Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.06.2017, Az. 4 BN 37/16

4. Senat | REWIS RS 2017, 8824

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Gegenstand

Ortsübliche Bekanntmachung und Auslegung; Zugänglichkeit des Planentwurfs


Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr die Antragstellerin beimisst.

2

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des [X.]undesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, so bereits [X.], [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]E 13, 90 <91>). Daran fehlt es hier.

3

1. Die Fragen,

welche Angaben gemäß § 3 Abs. 2 [X.]auG[X.] hinsichtlich des Ortes der Auslegung in der ortsüblichen [X.]ekanntmachung der Auslegung zu finden sein müssen, namentlich dann, wenn die Auslegung in einem größeren, mehrgeschossigen Gebäude stattfindet, in dem [X.]eschäftigte und/oder zufällig anzutreffende [X.]edienstete nicht in Kenntnis über die Auslegung und deren konkreten Ort sind,

insbesondere, ob es in einem großen, mehrgeschossigen Gebäude, bei dem die anzutreffenden [X.]ediensteten im nennenswerten Umfang nicht in Kenntnis über die Einzelheiten der Auslegung, namentlich auch den Ort sind, für eine ordnungsgemäße Auslegungsbekanntmachung genügt, einfach nur das Gebäude ohne weitere Angaben zur Zugänglichkeit des Planentwurfes anzugeben,

führen nicht zur Zulassung der Revision. Sie lassen sich, soweit überhaupt einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich, auf der Grundlage bisheriger Rechtsprechung des Senats im Sinne des [X.] beantworten. In dem Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - ([X.]E 133, 98) ist ausgeführt, dass das in § 3 [X.]auG[X.] geregelte Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung u.a. den von der Planung [X.]etroffenen die Möglichkeit geben soll, ihre Interessen und Rechte frühzeitig geltend zu machen und in den Entscheidungsprozess einzubringen. Um den Interessierten, an den sich die [X.]ekanntmachung wendet, nicht in Wahrheit von einer [X.]eteiligung abzuhalten oder die [X.]eteiligung mindestens zu erschweren, sondern ihn im Gegenteil zu einer [X.]eteiligung zu ermuntern, ordnet § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]auG[X.] an, dass Ort und Dauer der Auslegung der Planentwürfe ortsüblich bekannt zu machen sind. Die ortsübliche [X.]ekanntmachung hat nicht den darüber hinausgehenden Zweck, den am Planungsprozess Interessierten jedwede Anstrengung zu ersparen, den Planentwurf ausfindig zu machen. Eigenständige [X.]emühungen, die den [X.]etroffenen nicht überfordern, dürfen ihm zugemutet werden ([X.], [X.]eschluss vom 8. September 1992 - 4 N[X.] 17.92 - [X.] Nr. 27).

