Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.04.2016, Az. 9 A 8/15

9. Senat | REWIS RS 2016, 12145

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Gegenstand

Gemeindeklage gegen Planfeststellungsbeschluss; abwehrender Brandschutz für Straßentunnel; Baulast für Rettungswege


Leitsatz

1. Eine Gemeinde kann im Rechtsstreit gegen einen Planfeststellungsbeschluss nur eigene Rechte und schutzwürdige Belange geltend machen, nicht aber Rechte Dritter und Belange des Gemeinwohls (im Anschluss an stRspr).

2. Für eine "geteilte" Baulast dergestalt, dass der Vorhabenträger durch einen Rettungsweg bedingte Mehrkosten der künftigen Unterhaltung tragen muss, besteht keine gesetzliche Grundlage.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine Gemeinde mit ca. 1 700 Einwohnern im Süden von [X.]. Sie wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 für den Neubau der [X.] Nord-West-Umfahrung [X.] im Abschnitt von der Landesgrenze [X.]/[X.] bis [X.].

2

Der planfestgestellte Abschnitt ist Teil der in acht Streckenabschnitte gegliederten "Nord-West-Umfahrung [X.]", die im Osten beim Autobahnkreuz [X.] an das fertiggestellte [X.] Nr. 10 (Neubau der [X.] zwischen [X.] und [X.]) anknüpft und im achten Streckenabschnitt zwischen [X.] und [X.] die [X.] mit einem insgesamt 5,671 km langen [X.] unterqueren soll. Für die Planfeststellung wurde der achte Streckenabschnitt an der Grenze zwischen [X.] und [X.] in der Mitte der [X.] in zwei selbständige Planfeststellungsverfahren aufgeteilt. Sämtliche Abschnitte der Nord-West-Umfahrung [X.] sind im Bedarfsplan in der Stufe des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen. Darüber hinaus sind sie Bestandteil des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V).

3

Das planfestgestellte Vorhaben weist eine Gesamtlänge von 3,99 km auf. Die Länge des in der Mitte der [X.] beginnenden [X.] beträgt ca. 1,8 km. In Fahrtrichtung [X.] weist die [X.] ([X.]) über ca. 1 330 m eine Längsneigung von knapp 4 % auf. Das [X.] liegt südlich von [X.] und östlich der Ortslage [X.] in etwa 400 m Entfernung vom [X.]. Die Trasse quert im weiteren Verlauf die [X.] mit einer 4,5 m hohen und 34,5 m weiten Brücke und endet in [X.] in der Nähe der [X.], ohne jedoch an diese anzubinden. Die [X.] folgt der Linienbestimmung des damaligen [X.], Bau- und Wohnungswesen vom 28. Juli 2005. Östlich der Trasse liegt das FFH-Gebiet "[X.] 2222-321 Wetternsystem in der [X.]er Marsch". Der Mindestabstand der Trasse zu diesem aus Gewässer- und Grabensystemen in der [X.] bestehenden Schutzgebiet beträgt ca. 500 m. Schutzziel der Gebietsausweisung ist die in [X.] der [X.] aufgeführte Fischart "Schlammpeitzger". Westlich des ausgewiesenen FFH-Gebietes schneidet die Trasse das dort gelegene [X.] ([X.]-322), welches vom Beklagten vorsorglich einer Verträglichkeitsprüfung unterzogen worden ist. Der gesamte [X.] Abschnitt der [X.] von der Mündung bis zur [X.] bei [X.] ist Teil des FFH-Gebietes "[X.] 2323-392 [X.]isches Elbästuar". Im Bereich des Vorhabens liegt der [X.] 2 des Schutzgebietes "[X.] mit [X.] und Inseln" mit zwei nicht prioritären Lebensraumtypen sowie einer Reihe geschützter Fischarten. Etwa 500 m vom [X.] entfernt befindet sich [X.] das Vogelschutzgebiet "[X.] 2323-401 [X.] bis [X.]".

