Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.01.2015, Az. 2 AZR 262/14

2. Senat | REWIS RS 2015, 16334

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Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 2. September 2013 - 7 [X.] 1510/12 - im [X.] und insoweit aufgehoben, wie es auf die Berufung des [X.] das Urteil des [X.] vom 3. August 2012 - 22 [X.]/11 - abgeändert und festgestellt hat, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß Änderungskündigung vom 29. Juni 2011 unwirksam ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die [X.]che zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt eine Bank. In ihrem Betrieb in [X.] waren im Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Am 17. Dezember 1997 schloss sie mit der [X.] ([X.]) einen Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz der Arbeitnehmer bei der [X.] - TV Ratio -. Dieser lautet auszugsweise:

        

§ 1   

        

Geltungsbereich

        

Der Geltungsbereich dieses Tarifvertrages entspricht dem Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für die [X.] ([X.]) in seiner jeweils geltenden Fassung.

        

§ 2     

        

Rationalisierungsmaßnahmen

        

Rationalisierungsmaßnahmen im Sinne dieses Tarifvertrages sind

                 

a       

Änderungen der Aufbauorganisation,

                 

b       

Änderungen der Ablauforganisation,

                 

c       

Maßnahmen zur Nutzung des technischen Fortschritts und

                 

d       

andere personalwirtschaftliche Maßnahmen der [X.],

        

die jeweils allein oder in Verbindung mit anderen der genannten Maßnahmen dazu führen, dass Arbeitsplätze verlegt werden oder wegfallen oder sich Tätigkeiten ihrem Umfange nach oder in ihrem Aufgabeninhalt ändern. …

        

§ 3     

        

Sozialauswahl

        

1       

Der Leiter des Betriebes unterrichtet den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über eine geplante Rationalisierungsmaßnahme, berät die personellen Auswirkungen mit dem Betriebsrat und erstellt einen Entwurf zu einem [X.]. Dieser [X.] enthält eine Aufstellung aller Arbeitnehmer, die von der Rationalisierungsmaßnahme betroffen sind.

        

…       

        
        

3       

Der Leiter des Betriebes übermittelt den Entwurf des [X.]es einer betrieblichen Clearingstelle. …

                 

Die Clearingstelle gibt innerhalb eines Zeitraumes von längstens vier Wochen eine Empfehlung ab. Kommt es zu keiner Empfehlung, entscheidet der Leiter des Betriebes über den [X.].

        

§ 4     

        

Personaleinsatzverantwortung

        

1       

Die im [X.] aufgeführten Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch auf eine arbeitgeberseitige Vermittlung eines gleichwertigen, zumutbaren dauerhaften Arbeitsplatzes im Kernbereich der [X.]. Soweit dies nicht möglich ist, erhalten diese Arbeitnehmer in folgender Reihenfolge Angebote zumutbarer freier Arbeitsplätze (Kaskaden-Modell):

                 

a       

in der [X.] AG

                 

b       

im [X.] Konzern

                 

c       

im Finanzdienstleistungs-Bereich der [X.] AG

                 

d       

in der i GmbH

                 

e       

in den übrigen Bereichen der [X.] AG

                 

...     

        
        

2       

Sofern die Vermittlung eines zumutbaren freien Arbeitsplatzes nach Absatz 1 nicht realisiert werden kann, können die Arbeitnehmer im Wechsel mit verschiedenen Tätigkeiten betraut werden. Die Übertragung einzelner Tätigkeiten erfolgt im Rahmen des Direktionsrechts.

        

...     

        
        

§ 5     

        

Zumutbarkeit

        

1       

Eine Tätigkeit ist zumutbar, wenn sie in funktioneller, zeitlicher, räumlicher, gesundheitlicher und [X.] Hinsicht zumutbar ist.

        

...     

