Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2004, Az. II ZR 247/01

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4114

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[X.] DES VOLKESURTEILII [X.]/01Verkündet am:15. März 2004BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaBGB § 826 Gi; HGB §§ 131 Abs. 3 Nr. 2, 161 Abs. 2; ZPO §§ 239, 246a)Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komple-mentär-GmbH einer GmbH & Co. [X.] mit einem einzigen Kommanditistenführt zum Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der [X.] (§§ 161Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB) und zur liquidationslosen Vollbeendigung der[X.] unter Gesamtrechtsnachfolge des Kommanditisten; er haftet für Gesell-schaftsverbindlichkeiten nur mit dem übergegangenen [X.])Prozessual sind auf einen solchen Rechtsübergang während eines laufendenRechtsstreits die §§ 239, 246 ZPO sinngemäß anzuwenden.c)Zu den Voraussetzungen der Haftung eines [X.] gegenüber [X.] aus § 826 BGB wegen Falschangaben in einem Konnosse-ment.[X.], Urteil vom 15. März 2004 - II [X.]/01 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 15. März 2004 durch [X.] h.c. Röhrichtund [X.] Dr. Goette, [X.], Dr. Graf und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats desHanseatischen Oberlandesgerichts [X.] vom 18. Juli 2001aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den6. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts [X.] zu-rückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die klagende Bank mit Sitz in [X.] eröffnete am 12. Januar 1999 [X.] der in den [X.] ansässigen [X.]. einunwiderrufliches Akkreditiv über 229.600,00 US-$ zugunsten der im [X.] domizilierten [X.] Ltd., die ebenso wie die [X.]. zur [X.] des inzwischen untergetauchten, unter Betrugsverdacht stehendenindischen Geschäftsmanns [X.] gehörte. Hintergrund des [X.] 3 -war ein Kaufvertrag zwischen der [X.]. und der [X.] Ltd. über eineMetallieferung von 8.000 kg "Indium Tin Alloy", die von [X.] nach [X.] werden sollten. Nach den [X.] war [X.] die Auszahlung des [X.] durch die L.er Korrespondenz-bank der Klägerin u.a. die Vorlage eines [X.] mit Angabe [X.] und datierter Verladebestätigung ("shipped on board"-Vermerk)des [X.]. Ein entsprechendes Dokument über die Verfrachtung von8.000 kg "Indium Tin Alloy" in einem Container mit der KennungM. hatte die in [X.] ansässige Beklagte als Verfrachterin aufDrängen [X.] bereits am 11. Januar 1999 ausgestellt, obwohl der [X.] diesem Tag noch auf dem Landweg unterwegs war und erst am 14. [X.] auf das Frachtschiff "[X.]." verladen wurde. Spätestens andiesem Tag übergab die Beklagte das Konnossement an [X.], der hiermit amselben Tag die Auszahlung der Akkreditivsumme an die [X.] Ltd. bei derL.er [X.] der Klägerin erwirkte. Von ihr erhielt [X.] Klägerin das Konnossement in dreifacher Ausfertigung und indossierte esan die [X.]. weiter. Diese erteilte daraufhin am 25. Januar 1999 der [X.]. die Weisung, das inzwischen in [X.] eingetroffene Fracht-gut nach [X.]. zu verschiffen. Am 14. Juli 1999 erstattete die Klägerin ihrerL.er [X.] die ausgezahlte Akkreditivsumme [X.] Rückgriff gegenüber der [X.]. scheiterte an deren In-solvenz.Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der [X.] [X.] Höhe der 229.500 US-$ aus § 826 BGB, weil die Beklagte durch ihr in mehr-facher Hinsicht vorsätzlich falsch ausgestelltes Konnossement die Auszahlungder Akkreditivsumme an die [X.] Ltd. ermöglicht habe. Das [X.] hatder Klage mit Rücksicht auf den unstreitig falschen "shipped on board"-Vermerk- 4 -stattgegeben. Die Berufung der [X.] hatte Erfolg. Vor Erlaß des zweitin-stanzlichen Urteils war das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kom-plementär-GmbH der [X.] eröffnet und dessen Eröffnung über das Ver-mögen der [X.] mangels Masse abgelehnt worden. Mit ihrer [X.] die Klägerin ihre Ansprüche weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an einen anderen [X.]at des Berufungsgerichts.