4

Die Linie für den streitgegenständlichen Abschnitt wurde unter der Bezeichnung "[X.], Nord-West-Umfahrung [X.] Abschnitt [X.] ([X.]) bis [X.] ([X.])" bestimmt. Für diesen Abschnitt fand eine großräumige Variantenprüfung zur Linienfindung statt. Die Unterlagen (Untersuchung zur Linienfindung von Oktober 2002) wurden vom 6. Januar 2003 bis 6. Februar 2003 öffentlich ausgelegt. Ab Oktober 2004 wurde das [X.] mit dem zunächst separat davon geführten [X.] für den Raum [X.] gemeinsam fortgeführt. Im November 2004 stellten die Länder [X.] und [X.] beim [X.], Bau- und Wohnungswesen unter Vorlage eines gemeinsamen Erläuterungsberichts den formellen Antrag nach § 16 [X.] auf Bestimmung der Linie für die "[X.], Nord-West-Umfahrung [X.], Abschnitt [X.] ([X.]) bis [X.], östlich [X.] ([X.])". Der Antrag, der letztlich zur Linienbestimmung führte, umfasste eine Strecke mit einer Gesamtlänge von ca. 95 km.

5

Die Länder [X.] und [X.] schlossen im Oktober 2005 eine Verwaltungsvereinbarung über die Elbquerung einschließlich [X.]. Darin werden die Zuständigkeiten und die Kostenverteilung für die Planung geregelt. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 2 der Vereinbarung wird die Planfeststellung separat in Eigenverantwortung der beiden Länder durchgeführt.

6

Die vom Vorhabenträger zur Planfeststellung eingereichten Unterlagen lagen nach vorangegangener ortsüblicher Bekanntmachung in der [X.] vom 25. Mai 2009 bis zum 25. Juni 2009 in den Amtsverwaltungen [X.], [X.] und [X.] aus. Nach Durchführung des [X.] wurde der Plan im Dezember 2012 und im September 2014 geändert. Die [X.] der ersten Planänderung lagen erneut in den vorgenannten Verwaltungen sowie zusätzlich in [X.] und [X.], diejenigen der zweiten Änderung nur zusätzlich in [X.] aus.

7

Mit Beschluss vom 30. Dezember 2014 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der [X.] Nord-West-Umfahrung [X.], Abschnitt von der Landesgrenze [X.]/[X.] bis [X.] fest. Im Laufe der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Plan durch mehrere Protokollerklärungen geändert. In der geänderten Fassung darf das Vorhaben erst verwirklicht werden, "wenn für den südwestlichen anschließenden Abschnitt auf niedersächsischem Gebiet und einen sich daran anschließenden Abschnitt, der die Anbindung an das Straßennetz sicherstellt", sowie für den in nordöstlicher Richtung auf [X.]m Gebiet anschließenden [X.] 7 ([X.] - Abschnitt [X.] bis [X.]) vollziehbare Planfeststellungsbeschlüsse vorliegen und gegen deren Vollziehbarkeit keine Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt oder entsprechende Anträge im gerichtlichen Verfahren zurückgewiesen worden sind. Hinsichtlich der Tunnelsicherheit enthält der Planfeststellungsbeschluss zahlreiche Nebenbestimmungen, die in einer Reihe von Punkten in der mündlichen Verhandlung ergänzt und präzisiert wurden. Der Beklagte hat außerdem durch eine Planänderung die Zahl der befahrbaren [X.] zwischen den Tunnelröhren erhöht. Die Verkehrsfreigabe darf nur erfolgen, wenn die Umsetzung der zur Erreichung des Sicherheitsniveaus erforderlichen Maßnahmen gegenüber der Planfeststellungsbehörde nachgewiesen worden ist; es ist vom Vorhabenträger mitzuteilen, ob sich neue Erkenntnisse zur Erforderlichkeit einer automatischen Brandbekämpfungsanlage ergeben haben und gegebenenfalls eine solche Anlage nachzurüsten. Hinsichtlich des FFH-Gebietes "[X.] 2222-321 Wetternsystem in der [X.]er Marsch" einschließlich der [X.] "[X.]-322" und des FFH-Gebietes "[X.] 2323-392 [X.]isches Elbästuar" sowie des Vogelschutzgebietes "[X.] 2323-401 [X.] bis [X.]" verneint der Planfeststellungsbeschluss erhebliche Beeinträchtigungen. In Bezug auf den Artenschutz kommt er zu dem Ergebnis, dass durch die vorgesehenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen sowie die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen keine Verbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG verwirklicht und keine Ausnahmen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erforderlich werden. Im Laufe des Gerichtsverfahrens hat der Beklagte einen Fachbeitrag zur Wasserrahmenrichtlinie zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Bewirtschaftungszielen nach §§ 27, 44 und 47 [X.] vorgelegt. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass durch das Vorhaben keine Verschlechterungen des ökologischen Potentials und des hydromorphologischen sowie des chemischen Zustandes der [X.] zu erwarten seien und das Vorhaben auch dem [X.] sowie dem [X.] nicht entgegenstehe.

