Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2012, Az. I ZR 14/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3225

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I ZR 14/11
Verkündet am:

13. September 2012

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 286 Abs. 1 A
Der Grundsatz, dass anhand von Lieferscheinen oder Handelsrechnungen im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß §
286 Abs.
1 ZPO der In-halt eines verlorengegangenen Pakets nachgewiesen werden kann, ist bei ei-nem Streit über den Inhalt eines entwendeten, vom Versender selbst beladenen und verschlossenen Transportcontainers nicht ohne weiteres anwendbar.
BGH, Urteil vom 13. September 2012 -
I ZR 14/11 -
OLG Nürnberg

LG Nürnberg-Fürth

-
2
-

Der I.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 13.
September 2012
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof.
Dr.
Büscher, Prof.
Dr.
Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Streithelferin zu
1 der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg

12.
Zivilsenat

vom 15.
Dezem-ber 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.

Von Rechts wegen
-
3
-

Tatbestand:

Die Klägerin ist Transportversicherer der G.

B.V. mit
Sitz in Amsterdam und der in Nürnberg ansässigen G.

GmbH
(im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte aus übergegan-genem und abgetretenem Recht wegen des Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Juni 2007 mit der Beförderung eines Containers
von Istanbul/Türkei nach Nürnberg.
Der
Con-tainer enthielt
nach dem Vortrag der Klägerin Fernsehgeräte.
Mit der Durchfüh-rung des Transports beauftragte die Beklagte ihre Streithelferin zu
1, die ihrer-seits die
ebenfalls auf der Seite der Beklagten beigetretene Streithelferin zu
2 beauftragte. Von Istanbul bis Wien erfolgte der Transport auf der Schiene. Nach der Ankunft in Wien übernahm ein Fahrer der Streithelferinnen den Container zum Weitertransport nach Nürnberg zur Versicherungsnehmerin. Dort kam der Container nicht an, weil er am 29.
Juni 2007 auf
einem Parkplatz in Wien von unbekannten Tätern entwendet wurde.

Die Klägerin hat behauptet, die in dem Container transportierten Fern-sehgeräte hätten einen Wert von 145.778,20

e an die G.

B.V., die die Geräte zum Zeitpunkt des Verlusts bereits gekauft ge-
habt habe, unter Berücksichtigung einer im Versicherungsvertrag vereinbarten Selbstbeteiligung von 1.500

gezahlt. Den von ihr nicht erstatteten Betrag von 1.500

e-tretenem Recht der G.

B.V. geltend machen.

Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 145.778,20

ebst Zinsen in Anspruch genommen.
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4
-

Die Beklagte und ihre Streithelferinnen haben die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und darüber hinaus insbesondere in Abrede gestellt, dass das Gut in dem behaupteten Umfang während ihrer Obhutszeit abhandenge-kommen ist.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Be-rufung ist erfolglos geblieben.

Mit der vom Senat beschränkt auf die vom Berufungsgericht festgestellte Höhe des Schadens zugelassenen Revision verfolgt die Streithelferin zu
1 ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmit-tel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzan-spruch gemäß §
452 Satz
1, §
452a Satz
1 HGB, Art.
17
Abs.
1, Art.
29 Abs.
1, Art.
13 Abs.
1 Satz
2 CMR in Verbindung
mit §
398 BGB, §
67 Abs.
1 VVG aF für begründet erachtet. Zur Schadenshöhe, um die es in der Revisionsinstanz
allein noch geht, hat es ausgeführt:

Der Schadensersatz verlangende Kläger müsse grundsätzlich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass der Verlust des Transportguts während
der Obhut des Beklagten eingetreten und wie hoch der Schaden sei. Im Streitfall spreche ein Anscheinsbeweis für die Richtigkeit des von der Klägerin zum In-halt des entwendeten Containers
gehaltenen Vortrags, da das Frachtgut dem Frachtführer unstreitig in einem verschlossenen Transportcontainer übergeben 5
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5
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worden und dieser

ebenfalls unstreitig

in der Obhut des Frachtführers verlo-rengegangen sei. Dieser Anschein werde durch die vorgelegten Urkunden ver-stärkt. Der Beklagten sei es nicht gelungen, den zugunsten der Klägerin spre-chenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. Einer zusätzlichen Beweiserhebung durch Vernehmung der von den Parteien benannten Zeugen bedürfe es unter diesen Umständen nicht.