[X.] Das Berufungsgericht geht in prozessualer Hinsicht allerdings zutref-fend davon aus, daß der Rechtsstreit weder durch die Ablehnung der [X.] über das Vermögen der [X.] (Beschluß [X.] vom 12. Juni 2001) noch durch die Eröffnung des [X.] über das Vermögen ihrer Komplementär-GmbH am 31. Mai 2001unterbrochen worden ist. § 240 ZPO greift mangels Eröffnung des [X.] über das Vermögen der [X.] nicht ein. Die Eröffnung des [X.] über das Vermögen der Komplementär-GmbH der [X.] zwar - entgegen der Ansicht der Parteien in der Revisionsinstanz - nichtnur zur Auflösung der [X.], sondern gem. §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2HGB zum Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der [X.] mit [X.] ihrer liquidationslosen Vollbeendigung unter Gesamtrechtsnachfolge ih-res - nach übereinstimmendem Parteivortrag in der Revisionsinstanz - einzigverbliebenen Kommanditisten (vgl. [X.]at, [X.]Z 45, 206; 113, 132, 133 f.;[X.]/[X.], HGB 31. Aufl. § 131 Rdn. 35; [X.]. § 177 a Rdn. 45 zu b; [X.] "Simultaninsolvenz" von [X.] und [X.], [X.], 1209, 1213 f.; derselbe in [X.], GmbHG 9. Aufl. § 60 Rdn. 114; vor- 5 -§ 64 Nr. 120 ff.). Prozessual sind auf diesen Rechtsübergang während [X.] die §§ 239, 246 ZPO sinngemäß anzuwenden (vgl. [X.].Beschl. [X.] Februar 2002 - II ZR 331/00, [X.], 614 f.). Da die Beklagte zur [X.] durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten war (vgl.[X.]Z 2, 227, 229 mit [X.], 155) und ein Aussetzungsantrag gem. § 246ZPO nicht gestellt worden ist, konnte der Rechtsstreit unter der bisherigen [X.] (vgl. [X.], Urt. v. 19. Februar 2002 - [X.], [X.]) mit Wirkung für den verbliebenen Kommanditisten als Rechtsnachfolgerder [X.] fortgesetzt werden (vgl. [X.]at, [X.]Z 121, 263, 265; Urt. [X.] Dezember 2003 - [X.], [X.]. S. 5 f.). Das gilt auch für die [X.] mit Rücksicht auf den Fortbestand der [X.] der vorin-stanzlichen Prozeßbevollmächtigten der [X.] (§ 86 ZPO) und deren Be-fugnis zur Bestellung eines [X.] (§ 81 ZPO).Klarzustellen ist, daß der verbliebene Kommanditist nach den in [X.]Z113, 132, 134 ff. vorgezeichneten Grundsätzen für die Verbindlichkeiten der [X.]nur mit dem ihm zugefallenen Gesellschaftsvermögen haftet (vgl. [X.]Z 113,138), also - nach Wegfall des § 419 a.[X.] BGB - nur zur Duldung der Zwangs-vollstreckung in jenes Vermögen zu verurteilen ist (vgl. [X.]at aaO, [X.] f.).Eine weitergehende Haftung gem. § 171 f. HGB oder aus § 25 HGB, wenn derKommanditist das Handelsgeschäft der [X.] fortführt, bleibt davon ebenso unbe-rührt wie die Nachhaftung der ausgeschiedenen Komplementär-GmbH (§ 128HGB).I[X.] In der Sache meint das Berufungsgericht, ein Schaden sei der Kläge-rin nicht schon durch die Auszahlung der Akkreditivsumme seitens ihrer Korres-pondenzbank entstanden, weil sie dafür als Gegenleistung den dreifachen [X.] erhalten habe, das trotz des falsch datierten [X.] -merks "werthaltig" gewesen sei; denn die zugrundeliegende Ware sei tatsäch-lich verladen worden. Ein Schaden der Klägerin sei erst dadurch eingetreten,daß sie den dreifachen Satz des [X.] ohne Absicherung an die[X.]. übergeben und ihr damit eine anderweitige Verfügung über die zu-grundeliegende Ware ermöglicht habe.Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.1. Entgegen dem verfehlten Ausgangspunkt des Berufungsgerichts istder Klägerin ein Schaden, dessen rechts- oder sittenwidrige Verursachungdurch die Beklagte hier in Frage steht, bereits aufgrund der die Klägerin zur Er-stattung verpflichtenden Auszahlung der Akkreditivsumme durch ihre L.er[X.] entstanden. Ohne das - von der [X.] ausgestellte -Konnossement hätte die Auszahlung nach den [X.] [X.] können. Daß die Auszahlung Zug um Zug gegen Übergabe des [X.] zu erfolgen hatte (vgl. [X.], [X.]. vor § 556Nr. 80), betrifft nicht die der Klägerin von ihrem Auftraggeber ([X.].) ge-schuldete Gegenleistung in Gestalt der Erstattung des verauslagten Betrages,die an der Insolvenz der [X.]. scheiterte. Dieser Schaden ist der [X.] jedenfalls objektiv dann zuzurechnen, wenn sie die Auszahlung der [X.] durch Falschangaben in dem Konnossement herbeigeführt hat.Daß die Klägerin im Vertrauen auf die Seriosität des Geschäftsmanns [X.] denDreifachsatz des [X.] an die [X.]