8

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage. Sie macht im Wesentlichen geltend, durch die Trasse würden wesentliche Teile des Gemeindegebietes ihrem planerischen Zugriff entzogen und das Gemeindegebiet werde vollständig entwertet. Wegen der erheblichen Lärm- und Erschütterungsbelastungen insbesondere durch den Abtransport der Erdmassen hätten für die mehrjährige Bauphase [X.] im Planfeststellungsbeschluss getroffen werden müssen. Die Aufgaben des abwehrenden Brandschutzes, die durch den Tunnelbau auf sie zukämen, könne sie nicht sicherstellen. Es sei unzulässig, der Gemeinde, die keinen Antrag auf Errichtung einer Werkfeuerwehr stellen und keinen finanziellen Ersatz beim Vorhabenträger verlangen könne, die Verantwortung für die Tunnelsicherheit zu übertragen. Die freiwilligen Feuerwehrkräfte seien personell nicht erweiterbar und mit der [X.] überfordert. Die Verweigerung einer finanziellen Zuwendung durch den Vorhabenträger für die zukünftigen Unterhaltslasten der [X.] sei rechtswidrig. Die neuen [X.]. 15 und [X.]. 27 seien mit 6 m Breite für den gemeindlichen Bedarf überdimensioniert, während bei der Bemessung der Breite anderer Wege nicht berücksichtigt worden sei, dass nach den einschlägigen Förderprogrammen eine Mindestbreite von 3,5 m einzuhalten sei.

9

Im Übrigen macht sich die Klägerin das Vorbringen des [X.] in dem Verfahren 9 A 9.15 zu eigen. Dieser hält den Planfeststellungsbeschluss noch aus folgenden weiteren Gründen für rechtswidrig:

"Die Abgrenzung des Auslegungsgebietes und die Auslegungsbekanntmachung seien fehlerhaft und die ausgelegten Unterlagen unvollständig gewesen. Hinsichtlich des während des Prozesses erstellten wasserrechtlichen Fachbeitrags fehle es an der erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung. Es sei unzulässig, das einheitliche Vorhaben 'Elbquerung' in zwei Tunnelabschnitte aufzuteilen und die Umweltverträglichkeitsprüfung auf den [X.]n Tunnelteil zu begrenzen. Die zwischen [X.] und [X.] geschlossene Verwaltungsvereinbarung über die Zusammenarbeit bei der Planung der Elbquerung habe gegen die Landesverfassung und das Landesverwaltungsgesetz verstoßen. Die [X.] seien unvollständig bekannt gemacht worden und die [X.] sei in diesem Verfahren fehlerhaft gewesen. Für das Vorhaben fehle es an der Planrechtfertigung, insbesondere seien weder die vorgesehene Privatfinanzierung des Tunnels noch eine klassische Finanzierung durch den [X.] gesichert. Die Sicherheit des [X.]s entspreche nicht den Vorgaben der [X.], die ihrerseits nicht ordnungsgemäß in das [X.] Recht umgesetzt worden sei. Die erforderliche Risikoanalyse hinsichtlich der Brandsicherheit sei nicht methodengerecht durchgeführt und es sei zu Unrecht von der Anordnung einer Tunnelfeuerwehr und einer automatischen Brandbekämpfungsanlage abgesehen worden. In naturschutzrechtlicher Hinsicht sei im Bereich des [X.]s ein faktisches Vogelschutzgebiet mit der Leitart [X.] nicht berücksichtigt worden. Die Abgrenzung des FFH-Gebietes 'Wetternsystem in der [X.]er Marsch' sei räumlich falsch und bezüglich der geschützten Arten unzureichend. Das vom Beklagten eingeholte [X.] habe wegen unzureichender Erfassungsmethoden das relevante Fledermausspektrum nicht richtig erfassen können und ein unzulängliches Schutzkonzept entwickelt. Der im gerichtlichen Verfahren nachgereichte Fachbeitrag zur Wasserrahmenrichtlinie hätte Bestandteil der Umweltverträglichkeitsprüfung sein müssen und weise sowohl in methodischer Hinsicht als auch im Hinblick auf die Datenquellen Fehler auf."