        
        

4       

Die räumliche Zumutbarkeit regelt sich nach folgenden Bestimmungen:

                 

a       

Dauerhafte Versetzungen

                          

Für Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 35,0 Stunden ist eine zusätzliche tägliche Fahrzeit von zwei Stunden, für Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 35,0 Stunden ist eine zusätzliche tägliche Fahrzeit von 1,5 Stunden zumutbar. Hierbei darf für Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 35,0 Stunden eine tägliche Gesamtwegezeit von drei Stunden, für Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 35,0 Stunden eine tägliche Gesamtwegezeit von zwei Stunden für Hin- und Rückfahrt nicht überschritten werden. Maßgebend sind die Wegezeiten auf der Basis der Benutzung regelmäßig verkehrender öffentlicher Verkehrsmittel von der dem Wohnsitz nächstgelegenen bis zu der der Arbeitsstätte nächstgelegenen Haltestelle.

                 

b       

Befristete Versetzungen

                          

Befristete Versetzungen sind über die vorstehenden Grenzen hinaus bis zur Dauer von zwei Jahren räumlich zumutbar. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeit von weniger als der Hälfte der regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit. Nach Ablauf des [X.] kehren die Arbeitnehmer in ihren ursprünglichen Betrieb zurück.

                          

Protokollnotiz:

                          

Für den Fall der endgültigen Aufgabe von Betriebsteilen ist für die dort beschäftigten Arbeitnehmer ein Einsatz innerhalb der im § 5 Abs. 4 Lit. a definierten Zumutbarkeitsgrenzen vorzusehen. Ist dies nicht möglich, wird der Einzelfall zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat mit dem Ziel einer Einigung verhandelt. …

        

…       

                 
        

7       

Der Arbeitnehmer kann auf freiwilliger Basis von den in den Absätzen 1 bis 6 genannten Einschränkungen abweichen.

        

§ 6     

        

Wirtschaftliche Absicherung

        

- Sicherung des Arbeitsentgelts

        

1       

Soweit ausnahmsweise im Einzelfall dem Arbeitnehmer ein zumutbarer dauerhafter Arbeitsplatz nur mit Anspruch auf ein geringeres Arbeitsentgelt übertragen werden kann, erhält der Arbeitnehmer zum/zur Ausgleich/Milderung seiner wirtschaftlichen Nachteile eine Ausgleichszulage …

        

- Mobilitätshilfen

        

5       

Die [X.] zahlt Arbeitnehmern, die als Folge einer Maßnahme nach § 2 auf einen anderen zumutbaren dauerhaften Arbeitsplatz nach § 4 Abs. 1 an einen anderen Arbeitsort dauerhaft versetzt werden, als Ausgleich ihrer Fahrmehrkosten für einen Zeitraum von grundsätzlich drei Jahren, längstens jedoch bis zum Zeitpunkt des Umzugs oder des Ausscheidens eine Entschädigung. …

        

...     

        
        

7       

Arbeitnehmer, die im Zusammenhang mit einer dauerhaften Versetzung ihren Wohnort wechseln, erhalten Kostenerstattung gegen Nachweis gemäß der jeweils bei der [X.] gültigen Regelungen.

        

§ 7     

        

Betriebsbedingte Beendigungskündigungen

        

1       

Betriebsbedingte Beendigungskündigungen im Zusammenhang mit Maßnahmen nach § 2 sind bis zum 31. Dezember 2012 [durch Tarifvertrag vom 2. Februar 2011 verlängert bis zum 31. Dezember 2013] ausgeschlossen. Hiervon werden Beendigungskündigungen mit dem gleichzeitigen Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter veränderten Bedingungen (Änderungskündigungen) nicht erfasst.

        

2       

Lehnt der Arbeitnehmer einen ihm angebotenen Arbeitsplatz nach § 4 Absatz 1 oder eine erforderliche Qualifizierung nach § 4 Absatz 4 ab, verliert er die Rechte aus diesem Tarifvertrag.“

3

Der Kläger ist bei der [X.] seit dem 15. August 2002 beschäftigt. Er war zuletzt als „Senior Händler“ in der Einheit Handel ([X.]) am Standort [X.] tätig. Seit März 2011 ist er Mitglied der [X.], die im Jahre 2001 durch Zusammenschluss von fünf [X.], unter anderem der [X.], entstanden ist.

