Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.05.2012, Az. IV R 14/09

4. Senat | REWIS RS 2012, 5950

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Gegenstand

(Reihenfolge der Verrechnung verrechenbarer Verluste im Zeitraum der Tonnagebesteuerung - Keine Saldierung von nach § 15a Abs. 2 EStG verrechenbaren Verlusten mit nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG hinzuzurechnenden Unterschiedsbeträgen - Zurückverweisung wegen unterbliebener notwendiger Beiladung von Kommanditisten - Rechtsschutzbedürfnis)


Leitsatz

Über die Frage, ob im Zeitraum der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG ein nach § 15a EStG verrechenbarer Verlust vorrangig mit ("fiktiven") Steuerbilanzgewinnen nach § 4 Abs. 1 bzw. § 5 EStG oder mit einem dem Tonnagegewinn nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG (tatsächlich) hinzuzurechnenden Unterschiedsbetrag zu verrechnen ist, ist im Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 5a Abs. 5 Satz 4 i.V.m. § 15a Abs. 4 EStG zu entscheiden .

Tatbestand

1

A. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Bau und Betrieb des Schiffes [X.]". Das Schiff wurde 1997 in Dienst gestellt, seine Bereederung im Inland durchgeführt. An der Klägerin waren im Streitjahr (2000) 40 Kommanditisten mit Kapitaleinlagen von insgesamt 22.240.000 DM beteiligt. Komplementärin ist die [X.] (GmbH), die keine Kapitaleinlage geleistet hat.

2

Seit 1999 ermittelt die Klägerin ihren Gewinn nach § 5a des Einkommensteuergesetzes ([X.]). Den Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 [X.] auf den 31. Dezember 1998 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) zuletzt mit 4.932.482 DM fest. Dabei entfielen auf den Unterschiedsbetrag für [X.] 489.700 DM, hiervon auf Darlehen DM/sfr 391.650 DM.

3

In ihrer im November 2001 eingegangenen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Streitjahr erklärte die Klägerin einen nach § 5a [X.] ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 278.115 DM (Gewinn nach Tonnage 74.115 DM [X.] Auflösung des Unterschiedsbetrags für [X.] in sfr in Höhe von 189.000 DM [X.] Vergütung für die Geschäftsführung der GmbH in Höhe von 15.000 DM). Ihr Gewinn laut Steuerbilanz betrug 7.279.782 DM.

4

Mit Bescheid vom 14. Mai 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung stellte das [X.] die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß fest. Bei der Ermittlung des verrechenbaren Verlusts auf den 31. Dezember 2000 verrechnete es die auf den 31. Dezember 1999 festgestellten verrechenbaren Verluste jedoch zunächst mit den jeweiligen ("fiktiven") Gewinnanteilen der Kommanditisten laut Steuerbilanz und erst nachfolgend mit den anteiligen aufgelösten [X.]n aus den [X.].

5

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, dass bei Anwendung des § 15a [X.] zunächst die dem Tonnagegewinn hinzuzurechnenden [X.] zu berücksichtigen seien und erst, wenn die verrechenbaren Verluste dadurch nicht aufgebraucht würden, ein Ausgleich der noch verbleibenden verrechenbaren Verluste mit anderen Ergebnissen nach § 15a Abs. 2 [X.] (z.B. Veräußerungsgewinnen nach § 16 [X.] oder fiktiven Gewinnen, die durch § 5a [X.] verdrängt würden und nicht zu versteuern seien) zu erfolgen habe.

6

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2005 änderte das [X.] den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der verrechenbaren Verluste nach § 15a [X.] aus hier nicht streitigen Gründen und erließ am selben Tag eine Einspruchsentscheidung, mit der es den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückwies.

7

Das Finanzgericht ([X.]) wies die hiergegen gerichtete Klage nach Beiladung der im Jahr 2002 ausgeschiedenen Kommanditistin [X.] (Beigeladene) mit Urteil vom 25. Februar 2009  5 [X.] (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 919) ab. Während des Klageverfahrens hatte das [X.] mit Datum vom 30. Dezember 2005 einen dem Bescheid vom 16. Dezember 2005 inhaltsgleichen Bescheid für das Streitjahr erlassen.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 5a und 15a [X.].

