Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.01.2011, Az. B 13 R 195/10 B

13. Senat | REWIS RS 2011, 10709

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage - Darlegung - höchstrichterliche Klärung


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 28. April 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] den Anspruch des [X.] auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim [X.] eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf eine Divergenz.

3

[X.] des [X.] ist unzulässig. Die Begründung vom [X.] genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz gemäß § 160 Abs 2 [X.] und [X.] nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

4

1. Grundsätzlich bedeutsam iS des § 160 Abs 2 [X.] SGG ist eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufzeigen (vgl [X.]-1500 § 160a [X.] mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

5

           

Der Kläger bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam die Frage:

        

"Handelt es sich bei einem Fachberater in einem Baumarkt um eine Tätigkeit, welche dem Bereich der [X.] des entwickelten [X.] mit dem Leitberuf eines Facharbeiters zuzuordnen ist?"

6

Der Senat kann offen lassen, ob es sich hierbei um eine Rechtsfrage, die im vorliegenden Verfahren grundsätzlich klärungsfähig (entscheidungserheblich) sein mag, handelt. Der Kläger zeigt in der Beschwerdebegründung jedenfalls nicht auf, dass sich die Beantwortung nicht schon aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt; die Rechtsfrage mithin noch nicht geklärt bzw weiterhin klärungsbedürftig ist.

7

Der Kläger trägt zwar pauschal vor, dass sich die aufgeworfene Frage nicht schon aus §§ 240, 43 [X.] beantworten lasse. Er nimmt ferner Bezug auf die Rechtsprechung des [X.] ([X.] 2200 § 1246 [X.], 37, 70), um darzulegen, dass die Feststellung der Erwerbsminderung bzw Berufsunfähigkeit nicht lediglich eine medizinische, sondern vorrangig eine Rechtsfrage sei. Im Rahmen der Rechtsprüfung sei aber auch eine "tatsächliche Betrachtungsweise angezeigt". Insofern habe das [X.] nicht hinreichend berücksichtigt, "dass jedermann die Tätigkeit eines 'Fachberaters' im Baumarkt ausüben" könne. Dies sei eine gerichtsbekannte Tatsache, die das [X.] im Rahmen der Beantwortung der Rechtsfrage nicht hinreichend berücksichtigt habe.

8

Mit diesem Vortrag hat sich der Kläger aber nicht hinreichend mit der Rechtsprechung des [X.] auseinandergesetzt. Denn er legt weder den Inhalt der zitierten Entscheidungen des [X.] dar noch zeigt er auf, aus welchem Grund die aufgeworfene Frage mit Hilfe der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zu lösen ist. Eine hierauf gerichtete inhaltliche Auseinandersetzung fehlt völlig. Der wiederholt geäußerte Vorwurf, das [X.] habe "gerichtsbekannte Tatsachen" nicht beachtet, ist als Rüge unrichtiger Beweiswürdigung im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein unbeachtlich (§ 160 Abs 2 [X.] SGG).

9

Die Auseinandersetzung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung erfordert aber darzulegen, dh näher darauf einzugehen (vgl [X.] vom [X.] - B 2 U 57/99 B - HVBG-Info 1999, 3342), weshalb eine bereits ins Feld geführte Argumentation nicht zutrifft und eine weitere höchstrichterliche Klärung erforderlich erscheint (vgl [X.] vom [X.] - [X.] 3-1500 § 160a [X.]; [X.] vom [X.] KN 7/03 B - Juris Rd[X.] 5). Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung der anzuwendenden Begriffe aber bereits eine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage gibt (vgl [X.] vom [X.] - B 2 U 8/06 B - [X.] Aktuell 2006, 101). Die Auseinandersetzung mit einschlägiger Rechtsprechung erfordert mithin, anhand dieser Rechtsprechung zu begründen, dass noch Bedarf nach einer weiteren Entscheidung des [X.] bestehe (vgl [X.]-1500 § 160a [X.]; [X.] vom 27.6.2001 - B 6 [X.]/01 B - Juris Rd[X.] 4). Daran fehlt es hier.

2. Soweit der Kläger Divergenz als weiteren Zulassungsgrund rügt, ist diese nicht hinreichend bezeichnet. Zur formgerechten Darlegung dieses Zulassungsgrundes müssen gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 [X.] in der Beschwerdebegründung entscheidungstragende Rechtssätze im Berufungsurteil und in einer höchstrichterlichen Entscheidung einander gegenüber gestellt werden; darüber hinaus ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des [X.] auf der Abweichung beruht (vgl [X.] 4-1500 § 160 [X.]0 Rd[X.] 4; [X.]3 Rd[X.]7). Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen erlaubt die Zulassung der Revision wegen Abweichung.

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

           

Der Kläger trägt insofern vor, das [X.] habe sinngemäß folgenden Rechtssatz aufgestellt:

        

"Einen selbstständig tätigen Malermeister in seinem eigenen kleinen Familienbetrieb ist es zumutbar bei Eintritt von Berufsunfähigkeit als Fachberater in einem Baumarkt tätig zu sein - mithin ist er auf Tätigkeiten von der obersten Stufe des [X.] auf Tätigkeiten der vorletzten Stufe des [X.] verweisbar."

           

Demgegenüber habe das [X.] ([X.]E 43, 243, 245 = [X.] 2200 § 1246 [X.]6; [X.] aaO [X.]1, 109, 147) sinngemäß folgenden Rechtssatz aufgestellt:

        

"Facharbeitern mit [X.] und besonders qualifizierte Facharbeiter genießen den umfangreichsten Berufsschutz. Sie sind nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der nächstniedrigeren Gruppe des [X.] (vgl. [X.]E 55, 45, 46 S) mit dem Leitberuf des Facharbeiters verweisbar (vgl. [X.] in [X.] 2200 § 1246 [X.], 37, 70), auf angelernte Tätigkeiten kann nicht verwiesen werden."

Ungeachtet dessen, ob das [X.] den zitierten Satz aufgestellt hat, hat der Kläger nicht hinreichend aufgezeigt, dass zwei Entscheidungen einander widersprechende Rechtssätze aufgestellt haben. Im ersten Rechtssatz kleidet der Kläger in Wahrheit seinen konkreten Einzelfall, so wie ihn das [X.] in tatsächlicher Hinsicht gewürdigt hat, in einen "abstrakten Rechtssatz". Es fehlt aber an einer abstrakten rechtlichen Aussage, die über diesen Einzelfall hinaus für vergleichbare Sachverhalte gelten soll (vgl hierzu [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 389 mwN; vgl auch [X.] 1500 § 160a [X.] 67 S 91). Auch der zweite Teil im zitierten Satz des [X.] enthält lediglich die - vermeintliche - rechtliche Schlussfolgerung aus der Tatsachenwürdigung durch das [X.]. Damit rügt der Kläger im Ergebnis aber nichts anderes, als dass das Berufungsgericht den vom Kläger zitierten höchstrichterlichen Rechtssatz missverstanden bzw die dort aufgestellten Grundsätze des [X.] falsch oder nicht angewendet hat. Dies ist wie dargelegt für die Bezeichnung einer Divergenz nicht ausreichend (vgl [X.]-1500 § 160 [X.]6 S 45).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 13 R 195/10 B

03.01.2011

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Hildesheim, 15. Mai 2009, Az: S 41 R 194/06 WA

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.01.2011, Az. B 13 R 195/10 B (REWIS RS 2011, 10709)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10709

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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