Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. V ZB 95/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9311

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB
95/11

vom

9. Februar
2012

in der Grundbuchsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 876, 877
Auch nach Einführung des [X.] für [X.] (§
10 Abs.
1 Nr.
2 [X.]) bedarf die Begründung von Wohnungseigentum nicht der Zu-stimmung der Gläubiger, deren Grundpfandrechte auf dem ganzen Grundstück lasten.

[X.], Beschluss vom 9. Februar 2012 -
V [X.]/11 -
OLG [X.]/Main

AG [X.]

-
2
-

Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 9. Februar 2012
durch [X.] [X.], die
Richterin [X.], den Rich-ter Dr.
Czub
und die
Richterinnen [X.] und Weinland

beschlossen:

Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden der
Beschluss des 20.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] am Main vom 11.
April 2011
und die Zwischenverfügungen
des Amtsgerichts [X.] -
Grundbuchamt -
vom 6.
und 27. Dezember 2010 aufge-hoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug der Teilungserklä-rung nicht aus den Gründen der Zwischenverfügungen vom 6. und 27. Dezember 2010 zu verweigern.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 17.000

Gründe:
I.
Mit Erklärung vom 24. November 2010 teilte der Antragsteller ein ihm gehörendes, mit Grundpfandrechten belastetes
Grundstück nach §
8 [X.] in Wohnungseigentum
und beantragte die Eintragung der Aufteilung in das
Grundbuch.
Das Grundbuchamt hat die Zustimmung der Grundpfandgläubiger zu der Aufteilung verlangt. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist
erfolglos geblieben. 1
2
-
3
-

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde
verfolgt der Antragsteller den Antrag auf Vollzug der Teilung weiter.

II.
Das Beschwerdegericht hält die Zustimmung der Grundpfandgläubiger zur Vollziehung der Teilungserklärung für erforderlich. Da bei einer Vollstre-ckung in das Grundstück Forderungen wegen rückständigen Wohngelds im Umfang von 5
% des festgesetzten Verkehrswerts Vorrang vor den
Grund-pfandrechten hätten (§
10 Abs. 1 Nr. 2 [X.]),
führe die Aufteilung in [X.] zu einer Änderung des Haftungsobjekts und erfordere deshalb gemäß den §§
876, 877 [X.] die Zustimmung der Grundpfandgläubiger.

III.
Die nach §
574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Vollzug der Teilungserklärung des Antragstellers ist nicht von der Zustimmung der Grundpfandgläubiger ab-hängig.
1. Richtig ist,
dass die Eintragung einer Rechtsänderung die Bewilligung der dinglich Berechtigten gemäß §
19 GBO erfordert, welche nach materiellem Recht der Änderung zustimmen müssen
(Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 -
V
ZB 32/82, [X.]Z 91, 343, 347).
Unzutreffend ist aber die Annahme des Be-schwerdegerichts, bei der Begründung von Wohnungseigentum nach §
8 [X.] handele es sich um die Inhaltsänderung eines Rechts, die
in entsprechender 3
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-

Anwendung der §§
876, 877 [X.] der Zustimmung der Grundpfandgläubiger
bedürfe.
a) Die Bestimmungen der §§
876, 877 [X.] schützen in ihrem unmittel-baren Anwendungsbereich den Inhaber
eines Rechts an einem Grundstück ([X.]), welches ein anderes an diesem Grundstück bestehendes Recht (Hauptrecht) belastet, indem sie die rechtsgeschäftliche Aufhebung und Ände-rung des [X.] von seiner Zustimmung abhängig machen. Der [X.] ist einleuchtend: Ein Recht
darf nicht ohne Zustimmung seines Inhabers geändert werden, wobei eine solche Änderung schon darin liegt, dass der Gegenstand, auf den sich das Recht bezieht, verändert wird ([X.], Urteil vom 9. Juni 1969 -
III
ZR 231/65, [X.] 1969, 916).
Ein Recht an einem Grundstück kann allerdings nur ein beschränktes dingliches Recht
sein, nicht dagegen das Eigentum selbst (Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 -
V
ZB 32/82, [X.]Z 91, 343, 346). Auf die -
reale oder ideel-le
-
Teilung des Eigentums finden die §§
876, 877 [X.] daher
keine Anwen-dung. Auch bedürfen Grundpfandgläubiger in einem solchen Fall keines Schut-zes durch ein Zustimmungserfordernis; denn
ihr Interesse an der Erhaltung des Gegenstands, auf den sich ihr Recht bezieht, ist dadurch gewährleistet, dass das Grundpfandrecht an den neu entstandenen (realen oder ideellen) Teilen als Gesamtrecht und damit in der Summe an dem gesamten Grundstück [X.] (§
1132 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§
1114, §
1192 Abs. 1 [X.]).
b) Nach zutreffender, allerdings
nicht unumstrittener Auffassung ist auch die Aufteilung eines Grundstücks nach §
8 [X.] ebenso wie die Begründung von Wohnungseigentum nach §
3 [X.] als Teilung des [X.] anzusehen, auf welche die Vorschriften über die Änderungen eines belasteten Rechts
we-der unmittelbar
noch entsprechend anzuwenden sind ([X.] 1958, 273, 278
f.; OLG Stuttgart NJW 1954, 682, 683; [X.], NJW
2011, 3588; 6
7
8
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5
-