9

Das [X.] hat unter dem 25. Mai 2011 im [X.] an eine Betriebsprüfung für das Streitjahr einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung erlassen. Darin werden die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb für 2000 nach Berücksichtigung weiterer Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben jetzt mit 339.745 DM festgestellt. Zudem erfolgte auch eine hier nicht im Streit stehende Änderung der auf den 31. Dezember 2000 festzustellenden verrechenbaren Verluste.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des [X.] aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2000 vom 25. Mai 2011 dahin zu ändern, dass bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 5a Abs. 5 Satz 4 i.V.m. § 15a Abs. 4 [X.] die verrechenbaren Verluste vorrangig mit dem aufgelösten Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] verrechnet werden.

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

B. Die Revision ist begründet.

Das angegriffene Urteil ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da dem [X.] ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt (dazu unten [X.]). Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--), denn das [X.] hat nicht geprüft, ob und ggf. welche weiteren Kommanditisten der Klägerin nach § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 [X.]O zum Verfahren notwendig beizuladen sind (dazu unten I[X.]).

[X.] Das angegriffene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben, weil mit dem Bescheid vom 25. Mai 2011, der auch eine Änderung der auf den 31. Dezember 2000 festgestellten verrechenbaren Verluste nach § 5a Abs. 5 Satz 4 i.V.m. § 15a Abs. 4 [X.] enthält, während des Revisionsverfahrens ein Bescheid ergangen ist, der an die Stelle des angegriffenen Bescheids getreten und nach § 68 Satz 1 [X.]O zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist. Damit liegt dem [X.] ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass das [X.] keinen Bestand haben kann (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des [X.] --BFH-- vom 19. Juli 2011 [X.]/10, [X.], 226, [X.], 878, m.w.N.).

1. Die Feststellung eines verrechenbaren Verlusts (§ 15a Abs. 4 [X.]) und die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte einer [X.] (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.]) sind selbständige Verwaltungsakte mit unterschiedlichen Regelungsgegenständen. Demgemäß sind selbst dann, wenn --wie hier-- die Bescheide gemäß § 15a Abs. 4 Satz 5 [X.] formell miteinander verbunden werden, Streitfragen zur Höhe der festzustellenden verrechenbaren Verluste durch Anfechtung des Bescheids i.S. von § 15a Abs. 4 [X.] zu klären (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 3. Februar 2010 IV R 61/07, [X.], 94, [X.], 942, unter I[X.]1.a der Gründe, m.w.N.).

2. Streitgegenstand ist auch im vorliegenden Verfahren die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 5a Abs. 5 Satz 4 i.V.m. § 15a Abs. 4 [X.], die das [X.] mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Tonnagegewinns nach § 5a Abs. 1 [X.] und des nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] hinzuzurechnenden [X.] verbunden hat. Denn über die zwischen den Beteiligten streitige Frage, in welcher Reihenfolge verrechenbare Verluste nach § 15a Abs. 2 [X.] mit "fiktiven" [X.] nach § 4 Abs. 1 oder § 5 [X.] bzw. mit nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] hinzuzurechnenden [X.] zu verrechnen sind, ist im Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 5a Abs. 5 Satz 4 i.V.m. § 15a Abs. 4 [X.] zu entscheiden.

a) Nach § 5a Abs. 5 Satz 4 [X.] ist § 15a [X.] grundsätzlich auch während des Zeitraums der Tonnagebesteuerung anwendbar. Nach § 15a Abs. 4 Satz 1 [X.] ist der nach § 15a Abs. 1 [X.] nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach § 15a Abs. 2 [X.] abzuziehenden und vermehrt um die nach § 15a Abs. 3 [X.] hinzuzurechnenden Beträge (sog. verrechenbarer Verlust) jährlich gesondert festzustellen.

Nach § 15a Abs. 2 [X.] mindert ein nach § 15a Abs. 1 [X.] nicht ausgleichs- oder abzugsfähiger Verlust die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der [X.] zuzurechnen sind. Ob zu diesen Gewinnen auch [X.] nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] gehören, ist danach im Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 [X.] zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 20. November 2006 [X.], [X.], 89, [X.], 261 für die Frage, ob zu solchen Gewinnen der während der Tonnagebesteuerung gemäß § 5a Abs. 5 Satz 4 [X.] im Wege einer "Schattenberechnung" zu ermittelnde "fiktive" [X.] gehört). Dann aber kann auch die zwischen den Beteiligten streitige Frage, in welcher Reihenfolge im Zeitraum der Tonnagebesteuerung verrechenbare Verluste nach § 15a Abs. 2 [X.] mit "fiktiven" [X.] und mit aufgelösten [X.] gemäß § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] zu verrechnen sind, nur im Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 [X.] entschieden werden.

b) Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Reihenfolge der Verrechnung im Ergebnis ohne Auswirkung auf die Höhe des festzustellenden verrechenbaren Verlusts bleibt, weil dieser in jedem Fall mit 0 DM bzw. € festzustellen ist.

