Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2014, Az. VI ZR 128/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7007

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 128/13

vom

18. März 2014

in dem Rechtsstreit

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2
-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat am
18. März 2014
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], [X.], die Richterin von [X.] und den Richter Offenloch
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird der [X.] des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 20. Februar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten im Zusammenhang mit der Gewährung von Darlehen an die A.

GmbH & Co. Objekt S.

KG (nachfolgend: A.

KG) auf Schadensersatz aus §§
823 Abs.
2 BGB, 263 StGB sowie §
826 BGB in Anspruch. Die Klägerin war alleinige Ge-sellschafterin und Geschäftsführerin der I.

GmbH (I.

GmbH), über die ihr Ehemann und der Beklagte zu
2 ein Immobili-1
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enprojekt abgewickelt hatten. Für die Bewerbung um den Zuschlag für die Sa-nierung und Erweiterung der ehemaligen S.

halle in K.

wurde am 27.
Dezember 2006 die A.

KG gegründet, an der die Klägerin und die Beklag-te zu
1, die Ehefrau des Beklagten zu
2, jeweils zur Hälfte als Kommanditistin-nen beteiligt waren. Die Klägerin und die Beklagte zu
1 waren auch alleinige Gesellschafterinnen der Komplementär GmbH, deren Geschäftsführer der [X.] verstorbene [X.] war. Mit Kaufvertrag vom 29.
August 2007 erwarb die A.

KG das ehemalige S.

gelände von der Stadt K.

zu ei-nem Kaufpreis von 1.777.500

Bank AG mit Kreditvertrag vom 12.
Dezember 2007. Dabei wurde davon aus-gegangen, dass bereits vier der geplanten sechs Mietobjekte für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren vermietet waren. Insbesondere hatte die I.

GmbH, vertreten durch den Beklagten zu
2, mit [X.] am 1.
Oktober 2007 ei-nen Mietvertrag über eine Fläche von 180
m² zum Betrieb einer Apotheke für zehn Jahre mit einem jährlichen [X.] von 50.760

eschlossen. Am 10.
September 2007 war eine Vereinbarung zwischen der I.

GmbH und Dr.
K. entworfen worden, wonach er zum Betrieb der Apotheke einen Investiti-ons-
und Baukostenzuschuss von 150.000

solle. Diese Vereinbarung wurde jedoch nicht unterschrieben. Ob eine solche Vereinbarung mündlich abgeschlossen wurde, ist zwischen den Parteien strei-tig. Nachdem die [X.] ihr Kreditengagement wegen Erhöhung der Kos-ten des Generalunternehmers beendet hatte, führten die Klägerin und die Be-klagte zu
1 unter Beteiligung ihrer Ehemänner Verhandlungen über eine finan-zielle Beteiligung. Die Verhandlungen führten dazu, dass die Klägerin mit der A.

KG Darlehensverträge vom 7./10.
Januar 2008 und 1./3.
Dezember 2008 abschloss und ihr einen Betrag in Höhe von 1.650.000

Wegen Auseinandersetzungen über den Investitions-
und Baukostenzu-schuss erklärte Dr.
K. mit Schreiben vom 5.
März 2009 den Mietvertrag vom 2
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1.
Oktober 2007 für gegenstandslos. In der Folgezeit wurde die für die [X.] vorgesehene Fläche für zehn Jahre zu einem jährlichen [X.] von 45.600

April 2009 veräußerte die A.

KG das Objekt an die [X.], wobei als Kaufpreis das 13,908-fache des jährlichen [X.]es
vereinbart wurde.
Die Klägerin macht geltend, sie sei von dem Beklagten zu
2 beim [X.] der Darlehensverträge über die Wirksamkeit des Mietvertrags mit Dr.
K. vom 1.
Oktober 2007 und damit über das Ausfallrisiko getäuscht worden. Der Beklagte zu
2 habe der Klägerin vorgeschlagen, dass sie der A.