. weiter indossiert und ihrdamit die Umdestination des [X.] ermöglicht hat, könnte allenfalls zu ei-nem Mitverschulden der Klägerin führen, das aber gegenüber einer vorsätzlichfraudulösen Mitwirkung der [X.] in den Hintergrund [X.] -2. Richtig ist allerdings, daß die unstreitig falsche Angabe des Verschif-fungsdatums in dem Konnossement für sich allein als Schadensursache dannkeine Rolle spielte, wenn das Frachtgut sich bei Vorlage des [X.]gegenüber der [X.] der Klägerin (am 14. Januar 1999) tatsäch-lich an Bord des in dem Konnossement bezeichneten Schiffs "[X.], weil die Auszahlung der Akkreditivsumme dann auch bei Angabe destatsächlichen Verladedatums (14. Januar 1999) zu erreichen gewesen wäre. [X.] der Fall war, oder das Konnossement darüber hinaus weitere- möglicherweise bewußt falsche - Angaben der [X.] insbesondere hin-sichtlich der angeblichen Art und Menge der verschifften Ware enthielt, läßt sichwegen insoweit in sich widersprüchlicher Feststellungen des Berufungsgerichtsnicht beurteilen. Das angefochtene Urteil nimmt gem. § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPOa.[X.] in vollem Umfang auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug,aus dem hervorgeht, daß zwischen den Parteien umstritten ist, ob sich in [X.] Bord des Schiffs verbrachten Container mit der Kennung M.die in dem Konnossement bezeichnete Ware befand. Demgegenüber geht dasBerufungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils ohne weiteresdavon aus, daß "die Ware" tatsächlich auf das Schiff verladen und verschifftworden sei. Damit liegt ein Widerspruch zwischen Tatbestand und Entschei-dungsgründen des angefochtenen Urteils vor, der dessen rechtlicher [X.] entgegensteht und daher von Amts wegen zur Aufhebung des [X.] und zur Zurückverweisung der Sache führen muß (vgl. [X.].Urt. v.13. Mai 1996 - [X.], [X.], 1314; [X.], Urt. v. 17. April 1996- VIII ZR 95/95, NJW 1996, 2235; Urt. v. 17. Mai 2000 - [X.], [X.], 1871 f.). Der [X.]at macht dabei von der Möglichkeit der [X.] an einen anderen [X.]at des Berufungsgerichts Gebrauch (§ 565 Abs. 1Satz 2 ZPO a.[X.]).- 8 -II[X.] 1. Für die weitere Verhandlung und Entscheidung ist darauf hinzuwei-sen, daß eine etwaige Falschangabe hinsichtlich der verschifften Ware für dieAuszahlung der Akkreditivsumme und damit für den Schaden der Klägerin in-sofern ursächlich wäre, als die Akkreditivbank die Auszahlung nur vornehmendarf, wenn sie zuvor die Übereinstimmung zwischen den [X.]und den vorgelegten Dokumenten genau geprüft hat (vgl. [X.]/[X.],HGB 31. Aufl. VI Bankgeschäfte (11), [X.]. 13 Rdn. 1; vgl. auch zumGrundsatz der [X.], [X.].Urt. v. 2. Juli 1984 - [X.], [X.], 1214; Urt. v. 10. Dezember 1970 - [X.], [X.], 158 f.). [X.] hätte daher nicht erfolgen dürfen, wenn sich aus dem Konnosse-ment die Verschiffung einer anderen als der nach der Handelsrechnung zu [X.] Ware ergeben hätte. Entgegen der Auffassung der [X.] scheitertihre Haftung nicht zwangsläufig daran, daß das von ihr ausgestellte Konnosse-ment hinsichtlich der Warenbezeichnung formularmäßig die Einschränkung"said to contain" enthält. Hat der Aussteller des [X.] - wie hier vonder Klägerin behauptet - Grund zu der Annahme, daß die Warenangaben falschsind, muß er seine Zweifel durch Anbringung eines entsprechenden [X.] Ausdruck bringen, was dazu geführt hätte, daß das Konnossement "un-rein" geworden wäre und eine Auszahlung nicht hätte stattfinden dürfen (vgl.[X.] aaO, § 645 Rdn. 3). In dem bewußten Unterlassen eines entsprechendenVermerks durch die Beklagte kann ein unter § 826 BGB fallendes Verhaltengegenüber der Klägerin zu sehen sein (vgl. [X.], Seehandelsrecht, [X.] gilt - entgegen der bisherigen Ansicht des Berufungsgerichts - erst rechtdann, wenn sich die Beklagte bewußt in betrügerische Machenschaften [X.]gegenüber der Klägerin hat einbinden lassen.2. Soweit es auf die Falschangabe hinsichtlich des Verladedatums indem Konnossement der [X.] ankommen sollte, entfällt deren Kausalität- 9 -für den Schaden der Klägerin nur dann, wenn die Ware auch tageszeitlich vorder Auszahlung der Akkreditivsumme vollständig auf das Schiff verladen war.RöhrichtGoette[X.]GrafStrohn

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II ZR 247/01

15.03.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2004, Az. II ZR 247/01 (REWIS RS 2004, 4114)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4114

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