Ist der zum Ende des vorangegangenen [X.] für einen Kommanditisten festgestellte verrechenbare Verlust geringer als die Summe aus dem auf ihn entfallenden Anteil am "fiktiven" [X.] und dem auf ihn entfallenden Anteil am [X.] nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.], ist der für ihn festzustellende verrechenbare Verlust zum Ende des [X.] zwar unabhängig von der Reihenfolge der Verrechnung der verrechenbaren Verluste auf 0 DM bzw. € festzustellen. Die [X.] bleibt also ohne Auswirkung auf die Höhe des festzustellenden verrechenbaren Verlusts. Dies ändert aber nichts daran, dass die Frage der [X.] materiell dem Verfahren der Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 [X.] zuzurechnen ist.

Eine Klage ist daher auch in diesem Fall gegen den Bescheid i.S. des § 15a Abs. 4 [X.] zu richten. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich daraus, dass die [X.] Auswirkungen auf die dem einzelnen Kommanditisten zuzurechnenden steuerpflichtigen Einkünfte aus seiner Beteiligung an der [X.] hat. Denn in dem Umfang, in dem verrechenbare Verluste des einzelnen Kommanditisten bereits durch den ihm zuzurechnenden Anteil am "fiktiven", der Besteuerung nicht zugrunde zu legenden [X.] verbraucht werden, stehen sie zur Verrechnung mit dem nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] hinzuzurechnenden --steuerpflichtigen-- Unterschiedsbetrag nicht mehr zur Verfügung. Erfolgt demgegenüber zunächst eine Verrechnung mit dem Unterschiedsbetrag, mindert sich der Umfang der steuerpflichtigen Einkünfte zu Lasten des Umfangs des Anteils am "fiktiven" und nicht steuerpflichtigen [X.] des Kommanditisten. Im Hinblick auf diese Folgewirkung der [X.] besteht daher ein Rechtsschutzbedürfnis dafür, dass die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlusts auch dann mit der Begründung angegriffen werden kann, dass die hierbei vorgenommene [X.] fehlerhaft sei, wenn sich die Höhe des festzustellenden verrechenbaren Verlusts durch eine Änderung der [X.] nicht ändert.

3. Der erkennende Senat entscheidet trotz seiner grundsätzlich bestehenden Befugnis aus den §§ 121 und 100 [X.]O nicht in der Sache selbst, da die Sache wegen eines weiteren Verfahrensfehlers an das [X.] zurückzuverweisen ist (dazu unten I[X.]).

I[X.] Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Denn das [X.] hat nicht geprüft, ob und ggf. welche Kommanditisten der Klägerin nach § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 [X.]O zum Verfahren notwendig beizuladen sind.

1. Wird, wie im Streitfall, der Feststellungsbescheid i.S. des § 15a Abs. 4 [X.] mit der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung verbunden, ist neben dem einzelnen Kommanditisten zwar auch die [X.] (gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O) klagebefugt. Die Kommanditisten, um deren verrechenbare Verluste es geht, sind in einem solchen Fall jedoch notwendig beizuladen (§ 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 [X.]O; z.B. BFH-Urteil vom 13. Juli 2006 IV R 67/04, [X.], 337, [X.], 878). Eine notwendige Beiladung der nicht klagenden Kommanditisten ist nur dann nicht geboten, wenn sie steuerrechtlich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Februar 2011 IV R 37/08, [X.] 2011, 1120).

Danach sind zum Klageverfahren die Kommanditisten notwendig beizuladen, bei denen sich die Reihenfolge der Verrechnung verrechenbarer Verluste auswirkt (vgl. hierzu oben B.[X.]2.b). Nicht geboten ist hingegen die notwendige Beiladung auch der Kommanditisten, für die sich die [X.] nicht auswirkt. Das sind insbesondere die Kommanditisten, für die das [X.] auch den auf sie entfallenden Anteil am [X.] bereits in vollem Umfang mit den verrechenbaren Verlusten verrechnet hat, weil der für sie auf den 31. Dezember 1999 festgestellte verrechenbare Verlust höher war als die Summe aus dem auf sie entfallenden Anteil am "fiktiven" [X.] und dem auf sie entfallenden Anteil am [X.] nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.].