KG die volle Kaufpreissumme zur Verfügung stelle; ein Ausfallrisiko sei im Hinblick auf die vier bereits fest auf zehn Jahre abgeschlossenen Mietverträge, darunter auch den über die Apotheke, nicht vorhanden. Die Klägerin behauptet, sie hätte die Darlehensverträge nicht abgeschlossen, wenn sie gewusst hätte, dass der Mietvertrag mit Dr.
K. mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet gewesen sei. Die bereits abgeschlossenen Mietverträge, darunter auch der Mietvertrag über die Apotheke, seien die Grundlage für die Gewährung der Kredite gewesen und hätten ihr Kreditrisiko kalkulierbar gemacht. So habe der [X.] der Apotheke 510.470

ä-chen habe sich das Objekt kalkulatorisch als gerade ausgeglichen dargestellt. Ohne einen wirksamen und durchsetzbaren Mietvertrag mit Dr.
K. wäre die Klä-gerin nicht bereit gewesen, das [X.] auf sich zu nehmen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin gemäß §
522 Abs.
2 ZPO zurückgewiesen. Hierge-gen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.
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II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückver-weisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art.
103 Abs.
1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem es den Vortrag der Klägerin zur Kausalität der vom Berufungsgericht unterstellten Täuschung für den Abschluss der Darlehensverträge für zu pauschal und deshalb unbeachtlich gehalten und die Vernehmung des von der Klägerin zum Beweis ihres Vortrags benannten [X.] als unzulässige Ausforschung abgelehnt hat.
1. Art.
103 Abs.
1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art.
103 Abs.
1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art.
103 Abs.
1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 12.
Mai 2009 -
VI
ZR 275/08, [X.], 1137 Rn.
2; [X.], Beschluss vom 12.
Juni 2008 -
V
ZR 221/07, [X.], 2068; [X.], [X.], 492 Rn.
15). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn das Gericht die Rechtsprechung des [X.] nicht berücksichtigt, wo-nach die Ablehnung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache nur zulässig ist, wenn diese so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist ([X.], [X.] vom 12.
Juni 2008 -
V
ZR 221/07, [X.], 2068 Rn.
5). Dabei genügt 5
6
-
6
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eine Partei nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen anführt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen (vgl. [X.] vom 4.
Juli 2000 -
VI
ZR 236/99, [X.], 1520; [X.], Urteil vom 21.
Januar 1999 -
VII
ZR
398/97, NJW 1999, 1859, 1860; Beschluss vom 12.
Juni 2008 -
V
ZR 221/07, [X.], 2068 Rn.
6; [X.], [X.], 492 Rn.
17).
2. Nach diesen Grundsätzen hätte das Berufungsgericht den von der Klägerin angebotenen Beweis zu der Frage erheben müssen, ob sie
ohne die von ihm unterstellte Täuschungshandlung des Beklagten zu
2 zum Abschluss der Darlehensverträge mit der A.

KG bereit gewesen wäre. Wie die [X.] zu Recht rügt, hatte die Klägerin vorgetragen, dass sie die Darlehensverträge nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass kein bestandskräftiger Mietvertrag mit Dr.
K. besteht. Das Bestehen eines Miet-vertrags auch über die Apotheke sei eine der Grundlagen für die Gewährung der Darlehen gewesen, da sich das Objekt im Hinblick auf die noch vakanten Büroflächen nur unter der Annahme der Wirksamkeit des Vertrags mit Dr.
K. als kalkulatorisch "gerade mal" ausgeglichen dargestellt habe. Ihr Kreditausfallrisi-ko sei verbindlich nur durch die bestehenden zehnjährigen Mietverträge abgesi-chert gewesen, wobei der [X.] der Apotheke 510.470

a-gen habe. Stelle man den Mietvertrag in Zusammenhang mit der später erfolg-ten Veräußerung des Objekts, verkörpere er einen Vermögenswert von rund 705.000

-fache Jahresnettomiete). Ohne den Mietvertrag mit Dr.
K. hätte sich die Kalkulation für die Klägerin anders dargestellt. Da zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge nicht sicher gewesen sei, ob und zu welchem Preis sie die Apotheke werde vermieten können, habe sie ein erhöh-tes (Ausfall-)Risiko getroffen. Wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht geltend macht, hatte die Klägerin den vom Berufungsgericht für maßgeblich 7
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7
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gehaltenen Vortrag der Beklagten, bezüglich der letzten noch vakanten [X.] von 280

habe zum Zeitpunkt der Darlehensabschlüsse bereits ein Miet-interessent zur Verfügung gestanden und die Klägerin sei selbst davon [X.], dass die [X.] problemlos zu einem Quadratmeter-mietzins von über 20

tsätzen vom 14.
Mai 2012 und vom 6.
Juni 2012 ausdrücklich bestritten.
Damit hatte die Klägerin aber schlüssig vorgetragen, dass sie ohne die vom Berufungsgericht unterstellte Täuschungshandlung des Beklagten zu
2 die Darlehensverträge mit der A.

