungsvereinbarung vom [X.] in der [X.] vom 14.06.2010 bis 31.12.2012 getätig-ten Geschäfte Rechnung zu legen". Die gegen dieses Teilurteil eingelegte Beru-fung der [X.] zu 1 hat das Berufungsgericht gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche [X.] zu 1 mit ihrer Rechtsbeschwerde.

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II.

1.
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 statthafte sowie form-
und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbe-schwerde ist auch im Übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§
574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).

2.
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die angefochtene Entschei-dung des Berufungsgerichts verletzt die Beklagte zu 1 in ihren Verfahrens-grundrechten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip), welches den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in [X.], aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren.

a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist
das Interesse der [X.]. Zu berücksichtigen sei, dass die Beklagte zu 1 einen nicht unerheb-lichen Teil des mit der Rechnungslegung verbundenen [X.] (insbe-sondere das Heraussuchen von Einzelinformationen zu den einzelnen [X.]) ausweislich der bislang eingereichten Unterlagen bereits erbracht habe und sich die in eine erneute Rechnungslegung zu investierenden Bemühungen daher in erster Linie auf die Zusammenfassung der bereits [X.] Einzelinformationen in einer geordneten Übersicht beliefen. Da es bei der Rechnungslegung vorrangig um die Zusammenstellung von der EDV entnehmbaren Einzelpositionen und gegebenenfalls Belegen gehe, sei nicht ersichtlich, dass Fachkräfte wie Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater hinzuzu-5
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ziehen wären. Tatsächlich dürfte der noch zu investierende Aufwand der [X.] einer Bürofachkraft im Umfang von ein bis zwei Tagen entsprechen, was ache. Soweit sich die Beklagte zu 1 darauf berufe, sie habe selbst keine Mitarbeiter und müsse dementsprechend für die Zwecke der Auskunftserteilung externe Dienstleistun-gen einkaufen, sei sie auf ihren geschäftsführenden Komplementär, den [X.] zu 2, zu verweisen. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum die [X.] nicht von dem Komplementär allein vorgenommen werden kön-ne, zumal er nach eigenen Angaben nicht nur Rechtsanwalt, sondern auch Be-triebswirt sei und sich der Geschäftsgegenstand der [X.] zu 1 zudem
auf die Erbringung von [X.] beziehe, weswegen eine [X.] zu ihrer geschäftsmäßigen Routine gehören dürfte. Ein besonde-res, den Wert der Beschwer gegebenenfalls erhöhendes Geheimhaltungsinte-resse der [X.] zu 1 sei nicht ersichtlich.

b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Berufung der [X.] zu 1 wegen Un-terschreitung der Wertgrenze des § 511 Abs.
2 Nr. 1 ZPO als unzulässig ver-worfen.

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist, dass sich der Wert der Beschwer bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung nicht nach dem Wert des mit der Klage geltend gemachten Auskunftsanspruchs, sondern nach dem Interesse der verurteilten [X.], die Auskunft nicht erteilen zu müssen, bemisst. Dabei ist -
von dem hier nicht in Rede stehenden Fall eines besonderen Geheimhal-tungsinteresses abgesehen -
im Wesentlichen auf den Aufwand an [X.] und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der hiernach geschuldeten Auskunft erfordert (s. etwa Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2012 -
III ZB 55/11, [X.] 2012, 270 Rn. 7; vom 28. Januar 2016 -
III ZB 96/15, BeckRS 2016, 8
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03749 Rn. 5 und vom 27. Juli 2017 -
III ZB 37/16, NJW-RR 2017, 1407, 1408 Rn. 6, jeweils mwN; [X.], Beschlüsse vom 22. April 2009 -
XII ZB 49/07, [X.], 2218 Rn. 9; vom 14. Mai 2014 -
XII ZB 487/13, NJW-RR 2014, 1028, 1029 Rn. 6; vom 28. Februar 2017 -
I [X.], [X.], 185 Rn. 8 und vom 13.
Juli 2017 -
I [X.], BeckRS 2017, 130171 Rn. 11, jeweils mwN). Muss sich die [X.] bei der Auskunftserteilung fremder Hilfe bedienen, so ist auf die Kosten abzustellen, welche die Einschaltung der Hilfsperson ver-ursacht (s. etwa [X.], Beschlüsse vom 22. April 2009 aaO; vom 14. Mai 2014 aaO Rn. 14 und vom 28. Februar 2017 aaO [X.] Rn. 13 mwN). Diese Grundsätze gelten ebenso für den Fall der Verurteilung zur Rechnungslegung (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2012 aaO mwN).

bb) Die Bewertung des Berufungsgerichts kann im Rahmen der [X.] nur daraufhin überprüft werden, ob die Grenzen des ihm eröffneten Ermessens (§§ 2, 3 ZPO) überschritten worden sind oder ob es
fehlerhaft aus-geübt worden ist (s. etwa Senatsbeschlüsse vom 28. Januar 2016 aaO Rn. 6 und vom 27. Juli 2017 aaO Rn. 7; [X.], Beschlüsse
vom 22. April 2009 aaO Rn. 10 und vom 14. Mai 2014 aaO Rn. 7). Letzteres ist hier indes der Fall. Das Berufungsgericht hat erhebliche Gesichtspunkte nicht oder nicht vollständig be-rücksichtigt.