Die Klägerin beantragt,

1. den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der [X.] (Nord-West-Umfahrung [X.], Abschnitt von der Landesgrenze [X.]/[X.] bis [X.]) vom 30. Dezember 2014 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vom 11. bis 13. April 2016 erklärten Ergänzungen aufzuheben,

2. hilfsweise,

a) den Planfeststellungsbeschluss um die Auflage zu ergänzen, dass die Bau(massen)transporte ausschließlich über die Trasse der [X.], Abschnitt [X.] - [X.] durchgeführt werden, wobei zugleich die aufschiebende Bedingung aufzunehmen ist, dass mit dem Bau im vorliegenden Abschnitt erst dann begonnen werden darf, wenn der Abschnitt [X.], [X.] - [X.], so weit hergestellt ist, dass der Bau(massen)transport, insbesondere des Tunnelaushubs, über diese Route erfolgen kann, oder per Schiff über die [X.] durchzuführen sind;

b) den Planfeststellungsbeschluss um die Auflage zu ergänzen, dass das [X.] mit einer automatischen Brandbekämpfungsanlage ([X.]) auszurüsten ist,

c) den Planfeststellungsbeschluss um die Auflage zu ergänzen, dass eine von einer für die Erfüllung der Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Brandschutzgesetz hinreichenden Anzahl von hauptamtlichen Kräften mit der erforderlichen Ausrüstung durchgehend besetzte [X.] einzurichten ist, wobei zugleich anzuordnen ist, dass die Klägerin hierfür von Kosten freizuhalten ist,

3. ebenso hilfsweise,

den Planfeststellungsbeschluss insoweit zu ändern, als dieser die Übertragung des Eigentums an dem und die [X.] für das Bauwerk [X.] 15 der Klägerin auferlegt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Klägerin nur im Hinblick auf ihr durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschütztes Selbstverwaltungsrecht für klagebefugt und tritt dem Vorbringen im Einzelnen entgegen.

Entscheidungsgründe

A. Die Klage ist zulässig.

Eine Gemeinde ist im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nicht befugt, als Sachwalterin von Rechten Dritter bzw. des Gemeinwohls Belange ihrer Bürger, wie [X.] oder den Schutz vor visuellen Beeinträchtigungen, geltend zu machen oder die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit den Belangen von Natur und Landschaft gerichtlich überprüfen zu lassen. Das Klagerecht steht ihr aber im Hinblick auf ihre eigenen Rechte und schutzwürdigen Belange zu. Die gemeindliche Planungshoheit vermittelt nach ständiger Rechtsprechung eine wehrfähige, in die Abwägung nach § 17 Satz 2 [X.] einzubeziehende Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen auf dem eigenen Gemeindegebiet, wenn das Vorhaben nachhaltig eine bestimmte Planung der Gemeinde stört oder wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht oder gemeindliche Einrichtungen - bspw. die Funktionsfähigkeit der gemeindlichen Feuerwehr - erheblich beeinträchtigt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - 9 VR 6.03 - juris Rn. 17 und Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - [X.] 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 19).

Gemessen hieran erscheint es nicht von vornherein nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass der Klägerin die Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgabe, eine leistungsfähige Feuerwehr zu unterhalten (§ 2 des [X.] über den Brandschutz und die Hilfeleistungen der Feuerwehren vom 10. Februar 1996 ), durch den Tunnel wesentlich erschwert oder gar unmöglich gemacht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2013 - 9 A 13.12 - juris Rn. 14).