4

Die Beklagte führte zum 1. Juli 2011 eine Umstrukturierung des Ressorts [X.] durch. Das Ressort mit insgesamt 60 Arbeitsplätzen am Standort [X.] wurde geschlossen und in verkleinerter Form mit noch 27 Arbeitsplätzen in der Zentrale am Standort [X.] weitergeführt.

5

Mit dem Gesamtbetriebsrat hatte die Beklagte am 10. Juni 2011 eine „Gesamtbetriebsvereinbarung anlässlich der Verlagerung von [X.] Funktionen von der [X.] Standort [X.] in die [X.] Zentrale“ ([X.]) geschlossen. Die [X.] regelt insbesondere, in welcher Reihenfolge welchen Arbeitnehmern die in [X.] neu eingerichteten Arbeitsplätze anzubieten waren und in welcher Weise eine Auswahl unter etwaigen Bewerbern getroffen werden sollte. Für Beschäftigte, die infolge der Maßnahme in die Zentrale der [X.] nach [X.] wechselten, sieht die [X.] folgende finanzielle Leistungen vor:

        

§ 4 Sozialplan/Rahmenbedingungen des Wechsels

        

…       

        

2.    

Beschäftigte, die infolge der Maßnahme an einem anderen Standort tätig werden

        

2.1     

        
        

Beschäftigte, die im Rahmen der Umsetzung der Maßnahme in der [X.]-Zentrale in [X.] tätig werden, erhalten Leistungen in sinngemäßer Anwendung des § 3 Absatz 4 der ‚[X.] [X.]‘ vom 31.07.2002 mit der Maßgabe, dass im Großraum Köln/[X.] keine Wohnungen gestellt werden (…). Darüber hinaus erhalten sie eine einmalige Mobiltätspauschale von 3.000 Euro brutto soweit die räumlichen Zumutbarkeitskriterien des TV Ratio überschritten werden.

        

2.2     

        

Die Regelungen nach Ziff. 2.1 g[elten] nicht für Beschäftigte, [die] im Großraum Köln/[X.] (…) bereits eine Wohnung haben.“

6

Nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 29. Juni 2011 zum 31. Dezember 2011. Gleichzeitig unterbreitete sie dem Kläger das Angebot, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 2012 wie folgt fortzusetzen:

        

„… Sie werden ab diesem Zeitpunkt am Standort [X.] in der Abteilung [X.] als Händler ([X.]-31) mit dem unveränderten monatlichen Fixgehalt von 9.304,17 € tätig. Die genauen Aufgabeninhalte ergeben sich aus dem in Anlage beigefügten Geschäftsverteilungsplan. Daneben gilt für Sie die ‚Gesamtbetriebsvereinbarung zu Entgeltregelungen für nicht leitende, außertarifliche Arbeitnehmer‘ mit der Folge, dass Sie Anspruch auf ein jährliches variables Entgelt in Höhe von 15 % des vertraglichen Fixums haben. Im Übrigen verbleibt es bei den Bedingungen Ihres Arbeitsverhältnisses. …“

7

Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG an und hat rechtzeitig die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Änderungskündigung sei wegen Verstoßes gegen den [X.] rechtsunwirksam. Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich des Tarifvertrags sei eröffnet. Änderungskündigungen, die sich nicht innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 [X.] hielten, seien nach den tarifvertraglichen Bestimmungen ebenso ausgeschlossen wie [X.]. Zumindest sei die erklärte Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt und sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.

