7. Senat | REWIS RS 2014, 4591
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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Erstattungsansprüche bei vorherigen Leistungen der Gesamtschuldner
NV: Haben im Rahmen der Schenkungsteuer die Gesamtschuldner jeweils auf eigene Rechnung gezahlt, kommt es im Fall einer nachträglichen Änderung der Steuerfestsetzung für die Höhe des Erstattungsanspruchs des einzelnen Gesamtschuldners nach § 37 Abs. 2 AO darauf an, inwieweit die geänderte Steuerfestsetzung Zahlungen betrifft, die auf seine Rechnung erbracht worden sind. Maßgebend ist, in welchem Verhältnis die Zahlungen auf seine Rechnung zu den Zahlungen auf Rechnung der übrigen Gesamtschuldner stehen. Dies gilt auch dann, wenn die nachträglich geänderte Festsetzung aus verfahrensrechtlichen Gründen bzw. unter Berücksichtigung von § 44 Abs. 2 Satz 3 AO nur für einen Gesamtschuldner Wirkung entfaltet.
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit Bescheid vom 16. Dezember 2002 Schenkungsteuer in Höhe von … € für erhaltene Zuwendungen fest. Ein entsprechender Bescheid erging am gleichen Tag an E, den Gesamtrechtsnachfolger des Schenkers. Der an [X.]gerichtete Bescheid wurde bestandskräftig. Dagegen griff die Klägerin den an sie gerichteten Bescheid mit Einspruch und Klage an. Im Zuge des Klageverfahrens hob das [X.]den angegriffenen Bescheid auf und erließ am 13. und 14. Oktober 2008 insgesamt 48 neue Schenkungsteuerbescheide, aus denen sich eine Schenkungsteuer in Höhe von insgesamt … € ergab.
Von der festgesetzten Schenkungsteuer zahlte die Klägerin … €. [X.]entrichtete als Gesamtschuldner … €.
Im Rahmen eines weiteren, von der Klägerin geführten Klageverfahrens erging am 14. Januar 2010 zu einem der 48 neuen Bescheide ein Änderungsbescheid, der die Schenkungsteuer um … € minderte. Die Klagen gegen die restlichen 47 Schenkungsteuerbescheide nahm die Klägerin zurück.
Hinsichtlich des daraus resultierenden Erstattungsanspruchs in Höhe von … € erließ das [X.]am 21. Januar 2010 einen Abrechnungsbescheid, aus dem sich ein Restguthaben der Klägerin in Höhe von 0 € ergab. Die gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der sich aus § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) ergebende Erstattungsanspruch sei im Verhältnis der geleisteten Zahlungen aufzuteilen, da jeder Gesamtschuldner auf seine eigene Rechnung bzw. auf seine eigene Steuerschuld gezahlt habe. Danach stehe der Klägerin ein anteiliger Erstattungsanspruch in Höhe von … € zu. Dass der Erstattungsanspruch des [X.]gegebenenfalls nicht mehr durchgesetzt werden könne, sei unerheblich. Die abweichende Rechtsprechung des [X.](BFH) zu zusammen veranlagten Ehegatten sei im Streitfall nicht anwendbar. Außerdem komme es nicht darauf an, dass der Änderungsbescheid vom 14. Januar 2010 allein gegenüber der Klägerin ergangen sei. Dieser Änderungsbescheid habe lediglich den Wegfall der formellen Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der überzahlten Steuer zur Folge und bewirke nicht die materielle Entstehung des Erstattungsanspruchs. Das [X.]ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 882 veröffentlicht.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beruft sich die Klägerin auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des [X.]widerspreche den [X.]vom 29. Februar 2012 II R 19/10 (BFH[X.]237, 188, [X.]2012, 489), vom 30. März 2010 VII R 17/09 (BFH/NV 2010, 1412) und vom 6. Februar 1995 VII R 50/95 (BFH[X.]179, 556, [X.]1997, 112). Darüber hinaus seien dem [X.]bei der Auslegung und Anwendung des Rechts derart erhebliche Fehler unterlaufen, dass ohne eine Korrektur das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigt wäre.
