Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2017, Az. XII ZB 608/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 14828

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:010317B[X.]608.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 608/15
vom
1. März 2017

in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1903; FamFG § 26
Ein Einwilligungsvorbehalt darf nur angeordnet werden, wenn dieser auch
erforderlich ist.

[X.], Beschluss
vom 1. März 2017 -
XII ZB 608/15 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 1.
März 2017
durch den

Vorsitzenden [X.],
[X.], Dr.
Günter
und Dr.
Botur und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 8.
Zivilkammer des [X.] vom 2.
Dezember 2015 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels in-soweit aufgehoben, als ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Der Betroffene wendet sich gegen die Einrichtung seiner Betreuung und die Anordnung eines [X.].
Nachdem der Betroffene im Zusammenhang mit verschiedenen Ver-kehrsverstößen und immer wiederkehrender Eingaben aufgefallen war, hat das Betreuungsgericht ein Betreuungsverfahren eingeleitet und im Rahmen dessen zwei Sachverständigengutachten eingeholt.
1
2
-
3
-
Nach Anhörung des Betroffenen hat das Betreuungsgericht für diesen eine Betreuung mit dem
Aufgabenkreis der Gesundheitssorge, der [X.] und der [X.] und Behördenangelegenheiten eingerichtet. Für letzteren Aufgabenkreis hat es zudem einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
Das [X.] hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
[X.]
hat teilweise Erfolg. Sie
führt zur Aufhebung der Anordnung eines [X.] und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
1. [X.] ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt worden.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist ein anfechtbarer Beschluss demjeni-gen zuzustellen, dessen erklärtem Willen er nicht entspricht. Wird der [X.] danach nicht wirksam zugestellt, beginnt die Beschwerdefrist gemäß §
63 Abs. 3 Satz 1 FamFG nicht zu
laufen (Senatsbeschluss vom 4.
Mai 2011

XII
ZB
632/10
FamRZ 2011, 1049 Rn.
7
und 12). Das gilt gleichermaßen für die Bekanntgabe der Entscheidung des [X.] nach §
69 Abs. 3 FamFG ([X.] FamFG 19.
Aufl. §
69 Rn.
51).
Der Betroffene hat gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt und noch in seiner Anhörung vor dem [X.] bekräftigt, nicht mit der Einrich-tung der Betreuung einverstanden zu sein.
Weil
die Zurückweisung der Be-schwerde durch das [X.] mithin dem erklärten Willen des Betroffenen widersprach, hätte es ihm den Beschluss gemäß §
41 Abs.
1 Satz
2 in Verbin-dung mit §
69 Abs.
3 FamFG zustellen
müssen.

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4
-
Da der Betroffene glaubhaft gemacht hat, dass ihm der Beschluss am
19.
Dezember 2015 zugegangen sei, ist der Zustellungsmangel zwar gemäß §
15 Abs.
2 Satz
1 FamFG in Verbindung mit §
189 ZPO geheilt worden. Die Entscheidung gilt dann aber erst in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument dem Betroffenen tatsächlich zugegangen ist
(vgl. Senatsbeschluss vom 4.
Mai 2011

XII
ZB
632/10
FamRZ 2011, 1049 Rn. 11).
Die
Rechtsbeschwerde ist am 8. Januar 2016 beim [X.] eingegangen. Die Monatsfrist des §
71 Abs.
1 Satz
1 FamFG ist mithin gewahrt.
2.
[X.] ist auch begründet, soweit das [X.] auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen einen Einwilligungs-vorbehalt angeordnet hat.
a) Das [X.] hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Betroffene an einer wahnhaften Störung leide. Er benötige eine Betreuung in den ausgewählten Aufgabenkreisen, wobei ein Einwilligungsvorbehalt für den Aufgabenkreis Vermögenssorge wegen der sich wiederholenden Anschaffung von Fahrzeugen, für die er keinen Führerschein besitze,
ratsam wäre. Da sein Verhalten auch immer wieder zu behördlichem Einschreiten führe, sei auch der Aufgabenkreis Rechtstrag und Behördenangelegenheiten angezeigt. Ob insoweit die Anordnung des [X.] tatsächlich erforderlich sei, könne dahingestellt bleiben. Schließlich könne der Betroffene auch keinen freien Willen bilden.
b) Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

aa) Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsge-richt nach §
1903 Abs.
1 BGB an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, 8
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-
5
-
die den Aufgabenbereich des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt).
Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen
(vgl. Senatsbeschluss vom 27.
Januar 2016

XII
ZB 519/15
FamRZ
2016, 627 Rn.
2, 18
ff.).
Der Umfang der Ermittlung richtet sich auch danach, dass es sich bei dem [X.] um einen gravierenden Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen han-delt, der sich ohne weitere Feststellungen nicht rechtfertigen lässt (Senatsbe-schluss vom 7.
Dezember 2016
XII
ZB
458/15
juris Rn.
25 und 31).
bb) Gemessen hieran vermögen die Feststellungen des [X.]s den angeordneten Einwilligungsvorbehalt
in Rechts-/Antrags-
und Behördenan-gelegenheiten
nicht zu rechtfertigen.
Während sich der Sachverständige [X.] zum Einwilligungsvorbehalt erst gar nicht verhält, hat der Gutachter M. einen Einwilligungsvorbehalt für nicht erforderlich erachtet. Selbst das [X.] lässt die Frage, ob die Anordnung des [X.] für den Aufgabenkreis der [X.] tatsächlich erforderlich war, unbeantwortet.
Auch wenn der Einwilligungs-vorbehalt in dem angeordneten Bereich

wie das [X.] meint

von ge-ringer praktischer Relevanz wäre
und dem Betreuer bei seiner Tätigkeit behilf-lich sein könnte, ändert das nichts an der erheblichen Eingriffsintensität eines solchen Vorbehalts, der, will er einer Grundrechtsprüfung standhalten, immer auch verhältnismäßig, also
insbesondere
erforderlich sein muss.
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6
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3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Be-deutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose
Schilling
Günter

Botur
Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.08.2015 -
6 XVII B 746 -

LG [X.], Entscheidung vom 02.12.2015 -
8 [X.]/15 -

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Meta

XII ZB 608/15

01.03.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2017, Az. XII ZB 608/15 (REWIS RS 2017, 14828)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14828

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