KG nicht abgeschlossen hätte. Dieser Beurtei-lung steht nicht entgegen, dass für die Vernehmung eines Zeugen über innere Vorgänge bei einer anderen Person, die der direkten Wahrnehmung durch den Zeugen naturgemäß entzogen sind, die äußeren Umstände darzulegen sind, die einen Rückschluss auf den zu beweisenden inneren Vorgang zulassen (vgl. [X.], Urteil vom 5.
März 2009 -
III
ZR 17/08, [X.], 112 Rn.
20 mwN). Denn abgesehen davon, dass die Klägerin durch den Vortrag zu ihrer Kalkulati-onsgrundlage bei Abschluss der Darlehensverträge entsprechende äußere Um-stände dargelegt hat, liegt nach der Lebenserfahrung die Kenntnis solcher [X.] im Verhältnis von Ehegatten nahe und braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Im Übrigen ist die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin ohne weiteres so zu verstehen, die Klägerin habe mit [X.] auch über ihre Beweggründe bei dem Abschluss der Darlehensverträge gesprochen und dieser solle darüber Auskunft geben (vgl. [X.], Beschluss vom 19.
Februar 2013 -
XI
ZR 404/11, [X.] 2013, 502, Rn.
20 mwN).
3. Der angefochtene Beschluss beruht auf der Gehörsverletzung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksich-tigung des übergangenen Vorbringens und des zurückgewiesenen [X.] anders entschieden hätte.
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8
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4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Für die Kausalität der unterstellten Täuschungshandlung des Beklagten zu
2 für den Abschluss der Darlehensverträge ist es ohne Bedeutung, dass die [X.] nach Abschluss der Darlehensverträge zu einem Jahresbetrag von 45.600

hätte die Klägerin bei ihrer Entscheidung über die Gewährung der Darlehen davon ausgehen müssen, dass diese Fläche noch nicht -
insbesondere nicht zu einem Mietpreis von 23

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vermietet wurde und nicht klar war, ob und zu welchem Preis sie
in Zukunft vermietet werden würde.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der nach der Be-hauptung der Klägerin fehlende [X.] zu einem Schaden der Klägerin (Ausfall des Darlehens) geführt haben. Der für einen Anspruch aus §
823 Abs.
2 BGB i.V.m. §
263 StGB erforderliche Vermögensschaden liegt in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden in einem täuschungsbedingten Risikoun-gleichgewicht. Für dessen Berechnung ist maßgeblich, ob und in welchem Um-fang den Darlehensgeber tatsächlich ein höheres Ausfallrisiko trifft als es [X.] hätte, wenn die risikobestimmenden Faktoren zutreffend gewesen wä-ren (vgl. [X.], Beschluss vom 13.
April 2012 -
5
StR 442/11, NJW 2012, 2370 Rn.
8 mwN). Wäre der von der Klägerin bei ihrer Entscheidung über die Gewäh-rung der Darlehen zugrunde gelegte Mietvertrag mit Dr.
K. durchgeführt [X.], so wäre der A.

KG während der gesamten Mietdauer ein zusätzlicher Betrag von 51.600

.

KG nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29.
März 2012 für die [X.] der [X.] keine zusätzlichen Baukosten und kein Bau-

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9
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kostenzuschuss in Höhe von 20.000

l-risiko der Klägerin jedenfalls um 71.600

Galke
[X.]
[X.]

von [X.]
Offenloch

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.06.2012 -
15 [X.]/11 -

O[X.], Entscheidung vom 20.02.2013 -
5 U 840/12 -

Meta

VI ZR 128/13

18.03.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2014, Az. VI ZR 128/13 (REWIS RS 2014, 7007)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7007

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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