Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.02.2020, Az. VI R 20/17

6. Senat | REWIS RS 2020, 3238

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Gegenstand

Beiträge des österreichischen Arbeitgebers an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse als Arbeitslohn


Leitsatz

1. Bei den von einem österreichischen Arbeitgeber nach österreichischem Recht für seinen Arbeitnehmer geleisteten Beiträgen an eine betriebliche Vorsorgekasse handelt es sich nach deutschem Recht um zugeflossenen Arbeitslohn.

2. Zukunftssicherungsleistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG sind über die in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV aufgezählten Leistungen hinaus auch Leistungen zur Absicherung der Arbeitslosigkeit.

3. Beiträge an eine österreichische betriebliche Vorsorgekasse sind nur dann nach § 3 Nr. 62 Satz 1  2. Alternative EStG steuerfrei, wenn sie für eine dem deutschen Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherung geleistet werden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 31.03.2017 - 13 K 2270/15 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Kläger und [X.] (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre (2013 und 2014) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Zum 01.08.2013 hatten die Kläger ihren Wohnsitz aus der [X.] ([X.]) in die [X.] ([X.]) verlegt und dabei ihre jeweilige Beschäftigung in [X.] beibehalten.

2

Der [X.] Arbeitgeber des [X.] hatte gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes der [X.] ([X.]) Beiträge in Höhe von 1,53 % des Bruttolohns an dessen [X.] ([X.]) geleistet und die Höhe dieser Beiträge gesondert, neben den weiteren Lohnzuwendungen, bescheinigt.

3

Durch die Leistung der Beiträge erwarb der Kläger als Arbeitnehmer (§ 3 Nr. 2 [X.]) sogenannte Abfertigungsanwartschaften (§ 3 Nr. 3 [X.]), die im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 14 Abs. 1 [X.]) in unterschiedlicher Weise (§ 17 [X.]) zur Auszahlung gelangen können. Die Auszahlung ist an verschiedene Bedingungen geknüpft (§ 14 Abs. 2 [X.]). Ein Verfall der geleisteten Beiträge ist nicht vorgesehen. Im Fall des Todes des Arbeitnehmers erhalten die nächsten Familienangehörigen die geleisteten Beiträge ausbezahlt, auch wenn die besonderen Voraussetzungen für die Auszahlung nach § 14 Abs. 2 [X.] nicht vorliegen (§ 14 Abs. 5 [X.]).

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) rechnete dem vom Kläger als Grenzgänger bezogenen Bruttoarbeitslohn die von seinem Arbeitgeber gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] gezahlten Beiträge in den Streitjahren hinzu.

5

Für die Klägerin, ebenfalls Grenzgängerin, wurde (nur) für das Streitjahr 2013 ein Zurechnungsbetrag errechnet, der sich allerdings auf die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht auswirkte.

6

Die hiergegen gerichteten Einsprüche der Kläger blieben erfolglos. Das Finanzgericht ([X.]) gab der daraufhin erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2017, 1247 veröffentlichten Gründen statt.

7

Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

8

Es beantragt,
den Gerichtsbescheid des [X.] vom 31.03.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Kläger beantragen,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise beim [X.] ([X.]) eine Vorabentscheidung einzuholen, inwieweit die laufende Besteuerung der Abfertigung (neu) bei einem Grenzgänger die Niederlassungsfreiheit des Arbeitnehmers beeinträchtigt und ggf. eine doppelte Einkommensbesteuerung nach sich zieht.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheids und zur Zurückverweisung der Rechtssache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Kläger Grenzgänger i.S. des Art. 15 des Abkommens zwischen der [X.] und der [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24.08.2000 ([X.] 2002, 735, [X.], 584) --DBA-AUT 2000-- sind und daher die Einkünfte der Kläger als solche aus unselbständiger Arbeit in [X.] als dem Ansässigkeitsstaat besteuert werden können. Der Senat sieht daher von weiteren Ausführungen ab.

