Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2004, Az. BLw 27/03

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2004, 3637

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.]/03
vom 16. April 2004 in der [X.]

Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja

HöfeVfO § 3 Abs. 1 Nr. 2

Im Falle der Vor- und Nacherbschaft genügt es für einen Antrag auf Ersuchen um Löschung des [X.] nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 HöfeVfO, wenn nur bestimmte Personen als Nacherben in Betracht kommen und diese alle, wie auch der Vorerbe, die [X.]erklärung abgegeben haben.

[X.], [X.]. v. 16. April 2004 - [X.] - OLG Hamm

AG Menden

- 2 - Der [X.], Senat für [X.]n, hat am 16. April 2004 durch den Vizepräsidenten des [X.]es Dr. [X.] und [X.] und [X.] sowie [X.] [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 bis 5 wird der [X.] des 10. Zivilsenats des [X.] vom 15. Juli 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung, auch über die Ko-sten des [X.], an das Beschwerdege-richt zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000,- •. Gründe:
[X.]

Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer des im Grundbuch von [X.], Blatt 4130, eingetragenen Hofes nach der Höfeordnung. Er hat den Hof von seinem 1975 verstorbenen Vater aufgrund testamentarischer Einsetzung als Hofvorerbe geerbt. Als Nach- und Ersatzerben sind in dem Testament die leib-lichen und ehelichen Kinder des Beteiligten zu 1, die Beteiligten zu 2 bis 5, "zu - 3 - gleichen Teilen" eingesetzt. Als Nach- bzw. Ersatzerben sind die leiblichen und ehelichen Kinder der Schwester des Beteiligten zu 1, A.

L. , "zu gleichen Teilen" eingesetzt und als weitere nachrangige Nach- bzw. Ersatzer-bin [X.]selbst.

Zugunsten der Beteiligten zu 2 bis 5 und zugunsten von [X.], die 1927 geboren wurde und unverheiratet und kinderlos geblieben ist, ist ein Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen.

Die Beteiligten zu 1 bis 5 haben beantragt, das Grundbuchamt zur Lö-schung des [X.] zu ersuchen. Das Landwirtschaftsgericht hat diesen Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 2 bis 5 ihren ursprünglichen Antrag weiter.

I[X.]
Die nach § 24 Abs. 1 Satz 1 [X.] zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.

1. Entgegen der - von dem Beschwerdegericht aufrechterhaltenen - Ent-scheidung des [X.] ist der Antrag der Beteiligten, das Grundbuchamt um Löschung des eingetragenen [X.] zu ersuchen, zulässig. Das Fehlen formeller Voraussetzungen (§ 4 HöfeVfO) ist weder fest-gestellt noch ersichtlich. Ob der Antragsteller, allein oder mit anderen oder je-- 4 - denfalls mit deren Zustimmung, die Aufgabe der Hofeigenschaft erklären kann, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit. 2. Die Begründetheit des Antrags hängt davon ab, ob die Beteiligten die Hofeigenschaft wirksam durch entsprechende Erklärung aufgehoben haben.

a) Die Frage, ob bei der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft die Hofeigenschaft vor Eintritt des [X.] durch Erklärung des Vorerben, ge-gebenenfalls mit Zustimmung der Nacherben, aufgehoben werden kann, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird an-genommen, der Hofvorerbe könne durch Hofaufhebungserklärung den Eintritt der Hofnacherbschaft ausschließen ([X.]/Stöcker, [X.], 7. Aufl., § 1 [X.]. 98). Eine andere Ansicht steht demgegenüber auf dem Standpunkt, eine wirksame [X.]erklärung könne der Hofvorerbe nur mit Zustimmung des Nacherben abgeben ([X.] 1960, 42; [X.]/Wulff/[X.], [X.], 10. Aufl., § 1 [X.]. 107). Weitergehend wird auch vertreten, der Hofvorerbe sei durch die Anordnung von Vor- und Nach-erbschaft gebunden und könne selbst mit Zustimmung des Nacherben die [X.] nicht aufheben ([X.] 1987, 326, 327; [X.], [X.] 2001, 265, 271; [X.], [X.] 1992, 190, 191; [X.] in: [X.]/Hötzel/von [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1 [X.]. 63).

b) Der Senat hat sich mit der Problematik bislang nicht generell, sondern nur anhand von zwei Einzelfällen befaßt.