Der zu ersetzende Schaden bestehe in Höhe der Klageforderung. Nach Art.
23 Abs.
2 CMR sei der Marktpreis zu ersetzen, der sich aus der von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnung ergebe und 193.580 US-Dollar (umge-rechnet 145.778,20

Bei einer Berechnung des Schadens nach §
429 HGB ergebe sich ebenfalls ein Schadensersatzanspruch in der zuerkann-ten Höhe. Auf die Haftungshöchstgrenzen des Art.
23 Abs.
3 CMR und des §
431 HGB könne sich die Beklagte nicht berufen, da ihr ein qualifiziertes Ver-schulden im Sinne von Art.
29 Abs.
1 CMR in Verbindung mit §
435 HGB anzu-lasten sei.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht.

1. Die Rügen der Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, aufgrund eines von der Beklagten nicht erschütterten Anscheinsbeweises stehe fest, dass der entwendete Container die von der Klägerin behauptete
Anzahl von Fernsehgeräten enthalten habe, sind begründet.

a) Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen des Verlusts von Transportgut (Fernsehgeräte) einen Schadensersatzanspruch gemäß Art.
17 Abs.
1, Art.
29 Abs.
1 CMR in Verbindung
mit §
435 HGB geltend. Sie muss 10
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daher substantiiert darlegen und, da die Beklagte die Sachdarstellung der Klä-gerin insoweit bestritten hat, auch beweisen, dass das Gut während der Ob-hutszeit der Beklagten abhandengekommen und wie hoch der eingetretene Schaden ist (st.
Rspr.; BGH, Urteil vom 16.
November 1995

I
ZR
245/93, TranspR 1996, 72, 74 =
VersR 1996, 913
zu §
407 HGB aF; Urteil
vom 26.
April 2007

I
ZR
31/05, TranspR 2007, 418 Rn.
13 mwN
zu Art.
17 CMR; Koller, Transportrecht, 7.
Aufl., Art.
17 CMR Rn.
12; MünchKomm.HGB/Jesser-Huß, 2.
Aufl., Art.
18 CMR Rn.
5). Dies umfasst neben dem Beweis der Übernahme von Gütern als solchen auch den Nachweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands (BGH, TranspR 2007, 418 Rn.
13; Koller aaO Art.
17 CMR Rn.
12).
Die Frage, ob der Schadensersatz verlangende Kläger den ihm oblie-genden Beweis geführt hat, ist grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts,
insbesondere nach §
286 ZPO,
zu beurteilen (BGH, TranspR
2007, 418 Rn.
13; Helm, Frachtrecht II, CMR, Art.
17 Rn.
46). Die Bil-dung der richterlichen Überzeugung davon, dass sich in dem entwendeten Con-tainer bei Übernahme durch die Beklagte Fernsehgeräte in der von der Klägerin behaupteten Anzahl befanden, setzt einen Grad an Gewissheit voraus, der
Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. BGH, Urteil vom 4.
November 2003

VI
ZR
28/03, NJW 2004, 777, 778 =
VersR 2004, 118; BGH, TranspR 2007, 418 Rn.
13).

