Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.08.2017, Az. VI R 58/15

6. Senat | REWIS RS 2017, 6167

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Gegenstand

Zuflusszeitpunkt bei Arbeitslohn in Form von sonstigen Bezügen - Lohnsteuerhaftung


Leitsatz

1. Arbeitslohn aus Beiträgen des Arbeitgebers zu einer Direktversicherung des Arbeitnehmers für eine betriebliche Altersversorgung fließt dem Arbeitnehmer nicht schon mit Erteilung der Einzugsermächtigung durch den Arbeitgeber zugunsten des Versicherungsnehmers zu. Der Zufluss erfolgt erst, wenn der Arbeitgeber den Versicherungsbeitrag tatsächlich leistet .

2. Der Arbeitnehmer bezieht nicht laufend gezahlten Arbeitslohn (sonstige Bezüge) im Zeitpunkt des Zuflusses .

3. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG ist auf sonstige Bezüge nicht anwendbar .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. September 2015  15 K 3676/13 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Herr [X.] war seit dem 1. April 2000 bei der Klägerin und [X.] (Klägerin), einer [X.]mbH, als [X.]eschäftsführer beschäftigt und bezog aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. [X.] war auch [X.]esellschafter der Klägerin.

2

Die L-A[X.] bot der Klägerin mit Schreiben vom 8. Dezember 2010 den Abschluss einer betrieblichen Direktversicherung (Rentenversicherung) zugunsten des [X.] an. Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 9. Dezember 2010 bei der L-A[X.] den Abschluss der Versicherung. Die Direktversicherung beruhte auf einer Entgeltumwandlung. [X.] war [X.]. Die Klägerin erteilte mit dem Versicherungsantrag vom 9. Dezember 2010 der L-A[X.] zugleich die Ermächtigung, den Versicherungsbeitrag jährlich von ihrem [X.]eschäftskonto einzuziehen. Der Versicherungsantrag ging der L-A[X.] am 10. Dezember 2010 zu.

3

Die L-A[X.] stellte den Versicherungsschein unter dem 22. Dezember 2010 aus. Versicherungsbeginn war der 1. Dezember 2010. Nach dem Versicherungsschein war der jährliche [X.] (jährlicher [X.]) "unverzüglich nach Vertragsabschluss zu zahlen, jedoch nicht vor dem vereinbarten, im Versicherungsschein angegebenen Versicherungsbeginn". Die L-A[X.] hatte den jährlichen [X.] von 4.440 €, für den eine jährliche Zahlungsweise für den Zeitraum vom 1. Dezember eines Jahres bis zum 30. November des Folgejahres vereinbart war, von dem im Versicherungsantrag angegebenen [X.]eschäftskonto der Klägerin einzuziehen.

4

Die Klägerin behielt den [X.] für den Zeitraum 1. Dezember 2010 bis 30. November 2011 vom Dezemberlohn des [X.] ein. Die L-A[X.] zog den [X.] für den vorgenannten Zeitraum am 5. Januar 2011 vom [X.]eschäftskonto der Klägerin ein. Die Belastung des Kontos erfolgte am 7. Januar 2011.

5

Die Abbuchung des [X.]s für den Folgezeitraum, den 1. Dezember 2011 bis zum 30. November 2012, erfolgte im Dezember 2011.

6

Die Klägerin behandelte die Versicherungsbeiträge in ihren [X.] jeweils als steuerfreien Arbeitslohn.

7

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten [X.] gelangte der Prüfer zu der Auffassung, [X.] seien im Jahr 2011 Beiträge zu einer Direktversicherung in Höhe von insgesamt 8.880 € als Arbeitslohn zugeflossen. Steuerfrei sei aber lediglich ein Betrag in Höhe von 4.440 €. Der Restbetrag in derselben Höhe sei steuerpflichtig. Ausgehend hiervon ermittelte der Prüfer im Einvernehmen mit der Klägerin eine Lohnsteuerforderung in Höhe von ... € und Solidaritätszuschlag in Höhe von ... €.

8

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte der Auffassung des Prüfers und erließ einen Haftungsbescheid, mit dem er die Klägerin u.a. wegen der vorgenannten Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag als Haftende in Anspruch nahm.

9

Das Finanzgericht (F[X.]) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EF[X.]) 2016, 230 veröffentlichten [X.]ründen statt.