[X.]/[X.], [X.] [2005], §
8 Rn. 3; [X.] in [X.], [X.], 9.
Aufl., §
3 Rn. 74; [X.] in Riecke/[X.], [X.], 3. Aufl., §
8 Rn. 23; [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., §
8 Rn. 1; [X.]/Pick, [X.], 19. Aufl., §
8 Rn.
10; [X.]/[X.], [X.], § 8 Rn. 23; [X.], [X.] 2011, 255, 256). Der Schutz der Grundpfandgläubiger wird auch hier dadurch bewirkt, dass sich ihr Recht kraft Gesetzes in ein Gesamtgrundpfandrecht an den entstehenden Wohnungseigentumseinheiten umwandelt und damit an dem gesamten, in [X.] Substanz unveränderten Haftungsobjekt fortbesteht (vgl. Senat, Urteil vom 28. Mai 1976 -
V
ZR 203/75, NJW 1976, 2340, 2341; [X.], Urteil vom 30. [X.] 1992 -
IX
ZR 64/91, [X.], 1390; für die Unterteilung von Wohnungs-eigentum:
Senat, Beschluss vom 17.
Januar 1968 -
V
ZB 9/67, [X.]Z 49, 250).
Die [X.], die eine entsprechende Anwendung der §§
876, 877 [X.] befürwortet (so insbesondere [X.]/[X.], [X.] [2007], §
877 Rn. 43; RGRK-[X.]/[X.], 12. Aufl., §
3 [X.] Rn. 9; [X.], [X.] 2011, 545, 548; Kesseler, NJW 2010, 2317; [X.]., [X.] 2010, 335; vgl. auch BayObLG 1957, 102, 115), vermag nicht zu überzeugen. Für einen Gläubiger, dessen Grundpfandrecht auf dem gesamten Grundstück lastet, wirkt die [X.] wie eine gemischt reale-ideelle Aufteilung des [X.] in Alleineigentum an bestimmten Raumeinheiten und Bruch-teilsmiteigentum an dem übrigen Grundstück (vgl. Senat, Beschluss vom 17.
Januar 1968, V
ZB 9/67, [X.]Z 49, 250, 251 u. 253; siehe
auch [X.], [X.] 1960, 115, 123). Sie lässt die Möglichkeit der
Vollstreckung in das [X.] Grundstück -
in Gestalt des Zugriffs auf alle Wohnungseigentumsrechte
-
unberührt. Demgemäß bedürfen, solange ein
Recht als Gesamtpfandrecht auf allen Einheiten lastet,
auch nachfolgende Änderungen im Verhältnis von Son-der-
und Gemeinschaftseigentum nicht der Zustimmung des [X.] (vgl. [X.] 1991, 313, 317; [X.] 1993, 166, 168
f.).
9
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-

