Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2013, Az. 2 StR 555/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5555

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 555/12
vom
23. Mai 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
Betruges

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 23. Mai 2013 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO
beschlossen:

I.
Auf die Revision des
Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 15. Juni 2012

1.
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Betrugs in zwei Fällen verurteilt und im Übrigen freigesprochen ist,

2.
im Strafausspruch und im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufge-hoben.

II.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechts-mittels, an eine andere
Strafkammer des [X.] zu-rückverwiesen.
III.
Die weitergehende Revision des
Angeklagten wird als unbe-gründet verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betrugs in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. [X.] hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 21.295,68 Euro angeordnet. 1
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Gegen dieses Urteil richtet sich die auf eine Verfahrensrüge und die Sachbe-schwerde gestützte
Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat aufgrund der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

I.
Nach den Feststellungen des [X.] war der Angeklagte an den Geschäften des früheren Mitangeklagten D.

mit dessen Unternehmen T.

und Tr.

beteiligt, bei denen Kunden gegen Vorschuss-zahlung eines Honorars versprochen wurde, ihnen staatliche Förderleistungen zu vermitteln. Tatsächlich waren die in Aussicht gestellten Maßnahmen nicht förderungswürdig und es wurden auch nach dem [X.] keine Förderungsmit-tel beantragt. Der Angeklagte und der frühere Mitangeklagte D.

organi-sierten die Täuschung von Kunden über die Förderungswürdigkeit der [X.] sowie die Absicht der Beantragung von staatlichen Förderleistungen unter Einrichtung eines Bürobetriebs, ferner dadurch, dass sie Vermittler ihrer Leistungen anwarben, instruierten und mit Provisionen bezahlten, schließlich dadurch, dass sie Präsentationen und andere Maßnahmen zur Kundenwerbung
durchführten. In einem Fall täuschte der Angeklagte K.

selbst einen Kun-den, in zwei weiteren Fällen, die ihm vom [X.] als selbständige Fälle des Betrugs als Mittäter zugerechnet wurden, geschah dies durch den früheren Mitangeklagten D.

; im Übrigen wurden durch Vermittler oder [X.] 159 Kunden des Unternehmens getäuscht, was dem Angeklagten als insgesamt eine Tat zugerechnet wurde.

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II.
1. Das [X.] hat im Fall des Betrugs zum Nachteil des vom Ange-klagten selbst getäuschten Kunden W.

(§§
263 Abs.
1 und Abs. 3 Satz
2 Nr.
2, 25 Abs.
1

1.
Alt.

StGB) und im Fall der Täuschung von 159 Kunden durch Vermittler (§§
263 Abs.
1 und 3 Satz
2 Nr.
2, 25 Abs.
1

2. Alt.

StGB) zutreffend jeweils eine rechtlich selbständige Handlung durch den Angeklagten angenommen. Abweichend von der rechtlichen Beurteilung des [X.] sind aber auch die Fälle der Täuschung der Kunden L.

und M.

durch den Mitangeklagten D.

für den Angeklagten unselbständige Teile
des "(unechten) Organisationsdelikts".
Nach der Rechtsprechung des [X.] bestimmt sich die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von §
53 Abs.
1 StGB für
jeden Täter nach der Anzahl seiner Handlungen. Wird im Fall einer Organisati-on eines Unternehmens, das durch Mitarbeiter Kunden täuscht und hierdurch zu Vermögensverfügung veranlasst, ein einheitlicher Tatbeitrag des Hinter-manns in seiner Organisationstätigkeit gesehen, wie es das [X.] im Fall der Täuschung von 159 Kunden durch Vermittler zutreffend angenommen hat, dann gilt dies für alle Fälle, in denen dieser Täter nicht selbst eigenhändig ge-genüber den Kunden Betrügereien begeht (vgl. Senat, Beschluss vom 29.
Juli 2009

2 [X.], [X.], 363). Von der Handlungseinheit im Sinne ei-nes Organisationsdelikts des Angeklagten ist daher nur der Fall einer selbstän-digen Täuschung des Kunden W.

durch den Angeklagten selbst ausge-nommen. Im Ergebnis liegen damit zwei Betrugstaten des Angeklagten vor.
Wegen der insoweit außerhalb des [X.] liegenden Teilakte (Fäl-le 1 und 9 der Anklageschrift) ist zudem eine Freisprechung des Angeklagten geboten.
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5
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Der Senat ändert den Schuldspruch dementsprechend ab. § 265 Abs.
1 StPO steht der Änderung nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen des Betrugs zum Nachteil der Zeugen L.

und M.

. Der Senat hebt aber auch den Strafausspruch im Übrigen auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe im Hinblick auf die Konkurrenzkorrektur neu zuzumessen.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung über den Strafausspruch weist der Senat ergänzend darauf hin, dass es rechtlich bedenklich ist, einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Hinweis auf genügende eigene Sachkunde abzulehnen, nachdem sich das Tatgericht diese Sachkunde erst durch Befragung eines Sachverständigen im [X.] verschafft hat (vgl. Senat, Beschluss vom 15. März 1995

2 StR 702/94, [X.], 339). Im vorliegenden Fall ist es aber offensichtlich ausge-schlossen, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit "aufgrund [X.] Persönlichkeitsstörung" völlig aufgehoben war; [X.] kommt eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit in Frage. Daher rechtfertigt die Verfahrensrüge keine

nach dem primären Beweisziel des [X.]

weitergehende [X.],
als sie der Senat bereits aufgrund der Sachbeschwerde vornimmt.
3. Die Anordnung des [X.] hat keinen Bestand, weil das [X.] §
73 Abs.
1 Satz 2 StGB nicht geprüft hat. Dieser hindert eine [X.], wenn der Täter oder Teilnehmer "aus der Tat" einen Vermö-gensvorteil erlangt hat und Gegenansprüche eines Verletzten bestehen; nur das "für die Tat" [X.] unterliegt dem Verfall ohne Rücksicht auf Ansprüche 6
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Verletzter. "Aus der Tat" sind diejenigen Vermögenswerte erlangt, die dem [X.] oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst zugeflossen sind. Um Vorteile "für die Tat" handelt es sich demgegen-über, wenn die Vermögenswerte als Gegenleistung für [X.] gewährt werden, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung gezahlt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 9. November 2010

4 StR 447/10, NStZ
2011, 229). Der Angeklagte hat nach den bisherigen Feststellungen des [X.] aber un-beschadet der Leistungsbezeichnung den Betrag von 21.295,68 Euro in diesem
Sinne unmittelbar als seinen Anteil am [X.],
somit "aus der Tat" [X.]. Der neue Tatrichter wird daher §
73 Abs.
1 Satz 2 StGB zu prüfen haben.

Fischer

Appl

Schmitt

Berger

[X.]

Meta

2 StR 555/12

23.05.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2013, Az. 2 StR 555/12 (REWIS RS 2013, 5555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5555

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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