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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Nichtzulassungsbeschwerde - Bezeichnung des Verfahrensmangels - Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - Überraschungsurteil - Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.]vom 29. Oktober 2010 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat der Beigeladenen zu 3. die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Weitere außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
I. Der Kläger begehrt in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit die Feststellung, dass eine für die Beigeladene zu 3. in den Jahren 1986 bis 2004 ausgeübte Tätigkeit eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gewesen ist. Zunächst war die beklagte Krankenkasse durch den damals für den Kläger zuständigen Rentenversicherungsträger aus Anlass eines Kontenklärungsverfahrens um Prüfung des Vorliegens einer Beschäftigung iS des § 7 SGB IV gebeten worden. Nachfolgend hat auch der Kläger bei der Beklagten die Feststellung der Versicherungspflicht beantragt. Daraufhin hat diese gegenüber dem Kläger festgestellt, dass er bei der Beigeladenen zu 3. nicht als Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne beschäftigt gewesen sei. Widerspruch, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.]vom 29.10.2010.
II. [X.]gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.]ist unzulässig, denn er hat in seiner Begründung keinen Zulassungsgrund in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt oder bezeichnet. Die Beschwerde ist deshalb in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 2 und 3 [X.]zu verwerfen.
Das [X.]darf gemäß § 160 Abs 2 [X.]die Revision gegen eine Entscheidung des [X.]nur dann zulassen, wenn |
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]1) oder |
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das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.]oder des [X.]abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]2) oder |
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bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden ([X.]3). |
Die Behauptung inhaltlicher Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung ist dagegen kein Revisionszulassungsgrund.
1. Zunächst macht der Kläger einen Verfahrensmangel geltend. Für die Bezeichnung des [X.](§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) müssen die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl [X.][X.]1500 § 160a [X.]14, 34, 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.]- ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Verfahrensmangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl [X.][X.]1500 § 160a [X.]14, 36). Dies hat der Kläger nicht in der gebotenen Weise getan.
Der Kläger macht geltend, die Entscheidung des [X.]sei ein unzulässiges Überraschungsurteil. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung habe das [X.]nicht darauf hingewiesen, dass der Senat davon ausgehe, der Antrag des [X.]beim Rentenversicherungsträger sei auf Kontenklärung nach § 149 SGB VI und nicht auf die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV gerichtet gewesen. Durch diese Auslegung sei er völlig überrascht worden. Mit diesem Vortrag wird die [X.]nicht hinreichend bezeichnet. Der Kläger versäumt es darzulegen, dass die Entscheidung des [X.]nach dem damaligen Sach- und Streitstand von keiner Seite als möglich vorausgesehen werden konnte (vgl [X.]vom [X.]- B 13 R 217/08 B - Juris Rd[X.]8; [X.]vom 5.3.2007 - [X.]RS 58/06 B - Juris Rd[X.]8; [X.]vom [X.]KR 24/06 B - Juris Rd[X.]9). Insbesondere versäumt es der Kläger, den Widerspruch zwischen seinem in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]gestellten Antrag und der geltend gemachten Unvorhersehbarkeit der Entscheidung des [X.]aufzuklären. Denn hätte er nicht mit der Möglichkeit gerechnet, dass das [X.]seinen seinerzeit beim Rentenversicherungsträger gestellten Antrag statt als Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a SGB IV auch als Antrag auf Kontenklärung nach § 149 SGB VI auslegen könnte, hätte der Kläger neben der Anfechtung der Bescheide der Beklagten nicht auch noch die Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses beantragen müssen. Vielmehr wäre dieser Antrag auf Grundlage der vom Kläger in der Beschwerdebegründung insoweit zutreffend dargelegten Rechtsauffassung unzulässig gewesen, da die Beklagte zu einer Entscheidung nach § 7a SGB IV nicht berufen gewesen wäre und die ausschließlich zuständige, aber am Verfahren nicht beteiligte [X.]diesen Antrag noch nicht beschieden hatte.
Auch ein Verstoß des [X.]gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 153 Abs 1 iVm § 112 Abs 2 Satz 2 SGG) wird mit der impliziten Behauptung, das Gericht habe die Pflicht gehabt, auf die von ihm beabsichtigte Auslegung des Antrags des [X.]beim Rentenversicherungsträger hinzuweisen, nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Denn es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte zuvor mit den Beteiligten zu erörtern ([X.][X.]3-1500 § 112 [X.]S 3; [X.][X.]3-1500 § 153 [X.]S 3). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der vom Berufungsgericht eingenommene Standpunkt dem Verfahren eine überraschende [X.]gibt (vgl [X.]in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 62 Rd[X.]8a f). Dass ein solcher Ausnahmetatbestand vorliegt, hat der Kläger schon aufgrund des bereits benannten Widerspruchs zum protokollierten Antrag nicht ausreichend dargelegt.
Den Zulässigkeitsanforderungen genügt die Beschwerdebegründung auch nicht, soweit der Kläger im Zusammenhang mit dem vorgenannten Sachverhalt sinngemäß rügt, in der Auslegung seines beim Rentenversicherungsträger gestellten Antrags als Antrag auf Kontenklärung liege eine willkürliche Sachverhaltswürdigung durch das LSG. Die Ausführungen hierzu sind der Sache nach als Rüge der Verletzung allgemeiner Sachverhalts- oder Beweiswürdigungsgrundsätze, also einer Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]durch das LSG zu qualifizieren. Jedoch kann nach § 160 Abs 2 [X.]Halbs 2 [X.]der Antrag auf Zulassung der Revision hierauf nicht gestützt werden.