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

Das [X.] beantragt,
das Urteil des F[X.] vom 24. September 2015  15 K 3676/13 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die [X.]eiträge der Klägerin zu der Direktversicherung zu Unrecht insgesamt als steuerfreien Arbeitslohn des [X.] beurteilt. Der [X.] kann aber nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das [X.] --von seinem Standpunkt aus zu [X.] nicht geprüft hat, ob der angefochtene Haftungsbescheid im Übrigen rechtmäßig ist. Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (ESt[X.]) haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 ESt[X.] bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ESt[X.] abzuführen hat.

a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ESt[X.] --neben [X.]ehältern und [X.] auch andere [X.]ezüge und Vorteile, die "für" eine [X.]eschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige [X.]ezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 ESt[X.]). Diese [X.]ezüge oder Vorteile gelten dann als für eine [X.]eschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine [X.]egenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als [X.]egenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, z.[X.]. [X.]surteile vom 7. Mai 2014 VI R 73/12, [X.], 230, [X.], 904, und vom 19. November 2015 VI R 74/14, [X.], 129, [X.], 303).

b) Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben gehören, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (sog. Zukunftssicherungsleistungen, z.[X.]. [X.]surteile vom 5. Juli 2012 VI R 11/11, [X.], 408, [X.], 190, und vom 11. Dezember 2008 VI R 9/05, [X.], 70, [X.], 385). Die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen [X.] (Versicherer) erfolgt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang --wirtschaftlich betrachtet-- so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die [X.]eiträge geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht (z.[X.]. [X.]surteile vom 18. August 2016 VI R 18/13, [X.], 58, [X.], 730; vom 12. April 2007 VI R 55/05, [X.], 558, [X.], 619; vom 5. Juli 2007 VI R 47/02, [X.] 2007, 1876; vom 15. November 2007 VI R 30/04, [X.] 2008, 550; in [X.], 70, [X.], 385, und vom 9. Dezember 2010 VI R 57/08, [X.], 158, [X.], 978, jeweils m.w.N.).

[X.]ejaht wird die Arbeitslohnqualität insbesondere bei [X.]eitragsleistungen in den Fällen der Direktversicherung, bei der der Arbeitgeber gegenüber dem bezugsberechtigten Arbeitnehmer verpflichtet ist, die [X.]eiträge für die Versorgung des Arbeitnehmers einzubehalten und an den Versicherer abzuführen ([X.]sentscheidungen vom 16. April 1999 VI R 60/96, [X.], 334, [X.], 406; VI R 75/97, [X.] 1999, 1590; vom 26. Juli 2005 VI R 115/01, [X.] 2005, 1804; vom 26. Januar 2006 VI R 2/03, [X.] 2006, 1045; in [X.], 558, [X.], 619, und in [X.], 408, [X.], 190).

c) In § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ESt[X.] hat der [X.]esetzgeber zudem ausdrücklich klargestellt, dass insbesondere laufende [X.]eiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören.

d) Nach diesen Maßstäben handelte es sich --wie das [X.] zu Recht entschieden hat-- bei den [X.]eitragsleistungen der Klägerin an die L-A[X.] um [X.] an [X.]. Dies ist zwischen den [X.]eteiligten auch nicht streitig. Denn die Klägerin hatte zugunsten des [X.] bei der L-A[X.] eine betriebliche Direktversicherung (Rentenversicherung) zur Altersversorgung abgeschlossen. Die Ansprüche aus der Direktversicherung standen unmittelbar dem [X.] zu. Dieser erwarb aufgrund der [X.]eitragszahlungen der Klägerin unentziehbare Rechtsansprüche auf die Versicherungsleistungen gegen einen [X.], nämlich die L-A[X.].

2. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Vereinnahmung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gelten gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 ESt[X.] die Vorschriften des § 38a Abs. 1 Sätze 2 und 3 ESt[X.]. Laufender Arbeitslohn gilt hiernach in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige [X.]ezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt.

a) Laufend gezahlter Arbeitslohn (§ 38a Abs. 1 Satz 2 ESt[X.]) ist nur ein solcher, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließt (Lohnsteuer-Richtlinien --LStR-- 2015 R 39b.2 Abs. 1; [X.]/[X.], ESt[X.], 36. Aufl., § 38a Rz 2; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 38a ESt[X.] Rz 17; [X.]/[X.], § 38a ESt[X.] Rz 28). Wird Arbeitslohn nicht laufend gezahlt, handelt es sich hingegen um einen sonstigen [X.]ezug (§ 38a Abs. 1 Satz 3 ESt[X.]). Dies gilt insbesondere für [X.]ezüge, die im Kalenderjahr nur einmal gezahlt werden, auch wenn sie sich in aufeinanderfolgenden Jahren wiederholen (LStR 2015 R 39b.2 Abs. 2; Trzaskalik, in: [X.][X.], ESt[X.], § 38a Rz [X.] 3 und [X.] 7).

