Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.06.2016, Az. 3 StR 22/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 10030

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafsache: Konkurrenzverhältnis zwischen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen und gefährlicher Körperverletzung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. September 2015 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der schweren Misshandlung von [X.] schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen geringfügigen Erfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. [X.] gemäß § 225 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichter gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB kann hingegen keinen Bestand haben. Denn die Vorschrift des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB wird durch den [X.] des § 225 Abs. 3 Nr. 1 StGB verdrängt (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 225 Rn. 21). Hierzu gilt:

3

Der [X.] hat bereits zum Verhältnis von § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB bzw. von § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB zu § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB entschieden, dass die der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu Grunde liegende abstrakte Lebensgefährdung durch die Qualifikation der vorsätzlichen konkreten Lebensgefährdung, die zu den [X.] nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB und § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB führt, verdrängt wird ([X.], Beschlüsse vom 9. Juli 2004 - 2 StR 170/04, juris Rn. 4; vom 12. August 2005 - 2 StR 317/05, [X.]R StPO § 224 Abs. 1 Nr. 5 Gesetzeskonkurrenz 1, jeweils zu § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB; Beschluss vom 18. Juli 2007 - 2 [X.], [X.]R StGB § 306b Abs. 2 Nr. 1 Konkurrenzen 1 zum Verhältnis zur schweren Brandstiftung). Dies hat seinen materiellen Grund darin, dass abstrakte Gefährdungsdelikte gegenüber den die selben Rechtsgüter schützenden konkreten Gefährdungsdelikten subsidiär sind (LK/[X.], StGB, 12. Aufl., [X.]. zu §§ 52 ff. Rn. 130 mwN).

4

Nichts anderes gilt für das Verhältnis von § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zur schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 Abs. 3 Nr. 1 StGB, denn Grund der Strafschärfung ist auch hier, dass die schutzbefohlene Person durch die Tat nach § 225 Abs. 1 StGB in die konkrete (vgl. MüKoStGB/[X.], 2. Aufl., § 225 Rn. 36 mwN) Gefahr - unter anderem - des Todes gebracht wird. Daneben ist für eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung aufgrund der bloß abstrakten Lebensgefährdung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB kein Raum.

5

2. Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Der [X.] kann ausschließen, dass die [X.], die die Verwirklichung zweier Tatbestände nicht strafschärfend berücksichtigt hat, angesichts des von ihr zutreffend in den Fokus ihrer Strafzumessungserwägungen gerückten [X.] des zur Tatzeit heranwachsenden Angeklagten bei zutreffender Beurteilung der Konkurrenzen auf eine geringere Jugendstrafe erkannt hätte.

6

3. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels und den der Nebenklägerin dadurch entstanden Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Becker                                [X.]                                Gericke

                   Spaniol                               [X.]

Meta

3 StR 22/16

14.06.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Osnabrück, 29. September 2015, Az: 3 KLs 8/15

§ 224 Abs 1 Nr 5 StGB, § 225 Abs 1 StGB, § 225 Abs 3 Nr 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.06.2016, Az. 3 StR 22/16 (REWIS RS 2016, 10030)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10030

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 22/16 (Bundesgerichtshof)


6 StR 153/23 (Bundesgerichtshof)


3 StR 142/22 (Bundesgerichtshof)

Misshandlung von Schutzbefohlenen: Konkurrenzrechtliches Verhältnis bei wiederholten Misshandlungen


2 StR 459/21 (Bundesgerichtshof)

Strafbarkeit einer gefährlichen Körperverletzung durch Unterlassen durch zwei Garanten


2 StR 317/05 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

6 StR 153/23

2 StR 459/21

3 StR 22/16

27 Ks 7/20

3 StR 142/22

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.