2. Die notwendige Beiladung gehört zur Grundordnung des Verfahrens, deren Einhaltung nicht der Disposition der Beteiligten unterliegt. Auch wenn eine unterlassene notwendige Beiladung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 [X.]O im Revisionsverfahren nachgeholt werden kann, übt der Senat das ihm insoweit zustehende Ermessen (vgl. z.B. BFH-Urteil in [X.] 2011, 1120) dahin aus, dass er die Sache an das [X.] zurückverweist und diesem die Nachholung der unterbliebenen Beiladung überträgt. Hierfür spricht insbesondere, dass der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des [X.] nicht beurteilen kann, welche Kommanditisten beizuladen sind, weil sich die [X.] für sie auswirkt.

II[X.] Im Interesse eines möglichst raschen Abschlusses des Rechtsstreits weist der Senat --allerdings ohne Bindungswirkung für den zweiten Rechtsgang-- zu der zwischen den Beteiligten umstrittenen materiell-rechtlichen Frage auf Folgendes hin:

Das [X.] hat es zu Recht abgelehnt, nach § 15a Abs. 2 [X.] verrechenbare Verluste vorrangig mit den aufgelösten [X.] aus den [X.] zu verrechnen. Denn diese können nach Ansicht des Senats überhaupt nicht, also auch nicht nachrangig, mit verrechenbaren Verlusten saldiert werden (entgegen [X.]. 32 des Schreibens des [X.] --[X.]-- vom 12. Juni 2002 IV A 6 -S 2133a- 11/02, [X.], 614).

1. Nach § 5a Abs. 5 Satz 4 [X.] ist für die Anwendung des § 15a [X.] der nach § 4 Abs. 1 oder § 5 [X.] ermittelte Gewinn zugrunde zu legen. Die Regelung bezweckt, bei Auslaufen der pauschalen Gewinnermittlung nach § 5a Abs. 1 [X.] wieder ohne weitere Übergangsrechnung mit der Ermittlung der Einkünfte nach den allgemeinen Bilanzierungsregeln fortfahren zu können. Dies wird dadurch sichergestellt, dass der verrechenbare Verlust auch während der pauschalen Gewinnermittlung auf der Grundlage der fortgeführten Steuerbilanz gesondert festgestellt wird (vgl. BFH-Urteil in [X.], 89, [X.], 261). Danach ist ein verrechenbarer Verlust nach § 15a Abs. 2 [X.] mit dem während der Tonnagebesteuerung nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 oder § 5 [X.] im Wege einer "Schattenberechnung" zu ermittelnden, der Besteuerung jedoch nicht zugrunde zu legenden Gewinn zu saldieren, und nicht mit dem nach § 5a Abs. 1 [X.] ermittelten Tonnagegewinn (BFH-Urteil in [X.], 89, [X.], 261).

2. Darüber hinaus sieht § 5a Abs. 5 Satz 4 [X.] keine Verrechnung eines nach § 15a Abs. 2 [X.] verrechenbaren Verlusts mit einem dem ([X.] nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] hinzuzurechnenden Unterschiedsbetrag vor, so dass sich die Frage, ob nach § 15a Abs. 2 [X.] verrechenbare Verluste vorrangig mit im Wege einer "Schattenberechnung" ermittelten [X.] oder mit nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] hinzuzurechnenden [X.] zu verrechnen sind, nicht stellt.

a) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 5a Abs. 5 Satz 4 [X.]. Danach ist für die Anwendung des § 15a [X.] der nach § 4 Abs. 1 oder § 5 [X.] ermittelte Gewinn zugrunde zu legen. Dieser Gewinn umfasst aber nicht auch einen dem Tonnagegewinn nach § 5a Abs. 1 [X.] hinzuzurechnenden Unterschiedsbetrag, denn dieser wird nicht nach § 4 Abs. 1 oder § 5 [X.], sondern nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] ermittelt.

b) Auch die Entstehungsgeschichte des § 5a Abs. 5 Satz 4 [X.] spricht dafür, dass verrechenbare Verluste nach § 15a Abs. 2 [X.] während der [X.] nur mit im Wege einer "Schattenberechnung" ermittelten [X.] und nicht auch mit Hinzurechnungsbeträgen nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] zu verrechnen sind.