B. Die Klage ist nicht begründet.

1. Der Planfeststellungsbeschluss ist auf der Grundlage zweier Untersuchungen zur Bewertung der Möglichkeiten und Grenzen eines Feuerwehreinsatzes im Tunnelbauwerk durch das [X.] vom 8. Juni 2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Übertragung der Rettung und Brandbekämpfung auf die umliegenden Freiwilligen Feuerwehren mit der entsprechenden technischen Ausstattung sowie mit Ausbildung und Training für [X.] möglich sei. Für [X.] geht der Planfeststellungsbeschluss ([X.]) davon aus, dass hauptamtliche Kräfte für den Ersteinsatz vorgesehen werden. Die Organisation und Durchführung des abwehrenden Brandschutzes obliege dem Land, das zusammen mit den betroffenen Kreisen und Gemeinden ein entsprechendes Sicherheitskonzept zu erarbeiten und den Brandschutz sicherzustellen habe.

In seiner am 12. April 2016 in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärung hat das Land [X.] nicht nur (deklaratorisch) seine gesetzlich ohnehin bestehende Verpflichtung nach dem schleswig-holsteinischen Brandschutzgesetz zur Unterstützung der Klägerin und des [X.] bekräftigt, sondern sich darüber hinaus ausdrücklich verpflichtet, hauptamtliche Wachabteilungen für die Elbquerung zu schaffen und hierfür finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Auch wenn damit noch nicht über die Höhe der finanziellen Mittel, die das Land zur Verfügung stellen wird, entschieden ist, steht durch diese Erklärung fest, dass hauptamtliche Wachabteilungen der Feuerwehren mit der hierfür erforderlichen finanziellen Hilfe des [X.] eingerichtet werden. Durch die Ergänzung der Nebenbestimmung 2.1.2.4 um eine Ziffer 5, durch die die Verkehrsfreigabe von der Vorlage eines die Sicherstellung des abwehrenden Brandschutzes belegenden Sicherheitskonzepts abhängig gemacht wird, wird die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtung vor der Inbetriebnahme des Tunnelbauwerks gewährleistet. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob auch ohne derartige Erklärungen die Planfeststellungsbehörde im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses von der Sicherstellung des abwehrenden Brandschutzes für das Tunnelbauwerk durch die Freiwilligen Feuerwehren der Klägerin und des [X.] ausgehen durfte und ob der Klägerin hierdurch die Erfüllung der ihr nach § 2 BrSchG SH obliegenden Selbstverwaltungsaufgabe, den örtlichen Brandschutz zu gewährleisten, wesentlich erschwert oder unmöglich gemacht worden wäre. Denn durch die abgegebenen Erklärungen ist der von der Klägerin geltend gemachten Forderung nach Errichtung einer mit hauptamtlichen Feuerwehrkräften besetzten "[X.]" und finanzieller Unterstützung in der Sache Rechnung getragen worden. Ein darüber hinaus gehender Anspruch, dies durch eine an den Vorhabenträger gerichtete Auflage zu regeln, steht der Klägerin ebenso wenig zu wie der Anspruch, von allem Mehraufwand freigestellt zu werden, der ihr durch den Planfeststellungsbeschluss bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß § 2 BrSchG SH entsteht. Finanziellen Mehrbelastungen, die durch eine neu errichtete Straße verursacht werden, ist allenfalls im Rahmen des Finanzausgleichs, nicht jedoch im Rahmen der Planfeststellung Rechnung zu tragen.