8

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß Änderungskündigung vom 29. Juni 2011 nebst Anlagen unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im Rahmen ihrer „Derisking-Strategie“ sei die Auflösung der Organisationseinheit, in der der Kläger beschäftigt gewesen sei, als Teil des Projekts „Celsius“ beschlossen und durchgeführt worden. Dadurch sei der Arbeitsplatz des [X.] in seiner bisherigen Form entfallen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Änderungskündigung sei nicht wegen Verstoßes gegen den [X.] unwirksam. Nach dessen Bestimmungen seien Änderungskündigungen auch ohne Beachtung der Zumutbarkeitskriterien des § 5 [X.] möglich. Zudem unterfalle der Kläger als außertariflicher Arbeitnehmer schon nicht dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das [X.] der Klage gegen die Änderungskündigung vom 29. Juni 2011 nicht stattgeben. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Ob die Änderungskündigung wirksam ist, steht noch nicht fest.

I. Die Änderungskündigung ist nicht nach § 134 BGB iVm. § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] rechtsunwirksam. Der [X.] verbietet nicht generell Änderungskündigungen, die sich nicht im Rahmen der [X.] von § 5 [X.] halten. Nach § 4 [X.] haben die erfassten Arbeitnehmer nur dann einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 [X.], wenn ein entsprechender Arbeitsplatz frei ist. Dass es im Streitfall die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung des [X.] auf einem nach § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] räumlich zumutbaren freien Arbeitsplatz gegeben hätte, ist weder festgestellt noch - soweit ersichtlich - vom Kläger behauptet worden.

1. Das [X.] hat angenommen, die Änderungskündigung vom 29. Juni 2011 sei rechtsunwirksam, weil das dem Kläger unterbreitete Änderungsangebot nicht den räumlichen [X.] des § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] entsprochen habe. Änderungskündigungen seien zwar nach § 7 [X.] nicht ausgeschlossen. Sie müssten aber die [X.] des § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] einhalten. Für ein anderes Verständnis bestünden keine Anhaltspunkte. Insbesondere lasse § 4 Abs. 2.1 [X.] eine andere Auslegung nicht zu. Danach erhalte ein Arbeitnehmer, der eine Versetzung nach [X.] unter Überschreitung der räumlichen [X.] freiwillig hinnehme, eine einmalige [X.]. Den Betriebsparteien sei demnach bekannt gewesen, dass eine Versetzung von [X.] nach [X.] nur unter Verletzung der räumlichen [X.] möglich gewesen sei. Der Vereinbarung dieser [X.] wiederum hätte es nicht bedurft, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, eine Versetzung im Wege der Änderungskündigung müsse nicht den räumlichen [X.] entsprechen.

2. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zugunsten des [X.] kann unterstellt werden, dass er dem persönlichen Geltungsbereich des [X.] unterfiel und sein Arbeitsplatz von einer [X.] im Sinne des Tarifvertrags betroffen war. Ferner kann unterstellt werden, dass das ihm unterbreitete Änderungsangebot nicht den räumlichen [X.] des § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] entsprach und die tarifvertraglichen Regelungen unabhängig davon galten, ob er in einem [X.] nach § 3 [X.] aufgeführt war. Aus dem [X.] ergibt sich nicht, dass Änderungskündigungen mit dem Ziel einer dauerhaften Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz stets die [X.] des § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] wahren müssten. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn ein entsprechender freier Arbeitsplatz vorhanden ist.

a) Schon nach ihrem Wortlaut enthalten die Bestimmungen des [X.] kein generelles Verbot von Änderungskündigungen, die sich nicht im Rahmen der Zumutbarkeitsregeln des § 5 halten. Ebenso wenig räumen sie einem von einer [X.] betroffenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 [X.] auch dann ein, wenn kein entsprechender Arbeitsplatz frei ist.