b) [X.]ei den im Streitfall zu beurteilenden [X.]eitragszahlungen der Klägerin handelte es sich hiernach nicht um laufend gezahlten Arbeitslohn, sondern um einen sonstigen [X.]ezug. Denn die Klägerin musste die Versicherungsbeiträge an die L-A[X.] nicht fortlaufend, sondern prinzipiell nur einmal im Jahr entrichten. Etwas anderes ergibt sich --anders als die Klägerin meint-- auch nicht daraus, dass die [X.]eitragszahlungen an die L-A[X.] auf einer Entgeltumwandlung beruhten. Denn dies ändert nichts daran, dass der Arbeitslohn, der dem [X.] aufgrund der [X.]eitragszahlungen zufloss, nicht laufend, sondern in der Regel nur einmal im Jahr gezahlt wurde. Die Entgeltumwandlung bewirkte vielmehr gerade, dass sich der laufende Arbeitslohn des [X.] zugunsten des in den [X.]eitragszahlungen liegenden sonstigen [X.]ezugs reduzierte.

3. Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstiger [X.]ezug), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 ESt[X.]). Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung sind --wie oben bereits [X.] gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, wenn sich die Sache wirtschaftlich betrachtet so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer [X.]eträge zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Erwerb einer Zukunftssicherung verwendet hätte.

a) [X.] ist der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers (ständige Rechtsprechung, z.[X.]. [X.]surteil vom 20. November 2008 VI R 25/05, [X.]FHE 223, 419, [X.], 382). [X.]ei der Zuwendung von Arbeitslohn in Form von [X.]eiträgen des Arbeitgebers an eine Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmers (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 ESt[X.]) erfüllt der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers in dem Zeitpunkt, in dem er den fraglichen Versicherungsbeitrag an die Versicherung leistet. Denn mit der Leistung des [X.] stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Mittel zur Verfügung, durch die dem Arbeitnehmer ein unentziehbarer Anspruch gegen die Versicherung zugewendet wird.

Im Streitfall leistete die Klägerin den Versicherungsbeitrag an die L-A[X.] für den Zeitraum Dezember 2010 bis November 2011 am 7. Januar 2011. An diesem Tag erfolgte nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) die [X.]elastung des [X.]eschäftskontos der Klägerin mit dem Versicherungsbeitrag. Die Klägerin stellte dem [X.] damit am 7. Januar 2011 den [X.]etrag von 4.440 € zum Erwerb der Zukunftssicherung zur Verfügung.

b) Mit der Erteilung der Einzugsermächtigung im Jahr 2010 hatte die Klägerin den Versicherungsbeitrag entgegen ihrer Ansicht demgegenüber noch nicht geleistet. Durch die [X.]efugnis der L-A[X.], vom Konto der Klägerin den Versicherungsbeitrag einzuziehen, stellte die Klägerin dem [X.] noch keine Mittel zur Verfügung, die [X.] zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendete. Dies geschah erst mit der [X.]elastung des [X.]ankkontos der Klägerin am 7. Januar 2011.

Zwar war die L-A[X.] mit der Vereinbarung des Lastschriftverfahrens als [X.]läubigerin des [X.] für dessen rechtzeitige Einziehung (Abbuchung) verantwortlich (s. Urteil des [X.]undesgerichtshofs --[X.][X.]H-- vom 19. Oktober 1977 IV ZR 149/76, [X.][X.]HZ 69, 361; [X.]/[X.], [X.]ürgerliches [X.]esetzbuch, 76. Aufl., § 675f Rz 35). Die Klägerin hatte bei vereinbartem Lastschriftverfahren mit der Erteilung der Einzugsermächtigung das für die Zahlung des [X.] ihrerseits Erforderliche getan, wenn die Prämie bei Fälligkeit von ihrem Konto abgebucht werden konnte ([X.][X.]H-Urteil in [X.][X.]HZ 69, 361).