2. Ohne Erfolg bleibt auch der auf die Errichtung einer automatischen [X.] gerichtete Hilfsantrag der Klägerin. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen von der Rügebefugnis der Klägerin umfasst ist. Die Planfeststellungsbehörde hat abwägungsfehlerfrei von der Anordnung einer solchen Anlage abgesehen. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren 9 A 9.15 ausgeführt:

"Weder die Tunnelrichtlinie noch die im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses geltende [X.] 2006 schreiben den Einsatz einer automatischen [X.] vor. Beide Regelwerke verwenden den Begriff nicht. Auch der Entwurf der für 2016 geplanten Neufassung der [X.] sieht die automatische (stationäre) [X.] nicht als Regelausstattung eines Tunnels vor, sondern nur in Ausnahmefällen als eine Option, wenn durch eine Verstärkung der zwingend vorgeschriebenen Ausstattungsmerkmale keine ausreichende Sicherheit erreicht wird oder diese Maßnahmen wirtschaftlich nicht vertretbar sind. Der Beklagte war daher nicht verpflichtet, eine automatische [X.] vorzusehen, sondern hatte über den Einsatz einer solchen Anlage im Rahmen der auf der Grundlage der Risikoanalyse vorzunehmenden Prüfung, ob zur Gewährleistung der Sicherheit des Tunnels zusätzliche Maßnahmen oder weitere Ausrüstungen notwendig sind, zu entscheiden. Diese Entscheidung hält einer Überprüfung stand.

In den Untersuchungen durch das [X.] vom 8. Juni 2009 wird zwar eine automatische [X.] als wirksame Alternative zu einer Werkfeuerwehr vorgeschlagen. Die im Mai 2010 erstellte zusätzliche Untersuchung zur Wirksamkeit einer automatischen [X.] ([X.] zur Risikoanalyse) kommt aber bezogen auf den darin allein untersuchten Personenschutz zu dem Ergebnis, dass eine solche Anlage zusätzlich zur Rauchabsaugung zwar das Sicherheitsniveau beider Röhren über das der Mindestanforderungen der [X.] 2006 hebe. Hinsichtlich der Selbstrettungsmöglichkeiten sei durch das zusätzliche Aktivieren einer automatischen [X.] im Vergleich zur reinen Rauchabsaugung nur eine geringfügige Verbesserung zu erwarten, weshalb wegen der mit deren Installation verbundenen hohen Zusatzkosten einer verkürzten Detektionszeit der Vorzug zu geben sei.

Gestützt hierauf lehnt der Planfeststellungsbeschluss die automatische [X.] ab. Der Baulastträger sei nicht verpflichtet, den bestmöglichen oder optimalen Standard zu gewährleisten. Das gelte auch dann, wenn dieser Standard die Arbeit der Feuerwehren erleichtere. Gleichzeitig hat der Planfeststellungsbeschluss dem Vorhabenträger in der Nebenbestimmung 2.1.2.4 unter Ziffer 2 jedoch aufgegeben, vor Inbetriebnahme des Tunnels den Stand der Technik darauf zu prüfen, ob sich abweichende Erkenntnisse zur Erforderlichkeit einer automatischen [X.] ergeben haben; gegebenenfalls ist der Vorhabenträger auf seine Kosten zur Nachrüstung verpflichtet.

Die mündliche Verhandlung hat diese Entscheidung der Planfeststellungsbehörde als vertretbar bestätigt.

Der Gutachter des Beklagten, [X.]., hat den Einbau einer automatischen [X.] für einen 100 % wirksamen Bautenschutz als sinnvoll bezeichnet und einer solchen Anlage auch für die Selbstrettung einen positiven Wert beigemessen, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass es diesbezüglich auch negative Auswirkungen gebe. So werde die zunächst stabile Schichtung des Rauchs zerstört, wodurch die Selbstrettung behindert werde. Es sei noch nicht hinreichend erforscht, welche Auswirkungen ein Schaum- oder Wasserregen auf das Rettungsverhalten der Betroffenen und die Sichtverhältnisse habe. Durch das Versprühen von Schaum oder Wasser bestehe jedenfalls die Gefahr, dass Autofahrer nicht mehr aus ihrem Fahrzeug ausstiegen. Im Einwirkungsbereich einer automatischen [X.] werde man als Fußgänger 'klatschnass'. Hinzu komme, dass die automatische [X.] nicht sofort einsatzbereit sei. Es müsse erst der notwendige Wasservorrat und Wasserdruck an der Einsatzstelle aufgebaut werden, weshalb die Anlage erst ca. zwei Minuten nach der Detektion des Brandes wirksam werde und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die Selbstrettung im kritischen Bereich abgeschlossen sei. Für mobilitätseingeschränkte Personen könne die automatische [X.] neben Vorteilen auch Nachteile mit sich bringen, eine genaue Abschätzung sei schwer möglich. In der [X.] könne und müsse man auch auf die allgemeine und strafbewehrte Hilfspflicht der anderen Verkehrsteilnehmer bauen.

