Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2012, Az. 4 B 20/12

4. Senat | REWIS RS 2012, 79

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Gegenstand

Verletzung der Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung


Gründe

1

Die [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob bei einer grundsätzlich erlaubten Abstandnahme des Planungsträgers von einer abschließenden Konfliktbewältigung der ungeklärten Erschließungssituation im [X.]ebauungsplan und Verweisung auf nachfolgende Fachplanungen, welche anschließend in eine das Stadium der Planreife gemäß § 33 Abs. 1 [X.]auG[X.] erreichende [X.]ebauungsplanänderung münden und ein hinreichendes Erschließungskonzept beinhalten, gleichwohl noch keine Erschließungspflicht der Gemeinde aus [X.] Verhalten begründen und nach wie vor auch eine negative [X.]eurteilungsprognose der Erschließbarkeit rechtfertigen". Diese Frage bedarf der Auslegung. Der Sache nach geht es dem Kläger offensichtlich darum, klären zu lassen, ob eine Erschließungspflicht einer Gemeinde und damit korrespondierend ein Erschließungsanspruch eines [X.]auantragstellers besteht, wenn bei einem als unwirksam erkannten [X.]ebauungsplan das zur Heilung des Mangels eingeleitete [X.]ebauungsplanänderungsverfahren das Stadium der Planreife i.S.d. § 33 Abs. 1 [X.]auG[X.] erreicht hat. Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil das Vorhaben des [X.] nach den Feststellungen des [X.] nicht nach § 33 [X.]auG[X.], sondern als [X.] nach § 35 [X.]auG[X.] zu beurteilen ist ([X.]). Dass in einem solchen Fall eine Erschließungspflicht der Gemeinde nicht besteht, liegt auf der Hand. Zudem fehlt es nach den Feststellungen des [X.] an dem zur [X.]egründung einer gemeindlichen Erschließungspflicht erforderlichen Erschließungsangebot des [X.] oder eines Dritten an die beigeladene Gemeinde ([X.]eschluss vom 17. Juni 1993 - [X.]VerwG 4 C 7.91 - [X.] 406.11 § 10 [X.]auG[X.] Nr. 30 ).

3

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Der [X.] der Abweichung liegt vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des [X.] oder [X.] widerspricht (vgl. [X.]eschluss vom 20. Dezember 1995 - [X.]VerwG 6 [X.] 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712; stRspr). Er ist hier nicht dargelegt. Der Kläger beanstandet, dass das Oberverwaltungsgericht die im [X.]eschluss des [X.] vom 26. März 2007 - [X.]VerwG 4 [X.] 10.07 - genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Konfliktverlagerung auf ein nachfolgendes Genehmigungsverfahren fehlerhaft verneint habe. Die unrichtige Anwendung eines höchstrichterlichen Rechtssatzes, so sie denn vorläge, begründet aber keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. [X.]eschluss vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr).

4

3. Schließlich liegen auch die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor.

5

a) Die [X.]eschwerde ist der Auffassung, das Oberverwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt, indem es nicht durch "sachverständige Feststellung" hat prüfen lassen, "ob es tatsächlich durch die seitens der beigeladenen Ortsgemeinde beabsichtigte weitere Fachplanung nicht zu bewerkstelligen war, eine Erschließung des Plangebietes technisch möglich und wirtschaftlich machbar zu erreichen". Ein entsprechender [X.]eweisantrag sei mit Schriftsatz vom 7. Februar 2012 gestellt worden; dem sei das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen.

6

Ein Aufklärungsmangel ist hiermit nicht dargetan. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer [X.]eweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener [X.]eteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Der [X.]eweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen ([X.]eschluss vom 11. August 1999 - [X.]VerwG 11 [X.] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltschaftlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere [X.]eweisanträge zu ersetzen, die ein [X.]eteiligter zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr; vgl. Urteil vom 23. Mai 1986 - [X.]VerwG 8 C 10.84 - [X.]VerwGE 74, 222 <223 f.> = [X.] 448.0 § 17 [X.] Nr. 7 S. 8 f.; [X.]eschluss vom 10. Oktober 2001 - [X.]VerwG 9 [X.] 2.01 - [X.] 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 10 f.). Soweit der Kläger auf den im Schriftsatz seines [X.]evollmächtigten vom 7. Februar 2012 enthaltenen [X.]eweisantrag verweist, ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei nur um die Ankündigung eines [X.]eweisantrages bzw. um eine [X.]eweisanregung handelt, die die Folgen des § 86 Abs. 2 VwGO nicht auszulösen vermag.

7

Die Tatsache, dass ein [X.]eweisantrag nicht gestellt wurde, ist allerdings dann unerheblich, wenn sich dem [X.] auch ohne ausdrücklichen [X.]eweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Das setzt aber den schlüssigen Vortrag voraus, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen (stRspr; z.[X.]. [X.]eschluss vom 1. Februar 2011 - [X.]VerwG 7 [X.] - juris Rn. 13); dieser materiell-rechtliche Standpunkt ist auch dann maßgeblich, wenn er rechtlichen [X.]edenken begegnen sollte (Urteil vom 14. Januar 1998 - [X.]VerwG 11 C 11.96 - [X.]VerwGE 106, 115 <119>; [X.]eschlüsse vom 25. Januar 2005 - [X.]VerwG 9 [X.] 38.04 - NVwZ 2005, 447 <449> und vom 20. Dezember 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] 38.10 - juris Rn. 18). Diese Anforderungen erfüllt die [X.]eschwerde nicht. Sie legt nicht dar, warum sich dem Oberverwaltungsgericht von seiner Rechtsauffassung ausgehend eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, sondern beurteilt die Frage der weiteren Sachaufklärung aus Sicht der Klagepartei.

8

b) Die weiteren [X.], das Oberverwaltungsgericht hätte seine Prüfung nicht darauf beschränken dürfen, ob ein Anspruch auf Erteilung der begehrten [X.]augenehmigung (richtig: Vorbescheid) zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestanden habe, sondern hätte darüber hinaus die im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage erhebliche Fragestellung beurteilen müssen, ob während des Verfahrens irgendwann einmal ein entsprechender Rechtsanspruch bestanden habe, sowie das Oberverwaltungsgericht habe die aus den Verfahrensakten ersichtliche 1. Planänderung des [X.]ebauungsplans "Vor dem [X.]" außer Acht gelassen, greifen ebenfalls nicht durch. Soweit damit überhaupt ein Verfahrensfehler und nicht ein solcher des materiellen Rechts behauptet wird, liegen jedenfalls die Voraussetzungen des - einzig in [X.]etracht kommenden - § 138 Nr. 6 VwGO offensichtlich nicht vor ([X.]eschluss vom 5. Juni 1998 - [X.]VerwG 9 [X.] 412.98 - [X.] 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 ).

Meta

4 B 20/12

20.12.2012

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 8. März 2012, Az: 1 A 10803/11, Urteil

§ 86 Abs 1 VwGO, § 96 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20.12.2012, Az. 4 B 20/12 (REWIS RS 2012, 79)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 79

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