4

Von diesen Maßstäben hat sich das Oberverwaltungsgericht leiten lassen ([X.] f.). Nach den tatrichterlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), wurde als Ort der öffentlichen Auslegung das Stadtplanungsamt der Antragsgegnerin ([X.]) mit der Adresse "A." ([X.]) genannt. Wie die Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen hat, befinden sich in dem Gebäude "A." im Treppenhaus bzw. in den Fluren der einzelnen Stockwerke wegweisende Hinweise zu den einzelnen Ämtern bzw. Struktureinheiten. Damit war das Stadtplanungsamt ohne Weiteres auffindbar. Denn ein am Planentwurf Interessierter wusste nach der Lektüre der [X.]ekanntmachung, welches Gebäude und welches Amt er aufsuchen musste. Zu Recht hat es das Oberverwaltungsgericht als nicht unzumutbar angesehen, wenn sich der Interessierte dort gegebenenfalls nach dem genauen Standort der Planunterlagen erkundigen muss. Es ist ein alltäglicher Vorgang bei [X.]ehördengängen, sich persönlich bei einer auskunftsbereiten Person zu erkundigen, wohin man sich mit seinem Anliegen zu wenden hat. Das [X.]augesetzbuch setzt voraus, dass die zur [X.]eteiligung aufgerufenen [X.]ürger und sonstigen Interessierten "mündig" und in der Lage sind, sich in einem Dienstgebäude durch Nachfragen zurechtzufinden ([X.], Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - [X.]E 133, 98 = juris Rn. 35). Damit genügte die öffentliche [X.]ekanntmachung der Antragsgegnerin den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]auG[X.]. Von der Prämisse, die die [X.]eschwerde ihrer Frage unterlegt, dass in dem großen, mehrgeschossigen Gebäude die anzutreffenden [X.]ediensteten "in nennenswertem Umfang nicht in Kenntnis über die Einzelheiten der Auslegung, namentlich auch den Ort" der Auslegung gewesen seien, ist das Oberverwaltungsgericht nicht ausgegangen. Es hat sich im Gegenteil die Angaben der Antragsgegnerin zu eigen gemacht, dass der Pförtner des Gebäudes, hätte man ihn befragt, zutreffend auf die Schaukästen als Ort der Auslegung hingewiesen hätte. Die aufgeworfene Frage wäre deshalb in einem Revisionsverfahren auch nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen schlüge eine nach § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.]auG[X.] fehlerhafte Durchführung der öffentlichen Auslegung, etwa dadurch, dass die ausgelegten Unterlagen für die interessierte Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, nicht gleichsam automatisch auf die Rechtmäßigkeit der Auslegungsbekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]auG[X.] zurück. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die [X.]eschwerde nicht auf.

5

2. Die Antragstellerin hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob es dem am Planentwurf Interessierten nach § 3 Abs. 2 [X.]auG[X.] zumutbar ist, erstens unvollständige bzw. falsche Informationen der [X.]ediensteten, auf deren Mithilfe der [X.]etroffene zwecks Zugang zu den ausliegenden Unterlagen angewiesen ist, durch mehrfaches Insistieren richtigzustellen und zu überwinden,

und zweitens, ob es den Anforderungen an die öffentliche Auslegung genügt, wenn der [X.]etroffene auf Nachfrage nicht die eigentlich ausliegenden Unterlagen erhält, sondern ersatzweise herbeigeschaffte Unterlagen.

6

Auch diese auf die Rechtmäßigkeit der Auslegung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.]auG[X.] zielenden Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision. Sie wären in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Nach Auffassung des [X.] war die öffentliche Auslegung nicht zu beanstanden. Soweit zum Teil gefordert werde, die auszulegenden Unterlagen müssten an dem in der Auslegungsbekanntmachung bezeichneten Ort vollständig, sichtbar und als zusammengehörig erkennbar zugänglich sein und jeder Interessierte müsse ohne Weiteres in die Unterlagen Einblick nehmen können, seien diese Anforderungen erfüllt. Die Planunterlagen nebst [X.]egründung hätten in der [X.] vom 18. November 2013 bis 18. Dezember 2013 vollumfänglich in den Schaukästen des [X.] im Eingangsbereich neben dem [X.] ausgehangen. Das sei - mittlerweile - unstreitig. Des Weiteren hat sich das Oberverwaltungsgericht - wie ausgeführt - den Angaben der Antragsgegnerin angeschlossen, dass der Pförtner des Gebäudes, hätte man ihn befragt, auf die Schaukästen als Ort der Auslegung hingewiesen hätte. Es sei der Antragstellerin daher ohne Weiteres möglich gewesen, am 5. Dezember 2013 zu den genannten Schaukästen zu gelangen und die Unterlagen dort einzusehen ([X.]). Die Annahme der [X.]eschwerde, der [X.]evollmächtigte der Antragstellerin habe "erst durch vierfache Nachfrage/mehrfaches Insistieren Zugang zum Entwurf des [X.]ebauungsplans und dem Entwurf seiner [X.]egründung" erhalten können, geht deshalb an den Annahmen des [X.] vorbei. Die weitere, selbständig tragende [X.]egründung des [X.], selbst wenn berücksichtigt werde, dass der Antragstellerin der Aushang in den Schaukästen nicht bekannt gewesen sei und die im Haus angetroffenen Mitarbeiter - u.a. des [X.]auplanungsamtes - nicht auf den Aushang in den Schaukästen hingewiesen hätten, habe eine ordnungsgemäße Auslegung der Planunterlagen vorgelegen, kann deshalb hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert ([X.], [X.]eschluss vom 9. September 2009 - 4 [X.] 4.09 - [X.] 2010, 67 = juris Rn. 5).