Diese Ausführungen sind durch den Gutachter [X.]. nicht grundsätzlich in Frage gestellt worden. Der Gutachter hat die hohe Wirksamkeit der Anlage betont und kritisiert, dass die Kostenwirksamkeit der automatischen [X.] wegen der Nichtberücksichtigung der Korrekturfaktoren bei der Berechnung der [X.] nicht zutreffend bewertet worden sei. Bei richtiger Berechnung wäre man für die Oströhre statt auf ein Kostenwirksamkeitsverhältnis von 1,3 in die Nähe von 1,0 oder darunter und auch für die Weströhre zu einem niedrigeren Wert als 4,2 gekommen. Dies hätte Anlass für eine vertiefte Prüfung gegeben. Dem ist der Gutachter des Beklagten überzeugend mit dem Hinweis entgegengetreten, angesichts der sehr viel höheren Kostenwirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen sei es unerheblich, ob man für eine automatische [X.] auf eine Kostenwirksamkeitsrelation von 1,3 oder 1,0 oder 0,9 komme. Dann jedenfalls lägen die Werte ganz erheblich über den Werten, die durch die planfestgestellten Maßnahmen erreicht würden.

Der Einbau einer automatischen [X.] ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Bautenschutzes erforderlich. Zwar wird unter diesem Gesichtspunkt die Installation einer automatischen [X.] in den erwähnten Berichten der D. empfohlen. In der mündlichen Verhandlung wurde vom Gutachter [X.]. allerdings überzeugend erklärt, dass die Annahme einer [X.] von 55 Minuten auch bei großen Bränden dem tatsächlichen Brandgeschehen entspreche und bei der Verwendung der vorgesehenen Brandschutzplatten gemäß den Anforderungen der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING) Teil 5 - Tunnelbau - der Tunnel diese verlängerte [X.] relativ unbeschadet überstehe. Tunnel würden auch sehr viel längere Brandereignisse überstehen, wie ein Großbrand im Gotthardtunnel gezeigt habe, bei dem die Feuerwehr erst zwei bis drei Tage nach Brandausbruch in den Tunnel gelangt sei. Der Kritik, die erhöhten baulichen Anforderungen an den Brandschutz des Tunnelbauwerks seien nicht planfestgestellt, hat der Beklagte durch einen Blaueintrag in die [X.] ausgeräumt.

Der Beklagte hat schließlich dadurch, dass er den Vorhabenträger verpflichtet hat, vor der Inbetriebnahme des Tunnels zu prüfen, ob eine automatische [X.] mittlerweile dem Stand der Technik entspricht, und gegebenenfalls eine solche Anlage nachzurüsten, sichergestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss an die neuesten technischen Entwicklungen und Erkenntnisse über die Wirksamkeit einer automatischen [X.] für den Personen- und Bauwerksschutz angepasst wird. Das auf eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Auflage zur Ausrüstung des Tunnels mit einer automatischen [X.] gerichtete [X.] musste daher ohne Erfolg bleiben."

3. Auch sonst verletzt der angefochtene Planfeststellungsbeschluss die Klägerin nicht in ihrer Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG).