Im Streitfall kommt es aber nicht auf den Zeitpunkt des Abflusses des [X.] bei der Klägerin, sondern auf den Zeitpunkt des Zuflusses des Arbeitslohns bei [X.] an. Der [X.] kann deshalb offen lassen, ob bei der Klägerin bereits mit Erteilung des Lastschriftmandats ein Abfluss des [X.] eingetreten ist (für das Zivilrecht verneinend [X.][X.]H-Urteil vom 20. Juli 2010 XI ZR 236/07, [X.][X.]HZ 186, 269: [X.] beim Schuldner im SEPA-Lastschriftverfahren mit [X.]elastung seines Kontos). Denn der Zufluss des Arbeitslohns trat erst in dem Zeitpunkt ein, in dem die Klägerin den Versicherungsbeitrag an die L-A[X.] leistete. Auch zivilrechtlich wird eine Forderung des [X.]läubigers bei Verwendung des (SEPA-) Lastschriftverfahrens (erst) mit vorbehaltloser [X.]utschrift des [X.] auf seinem Konto erfüllt ([X.][X.]H-Urteil in [X.][X.]HZ 186, 269; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 675f Rz 35). Der L-A[X.] als [X.]läubigerin des [X.] floss der [X.]etrag, den sie vom Konto der Klägerin einzog, somit auch erst mit der [X.]utschrift am 7. Januar 2011 zu, nicht hingegen bereits bei Fälligkeit des [X.] aufgrund der ihr erteilten [X.]efugnis zum Lastschrifteinzug (s.a. [X.] in [X.]/[X.]itz/[X.], [X.], Kommentar, § [X.] 1, A[X.]C Zufluss/Abfluss, Stichwort "Lastschrift" Rz 3).

c) Aus der Vorschrift des § 224 Abs. 2 Nr. 3 der Abgabenordnung ([X.]) ergibt sich für den Streitfall nichts anderes. Es handelt sich hierbei um eine Vorschrift, die nur für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis bei Zahlungen an Finanzbehörden gilt (Loose in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 224 [X.] Rz 1; [X.] in [X.]eermann/[X.]osch, [X.] § 224 Rz 4; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 224 [X.] Rz 4). Um solche Zahlungen geht es hier aber nicht.

4. Der [X.] kann im Streitfall dahinstehen lassen, ob die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 ESt[X.] erfüllt sind, wie das [X.] meint. Denn die Vorschrift ist auf den Zufluss von sonstigen [X.]ezügen als Arbeitslohn nicht anwendbar (ebenso [X.]/[X.], § 38a ESt[X.] Rz 25; Kirchhof/[X.], ESt[X.], 16. Aufl., § 11 Rz 42; Kirchhof/Eisgruber, a.a.[X.], § 19 Rz 72; Trzaskalik, in: [X.][X.], a.a.[X.], § 38a Rz [X.] 7; [X.]/[X.], § 38a ESt[X.] Rz 21; [X.] in [X.]/[X.]itz/[X.], a.a.[X.], § 38a Rz 5; [X.] in [X.], ESt[X.], § 38a Rz 12; [X.] in [X.]ordewin/[X.], § 11 ESt[X.] Rz 53 "Arbeitslohn"; [X.] in Kanzler/[X.]/[X.]äuml, ESt[X.], § 11 Rz 111; [X.] in [X.]/Altehoefer, Kommentar zum [X.], § 11 Rz 47, 51; [X.]/Meeßen/Wolf, A[X.]C-Führer Lohnsteuer, "Zufluss von Arbeitslohn" Rz 2/1; Steck, [X.] Steuer-Zeitung 2016, 652, 656 ff.; a.[X.]/Schomäcker, in: [X.][X.], a.a.[X.], § 11 Rz [X.] 41; [X.] in [X.]/[X.]itz/[X.], a.a.[X.], § 11 Rz 80).

§ 38a Abs. 1 Satz 3 ESt[X.] stellt für die zeitliche Zuordnung von sonstigen [X.]ezügen auf den Zeitpunkt des Zuflusses ab ([X.]surteil vom 3. September 2015 VI R 1/14, [X.]FHE 251, 1, [X.], 31, und [X.]sbeschluss vom 15. Dezember 2011 VI R 26/11, [X.]FHE 236, 127, [X.]St[X.]l II 2012, 415). [X.]ei den Überschusseinkünften richtet sich die zeitliche Zuordnung von Einnahmen auch sonst regelmäßig nicht nach deren wirtschaftlicher Zugehörigkeit zu einem bestimmten Veranlagungszeitraum, sondern gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 ESt[X.] nach dem Zufluss. Das [X.] gilt nach § 38a Abs. 1 Satz 3 ESt[X.] auch für sonstige [X.]ezüge.