2. Der Kläger beruft sich zudem auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.]SGG). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist ([X.][X.]1500 § 160a [X.]und 65; [X.][X.]3-1500 § 160a [X.]mwN; vgl auch [X.][X.]3-1500 § 160a [X.]7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll ([X.][X.]1500 § 160a [X.]31). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Neben der Frage nach dem Verhältnis von § 7a [X.]zu § 28h [X.]hält der Kläger für klärungsbedürftig: |
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"ob im Rahmen eines Anfrageverfahrens nach § 7a [X.]über eine Klärung des Beschäftigungsverhältnisses hinaus eine Feststellung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht möglich ist". |
Der Senat kann offen lassen, ob mit diesen Fragen überhaupt hinreichend konkrete, über den Einzelfall hinausweisende Rechtsfragen formuliert worden sind, denn jedenfalls wird deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit nicht ordnungsgemäß dargelegt. So hätte sich der Kläger zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit zumindest mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats zum Inhalt der nach § 7a SGB IV zu treffenden Feststellung ([X.]4-2400 § 7a [X.]und [X.]3), die auch Ausführungen zum Verhältnis von § 7a SGB IV zu § 28h SGB IV enthalten, auseinandersetzen und darlegen müssen, dass die aufgeworfene Frage auf Grundlage dieser Rechtsprechung nicht ohne Weiteres beantwortet werden kann oder die Frage erneut klärungsbedürftig geworden ist bzw welche Fragen zum Verhältnis von § 7a SGB IV zu § 28h SGB IV konkret unbeantwortet geblieben sind. Hierzu fehlen jedwede Ausführungen. Ebenso geht der Kläger mit keinem Wort auf die Klärungsfähigkeit der von ihm formulierten Frage ein. Insbesondere wegen des Vortrags, der behauptete Antrag nach § 7a SGB IV sei noch nicht beschieden, hätte dargelegt werden müssen, wieso der Senat im Falle der Revisionszulassung dennoch die Frage nach dem Inhalt der nach § 7a SGB IV zu treffenden Feststellungen würde beantworten müssen.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).
4. [X.]beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG. Der Kläger muss als nach § 183 SGG Kostenprivilegierter nicht die außergerichtlichen Kosten der Beklagten, wohl aber die der Beigeladenen zu 3. tragen, die im Beschwerdeverfahren einen eigenen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde gestellt und begründet hat. Denn nach § 193 Abs 4 SGG sind nur die Aufwendungen der in § 184 Abs 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen nicht erstattungsfähig. Das sind lediglich Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten privilegierten Personen gehören, nicht aber Beigeladene (vgl [X.][X.]4-4200 § 7 [X.]5; [X.][X.]4-2500 § 13 [X.]17). Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob nach § 183 SGG kostenprivilegierte Beteiligte von der Erstattungspflicht gegenüber beigeladenen Trägern öffentlicher Verwaltung freizustellen sind, weil sie nicht durch eine drohende Kostenlast von der Anstrengung eines gerichtlichen Verfahrens abgehalten werden sollen ([X.]Urteil vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - [X.]4-2500 § 35 [X.]Rd[X.]90, zur Veröffentlichung auch in [X.]vorgesehen). Es entspricht jedoch nicht der Billigkeit, nach § 183 SGG kostenprivilegierte Beteiligte auch gegenüber einer beigeladenen natürlichen oder juristischen Person von der Erstattung außergerichtlicher Kosten freizustellen, wenn diese sich anders als die in § 73 Abs 4 Satz 4 SGG Genannten nicht durch eigene Beschäftigte vertreten lassen können. § 183 SGG entlastet den dort benannten Personenkreis lediglich von Gerichtskosten; das Risiko der Kostenerstattung gegenüber anderen Beteiligten - beispielsweise in [X.](vgl Legde, [X.]1996, 468) - wird hierdurch nicht berührt. Zwar enthält § 193 Abs 4 SGG auch insoweit eine Privilegierung, doch gilt diese nicht umfassend, sondern nur gegenüber den nach § 184 Abs 1 SGG Pauschgebührenpflichtigen (vgl [X.]in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 193 Rd[X.]11). Eine vollständige Entlastung auch des in § 183 SGG benannten Personenkreises von jeglichem Kostenrisiko im sozialgerichtlichen Verfahren ist hiernach nicht vorgesehen (vgl schon [X.]44, 51 = [X.]2200 § 405 [X.]6). Vor diesem Hintergrund hat in Fällen wie dem [X.]das Interesse kostenprivilegierter Personen an einem möglichst niederschwelligem Zugang zu sozialgerichtlichem Rechtsschutz hinter dem anderer Beteiligter an einer Erstattung der durch eine aktive Rechtsverteidigung entstandenen außergerichtlichen Kosten jedenfalls dann zurückzutreten.
Meta
02.11.2011
Beschluss
Sachgebiet: KR
vorgehend SG München, 12. März 2008, Az: S 3 KR 1190/06, Urteil
§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 62 SGG, § 112 Abs 2 S 2 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 128 Abs 2 SGG, § 153 Abs 1 SGG, § 183 SGG, § 184 Abs 1 SGG, § 193 Abs 1 S 1 SGG, § 193 Abs 4 SGG, § 7a SGB 4, § 149 SGB 6
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.11.2011, Az. B 12 KR 34/11 B (REWIS RS 2011, 1799)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 1799
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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