aa) Nach § 4 Abs. 1 [X.] haben die erfassten Arbeitnehmer lediglich Anspruch darauf, dass ihnen ein nach § 5 [X.] zumutbarer freier Arbeitsplatz angeboten wird. Für Angebote im sog. [X.] ergibt sich dies bereits unmittelbar aus Satz 2 der Bestimmung, der von Angeboten „zumutbarer freier Arbeitsplätze“ spricht. Aber auch der Anspruch auf Vermittlung eines zumutbaren Arbeitsplatzes im sog. Kernbereich der Beklagten nach Satz 1 der Vorschrift setzt voraus, dass ein entsprechender freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Das ergibt einmal ein Rückschluss aus Satz 2. Danach ist ein Angebot im sog. [X.] nur dann zu unterbreiten, wenn eine Vermittlung auf einen Arbeitsplatz nach Satz 1 „nicht möglich“, ein solcher Arbeitsplatz also nicht frei ist. Das folgt zudem aus § 4 Abs. 2 [X.]. Danach können Arbeitnehmer im Wechsel mit verschiedenen Tätigkeiten betraut werden, „sofern die Vermittlung eines zumutbaren freien Arbeitsplatzes nach Absatz 1 nicht realisiert werden kann“.

bb) Auch § 4 Abs. 2 [X.] normiert für den Fall, dass ein freier Arbeitsplatz nach § 4 Abs. 1 [X.] nicht zur Verfügung steht, keinen Anspruch auf eine Beschäftigung - und sei es mit wechselnden Tätigkeiten - innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen. Die Bestimmung sieht ihrem Wortlaut nach nur vor, dass die Arbeitnehmer mit entsprechenden Tätigkeiten betraut werden können. Anders als in § 4 Abs. 1 [X.] heißt es nicht, sie hätten darauf Anspruch oder die Tätigkeiten seien ihnen zu übertragen.

cc) § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] definiert zwar bei dauerhaften Versetzungen die räumliche Zumutbarkeit im Sinne des Tarifvertrags. Einen Anspruch auf die Zuweisung zumutbarer Tätigkeiten sieht aber auch diese Bestimmung nicht vor, wenn ein freier Arbeitsplatz nicht vorhanden ist. Aus der Protokollnotiz zu § 5 Abs. 4 [X.] folgt nichts anderes. Aus ihr ergibt sich nicht, dass die Tarifvertragsparteien einen generellen Anspruch auf die Zuweisung von Tätigkeiten innerhalb der räumlichen [X.] begründen wollten. Vielmehr ist im Falle der endgültigen Aufgabe von Betriebsteilen ein Einsatz der betroffenen Arbeitnehmer innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] nur vorzusehen, sofern das „möglich“ ist. Ist dies nicht der Fall, soll zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat mit dem Ziel einer Einigung verhandelt werden. Eine Änderungskündigung mit dem Ziel einer - dauerhaften - Versetzung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz außerhalb der [X.] ist damit gerade nicht generell ausgeschlossen.

b) Aus der Systematik des [X.] lässt sich ebenso wenig ein Anspruch der von einer [X.] betroffenen Arbeitnehmer auf Beschäftigung innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] oder sogar ein Verbot von Änderungskündigungen mit dem Ziel einer dauerhaften Beschäftigung außerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen ableiten, sofern es an einem entsprechenden freien Arbeitsplatz fehlt. So knüpft § 6 [X.] lediglich wirtschaftliche Vorteile - die Sicherung des Arbeitsentgelts und Mobilitätshilfen - an die Annahme eines zumutbaren Angebots. Umgekehrt sieht § 7 Abs. 2 [X.] vor, dass ein Arbeitnehmer, der einen nach § 4 Abs. 1 [X.] angebotenen Arbeitsplatz ablehnt, seine Rechte aus dem Tarifvertrag verliert. Mit der Frage, was gelten soll, wenn ein zumutbarer freier Arbeitsplatz nicht angeboten werden kann, befasst sich der [X.] nicht. [X.] schließt § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] allein betriebsbedingte Beendigungskündigungen im Zusammenhang mit einer [X.] aus.