2. Das [X.] ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den vom Arbeitgeber des [X.] gezahlten Beiträgen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] um Arbeitslohn handelt.

a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) --neben Gehältern und [X.] auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, zuletzt Senatsurteil vom 09.05.2019 - VI R 28/17, [X.], 443, [X.] 2019, 785, Rz 17, m.w.N.).

b) Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers gehören (z.B. Senatsurteil vom 05.07.2012 - VI R 11/11, [X.], 408, [X.], 190, Rz 13). Die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen [X.] (Versicherer) erfolgt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang --wirtschaftlich betrachtet-- so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht (Senatsurteil vom 24.08.2017 - VI R 58/15, [X.], 321, [X.] 2018, 72, Rz 16, m.w.N.).

c) Demgegenüber stellt die Entrichtung des gesetzlich geschuldeten [X.] zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung eines Arbeitnehmers keinen gegenwärtig zufließenden Arbeitslohn dar. Denn der einzelne pflichtversicherte Arbeitnehmer erfährt durch die Zahlung weder einen individuellen Mitgliedschafts- oder beitragsrechtlichen Vorteil noch einen leistungsrechtlichen oder sonstigen Vermögenszuwachs (Senatsurteile vom 18.05.2004 - VI R 11/01, [X.], 158, [X.], 1014, und vom 06.06.2002 - VI R 178/97, [X.], 524, [X.] 2003, 34).

d) Bei Heranziehung dieser Grundsätze sind die von einem [X.] Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer geleisteten Beiträge an den zuständigen Träger der Krankenversicherung zur Weiterleitung an eine [X.] i.S. des § 6 [X.] nach [X.] Recht steuerbarer Arbeitslohn (a.[X.], E[X.] 2017, 1250), der dem Arbeitnehmer auch i.S. des § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen ist.

aa) Die Feststellung und Auslegung ausländischen Rechts obliegt grundsätzlich dem [X.] (Senatsurteil vom 30.06.2011 - VI R 37/09, [X.], 187, [X.] 2011, 923, Rz 17); das Revisionsgericht ist an die Feststellungen über Bestehen und Inhalt des ausländischen Rechts wie an tatsächliche Feststellungen gebunden (§ 155 [X.]O i.V.m. § 545 Abs. 1, § 560 der Zivilprozessordnung), da ihm gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 [X.]O die Prüfung des angefochtenen Urteils nur im Hinblick auf die Verletzung von Bundesrecht erlaubt ist (Senatsurteil vom 24.09.2013 - VI R 6/11, [X.], 210, [X.] 2016, 650, Rz 13, m.w.N.).

bb) Nach den Feststellungen des [X.] erhielt der Kläger durch die von seinem Arbeitgeber geleisteten Beiträge an die [X.] --ohne eigene Beitragsleistung-- einen leistungsrechtlichen Vermögenszuwachs i.S. eines eigenen Anspruchs gegen einen [X.], nämlich die [X.]. Damit liegt ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beitragszahlung (gegenwärtig zufließender) Arbeitslohn vor. Für das Vorliegen von Arbeitslohn kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher oder (tarif-)vertraglicher Verpflichtung leistet (Senatsurteil vom 19.07.1996 - VI R 19/96, [X.] 1997, 179, unter 2.b). Entscheidend ist, dass die Bezüge oder Vorteile für eine Beschäftigung gewährt werden, also durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind.

Bei den vom Arbeitgeber geschuldeten Beiträgen an eine [X.] handelte es sich insbesondere nicht um einen allgemeinen, für Dritte bestimmten Finanzierungsbeitrag in dem Sinn, dass der einzelne pflichtversicherte Arbeitnehmer durch die Zahlung weder einen individuellen Mitgliedschafts- oder beitragsrechtlichen Vorteil noch einen leistungsrechtlichen oder sonstigen Vermögenszuwachs erfährt. Vielmehr wird der Beitrag allein zugunsten des Arbeitnehmers bei der [X.] eingezahlt, der dadurch eine sogenannte Abfertigungsanwartschaftsberechtigung (§ 3 Nr. 3 [X.]) erhält, die sich mit jeder Einzahlung erhöht und die sich unter den Voraussetzungen des § 14 [X.] in einen [X.] wandelt. Dabei knüpft die Beitragspflicht des Arbeitgebers an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses an (§ 6 Abs. 1 Satz 1 [X.]); der [X.] wird somit für die Beschäftigung geleistet.