In dem ersten Fall ([X.]. v. 19. Juli 1991, [X.], [X.] 1992, 78) war es so, daß der Vorerbe vor Eintritt des [X.] bereits Miteigentümer des Landguts war. Erst mit Eintritt des [X.] war nach § 1 Abs. 1 und - 5 - Abs. 2 [X.] a.F. ein Hof entstanden; vorher stand dem das fehlende [X.] entgegen. Bei dieser Situation hat der Senat angenommen, daß der [X.] und Hofvorerbe (sobald er es geworden war) die [X.] - ohne Zustimmung der Nacherben - aufheben könne. Daraus lassen sich (worauf [X.], [X.] 2001, 265, 271, zu Recht hinweist) keine zu ver-allgemeinernden Aussagen herleiten. Die Entscheidung für ein Aufgaberecht des Vorerben ohne Zustimmung der Nacherben ist allein darauf gestützt, daß durch die [X.] die frühere, für die Nacherben günstigere Rechtslage nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch wiederhergestellt worden sei. Erst der [X.] ließ den landwirtschaftlichen Besitz zum Hof werden mit der Folge, daß nun - an[X.] als zuvor - die eingesetzten Nacherben dem [X.] weichen mußten. Diese Schlechterstellung beseitigt die [X.]erklärung. Daß dies zu Lasten des sonst vorgehenden [X.] geht, hat dieser hinzu-nehmen. Ihm war eine solche Stellung vom Erblasser nicht eingeräumt worden; sie ergab sich erst aus der mit dem Eintritt des [X.] verbundenen Geset-zeslage. Aus diesen Besonderheiten des entschiedenen Falles läßt sich nicht die generelle Aussage ableiten, der Hofvorerbe könne stets, und gar ohne Zu-stimmung der Nacherben, die Hofeigenschaft aufheben.

Die zweite Entscheidung (Urt. v. 7. November 1997, [X.] 6/97, [X.] 1998, 215) betrifft keinen Fall der Vor- und Nacherbschaft, ist aber in-soweit aussagekräftig, als der Senat in einer Konstellation, bei der mehrere Erben als [X.] in Betracht kamen, eine Aufgabeerklärung aller Prä-tendenten als Grundlage für eine Löschung des [X.] hat genügen [X.]. Entscheidend war für ihn allerdings, daß nur bestimmte Personen als [X.] in Betracht kamen und daß diese alle formgerecht eine negative Hoferklärung abgaben. - 6 -

c) Ausgehend von dieser zweiten Entscheidung muß es auch im Fall der Vor- und Nacherbschaft für einen Antrag auf Ersuchen um Löschung des [X.] nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 HöfeVfO als ausreichend erachtet werden, wenn nur bestimmte Personen als Nacherben in Betracht kommen und diese alle, wie auch der Vorerbe, die [X.]erklärung abgegeben haben.

Allerdings ist es richtig, daß eine Aufhebung der Hofeigenschaft zu einer Änderung des [X.] führt ([X.], [X.] 1992, 190, 191; [X.]., in: [X.]/Hötzel/von [X.]/[X.], § 1 [X.]. 63) und daß es an sich weder dem Vorerben noch dem Nacherben zusteht, in die auf dem Erblasserwillen bestehenden erbrechtlichen Regelungen einzugreifen (vgl. auch [X.] 1987, 326, 327). Das steht der gemeinsamen negativen Hoferklärung durch Vor- und Nacherben aber nicht entgegen.

Die von der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft ausgehenden Bin-dungen sind beschränkt. Soweit Verfügungen des Vorerben nach § 2113 [X.] unwirksam werden können, vermeidet die Zustimmung des Nacherben zu der Verfügung den Eintritt dieser Rechtsfolge (vgl. nur [X.], 214; Pa-landt/[X.], [X.], 63. Aufl., § 2113 [X.]. 6; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 2113 [X.]. 15 m.w.N.). Der Erblasser kann somit durch Einsetzung einer Vor- und Nacherbschaft nicht sicherstellen, daß bestimmte Vermögens-gegenstände im Wege der Erbfolge letztlich dem Nacherben zufallen. [X.] kann er sicherstellen, daß es überhaupt zum Eintritt des [X.] kommt. So können Vor- und Nacherben im Zusammenwirken die Anordnung der Nacherbschaft dadurch unterlaufen, daß sie die Nacherbenrechte auf den Vorerben übertragen ([X.], [X.] 2001, 265, 271; [X.]/[X.], - 7 - § 2108 [X.]. 8). Der Vorerbe wird dann Vollerbe und könnte die negative [X.] abgeben ([X.] 272).

Angesichts dessen gibt es keinen zwingenden Grund, der gemeinsamen Erklärung von Vor- und (sämtlichen) Nacherben, den Hof aufzugeben, die Wirksamkeit zu versagen. Die Annahme, daß die Erbfolge nach [X.], die mit dem [X.] eingetreten sei, bis zum Nacherbfall nicht mehr korrigiert werden dürfe (so [X.] 271; [X.], [X.] 1992, 190, 191), trifft so nicht zu. Auf sie kann lediglich erbrechtlich nicht abändernd eingewirkt werden. Rechtsgeschäfte unter Lebenden sind - wie dargelegt - indes nicht ausgeschlossen. Ebensowenig sind Erklärungen zur Hofeigenschaft ausge-schlossen, unabhängig davon, ob man darin eine Verfügung sieht oder nicht (vgl. verneinend [X.] 271, bejahend [X.] RdL 1958, 125, 126). Dementsprechend hat es der Senat z.B. auch für zulässig erachtet, daß ein erbrechtlich in der Hofübertragung gebundener Erblasser die negative Hofer-klärung abgibt, auch wenn dadurch eine Vererbung nach [X.] nicht mehr möglich ist, der Hoferbe seinen Son[X.]tatus also verliert ([X.]Z 101, 57).