c) Sinn und Zweck des [X.] erlauben nicht die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten Beschäftigungsangebote außerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] selbst dann verbieten wollen, wenn ein zumutbarer Arbeitsplatz nicht frei ist. Zwar dient der Tarifvertrag ausweislich seines Titels dem Schutz der Arbeitnehmer. Welchen Schutz er vermittelt, kann aber nur den tatsächlich vereinbarten Regelungen entnommen werden. Diese wiederum mildern die Folgen für die von einer [X.] betroffenen Arbeitnehmer ausschließlich durch einen Anspruch auf Unterbringung auf einem zumutbaren freien Arbeitsplatz nach §§ 4, 5 [X.], durch finanzielle Hilfen nach § 6 [X.] und durch das Verbot von Beendigungskündigungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Aus dem Umstand, dass für Arbeitnehmer, denen ein zumutbarer Arbeitsplatz nicht angeboten werden kann, keine wirtschaftlichen Hilfen vorgesehen sind, kann nicht geschlossen werden, die Tarifvertragsparteien hätten ein Verbot von Versetzungen auf einen Arbeitsplatz außerhalb der [X.] festlegen wollen. Es ist vielmehr ebenso gut möglich, dass sie für entsprechende Vereinbarungen kein Regelungsbedürfnis gesehen haben. Für den Fall des Wechsels eines Arbeitnehmers von [X.] nach [X.] im Rahmen der hier fraglichen Maßnahme sieht § 4 Abs. 2.1 [X.] vom 10. Juni 2011 dafür finanzielle Leistungen wie die Zahlung einer [X.] vor. Bei einem Wohnungswechsel im Zusammenhang mit einer dauerhaften Versetzung verweist im Übrigen auch § 6 Abs. 7 [X.] auf die Möglichkeit einer Kostenerstattung nach den bei der Beklagten jeweils gültigen Regelungen. Weshalb es, wie das [X.] angenommen hat, der Vereinbarung einer [X.] gemäß § 4 Abs. 2.1 [X.] nicht bedurft hätte, wenn eine Änderungskündigung den räumlichen [X.] des § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] nicht entsprechen muss, ist nicht nachvollziehbar. Die in § 4 Abs. 2.1 [X.] vorgesehenen Leistungen stützen eher ein Verständnis des [X.] dahin, dass dieser Änderungskündigungen mit dem Ziel einer Versetzung auf Arbeitsplätze, die außerhalb der örtlichen Zumutbarkeitsgrenzen liegen, nicht generell ausschließt. Es kann deshalb dahinstehen, ob und ggf. inwiefern die Regelungen der [X.] aus dem [X.] überhaupt von Bedeutung für die Auslegung des [X.] aus dem [X.] sein können.

3. Die Entscheidung des [X.]s erweist sich auf Basis der bisherigen Feststellungen nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Änderungskündigung ist nicht schon deshalb sozial ungerechtfertigt iSd. § 2 [X.] iVm. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 [X.], weil das Angebot der Weiterbeschäftigung auf einer Stelle außerhalb der räumlichen [X.] des § 5 Abs. 4 Buchst. a [X.] unverhältnismäßig gewesen wäre. Es ist weder festgestellt noch objektiv ersichtlich, dass es im Zeitpunkt der Änderungskündigung einen freien Arbeitsplatz innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen gegeben hätte, auf welchem der Kläger hätte weiterbeschäftigt werden können.

II. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die Änderungskündigung auch im Übrigen sozial gerechtfertigt und der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Mit Blick auf den Streitgegenstand der [X.] ist dabei ggf. zu klären, ob es im Streitfall einer Änderungskündigung für die angestrebte Versetzung des [X.] auf die Stelle in [X.] überhaupt bedurfte (vgl. zum Problem der „überflüssigen“ Änderungskündigung: [X.] 25. April 2013 - 2 [X.] - Rn. 29; 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn. 20; zur Beachtlichkeit von Gründen, die zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung führen, auch bei Annahme des [X.] unter Vorbehalt vgl. [X.] 20. Februar 2014 - 2 [X.] - Rn. 38).

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Söller    

        

    B. Schipp    

                 

Meta

2 AZR 262/14

29.01.2015

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 3. August 2012, Az: 22 Ca 4356/11, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.01.2015, Az. 2 AZR 262/14 (REWIS RS 2015, 16334)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16334

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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