§ 11 Abs. 1 Satz 2 ESt[X.] enthält für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen demgegenüber abweichend vom [X.] (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ESt[X.]) eine zeitliche Zuordnung nach deren wirtschaftlicher Zugehörigkeit (Urteil des [X.]undesfinanzhofs --[X.]FH-- vom 23. September 1999 IV R 1/99, [X.]FHE 190, 335, [X.], 121, m.w.N.; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 11 Rz 28; [X.]/[X.]lenk, § 11 ESt[X.] Rz 89). Eine solche periodengerechte Zuordnung sieht das [X.]esetz für sonstige [X.]ezüge als Arbeitslohn aber gerade nicht vor. Es stellt hinsichtlich der zeitlichen [X.]erücksichtigung vielmehr auf den Zufluss des sonstigen [X.]ezugs ab. Eine Ausnahme vom [X.], wie sie § 11 Abs. 1 Satz 2 ESt[X.] für wiederkehrende Einnahmen enthält, normiert das [X.]esetz in § 38a Abs. 1 Satz 3 ESt[X.] für sonstige [X.]ezüge demgegenüber nicht.

Es ist für die zeitliche Zuordnung sonstiger [X.]ezüge auch sachlich nicht geboten, vom [X.] abzuweichen und wie für wiederkehrende Einnahmen in den Fällen des § 11 Abs. 1 Satz 2 ESt[X.] eine Zuordnung nach der wirtschaftlichen Zugehörigkeit des sonstigen [X.]ezugs vorzunehmen. Das [X.] dient der Vereinfachung des Lohnsteuerabzugs durch den Arbeitgeber. Es erleichtert auch dem Arbeitnehmer die zeitliche Zuordnung sonstiger [X.]ezüge bei der Veranlagung. Die Steuerpflichtigen müssen nämlich bei der ausschließlichen [X.]eltung des [X.]s keine Überlegungen dazu anstellen, ob es sich bei dem sonstigen [X.]ezug um eine wiederkehrende Einnahme handelt (dazu z.[X.]. [X.]FH-Urteil vom 1. August 2007 XI R 48/05, [X.]FHE 218, 372, [X.]St[X.]l II 2008, 282), ob die Erfordernisse der "kurzen Zeit" (dazu z.[X.]. [X.]FH-Urteil vom 11. November 2014 [X.] R 34/12, [X.]FHE 247, 432, [X.]St[X.]l II 2015, 285, m.w.N.) und der Fälligkeit innerhalb der kurzen Zeit (dazu z.[X.]. [X.]surteil vom 9. Mai 1974 VI R 161/72, [X.]FHE 112, 373, [X.]St[X.]l II 1974, 547) erfüllt sind, zu welchem Kalenderjahr der sonstige [X.]ezug wirtschaftlich gehört und ob ggf. eine Aufteilung des sonstigen [X.]ezugs bei wirtschaftlicher Zugehörigkeit zu mehreren [X.] erforderlich ist (ablehnend z.[X.]. [X.]/[X.]lenk, § 11 ESt[X.] Rz 94; bejahend z.[X.]. [X.]/Kister, § 11 ESt[X.] Rz 85; jeweils m.w.N.), was möglicherweise auch im Streitfall in [X.]etracht gekommen wäre, vom [X.] aber nicht erwogen wurde. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich für die zeitliche Zuordnung sonstiger [X.]ezüge vielmehr nur nach deren Zufluss richten. Das [X.]esetz nimmt damit auf das praktische [X.]edürfnis nach möglichst einfachen steuerlichen Regelungen im Massenfallrecht der Lohnsteuer Rücksicht. Es besteht kein Anlass, diese gesetzgeberische Entscheidung durch die (entsprechende) Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 ESt[X.] auf sonstige [X.]ezüge einzuschränken.