3. Das [X.] ist weiter im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass vorliegend eine Steuerbefreiung nach § 3 Nrn. 56 und 63 EStG nicht in Betracht kommt.

a) Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 56 EStG ist nicht einschlägig, weil dort eine Zuwendung zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten, d.h. umlagefinanzierten betrieblichen Altersvorsorge vorausgesetzt wird. Eine solche liegt im Streitfall nach dem vom [X.] festgestellten [X.] Recht aber nicht vor.

b) § 3 Nr. 63 EStG befreit unter weiteren Voraussetzungen Beiträge des Arbeitgebers an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersvorsorge in Gestalt einer Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistung. Um eine solche Versorgungsleistung geht es nach den bindenden Feststellungen des [X.] im Streitfall ebenfalls nicht.

4. Ob das [X.] zu Recht davon ausgegangen ist, dass der [X.] nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei ist, kann der erkennende Senat infolge fehlender Feststellungen der Vorinstanz nicht abschließend überprüfen.

a) Nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist. Das gilt auch, wenn die Verpflichtung auf ausländischen Gesetzen (hier dem [X.]) beruht (Senatsurteile in [X.], 158, [X.], 1014, und in [X.], 210, [X.] 2016, 650, Rz 13). Dabei sind die in § 3 Nr. 62 Satz 1  2. und 3. Alternative EStG genannten Zukunftssicherungsleistungen, also die Arbeitgeberbeiträge aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften oder aufgrund einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung, den auf sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften beruhenden Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 62 Satz 1  1. Alternative EStG) gleichgestellt (Senatsurteil in [X.], 210, [X.] 2016, 650, Rz 16; [X.], E[X.] 2017, 1250).

b) Nach den bindenden Feststellungen des [X.] zum [X.] Recht ist der [X.] Arbeitgeber gemäß § 6 Abs. 1 [X.] zur Entrichtung des [X.]s gesetzlich verpflichtet. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.

c) Soweit das [X.] weiter festgestellt hat, dass es sich bei den streitigen Zahlungen um Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers handelt, hält dies einer revisionsrechtlichen Prüfung indes nicht stand. Das [X.] ist insoweit davon ausgegangen, es handele sich bei dem [X.] um eine finanzielle Absicherung für den Fall des Verlusts des Arbeitsplatzes und damit um eine Zukunftssicherungsleistung i.S. der Norm.

aa) Zwar ist dem [X.] darin zu folgen, dass auch eine Arbeitslosenversicherung eine Zukunftssicherungsleistung i.S. des § 3 Nr. 62 EStG darstellen kann. Entgegen der Ansicht des [X.] steht dies nicht in Widerspruch zu § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung --[X.]-- (ebenso [X.]/[X.], § 3 Nr. 62 EStG Rz 5; [X.], E[X.] 2017, 1250; [X.] in [X.], § 3 Nr. 62 Rz 44; [X.] in [X.], § 3 Nr. 62 Rz 10; a.A. [X.] München, Urteil vom 07.06.2016 - 12 K 734/16, E[X.] 2016, 1506; Wagner, E[X.] 2016, 1508, und wohl [X.]/[X.], EStG, 38. Aufl., § 3 Rz 201; von [X.] in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 3 Rz 162).