b) Danach steht der Klägerin im Streitfall der Anscheinsbeweis nicht zur Seite.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, es gehe im vorliegenden Fall
um die Frage, ob sich die von der Klägerin behaupteten Güter in dem ab-handengekommenen Transportcontainer befunden hätten. Bei einer solchen Fallgestaltung greife zugunsten der Klägerin ein Anscheinsbeweis ein, da das Transportgut dem Frachtführer unstreitig in einem verschlossenen Behältnis 14
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(dem Transportcontainer) übergeben worden und dieser unstreitig in der Obhut des Frachtführers verlorengegangen sei. Die Rechtsprechung wende den An-scheinsbeweis zwar dann nicht an, wenn darüber gestritten werde, ob nur ein Teil der Lieferung in die Obhut des Frachtführers gelangt sei. Eine solche Fall-konstellation sei im Streitfall jedoch nicht gegeben, weil die Beklagte den ge-samten Container erhalten habe und es daher darum gehe, welche Waren sich in diesem der Beklagten zum Transport übergebenen verschlossenen Behältnis befunden hätten. Die vorgelegten Urkunden rechtfertigten im vorliegenden Fall auch einen Anscheinsbeweis zugunsten der Klägerin. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

bb) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Kläge-rin sich im Streitfall auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises stützen kann. Soweit es sich dabei auf die Senatsrechtsprechung berufen hat, hat es unbe-rücksichtigt gelassen, dass der Senat von seiner früher vertretenen Auffassung mittlerweile abgerückt ist. Nach dieser

nicht mehr aktuellen
Rechtsprechung konnte der Anscheinsbeweis in Fallgestaltungen angewendet werden, in denen das zu befördernde Gut dem Frachtführer in einem verschlossenen Behältnis (Karton) übergeben worden und in dessen Obhut verlorengegangen war (vgl. nur BGH, Urteil vom 24.
Oktober 2002

I
ZR
104/00, TranspR 2003, 156,
159; Urteil vom 20.
Juli 2006

I
ZR
9/05, TranspR 2006, 394, 395 =
VersR 2007, 564). Nach der neueren Senatsrechtsprechung unterliegt die Würdigung der Umstände, die für Umfang und Wert einer verlorengegangenen Sendung spre-chen, stets der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß §
286 ZPO (BGH, TranspR 2007, 418 Rn.
13; BGH, Urteil vom 2.
April 2009

I
ZR
60/06, TranspR 2009, 262
Rn.
24; Urteil vom 29.
Oktober 2009
I
ZR
191/07, TranspR 2010, 200 Rn.
31). Der Tatrichter hat
sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Umfangs einer Sendung daher anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls, insbesondere aufgrund von vorgelegten Lieferscheinen und da-16
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zu korrespondierenden Rechnungen, zu bilden. Dafür ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnun-gen zum Nachweis des Sendungsumfangs vorgelegt werden. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Inhalts einer Sendung auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der beklagte Frachtführer dagegen keine substantiierten Einwände erhebt (BGH, Urteil vom 20.
September 2007
I
ZR
44/05, TranspR 2008, 163 Rn.
34
f.; Versäumnisurteil vom 22.
Oktober 2009
I
ZR
119/07, TranspR 2010, 73 Rn.
20; BGH, TranspR 2010, 200 Rn.
31).

cc) Dem
angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, dass das Berufungsgericht auch auf der Grundlage des §
286 ZPO davon überzeugt ge-wesen wäre, dass der entwendete Transportcontainer den von der Klägerin be-haupteten Inhalt hatte. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (CMR-Frachtbrief, Handelsrechnung, Lieferschein und Fahrzeugcheckliste) rechtferti-gen eine solche Annahme nicht ohne weiteres. Für vom Anspruchsteller be-hauptete Paketinhalte hat der Senat zwar entschieden, dass sich der Tatrichter die Überzeugung von der Richtigkeit anhand eines Lieferscheins oder
einer da-zu korrespondierenden Rechnung bilden kann, wenn der beklagte
Frachtführer
dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt. Der Tatrichter muss aber prüfen, ob die zum Nachweis eines behaupteten Schadens vorgelegten Doku-mente in sich schlüssig und geeignet sind, den Vortrag des Anspruchstellers zum entstandenen Schaden zu belegen (BGH, TranspR 2010, 73 Rn.
20).

