9. Senat | REWIS RS 2016, 6959
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Aufwendungsersatz - Erfüllung - Abgabenabzug
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. April 2015 - 15 [X.] 1062/14 - aufgehoben.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 31. Juli 2014 - 11 [X.]/13 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte bei der Erstattung der von der Klägerin aufgewandten Kosten für ein Führungszeugnis zu Recht Steuern und Sozialversicherungsbeiträge iHv. 7,24 Euro in Abzug gebracht hat.
Die Klägerin ist seit dem 5. September 2005 bei der [X.] als Innenreinigerin beschäftigt. Am 1. Februar 2013 unterzeichneten die Parteien unter der Überschrift „Anlage/Nachtrag [X.]“ einen Änderungsvertrag. Darin wird ab dem 1. Februar 2013 der Arbeitsort „[X.], Erstaufnahmeeinrichtung, G“ festgelegt.
Der Auftraggeber der [X.] für die Reinigungsarbeiten in der Erstaufnahmeeinrichtung forderte von der [X.] für die dort einzusetzenden Arbeitnehmer die Vorlage von [X.]. Auf Aufforderung der [X.] beantragte die Klägerin die Ausstellung eines Führungszeugnisses und legte dieses der [X.] vor. Für die Ausstellung des [X.] die Klägerin 13,00 Euro.
Eine bei der [X.] in der Vergangenheit durchgeführte Betriebsprüfung ergab ua. Folgendes:
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„Der Arbeitgeber erstattete seinen Arbeitnehmern die Kosten für die Beschaffung der von ihm angeforderten polizeilichen Führungszeugnisse sowie der gesetzlich vorgeschriebenen Gesundheitszeugnisse. Diese Zahlungen wurden steuerfrei belassen. |
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 und 2 [X.] sind Arbeitslohn alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Es ist nach § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht. Da für die im vorliegenden Fall zu beurteilenden Zahlungen keine Steuerbefreiungstatbestände (> R 19.3 Satz 1 [X.]) vorliegen, sind die Kostenerstattungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn regelmäßig dem Lohnsteuerabzug nach den allgemeinen Grundsätzen zu unterwerfen.“ |
In dem entsprechenden Protokoll der „Teil-Schlussbesprechung“ vom 29. August 2013 über die durchgeführte Betriebsprüfung nach § 28p [X.] heißt es ua.:
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„Der Arbeitgeber erstattete seinen Arbeitnehmern die Kosten für die Beschaffung der von ihm angeforderten polizeilichen Führungszeugnisse sowie der gesetzlich vorgeschriebenen Gesundheitszeugnisse. |
Aufwendungen des Arbeitnehmers für ein aus beruflichen Gründen erforderliches Führungs- oder Gesundheitszeugnis sind Werbungskosten. Trägt der Arbeitgeber die Kosten oder ersetzt er diese dem Arbeitnehmer, so liegt steuer- und sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt vor.“ |
Ausweislich der Entgeltabrechnung für September 2013 erstattete die Beklagte der Klägerin die Kosten für das Führungszeugnis. Sie rechnete hierbei einen Bruttobetrag von 13,00 Euro ab, nahm Abzüge für Lohnsteuer, [X.], Kirchensteuer, Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung iHv. insgesamt 7,24 Euro vor und führte diese ab.
Mit Schreiben vom 14. November 2013 verlangte die Klägerin von der [X.] die Erstattung des Gesamtbetrags. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 27. November 2013 ab. Einen Lohnsteuerjahresausgleich hat die Klägerin für das [X.] nicht beantragt.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage die Zahlung der abgezogenen 7,24 Euro. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Führungszeugnis bestehe gemäß § 670 BGB. Bei dem Erstattungsbetrag handle es sich nicht um Arbeitsentgelt, da er nicht für die Beschäftigung gezahlt werde, sondern um steuerfreien Auslagenersatz gemäß § 3 Nr. 50 Alt. 2 EStG. Er sei deshalb nicht steuer- und sozialabgabenpflichtig. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den Erstattungsbetrag abzugsfrei an die Klägerin auszuzahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 7,24 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2013 zu zahlen. |
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Erstattungsanspruch der Klägerin gemäß § 670 BGB analog bestehe nicht. Ohne Vorlage des Führungszeugnisses sei eine Beschäftigung der Klägerin in der Erstaufnahmeeinrichtung aufgrund der Vorgaben des Kunden nicht möglich. Das Führungszeugnis habe der Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin in diesem Objekt und damit den Interessen der Klägerin gedient. Bei der Erstattung der Kosten für das Führungszeugnis handle es sich um steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn. Die Klägerin könne ggf. die abgeführten Steuern im Wege des Lohnsteuerjahresausgleichs bzw. die Sozialversicherungsbeiträge von der Krankenkasse zurückerstattet bekommen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
I. Die Revision der [X.]n ist begründet. Die Klägerin hat gegenüber der [X.]n keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 7,24 Euro netto. Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Verzugszinsen.
2. Mit dem Abzug und der Abführung von Lohnbestandteilen erfüllt der Arbeitgeber seine Zahlungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer ([X.] 17. September 2014 - 10 [X.] - Rn. 20, [X.]E 149, 117; vgl. auch [X.] [X.] 7. März 2001 - [X.] 1/00 - zu III 1 b der Gründe mwN, [X.]E 97, 150). Die Erfüllungswirkung tritt auch dann ein, wenn die Steuer- und Sozialversicherungspflicht einer Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer - wie hier - nicht rechtskräftig feststand. Die Gerichte für Arbeitssachen sind jedenfalls dann nicht befugt, die Berechtigung der Abzüge von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zu überprüfen, wenn für den Arbeitgeber nicht eindeutig erkennbar war, dass eine Verpflichtung zum Abzug nicht bestand.
a) Legt der Arbeitgeber nachvollziehbar dar, dass er bestimmte Abzüge für Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abgeführt hat, kann der Arbeitnehmer die seiner Auffassung nach unberechtigt einbehaltenen und abgeführten Beträge nicht erfolgreich mit einer Zahlungsklage geltend machen. Er ist vielmehr auf die steuer- und sozialrechtlichen Rechtsbehelfe beschränkt, es sei denn, für den Arbeitgeber wäre aufgrund der für ihn zum Zeitpunkt des Abzugs bekannten Umstände eindeutig erkennbar gewesen, dass eine Verpflichtung zum Abzug nicht bestand. Andernfalls tritt die Erfüllungswirkung ein (vgl. [X.] 30. April 2008 - 5 [X.] - Rn. 20, [X.]E 126, 325; vgl. zu anderen [X.] [X.] 12. Mai 2005 - [X.]/04 - zu II 4 a der Gründe, [X.]Z 163, 103).
b) Für die [X.] war aufgrund der für sie zum Zeitpunkt des Abzugs bekannten Umstände nicht eindeutig erkennbar, dass eine Verpflichtung zum Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nicht bestand. Dem stand bereits das Ergebnis der Betriebsprüfung entgegen, bei der beanstandet wurde, dass die [X.] die verauslagten Kosten abzugsfrei an die Arbeitnehmer erstattet hatte.
II. [X.] beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Brühler |
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Zimmermann |
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Krasshöfer |
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Ropertz |
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M. Lücke |
Meta
09.08.2016
Urteil
Sachgebiet: AZR
vorgehend ArbG Gießen, 31. Juli 2014, Az: 11 Ca 501/13, Urteil
Zitiervorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.08.2016, Az. 9 AZR 417/15 (REWIS RS 2016, 6959)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 6959
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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