Zum Zeitpunkt des Änderungsbescheids habe kein Gesamtschuldverhältnis bestanden. Vielmehr sei das Gesamtschuldverhältnis durch Zahlung der ursprünglich festgesetzten Steuerschulden erloschen. Außerdem ergebe sich aus dem Urteil in BFH[X.]237, 188, [X.]2012, 489 der Grundsatz, dass Schenkungsteuer gegenüber dem [X.]nicht mehr festgesetzt werden könne, wenn der Bedachte die Schenkungsteuer entrichtet habe, diese dem Bedachten nach Erlass eines Änderungsbescheids erstattet, anschließend aber wieder in der ursprünglichen Höhe festgesetzt worden sei. Dieser Grundsatz sei vom [X.]nicht beachtet worden. Aus § 44 Abs. 2 Satz 3 AO folge, dass der Änderungsbescheid vom 14. Januar 2010 allein gegenüber ihr, der Klägerin, Wirkung entfalte. Darüber hinaus ergebe sich aus dem Urteil in BFH[X.]179, 556, [X.]1997, 112, dass es für einen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO auf den Stand der Erkenntnis zum jeweiligen Entscheidungszeitpunkt ankomme. Am 14. Januar 2010 habe es aber ausschließlich ihr gegenüber einen materiellen Erstattungsanspruch gegeben. Dies werde durch das Urteil in BFH/NV 2010, 1412 bestätigt, wonach für die Rechtmäßigkeit eines [X.]allein die formelle Bescheidlage maßgebend sei. Die Feststellung des FG, die ursprünglichen Zahlungen seien auf eigene Rechnung zur Begleichung einer eigenen Steuerschuld erbracht worden, sei für die Rechtmäßigkeit des [X.]unerheblich.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Unabhängig davon, ob die Beschwerde den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, liegt kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO vor. Darüber hinaus ist das Urteil des [X.]in analoger Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO jedenfalls im Ergebnis richtig.
1. Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO setzt voraus, dass der Kläger tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des [X.]einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeitet und gegenüberstellt, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2011 VII B 110/11, [X.]2012, 616).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Insbesondere hat die Klägerin in ihrer Beschwerde keine tragenden und abstrakten Rechtssätze des [X.]herausgearbeitet, die den entsprechenden Rechtssätzen der zitierten [X.]widersprechen. Die Klägerin beschränkt sich vielmehr auf eine nach ihrer Rechtsauffassung gebotene Anwendung der in den zitierten [X.]entwickelten Rechtssätze auf den konkreten Streitfall. Damit erschöpft sich ihr Vorbringen letztlich auf die Rüge eines vermeintlichen Subsumtionsfehlers. Ein solches Vorbringen reicht grundsätzlich nicht für die Zulassung der Revision aus (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Juni 1996 VII B 239/93, [X.]1995, 89, m.w.N.).
Darüber hinaus sind die Sachverhalte der von der Klägerin angeführten Divergenzentscheidungen in BFH[X.]237, 188, [X.]2012, 489 und in [X.]2010, 1412 nicht mit dem Streitfall vergleichbar. Im Urteil in BFH[X.]237, 188, [X.]2012, 489 geht es zwar wie im Streitfall um die Reichweite des § 44 Abs. 2 Satz 3 AO, wenn die Schenkungsteuer durch Zahlung eines Gesamtschuldners erfüllt wird und damit die Steuerschuld gemäß § 47 AO erlischt. Anders als im Streitfall waren aber derjenige, der die Steuern für seine Rechnung beglichen hatte, und derjenige, der anschließend einen Erstattungsanspruch geltend machte, im Urteil in BFH[X.]237, 188, [X.]2012, 489 identisch. Außerdem ging es um die Möglichkeit einer nachträglichen Festsetzung von Schenkungsteuer gegenüber demjenigen Gesamtschuldner, dessen Steuerschuld durch Zahlung erloschen war, und nicht --wie im Streitfall aus Sicht der [X.]um die Höhe des Erstattungsanspruchs desjenigen Gesamtschuldners, der einen geänderten Festsetzungsbescheid erhalten hat. Auch im Urteil in [X.]2010, 1412 wird maßgeblich darauf abgestellt, dass der [X.]mit demjenigen identisch ist, für dessen Rechnung die Steuerschuld beglichen worden war. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat im Revisionsverfahren gebunden wäre (§ 118 Abs. 2 FGO), besteht eine solche Identität im Streitfall aber nur für die von der Klägerin selbst geleisteten Zahlungen.