§ 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 [X.] versteht unter Zukunftssicherungsleistungen Ausgaben, die der Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern. Insoweit handelt es sich um eine untergesetzliche Norm, die den gesetzlichen Begriff der "Zukunftssicherung" nicht selbst rechtsverbindlich definieren kann. Es ist unstreitig, dass zur Zukunftssicherung beispielsweise auch Ausgaben gehören, um den Begünstigten für den Fall der Arbeitslosigkeit abzusichern (z.B. [X.]/[X.], § 3 Nr. 62 EStG Rz 5; [X.]/Meeßen/Wolf, [X.] Lohnsteuer, "Zukunftssicherung von Arbeitnehmern" Rz 3), weshalb auch die Beitragsanteile des Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, soweit sie die Arbeitslosenversicherung betreffen, zu den Zukunftssicherungsleistungen zählen (ebenso R 3.62 Abs. 1 der Lohnsteuer-Richtlinien). Da aber nicht nur eine sozialversicherungsrechtliche, sondern jede vergleichbare gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers zu leisten, zur Steuerfreiheit nach Satz 1 führt, kann insoweit nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes für die Bestimmung von Zukunftssicherungsleistungen nichts anderes gelten (im Ergebnis ebenso [X.], E[X.] 2017, 1250). Demzufolge können auch aufgrund gesetzlicher Vorschriften zu erbringende Arbeitgeberleistungen zur Abdeckung oder Überbrückung der Folgen des Verlusts des Arbeitsplatzes unter die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG fallen. Maßgeblich ist allein, ob der Arbeitgeber objektiv zur Beitragsleistung materiell gesetzlich verpflichtet ist ([X.] in [X.]/[X.]/ [X.], § 3 Nr. 62 EStG Rz 5 "Verpflichtung des Arbeitgebers nach anderen gesetzlichen Vorschriften").

bb) Das [X.] hat die Auffassung vertreten, die Beiträge an die [X.] seien Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, da sie eine finanzielle Zukunftssicherung für den Fall des Verlusts des Arbeitsplatzes gewährten. Daran ist der Senat im Streitfall jedoch nicht gebunden. Denn diese Auslegung des [X.] ist von den Feststellungen zum ausländischen Recht nicht gedeckt. Danach sichert die Abfertigung (neu) nach § 14 [X.] nicht nur gegen Arbeitslosigkeit. Der Anspruch auf Abfertigung besteht vielmehr allgemein bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, z.B. auch bei Eintritt in den Ruhestand. Die Abfertigung kann nach § 14 Abs. 4 [X.] unter bestimmten Voraussetzungen ferner verlangt werden, wenn der Arbeitnehmer in keinem Arbeitsverhältnis steht. Im Fall des Todes des Arbeitnehmers erhalten die nächsten Familienangehörigen die geleisteten Beiträge ausbezahlt. Der [X.] kann außerdem zwischen verschiedenen [X.] über die Abfertigung wählen. Der [X.] ist nach alledem nicht an die Arbeitslosigkeit geknüpft.

d) Darüber hinaus hat das [X.] keinen Vergleich der von ihm angenommenen "Arbeitslosenversicherung nach [X.]m Recht" mit dem [X.] Regime vorgenommen.

§ 3 Nr. 62 EStG umfasst zwar nicht nur die auf sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften beruhenden Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 62 Satz 1  1. Alternative EStG), sondern auch diesen gleichgestellte Leistungen. Gleichgestellte Leistungen werden indes nur erfasst, sofern sie wirtschaftlich den [X.] zur Sozialversicherung vergleichbar sind (so bereits BTDrucks 8/2501, 18, zum Gesetz zur Änderung des Entwicklungsländer-Steuergesetzes und des Einkommensteuergesetzes vom [X.], [X.] 1979, 558, [X.] 1979, 288). Hieran hat sich durch die Einfügung der in § 3 Nr. 62 Satz 1  2. und 3. Alternative EStG genannten Zukunftssicherungsleistungen, also der Arbeitgeberbeiträge aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften oder aufgrund einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung durch das Steueränderungsgesetz 1992 (vgl. BTDrucks 12/1108, 51) nichts geändert. Entsprechend hat der [X.] ([X.]) in der Vergangenheit auch nur solche Arbeitgeberbeiträge als von § 3 Nr. 62 EStG erfasst angesehen, die aufgrund einer nach ausländischen Gesetzen bestehenden Verpflichtung an ausländische Sozialversicherungsträger geleistet werden, die den inländischen Sozialversicherungsträgern vergleichbar sind (s. [X.]-Urteil vom 16.10.2002 - XI R 75/00, [X.]E 200, 548, [X.] 2003, 288, unter [X.]; Senatsurteil in [X.], 210, [X.] 2016, 650, Rz 16).