7

3. Die Grundsatzrevision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen,

ob eine erneute (Öffentlichkeits- oder zumindest [X.] nach Änderung des [X.] auch dann wegen "[X.]" unterbleiben kann, wenn die Änderung zwar einen Punkt betrifft, zu dem die betroffenen [X.]ürger, [X.]ehörden und sonstigen Träger öffentlicher [X.]elange zuvor bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatten und der Dritte nicht abwägungsrelevant berührt, die Änderung aber einem Vorschlag des [X.]etroffenen nicht (vollständig) Rechnung trägt.

8

Sie kann auf der Grundlage geltenden Rechts und der bisherigen Rechtsprechung ohne Weiteres beantwortet werden. Nach § 4a Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.] ist der Entwurf des [X.]ebauungsplans erneut auszulegen und sind die Stellungnahmen erneut einzuholen, wenn er nach dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 2 [X.]auG[X.] geändert oder ergänzt wird. Damit löst im Grundsatz jede Änderung/Ergänzung des Entwurfs die Pflicht zur Wiederholung der Auslegung aus. In der Rechtsprechung des Senats ist allerdings anerkannt, dass das [X.]eteiligungsverfahren nicht um seiner selbst willen zu betreiben ist (z.[X.]. [X.], [X.]eschluss vom 8. März 2010 - 4 [X.] 42.09 - [X.] 406.11 § 4a [X.]auG[X.] Nr. 1 = juris Rn. 11). Hat eine nach öffentlicher Auslegung vorgenommene Ergänzung einer Festsetzung lediglich klarstellende [X.]edeutung, so besteht kein Anlass zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung oder einer erneuten [X.]eteiligung von [X.]ehörden und Trägern öffentlicher [X.]elange, denn inhaltlich ändert sich am Planentwurf nichts. Entsprechendes gilt, wenn der Entwurf nach der Auslegung in Punkten geändert worden ist, zu denen die betroffenen [X.]ürger, [X.]ehörden und sonstigen Träger öffentlicher [X.]elange zuvor bereits Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, die Änderungen auf einem ausdrücklichen Vorschlag eines [X.]etroffenen beruhen und Dritte hierdurch nicht abwägungsrelevant berührt werden ([X.], [X.]eschlüsse vom 18. Dezember 1987 - 4 N[X.] 2.87 - NVwZ 1988, 822 = juris Rn. 21 und vom 18. April 2016 - 4 [X.] 9.16 - [X.]auR 2016, 1269 = [X.] 2016, 589 = juris Rn. 4). Das Oberverwaltungsgericht hat sich auch von diesen rechtlichen Maßstäben leiten lassen. Die Kritik der [X.]eschwerde, die sich gegen die Anwendung dieser Maßstäbe richtet, betrifft den Einzelfall und verleiht der Rechtsfrage keine darüber hinausgehende [X.]edeutung (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 17. November 2016 - 9 [X.] 51.16 - juris Rn. 4).

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 37/16

29.06.2017

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 21. September 2016, Az: 2 K 113/14, Urteil

§ 3 Abs 2 S 2 BauGB, § 4a Abs 3 S 1 BauGB, § 3 Abs 2 S 1 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.06.2017, Az. 4 BN 37/16 (REWIS RS 2017, 8824)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8824

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