c) An[X.] verhält es sich nur, wenn selbständig belastete
Miteigen-tumsanteile
nach §
3 [X.] umgewandelt werden. Hier hat die Begründung von Wohnungseigentum zur Folge, dass sich das Belastungsobjekt von einem Mit-eigentumsanteil im Sinne von §
1008 [X.] in einen Anteil am Grundstück [X.] mit dem Sondereigentum an einer bestimmten Raumeinheit wandelt, welcher durch das zugunsten der übrigen Miteigentümer begründete Sonderei-gentum beschränkt ist. Demgemäß entspricht es allgemeiner Auffassung, dass bei einer selbständigen Belastung eines Miteigentumsanteils die Begründung von Wohnungseigentum in entsprechender Anwendung der §§
876, 877 [X.] der Zustimmung des Grundpfandgläubigers bedarf (vgl. BayOblGZ 1958, 273, 279; [X.]/[X.], 5. Aufl., §
3 [X.] Rn. 9; [X.] in [X.], [X.], 11.
Aufl., §
2 Rn.
26).
d) Aus demselben Grund sind die genannten Vorschriften entsprechend anzuwenden, wenn der Gegenstand oder der Inhalt von selbständig belastetem Wohnungseigentum
verändert wird. Hierzu zählen die Begründung von [X.] (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 1984 -
V
ZB 32/82, [X.]Z 91, 343
sowie Beschluss vom 24. November 1978 -
V
ZB 11/77, [X.]Z 73, 145), die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum
oder umgekehrt (vgl. [X.] 1991, 313) und die Änderung der mit dem Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile (vgl. [X.] 1993, 166, 168).
2. Daran, dass die Begründung von Wohnungseigentum nicht der Zu-stimmung der Grundpfandgläubiger bedarf, deren Rechte auf dem gesamten Grundstück lasten, hat sich durch die Einführung des [X.] für rückständiges Wohngeld in §
10 Abs.
1 Nr. 2 [X.] durch das Gesetz zur Ände-rung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 ([X.]l
I S.
370) nichts geändert (im Ergebnis ebenso: [X.], [X.] 2011, 254; 10
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-
7
-

OLG Oldenburg, Rpfleger 2011, 318; [X.], [X.], 3588; Schnei-der, [X.], 299; [X.], [X.] 2011, 255, 256; aA
Kesseler in [X.], [X.], § 3 Rn. 30; [X.]., NJW 2010, 2317; wohl auch [X.]/[X.], [X.], 71.
Aufl., §
8 [X.] Rn. 1). Zwar führt dieses Privileg
zu
einer Verschlechterung der Rechtsstellung der
Grundpfandgläubiger,
weil sie nach der Aufteilung des Grundstücks im Fall der Zwangsvollstreckung mit vorrangigen Ansprüchen aus der [X.] des §
10 Abs.1 Nr.
2 [X.] rechnen müssen.
Einer [X.] Anwendung der §§ 876, 877 [X.] steht aber das Fehlen einer plan-widrigen
Regelungslücke entgegen
(zu deren Notwendigkeit:
Senat, Beschluss vom 14. Juni 2007 -
V
ZB 102/06, [X.], 3124
Rn. 11 m.w.N.). Das Vor-recht für [X.] betrifft
nach dem Willen des Gesetzgebers auch Grundpfandrechte, die vor der Gesetzesänderung begründet worden sind
(vgl. BT-Drucks. 16/887 S.
44). Es wirkt somit -
da es vor der Gesetzesänderung einhelliger Auffassung entsprach, dass ein Grundstückseigentümer zur Teilung seines Grundstücks gemäß §
8 [X.] nach materiellem Recht nicht der Zu-stimmung der Grundpfandgläubiger bedurfte (vgl. [X.]/[X.],
[X.] [2007], §
877 Rn. 62; [X.] in [X.], [X.], 11. Aufl., §
2 Rn. 23 je-weils mwN)
-
auch zu Lasten von Gläubigern, die der Umwandlung des ur-sprünglich ungeteilten Haftungsobjekts in Wohnungseigentum nicht zugestimmt haben. Das lässt den Schluss zu,
dass der Gesetzgeber das Recht des [X.], sein Grundstück ohne Zustimmung der dinglichen Gläubiger in [X.] aufzuteilen (vgl. [X.] 1958, 273, 278 f.), nicht
beschrän-ken wollte. Andernfalls
stünden die Grundpfandgläubiger eines erst nach In-krafttreten des [X.] geteilten Grundstücks besser als die von einer früheren Aufteilung betroffenen, ohne dass sich hierfür ein sachlicher Grund fände
(so zutreffend
[X.], [X.], 3588, 3589).

-
8
-

IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der
nach §
131 Abs. 4, §
30 Abs.
2 KostO
festgesetzte Gegenstandswert bemisst sich nach dem Wert des [X.] gemäß §
10 Abs.
1 Nr. 2 [X.] (5

Krüger
Stresemann
Czub

Brückner
Weinland

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom [X.] -
Kl-1487-1 -

OLG [X.]/Main, Entscheidung vom 11.04.2011 -
20 W 69/11 -

13

Meta

V ZB 95/11

09.02.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. V ZB 95/11 (REWIS RS 2012, 9311)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9311

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZB 95/11

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