5. Im zweiten Rechtsgang hat das [X.] deshalb zu prüfen, ob es sich bei den Beiträgen, die ein [X.]r Arbeitgeber nach § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] an eine [X.] leistet, um eine dem [X.] Sozialversicherungssystem vergleichbare Zukunftssicherungsleistung handelt. Voraussetzung hierfür ist, dass die [X.] [X.] nach ihrer Struktur und den von ihr im Versorgungsfall zu erbringenden Leistungen auf der Grundlage einer rechtsvergleichenden Qualifizierung mit der Absicherung über die inländische Sozialversicherung vergleichbar ist (zur Vergleichbarkeitsprüfung vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 17.05.2017 - X R 10/15, [X.], 59, [X.] 2017, 1251; vom 26.11.2014 - VIII R 38/10, [X.]E 249, 22, [X.] 2016, 657, und vom [X.], [X.]E 230, 361, [X.] 2011, 628). Nur im Falle einer solchen Vergleichbarkeit wären die streitigen Beiträge nach § 3 Nr. 62 Satz 1  2. Alternative EStG steuerfrei.

6. Sollte es nach Ansicht des [X.] an einer entsprechenden Vergleichbarkeit fehlen und es sich bei den streitigen Beiträgen nach dem [X.] deshalb um in [X.] steuerpflichtigen Arbeitslohn handeln, so führt dies gegenwärtig nicht zu einer Doppelbesteuerung, da [X.] insoweit das alleinige Besteuerungsrecht zusteht und die Beiträge in [X.] bis zur Höhe von 1,53 % zudem nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören.

Eine (erst im Fall eines Rückzugs der Kläger nach [X.]) drohende Doppelbesteuerung vermag ebenfalls keine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit [X.]. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] zu begründen. Soweit die Leistungen aus der [X.] wegen der "nachgelagerten" Besteuerung der Abfertigung (neu) in [X.] sowohl bei der Einzahlung der Beiträge (in [X.]) als auch bei der Auszahlung (in [X.]) als "Arbeitslohn" versteuert werden müssten, stellt sich die mögliche Mehrbelastung eines nach [X.] zurückkehrenden Arbeitnehmers lediglich als Folge einer fehlenden Harmonisierung der jeweiligen nationalen Steuersysteme dar, die schon deshalb keine Diskriminierung bewirkt, weil die Ungleichbehandlung auf Maßnahmen unterschiedlicher Hoheitsträger beruht (s. Senatsurteil vom 28.05.2009 - VI R 27/06, [X.]E 225, 377, [X.] 2009, 857, Rz 23, m.w.N.). Auch sind die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts nicht verpflichtet, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen, um namentlich die sich aus einer parallelen Ausübung ihrer Besteuerungsbefugnisse ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen (z.B. EuGH-Urteil [X.] vom 01.12.2011 - [X.]/09, [X.]:C:2011:795, Rz 83, Slg. 2011, [X.]). Die von den Klägern hilfsweise beantragte [X.] kommt daher nicht in Betracht.

7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 20/17

13.02.2020

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 31. März 2017, Az: 13 K 2270/15, Gerichtsbescheid

Art 15 DBA AUT, § 11 Abs 1 EStG 2009, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 3 Nr 62 S 1 EStG 2009, § 2 Abs 2 Nr 3 S 1 LStDV, Art 45 AEUV, Art 267 AEUV, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.02.2020, Az. VI R 20/17 (REWIS RS 2020, 3238)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3238


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VI R 20/17

Bundesfinanzhof, VI R 20/17, 13.02.2020.


Az. 13 K 2270/15

FG München, 13 K 2270/15, 15.01.2021.

FG München, 13 K 2270/15, 31.03.2017.


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