§ 5a Abs. 5 Satz 4 [X.] wurde durch das [X.] 1999 vom 22. Dezember 1999 ([X.], 2601) eingefügt.

aa) Bereits für die zuvor geltende, jedoch keine ausdrückliche Bezugnahme auf § 15a [X.] enthaltende Fassung des § 5a Abs. 5 [X.] hatte das [X.] in seinem Schreiben vom 24. Juni 1999 [X.] 1900- 65/99 ([X.], 669, [X.]. 28) "im Vorgriff auf eine gesetzliche Klarstellung" bestimmt, dass § 15a [X.] während des Tonnagezeitraums uneingeschränkt anwendbar sei. Parallel zur Gewinnermittlung nach der Tonnagesteuer werde die Steuerbilanz einschließlich der Kapitalkonten fortgeführt; der verrechenbare Verlust werde jährlich festgestellt und mit den Ergebnissen der Steuerbilanz (Gesamthands- bzw. Ergänzungsbilanz) verrechnet. Hinzuzurechnende [X.] seien mit einem verrechenbaren Verlust auszugleichen.

In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 27. August 1999 zur Einfügung des § 5a Abs. 5 Satz 4 [X.] heißt es dann (vgl. BTDrucks 14/1514, [X.], zu Nr. 3 Buchst. b), die Ergänzung des § 5a Abs. 5 [X.] sehe vor, dass § 15a [X.] anwendbar sei; hierbei sei der nach § 4 Abs. 1 oder § 5 [X.] ermittelte Gewinn zugrunde zu legen.

bb) Anders als das [X.] in [X.]. 28 seines Schreibens in [X.], 669 hat der Gesetzgeber in § 5a Abs. 5 Satz 4 [X.] für die Anwendung des § 15a [X.] also ausdrücklich nur auf den nach § 4 Abs. 1 oder § 5 [X.] zu ermittelnden Gewinn abgestellt. Auch in den Gesetzesmaterialien findet sich --anders als in [X.]. 28 des [X.]-Schreibens in [X.], 669-- kein Hinweis darauf, dass eine Saldierung verrechenbarer Verluste nach § 15a [X.] (auch) mit nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] hinzuzurechnenden [X.] möglich sein soll. Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Saldierung nicht wollte.

c) Eine Saldierung von nach § 15a Abs. 2 [X.] verrechenbaren Verlusten mit nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] hinzuzurechnenden [X.] ist schließlich auch verfassungsrechtlich nicht geboten. § 5a [X.] stellt eine regelmäßig steuerentlastend wirkende Subventionsvorschrift dar (z.B. BFH-Urteil in [X.], 89, [X.], 261, unter I[X.]3.c aa der Gründe). Es liegt innerhalb des dem Gesetzgeber zuzubilligenden Gestaltungsspielraums, die Reichweite einer solchen Steuerbegünstigung zu bestimmen (z.B. BFH-Urteile vom 21. Oktober 2010 IV R 23/08, [X.], 544, [X.], 277; in [X.], 226, [X.], 878). Der Gesetzgeber ist deshalb auch nicht gehalten, die Regelungen des § 5a [X.] auf andere Steuertatbestände derart abzustimmen, dass nach diesen Steuertatbeständen vorgesehene Vorteile dem Steuerpflichtigen uneingeschränkt erhalten bleiben. Daher ist eine Saldierung nach § 15a Abs. 2 [X.] verrechenbarer Verluste mit nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] dem Tonnagegewinn nach § 5a Abs. 1 [X.] hinzuzurechnenden [X.] auch verfassungsrechtlich nicht geboten, zumal der nach § 5a [X.] ermittelte Gewinn in seiner Gesamtheit immer noch das Ergebnis einer subventionierenden Pauschalierung ist und der Steuerpflichtige darüber hinaus nicht verpflichtet ist, zur Tonnagebesteuerung nach § 5a [X.] zu optieren. Die Befürchtung der Klägerin, Steuerpflichtige könnten von der Option zur Tonnagebesteuerung nach § 5a [X.] abgehalten werden, wenn für sie keine Möglichkeit (mehr) besteht, nach § 15a Abs. 2 [X.] verrechenbare Verluste mit nach § 5a Abs. 4 Satz 3 [X.] hinzuzurechnenden [X.] zu verrechnen, teilt der Senat nicht.

Meta

IV R 14/09

31.05.2012

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 25. Februar 2009, Az: 5 K 242/05, Urteil

§ 5a EStG 1997 vom 22.12.1999, § 15a EStG 1997, § 4 Abs 1 EStG 1997, § 5 EStG 1997, § 60 Abs 3 FGO, § 48 Abs 1 Nr 5 FGO, § 126 Abs 3 S 1 Nr 2 FGO, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.05.2012, Az. IV R 14/09 (REWIS RS 2012, 5950)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5950

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