Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.01.2012, Az. 26 W (pat) 104/10

26. Senat | REWIS RS 2012, 10260

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "eXtraDur" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 028 080.8

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 11. Januar 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 21 des [X.] hat die Anmeldung der für die Waren

2

Klasse 21: rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas)

3

bestimmten Wortmarke

4

[X.]Dur

5

mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist,  zurückgewiesen, weil die angemeldete Marke ausschließlich aus [X.], freihaltungsbedürftigen Angaben bestehe (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) und ihr deshalb auch jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Zur Begründung hat sie unter Bezugnahme auf der Anmelderin übersandte [X.] ausgeführt, die Bezeichnung „[X.]Dur“ setze sich aus Begriffen zusammen, die sowohl Bestandteil des [X.] Grundwortschatzes seien als auch dem [X.] Wortschatz angehörten. Der  Begriff „extra“ habe die Bedeutungen „besonders, unvergleichlich, prima“ und der weitere Begriff „Dur“ die Bedeutungen „hart, fest, abgehärtet“. Insgesamt weise die angemeldete Marke die Bedeutung „besonders hart“ auf und gehe damit nicht über die Summe der beschreibenden Einzelbedeutungen hinaus. Für die angesprochenen [X.]e sei ohne Weiteres erkennbar, dass es sich bei den mit der angemeldeten Marke versehenen Waren um Glas handele, das besonders hart sei.

6

Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass die angemeldete Marke keinen unmittelbar [X.] Begriffsgehalt ausweise, der eine bestimmte, für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der angemeldeten Waren bezeichne. Bei der angemeldeten Marke handele es sich um eine in der [X.] Sprache nicht gebräuchliche, neue Wortschöpfung, die keinen scharf umrissenen und glatt beschreibenden Begriffsgehalt aufweise. Die Markenstelle habe die angemeldete Bezeichnung einer unzulässigen zergliedernden Betrachtungsweise unterzogen. Die Anmelderin beruft sich außerdem auf eine Anzahl ihrer Ansicht nach mit der angemeldeten Marke vergleichbarer Voreintragungen.

7

Sie beantragt sinngemäß,

8

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des [X.] vom 4. September 2008 und 18. März 2010 aufzuheben.

II

9

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Die angemeldete Marke besteht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit der Waren, für die die Eintragung erfolgen soll, dienen können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Zudem fehlt ihr für die in der Anmeldung aufgeführten Waren jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Bestimmung verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass alle Angaben und Zeichen, die Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können. Solche Angaben dürfen nicht nur einem Unternehmen vorbehalten werden ([X.] GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD).

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich – ausgehend von den von der Markenstelle zutreffend ermittelten Bedeutungen der Bestandteile "[X.]“ und „Dur“, die auch die Anmelderin nicht in Abrede stellt – um eine Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], die zur Bezeichnung der Beschaffenheit von rohem oder teilweise bearbeitetes Glas, für die sie als Marke eingetragen werden soll, dienen kann. Das Wort „extra“ ist ein Begriff sowohl der [X.] als auch der [X.] Sprache und bedarf deshalb im inländischen Verkehr keines Übersetzungsvorgangs. Der weitere Wortbestandteil der angemeldeten Marke, nämlich "Dur“, hat – wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat – in der [X.] Sprache die Bedeutung "hart". Er gehört zum Grundwortschatz der [X.] Sprache und ist im inländischen Verkehr in der zuvor genannten Bedeutung vor allem aus dem musischen Bereich bekannt, wo er auch im Inland in dieser Bedeutung Verwendung findet. In seiner Gesamtheit weist die angemeldete Marke somit die Bedeutung "extra hart" auf. Dieser Begriffsgehalt wird von den Abnehmern von rohem und teilweise bearbeitetem Glas nach Überzeugung des Senats auch ohne weiteres verstanden. Bei den Abnehmern der zuvor genannten [X.] handelt es sich nämlich nicht um die allgemeinen [X.]e, sondern ausschließlich um [X.], der das rohe bzw. teilweise bearbeitete Glas zur Weiterverarbeitung erwirbt. Bei diesem [X.] stellt die besondere Härte eines Glases ein Auswahl- und Qualitätsmerkmal dieser Ware dar. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass ihm die geläufigen englisch- und französischsprachigen Übersetzungen des [X.] Begriffs "hart" geläufig sind. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass die angemeldete Marke zur Bezeichnung der Beschaffenheit der in der Anmeldung aufgeführten Waren dienen kann, da sie entgegen der Ansicht der Anmelderin inhaltlich auch nicht unbestimmt ist, sondern die beanspruchten Waren eindeutig als extra hartes Glas bezeichnet.

Soweit die Anmelderin vorträgt, die angemeldete Marke stelle keine geläufige beschreibende Angabe dar und sei deshalb als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet, vermag auch dies das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht auszuräumen. Dass eine Angabe neuartig, ungewohnt oder fremdsprachig ist, schließt ihre Eignung, zur Beschreibung von Waren und Dienstleistungen dienen zu können, nicht aus ([X.], 732, 733 f. - [X.]); denn der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen in neuer einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Das gilt vor allem für [X.], die sich aus geläufigen Elementen zusammensetzen und eine in sich verständliche beschreibende Aussage vermitteln. Gerade solche Kombinationen sind selbst als glatt beschreibende Angaben auch in umfangreichen Lexika und Fachwörterbüchern häufig nicht aufgeführt ([X.], 809, 811 – [X.] I).