(1) Dies betrifft zum einen die Ausführung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe einen nicht unerheblichen Teil des mit der Rechnungsle-gung verbundenen [X.] bereits erbracht und die in eine erneute Rechnungslegung zu investierenden Bemühungen bestehe in erster Linie in der
Zusammenfassung der bereits herausgesuchten Einzelinformationen in einer geordneten Übersicht. Hierbei hat es, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, nicht hinreichend beachtet, dass die Beklagte zu 1 durch das Urteil des [X.]s nicht lediglich zur Ergänzung einer schon erfolgten Rechnungsle-10
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gung, sondern zu einer neuen Rechnungslegung verpflichtet worden ist. Das [X.] hat hierzu ausgeführt, dass die von der [X.] zu 1 vorgelegte Abrechnung nicht aus sich heraus verständlich, nicht nachvollziehbar und nicht schlüssig sei; insbesondere fehlten Angaben zu den
einzelnen Zahlungs-empfängern und zum Vorliegen der jeweiligen Auszahlungsvoraussetzungen. Die Aufschlüsselung der einzelnen Zahlungsempfänger und der jeweiligen [X.], die mit einem erheblichen zusätzlichen [X.] verbunden ist,
betrifft unstreitig eine große Zahl von [X.] auf drei Konten in einem [X.]raum von etwa zweieinhalb Jahren mit einer Gesamtsumme von mehr als drei Millionen Euro. Für die Annahme, dass dieser Aufwand einen nur geringen Umfang ausmache, findet sich insgesamt keine genügende Grundlage.

(2) Zum anderen durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass die Beklagte zu 1 für die Erteilung der geschuldeten Rechnungslegung auf ihren geschäftsführenden Komplementär, den [X.] zu 2, zurückgreifen dieser Würdigung hat es das Vorbringen der [X.] zu 1 nicht vollständig berücksichtigt. Die Beklagte zu 1 hat vorgetragen, dass der Beklagte zu 2 als ihr Komplementär ausgeschieden und nicht als Mitarbeiter für sie tätig sei und dass sie auch sonst über keine Mitarbeiter verfüge; sie müsse daher [X.] Dritte einschalten und die Hinzuziehung des [X.] zu 2 vergüten, was mit -
näher aufgeschlüsselten -

sei. Hierdurch hat die Beklagte zu 1 Rechnungslegungskosten von mehr als 600

Nr.
1 ZPO sonach überschritten ist. Über diesen Vortrag durfte
sich das [X.] nicht hinwegsetzen.
Zwar weist die Beschwerdeerwiderung zutref-fend darauf hin, dass es für die Bemessung des Wertes der Beschwer auf die-jenigen
Umstände ankommt, die bereits zum [X.]punkt der Berufungseinlegung 12
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vorlagen (s. etwa [X.], Beschluss vom 22. April 2009 aaO S. 2219 Rn. 16 mwN). Ob dies hier bezüglich der vorerwähnten Umstände der Fall war, hätte das Berufungsgericht jedoch aufklären müssen. Dass es hierzu keine Feststel-lungen getroffen hat, begründet einen Ermessensfehler (vgl. [X.], Beschluss vom 22. April 2009 aaO).

cc) Demgegenüber ist die Rüge der Rechtsbeschwerde, bei der Höhe der Beschwer der [X.] zu 1 seien zusätzlich noch Vollstreckungskosten anzusetzen,
unbegründet.

Bei der Bemessung der Beschwer ist zwar der zu erwartende [X.] zu berücksichtigen, der notwendig
ist, um mit anwaltlicher Hilfe
einen nicht hinreichend bestimmten Verurteilungsinhalt im Vollstreckungsverfahren zu klären oder Vollstreckungsversuche aus der Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung abzuwehren (s. etwa Senatsbeschluss vom 28. Januar 2016 aaO Rn.
9 mwN; vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 28. Februar 2017 aaO Rn. 16 und vom 13. Juli 2017 aaO Rn. 16). Das Urteil des [X.]s lässt jedoch aus-reichend erkennen, aus welchen Gründen es die bisher vorgelegte Abrechnung der [X.] zu 1 für unzureichend hält und welchen Anforderungen die ge-schuldete Rechnungslegung genügen muss. [X.] Anhaltspunkte für eine Unklarheit des [X.] oder die Unmöglichkeit der der [X.] zu 1 auferlegten Rechnungslegung bestehen somit nicht.

c) Soweit die Rechtsbeschwerde anführt, dass das Berufungsgericht über die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO selbst habe entscheiden müssen, weil das [X.] hierüber nicht befunden habe, bedarf dies hier keiner Erörterung. Diese Rüge setzt nämlich voraus, dass der [X.] des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erreicht ist, wovon jedoch
bislang, wie oben ausgeführt, nicht ausgegangen werden kann.
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3.
Nach alledem durfte das Berufungsgericht die Berufung nicht wegen der Unterschreitung der Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr.
1 ZPO als unzulässig verwerfen. Der angefochtene Beschluss ist somit aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

[X.]
[X.]

Remmert

[X.]

Arend
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 04.12.2015 -
4 O 925/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.05.2017 -
2 U 8/16 -

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Meta

III ZB 70/17

08.03.2018

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2018, Az. III ZB 70/17 (REWIS RS 2018, 12624)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12624

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZB 70/17

III ZB 55/11

III ZB 37/16

XII ZB 487/13

I ZR 46/16

I ZB 94/16

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