Das Berufungsgericht hat lediglich geprüft, ob die vorgelegten Unterla-gen
im Streitfall die Anwendung eines Anscheinsbeweises zugunsten der Klä-gerin rechtfertigen. Es hat dies bejaht, weil im CMR-Frachtbrief, im Lieferschein vom 21.
Juni 2007, in der Handelsrechnung vom 22.
Juni 2007 und in der Fahr-zeugcheckliste an verschiedenen Stellen

jeweils übereinstimmend
die Con-17
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9
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tainernummer, die Anzahl der im Container befindlichen Packstücke und der Verkaufspreis angegeben seien. Es hat zudem darauf abgestellt, dass die Ver-tragsparteien "des Transportvertrags" (gemeint ist ersichtlich: des Kaufvertrags) jeweils Kaufleute seien und deshalb davon auszugehen sei, dass die Verkäufe-rin die in den vorgelegten Urkunden bezeichneten Waren auch tatsächlich zum Versand gebracht habe. Diesen Ausführungen kann nicht mit der gebotenen Deutlichkeit
entnommen werden, dass das Berufungsgericht im Rahmen von §
286 Abs.
1 ZPO geprüft hat, ob die vorgelegten Dokumente geeignet sind, den Vortrag der Klägerin zum entstandenen Schaden zu belegen.

dd) Das Berufungsgericht hat darüber hinaus nicht beachtet, dass die zum Inhalt von verlorengegangenen Paketen aufgestellten Grundsätze auf die im Streitfall zu beurteilende Fallgestaltung nicht ohne weiteres übertragbar sind. Es hat zugunsten der Beklagten unterstellt, dass sie einen bereits vorgeladenen und anschließend verschlossenen und verplombten Container zum Transport übernommen hat. Mit seiner Unterschrift auf dem CMR-Frachtbrief (Anlage
K
1) konnte der den Transportcontainer übernehmende Lkw-Fahrer mithin nur bestä-tigen, bei der türkischen Absenderin einen Container mit der Nummer PSSU982346übernommen zu haben (vgl. BGH, TranspR 2003, 156, 158). Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass das Verpacken von Waren in Kar-tons nicht gleichgesetzt werden kann mit dem Beladen eines Lkw, einer Wech-selbrücke oder eines Containers. Bei einem Container handelt es sich nicht um ein vom kaufmännischen Absender zum Versand gebrachtes verschlossenes Behältnis (Karton) (so BGH, TranspR 2003, 156, 159), sondern um ein Trans-portmittel. Bei der Versendung von Paketen ist eine
in Täuschungsabsicht vor-genommene
Fehlbestückung durch den Verkäufer oder seine Bediensteten im Allgemeinen eher unwahrscheinlich, weil nicht vorausgesehen werden kann, ob gerade dasjenige Paket verlorengeht, das nur unzureichend bestückt wurde. Bei einem vom Versender selbst vorgeladenen und verplombten Transportcon-19
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tainer, dessen Inhalt vom Frachtführer bei der Übernahme nicht überprüft wer-den kann, besteht dagegen die Möglichkeit, gerade diesen Container gezielt entwenden zu lassen. Der Anreiz für eine Fehlbeladung eines vom Versender selbst verschlossenen und verplombten Transportcontainers ist daher deutlich größer als bei einem Paket.

Das Berufungsgericht wird daher im wiedereröffneten Berufungsverfah-ren
gegebenenfalls nach Vernehmung weiterer Zeugen

klären müssen, ob nach diesen Grundsätzen zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden kann, dass der entwendete Transportcontainer den von der Klägerin behaupte-ten Inhalt hatte. Dabei wird das Berufungsgericht auch den Vortrag der Streit-helferin zu
1 zu berücksichtigen haben, in drei Fällen hätten von derselben Ab-senderin beladene und verplombte Container bei der Ankunft am Abladeort we-niger Frachtstücke enthalten als in den dazugehörigen Frachtpapieren ausge-wiesen gewesen seien.