5. [X.] ist im Streitjahr somit insgesamt ein [X.]etrag in Höhe von 8.880 € aus [X.]eiträgen der Klägerin für eine Direktversicherung (§ 4b ESt[X.]) als steuerbarer Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 ESt[X.]) aus einem ersten Dienstverhältnis zugeflossen. Die [X.]eiträge der Klägerin sind im Streitjahr aber nur in Höhe von 4.440 € gemäß § 3 Nr. 63 ESt[X.] steuerfrei. Dieser Höchstbetrag, bei dem es sich um einen Jahresbetrag handelt ([X.]/Levedag, a.a.[X.], § 3 Rz 212), beläuft sich auf 4 % der [X.]eitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (§ 3 Nr. 63 Satz 1 ESt[X.], im Streitjahr 66.000 € x 4 % = 2.640 €) zuzüglich 1.800 € gemäß § 3 Nr. 63 Satz 3 ESt[X.], weil es sich im Streitfall um eine nach dem 31. Dezember 2004 erteilte [X.] handelt. Da zwischen den [X.]eteiligten über die Höhe des nach § 3 Nr. 63 ESt[X.] steuerfreien Arbeitslohns --zu [X.] kein Streit besteht, sieht der [X.] insoweit von einer weiteren [X.]egründung ab.

Soweit der Arbeitslohn den nach § 3 Nr. 63 ESt[X.] steuerfreien [X.]etrag übersteigt, im Streitfall also in Höhe von 4.440 €, ist er individuell zu versteuern (z.[X.]. Schreiben des [X.]undesministeriums der Finanzen vom 24. Juli 2013, [X.]St[X.]l I 2013, 1022, Rz 308).

Dies hat die Klägerin im Streitfall unterlassen. Sie hat damit nicht die richtige Lohnsteuer einbehalten und abgeführt, so dass der [X.] des § 42d Abs. 1 Nr. 1 ESt[X.] --entgegen der Ansicht des [X.]-- dem [X.]runde nach erfüllt ist.

6. Das [X.] hat --von seinem Standpunkt aus zu [X.] bisher aber nicht geprüft, ob der angefochtene Haftungsbescheid in der [X.]estalt der Einspruchsentscheidung auch im Übrigen rechtmäßig ist, insbesondere ob die Inanspruchnahme der Klägerin frei von [X.] (§ 5 [X.], § 102 [X.]O) erfolgte. Dies wird das [X.] im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Dabei kann insbesondere auch von [X.]edeutung sein, ob sich die Klägerin mit ihrer Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin einverstanden erklärt hatte, wie das [X.] in dem angefochtenen [X.]escheid ausgeführt hat. In einem solchen Fall wird die Inanspruchnahme des Arbeitgebers regelmäßig ermessensgerecht sein, selbst wenn sich die Haftungsschuld --wie im [X.] nur auf die Lohnsteuer eines, dazu auch noch namentlich bekannten Arbeitnehmers bezieht, der zudem als [X.]eschäftsführer der Klägerin selbst für den ordnungsgemäßen Lohnsteuerabzug verantwortlich war, was regelmäßig für dessen vorrangige Inanspruchnahme spricht (s. [X.] Münster, Urteil vom 28. Oktober 1975 [X.] 1477/72 L, E[X.] 1976, 309; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 42d Rz 32; [X.]/[X.]ersch, § 42d ESt[X.] Rz 80).

7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] folgt aus § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 58/15

24.08.2017

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 24. September 2015, Az: 15 K 3676/13, Urteil

§ 5 AO, § 224 Abs 2 Nr 3 AO, § 3 Nr 63 EStG 2009, § 4b EStG 2009, § 11 Abs 1 S 2 EStG 2009, § 11 Abs 1 S 4 EStG 2009, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 19 Abs 1 S 1 Nr 3 EStG 2009, § 19 Abs 1 S 2 EStG 2009, § 38 Abs 1 EStG 2009, § 38 Abs 3 S 1 EStG 2009, § 38a Abs 1 S 2 EStG 2009, § 38a Abs 1 S 3 EStG 2009, § 41a Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2009, § 42d Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 102 FGO, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011, EStG VZ 2012, EStG VZ 2013

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.08.2017, Az. VI R 58/15 (REWIS RS 2017, 6167)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6167

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX R 25/21 (Bundesfinanzhof)

Haftung für Lohnsteuer - Zufluss von Arbeitslohn bei Wertguthaben


VI R 14/18 (Bundesfinanzhof)

Lohnzufluss bei Teilnahme an einem Firmenfitness-Programm


VI R 28/21 (Bundesfinanzhof)

Kein Zufluss von Arbeitslohn wegen fehlender Insolvenzsicherung des Arbeitslohnanspruchs


VI R 1/17 (Bundesfinanzhof)

Arbeitslohn: Zahlung von Verwarnungsgeldern


VI R 1/14 (Bundesfinanzhof)

Einkommensteuernachzahlung bei Nettolohnvereinbarung


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