a) Die Übertragung der Unterhaltslast für die planfestgestellten Bauwerke [X.]. 15, 32 und 27 auf die Klägerin ist nicht zu beanstanden. Dem Planfeststellungsbeschluss zufolge (S. 332) dient der 1 245 m lange Wirtschaftsweg ([X.]. 15) von der Gemeindestraße [X.] zur [X.] entlang der [X.] und der Trasse hauptsächlich der Anbindung der abgeschnittenen Flurstücke nordwestlich der Trasse und darüber hinaus als rückwärtige Betriebs- und Unterhaltungszufahrt sowie als Rettungsweg. Die Verbreiterung der Straße [X.] ([X.]. 32) dient dem [X.] dieses Weges an das Straßennetz. Die Funktion des [X.] bestreitet die Klägerin nicht. Damit gehört der Weg weder als ausdrücklich benannter Teil noch aufgrund eines ausschließlichen und untrennbaren Funktionszusammenhangs mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gemäß § 1 Abs. 4 [X.] zur [X.] und unterfällt damit nicht nach § 5 Abs. 1, § 3 [X.] der Straßenbaulast des [X.]. Er ist entgegen der Ansicht der Klägerin mit 6 m auch nicht zu breit gebaut; dieser Breite bedarf es, um einen Begegnungsverkehr von Rettungsfahrzeugen bzw. von Rettungsfahrzeugen und landwirtschaftlichem Verkehr zu ermöglichen. Für eine "geteilte" Baulast dergestalt, dass der Vorhabenträger die "rettungswegbedingten" Mehrkosten der zukünftigen Unterhaltung tragen muss, besteht hingegen keine gesetzliche Grundlage. Mehrbelastungen ist vielmehr im Rahmen des Finanzausgleichs, nicht jedoch im Rahmen der Abwägung und Planfeststellung Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 1994 - 4 [X.] - [X.] 11 Art. 28 GG Nr. 102 für die Abstufung einer [X.]straße zu einer Gemeindestraße). Soweit der Weg ausschließlich als [X.] ([X.]. 11) weitergeführt wird, geht dies allein zu Lasten des [X.]. Der 410 m lange Wirtschaftsweg westlich der [X.] ([X.]. 27) dient ausschließlich den anliegenden Flurstücken als Zufahrt. Soweit die Klägerin rügt, dieser und weitere Wege hätten 3,5 m breit ausgebaut werden müssen, um ihr eine Teilnahme am Förderprogramm zur Förderung der Modernisierung ländlicher Wege zu ermöglichen, ist zum einen schon nicht erkennbar und nicht dargelegt, dass das Förderprogramm auch die Unterhaltung von dritter Seite modernisierter Wege umfasst; zum anderen hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen, dass die Gemeinde es abgelehnt habe, sich an den Mehrkosten für breitere Wege zu beteiligen.

b) Dass die geplante Trasse konkrete und verfestigte [X.] der Klägerin stören könnte, ist nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Die Trasse unterquert mit dem Tunnelbauwerk den [X.] der Klägerin. Die offene Strecke verläuft im Außenbereich auf rein landwirtschaftlich genutzten Flächen, für die keine konkreten [X.] erkennbar sind.

c) Auch das gemeindliche Selbstgestaltungsrecht, das vor Maßnahmen schützt, die das Ortsbild entscheidend prägen und nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 - 9 A 35.10 - [X.] 407.4 § 17 [X.] Nr. 225 Rn. 36 m.w.N.), ist offensichtlich nicht verletzt. Die Durchschneidung des Gemeindegebietes ist durch die Untertunnelung des [X.] und den Verlauf der offenen Strecke auf den außerhalb der Ortslagen liegenden landwirtschaftlichen Flächen von vergleichsweise geringem Gewicht. Soweit die Klägerin Lärm, Erschütterungen und Wertminderungen durch das Vorhaben und die Bauphase rügt, macht sie Interessen und Belange ihrer Gemeindemitglieder geltend, nicht aber eigene [X.]. Abgesehen davon ist der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung erklärten Änderungen insoweit nicht zu beanstanden. Auf die Urteile vom heutigen Tag in den Verfahren 9 A 9.15 und 9 A 14.15 wird verwiesen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Meta

9 A 8/15

28.04.2016

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: A

nachgehend BVerwG, 15. Dezember 2016, Az: 9 A 12/16, Beschluss

Art 28 Abs 2 S 1 GG, § 1 Abs 4 FStrG, § 3 FStrG, § 5 Abs 1 FStrG, § 17 Abs 2 FStrG, § 2 BrandSchG SH

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.04.2016, Az. 9 A 8/15 (REWIS RS 2016, 12145)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12145

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7 K 2332/18.TR

10 B 11706/17

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