d) Erforderlich ist allerdings eine Zustimmung aller Nacherben. Stehen sie noch nicht fest oder besteht die Möglichkeit, daß zu den bislang festste-henden weitere hinzutreten, etwa dadurch, daß Kinder eingesetzt sind, die durch nachfolgende Geburt oder Adoption den Status eines Nacherben erlan-gen können, so ist eine Aufhebung der Hofeigenschaft durch den [X.] mit Zustimmung nur der bislang vorhandenen oder bekannten Nacherben nicht möglich. Die Rechte der, wenn auch nur potentiell weiteren Erben würden hier-durch verletzt.
- 8 - 3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen läßt sich die Wirksamkeit der [X.]erklärung weder bejahen noch - wie aber das Be-schwerdegericht angenommen hat - verneinen.

a) Soweit das Beschwerdegericht die Enkelkinder des Beteiligten zu 1 als potentielle Nacherben angesehen und folglich deren Zustimmung für erfor-derlich gehalten hat, ist ihm nicht zu folgen. Die Rechtsbeschwerde weist zu Recht darauf hin, daß Enkelkinder des Beteiligten zu 1 in dem Testament des Erblassers nicht bedacht sind. Bedacht sind die "leiblichen und ehelichen Kin-der" des Beteiligten zu 1, ersatzweise die "leiblichen und ehelichen Kinder" der Schwester des Beteiligten zu 1 und wiederum ersatzweise die Schwester des Beteiligten zu 1 selbst.

b) Soweit die Schwester des Beteiligten zu 1 als Ersatznacherbin einge-setzt ist, fehlt zwar ihre Zustimmung. Diese ist aber entbehrlich, wenn die Schwester des Beteiligten zu 1 nicht wirtschaftsfähig im Sinne der §§ 7 Abs. 1, 6 Abs. 6 Satz 1 und 2 [X.] ist. Sie schiede dann als Erbin aus. Ob die Be-dachte wirtschaftsfähig ist, ist nicht festgestellt. Hohes Alter schließt für sich genommen die Wirtschaftsfähigkeit zwar nicht aus ([X.]/Stöcker, § 6 [X.]. 116 ff.), gibt aber Anlaß zu besonderer Nachprüfung.

c) Soweit "die leiblichen und ehelichen Kinder" des Beteiligten zu 1 bzw. von dessen Schwester "zu gleichen Teilen" eingesetzt sind, ist eine solche [X.]bestimmung nicht möglich. Eingesetzt werden kann nur eine natürli-che Person als Alleineigentümer oder ein Ehepaar (siehe nur [X.]/Stöcker, § 7 [X.]. 25, 26, 28). Es ist daher tatrichterlich zu prüfen, ob diese - sonst unwirksame - Erbeinsetzung im Wege der Auslegung oder [X.] 9 - deutung (vgl. [X.]/Stöcker, § 7 [X.]. 69; von [X.], in: [X.]/Hötzel/von [X.]/[X.], § 7 [X.]. 21; [X.]/Wulff/[X.], § 7 [X.]. 8) als eine dem [X.] entsprechende Verfügung aufrechterhalten werden kann.

d) Zu prüfen bleibt schließlich auch, ob es nach der testamentarischen Nacherbenbestimmung ausgeschlossen ist, daß noch weitere, jetzt noch nicht bekannte Nacherben in Betracht zu ziehen sind. Da jedenfalls deren Zustim-mung fehlt, scheiterte der Antrag dann an diesem Erfordernis. Diese Frage [X.] dann der Klärung, wenn die Einsetzung der "leiblichen und ehelichen Kin-der" des Beteiligten zu 1 bzw. von dessen Schwester, obwohl "zu gleichen [X.]" bedacht, aufrechterhalten werden kann. Es müßte dann insbesondere, ebenfalls durch Auslegung, ermittelt werden, ob darunter auch Adoptivkinder fallen (vgl. dazu [X.], Urt. v. 16. November 1982, [X.], [X.] 1983, 157), da deren Hinzutreten nicht ausgeschlossen werden kann.
[X.]
Lem-ke

Meta

BLw 27/03

16.04.2004

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2004, Az. BLw 27/03 (REWIS RS 2004, 3637)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3637

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

BLw 12/11 (Bundesgerichtshof)

Höferecht: Wegfall der Hofeigenschaft zwischen Vorerb- und Nacherbfall; treuwidrige Berufung des Hofnacherben auf sein Sondererbrecht


10 W 106/02 (Oberlandesgericht Hamm)


BLw 12/11 (Bundesgerichtshof)


BLw 9/10 (Bundesgerichtshof)

Hof im Sinne der Höfeordnung


BLw 9/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.