Keinen Erfolg haben kann die Anmelderin auch mit ihrem Einwand, die Markenstelle habe eine unzulässige, zergliedernde Prüfung der angemeldeten Marke vorgenommen. Zwar ist es richtig, dass es bei einer mehrteiligen Kombinationsmarke nicht auf die Schutzfähigkeit der Markenteile, sondern auf die Schutzfähigkeit der Marke in ihrer Gesamtheit ankommt. Dieser Grundsatz entbindet jedoch nicht von einer Prüfung der einzelnen Markenteile ([X.] GRUR 2006, 229, Nr. 31 – [X.]; [X.] 2007, 204, Nr. 79 – [X.]). Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Markenstelle zunächst die Bedeutung der einzelnen Markenteile ermittelt sowie dargelegt hat und ausgehend von diesen Einzelbedeutungen festgestellt hat, welche Bedeutung die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit aufweist und inwieweit diese Gesamtbedeutung zur Beschreibung der in der Anmeldung aufgeführten Waren dienen kann.

Auch die Verwendung einzelner Großbuchstaben innerhalb der angemeldeten Marke vermag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht auszuräumen. Zwar kann grundsätzlich durch eine besondere bildliche oder grafische Ausgestaltung schutzunfähiger [X.] ein schutzbegründender Überschuss herbeigeführt werden. An die grafische oder bildliche Ausgestaltung, auf die der Schutz der eingetragenen Marke beschränkt werden könnte, sind aber umso größere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibende Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt ([X.], 1153 – antiKALK; GRUR 2009, 954, Nr. 17 – [X.]). Die grafische Ausgestaltung einer beschreibenden Angabe vermag einen über die sachliche Aussage hinausgehenden schutzfähigen Gesamteindruck auch nur dann zu bewirken, wenn sie entsprechende zusätzliche Merkmale aufweist, die einen Überschuss gegenüber der Sachaussage als solcher bewirken ([X.], 136, 137 – [X.]). Diese Voraussetzungen können aber einfache und gebräuchliche Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds im allgemeinen nicht erfüllen ([X.], 710, Nr. 20 - [X.]). Die Fähigkeit, ein Zeichen von einer bloßen beschreibenden Sachangabe wegzuführen, kommt nach ständiger Rechtsprechung insbesondere auch der Verwendung einzelner Großbuchstaben innerhalb von Wörtern nicht zu ([X.] a. a. O., [X.] – [X.]; [X.]). Deshalb vermag auch die Großschreibung des Buchstabens "X“ innerhalb des Markenbestandteils "“[X.]“ und die Großschreibung des Buchstabens “D“ innerhalb der Marke ihre Eignung als beschreibende Beschaffenheitsangabe nicht infrage zu stellen. Dies gilt umso mehr, als in der Werbung anstelle des Wortes "extra" bereits seit langem in großem Umfang die Bezeichnung "Xtra“ verwendet wird und die so genannte Binnengroßschreibung von Buchstaben innerhalb eines Wortes in der Werbung weithin üblich ist, um – wie auch in der angemeldeten Marke – grafisch zu verdeutlichen, aus welchen Einzelbegriffen eine neue Wortverbindung zusammengesetzt ist.

Die Markenstelle hat in den angegriffenen Beschlüssen auch rechtsfehlerfrei und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass es der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren an jeglicher Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehenden Bestimmung bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (st. Rspr., vgl. z. B. [X.] GRUR 2006, 233, 235 - Standbeutel; [X.], 604, 608 - [X.]). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn eine Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann ([X.] GRUR 2003, 55, 57 f. - Arsenal Football Club; BGH [X.] 2006, 395, 397 - [X.] m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Markenregister zu Gunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen ([X.] GRUR 2008, 608, 610 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird ([X.] - [X.]; GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Hiervon ausgehend ist die angemeldete Marke nicht geeignet, die in der Anmeldung aufgeführten Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und von den Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden, weil sie - wie vorstehend bereits zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] festgestellt worden ist - einen für die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibenden und für die Abnehmer dieser Waren ohne Weiteres verständlichen Begriffsgehalt aufweist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen. Eine sprachliche oder grafische Besonderheit, die die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke begründen könnte, weist - wie oben ausgeführt - diese nicht auf.

Die Anmelderin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken berufen. Voreintragungen von Marken durch das [X.] führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens–, sondern eine Rechtsfrage ist ([X.] GRUR 2004, 674 – Postkantoor). Für die Eintragungsfähigkeit einer angemeldeten Marke kommt es deshalb allein darauf an, ob zum Zeitpunkt ihrer Eintragung die tatbestandlichen Voraussetzungen eines gesetzlich geregelten Schutzhindernisses vorliegen. Ob identische oder ähnliche Zeichen als Marken eingetragen worden sind, ist dagegen unmaßgeblich ([X.] GRUR 2009, 667, Nr. 17 f. - [X.] u. [X.]; [X.] 2011, 230, Nr. 10 – [X.]; [X.] 2011, 66, Nr. 10 – [X.]). Deshalb bestand für die Markenstelle und besteht auch für den Senat keine Veranlassung, zu den von der Anmelderin dargelegten, mit der angemeldeten Marke nicht identischen Voreintragungen Stellung zu nehmen.

Bei dieser [X.] Rechtslage konnte die Beschwerde der Anmelderin keinen Erfolg haben.

Meta

26 W (pat) 104/10

11.01.2012

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.01.2012, Az. 26 W (pat) 104/10 (REWIS RS 2012, 10260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10260

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