3. Die Angriffe der Revision gegen die Ausführungen des Berufungsge-richts zur Höhe des zu ersetzenden Schadens greifen nicht durch.

a) Die Rüge, das Berufungsgericht hätte bei der Schadensberechnung nach Art.
23 Abs.
2 CMR auch die Haftungshöchstgrenze gemäß Art.
23 Abs.
3 CMR berücksichtigen müssen (vgl. BGH,
Urteil vom 30.
September 2010

I
ZR
39/09, BGHZ 187, 141 Rn.
41
ff. =
TranspR 2010, 437), hat schon des-halb keinen Erfolg, weil das Berufungsgericht den Schaden nicht nur auf der Grundlage
der CMR-Bestimmungen, sondern

rechtsfehlerfrei (dazu nachfol-gend)

auch nach §
429 HGB berechnet hat und dabei zum identischen Ergeb-nis gelangt ist.

20
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22
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11
-

b) Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Rüge der Revision, soweit das Be-rufungsgericht die Schadensberechnung auf die Vermutung des §
429 Abs.
3 Satz
2 HGB gestützt habe, habe es verfahrensfehlerhaft angenommen, der von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnung (Anlage
K
2) habe ein Kaufgeschäft zwischen der türkischen Produzentin der Fernsehgeräte und der niederländi-schen G.

B.V. zugrunde gelegen. Die Beklagte habe dies be-
reits in erster Instanz bestritten und daher in ihrer Berufungsbegründung auch gerügt, dass das Landgericht ihr Bestreiten zu Unrecht nicht berücksichtigt ha-be. Gleichwohl sei das Berufungsgericht von einem Kaufvertrag ausgegangen. Damit habe es seinem Urteil zu Lasten der Beklagten eine streitige Tatsache zugrunde gelegt.

Entgegen der Ansicht der Revision liegt der gerügte Verfahrensverstoß des Berufungsgerichts nicht vor. Das Berufungsgericht ist angesichts der vorge-legten Handelsrechnung ersichtlich davon ausgegangen, dass die Beklagte das Zustandekommen eines Kaufvertrags über das entwendete Gut nicht hinrei-chend substantiiert bestritten hat. Es konnte daher als unstreitig annehmen, dass das Gut schon vor der Entwendung an die G.

B.V. ver-
äußert worden war. Ohne nähere konkrete Anhaltspunkte musste das Beru-fungsgericht nicht davon ausgehen, dass es nicht zum Abschluss des von der Klägerin dargelegten Kaufvertrags gekommen war.

Die von der Revision gerügte rechtsfehlerhafte Auslegung des §
429 Abs.
3 Satz
2 HGB liegt ebenfalls nicht vor, weil das verlorengegangene Gut bereits vor der Übernahme zur Beförderung veräußert wurde, und zwar von der rechtlich selbständigen türkischen Produzentin an die ebenfalls rechtlich selb-ständige G.

B.V.

23
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12
-

III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Streithelferin zu
1 der Beklagten aufzuheben. Die Sache ist, da weitere tatrichterliche Feststellun-gen erforderlich sind, an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, zurückzuverweisen (§
563
Abs.
1 ZPO).

Bornkamm
Pokrant
Büscher

Schaffert
Koch
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 25.09.2009 -
2 HKO 5518/08 -

OLG Nürnberg, Entscheidung vom 15.12.2010 -
12 U 2150/09 -

26

Meta

I ZR 14/11

13.09.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2012, Az. I ZR 14/11 (REWIS RS 2012, 3225)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3225

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I-18 U 52/13 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

I-18 U 52/13

Zitiert

I ZR 14/11

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