Die von der Klägerin behauptete Divergenz zum Urteil in BFH[X.]179, 556, [X.]1997, 112 besteht nicht, weil das [X.]ausdrücklich die Grundsätze dieser Entscheidung anwendet und für die Prüfung des Erstattungsanspruchs ebenfalls auf den Zeitpunkt des Erlasses des Abrechnungsbescheids abstellt.
2. Neben den Fällen der Divergenz kann eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zwar auch dann in Betracht kommen, wenn das angefochtene Urteil auf einem so schweren Rechtsfehler beruht, dass sein Fortbestand das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen könnte (Senatsbeschluss vom 3. Juni 2011 VII B 203/10, Zeitschrift für Steuern und Recht 2011, R1220, m.w.N.). Hierfür sind im Streitfall aber keine Anhaltspunkte erkennbar. Das Urteil des [X.]ist weder objektiv willkürlich noch greifbar gesetzwidrig, sondern unter Heranziehung von Rechtsprechung und Literatur ausführlich und nachvollziehbar begründet.
3. Jedenfalls scheidet eine Zulassung der Revision in analoger Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO aus, da das angefochtene [X.]im Ergebnis richtig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Januar 2009 VII S 24/08 (PKH), [X.]2009, 885, m.w.N.).
Ausgangspunkt ist die bindende Feststellung des [X.](§ 118 Abs. 2 FGO), dass sowohl die Klägerin als auch [X.]trotz ihrer Stellung als Gesamtschuldner die Schenkungsteuer jeweils auf eigene Rechnung an das [X.]gezahlt haben, d.h. mit ihren jeweiligen Zahlungen erkennbar die eigene Steuerschuld begleichen wollten. Diese Zahlungen führten zu einem Erlöschen der gesamten Steuerschuld (§ 47 i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 AO).
Kommt es aufgrund einer nachträglich geänderten Steuerfestsetzung zu einem (teilweisen) Erstattungsanspruch, ist für die Höhe des Erstattungsanspruchs des einzelnen Gesamtschuldners maßgebend, inwieweit die geänderte Steuerfestsetzung Zahlungen betrifft, die auf seine Rechnung erbracht worden sind. Denn nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO ist nur derjenige erstattungsberechtigt, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Für eine Gesamtgläubigerschaft fehlt die gesetzliche Grundlage (vgl. Senatsurteil vom 22. März 2011 VII R 42/10, BFH[X.]233, 10, [X.]2011, 607, m.w.N.). Auch ein Wegfall des rechtlichen Grundes i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO kommt nur insoweit in Betracht, wie sich die geänderte Steuerfestsetzung tatsächlich auf die von dem einzelnen Gesamtschuldner geleistete Zahlung bezieht.
Damit ist für die Höhe des dem einzelnen Gesamtschuldner zustehenden Erstattungsanspruchs maßgeblich, in welchem Verhältnis die Zahlungen auf seine Rechnung zu den Zahlungen auf Rechnung der übrigen Gesamtschuldner stehen ([X.]in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 37 AO Rz 63; [X.]in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 37 AO Rz 75; [X.]in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 37 Rz 29; [X.]in Beermann/Gosch, [X.]§ 37 Rz 52; Schwarz, AO, § 37 Rz 14; a.A. Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl., § 37 Rz 68). Dies gilt auch dann, wenn die nachträglich geänderte Festsetzung --wie im [X.]aus verfahrensrechtlichen Gründen bzw. unter Berücksichtigung des § 44 Abs. 2 Satz 3 AO nur für einen Gesamtschuldner Wirkung entfaltet.
4. [X.]beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Meta
25.06.2014
Beschluss
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 25. September 2013, Az: 7 K 159/11, Urteil
§ 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 126 Abs 4 FGO, § 37 Abs 2 AO, § 44 Abs 2 S 1 AO, § 44 Abs 2 S 3 AO
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.06.2014, Az. VII B 210/13 (REWIS RS 2014, 4591)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 4591
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Nichtigkeit eines Schenkungsteuerbescheids
Prozesszinsen bei unwirksamer Steuerfestsetzung
(Erstattungsberechtigter nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO)
Vollverzinsung beim Bauträger, der auch Bauunternehmer ist
Haftung für Umsatzsteuer - Voraussetzungen der Inanspruchnahme für einen Umsatzsteuerrückforderungsanspruch - Maßgeblichkeit der formellen Bescheidlage
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