Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2011, Az. I ZR 175/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1865

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
175/10
Verkündet am:
27. Oktober 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]er Weihnachtsmarkt
[X.] §§ 11, 13, 16 Abs. 1
a)
Eine Verwertungsgesellschaft ist auch dann berechtigt, von einem Nutzer der von ihr wahrgenommenen Rechte die angemessene Vergütung zu verlangen, wenn sie entgegen ihrer Verpflichtung aus §
13 Abs.
1 Satz
1 [X.] keinen eigenen Tarif für den fraglichen [X.] hat.
b)
Der Tatrichter kann und muss sich grundsätzlich auch danach richten, was die [X.] in dem vorgeschalteten oder in vergleichbaren Verfahren nach §
16 Abs.
1 [X.] vorgeschlagen hat; das gilt nicht nur dann, wenn es um den Abschluss oder die Änderung eines Gesamtver-trages geht (§
14 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
c
[X.]), sondern auch dann, wenn bei einer Streitigkeit zwischen [X.] und Verwertungsge-sellschaft die Anwendbarkeit oder Angemessenheit eines Tarifs im Streit ist (§
14 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
a
[X.]).
[X.], Urteil vom 27. Oktober 2011 -
I [X.]/10 -
[X.]

LG [X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 27.
Oktober
2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Born-kamm und die Richter
Pokrant, Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Koch
und Dr.
Löffler
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4.
Zivilsenats des Oberlandes-gerichts Hamm vom 7.
September 2010 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin
ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs-
und [X.] Vervielfältigungsrechte
([X.]). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern
und
Musikverlegern aufgrund von Berechtigungsverträgen einge-räumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte
an Musikwerken wahr. Die [X.] ist eine Tochtergesellschaft der [X.]. Sie veranstaltete in [X.] den Weihnachtsmarkt

(in den Jahren 2004 bis 2007), [X.]

(in den Jahren 2005 bis 2008) und die [X.]er Westerntage

(in den Jahren 2004 und 2005). Auf den unentgeltlich zugänglichen Veranstaltungen wurde Unterhaltungs-
und Tanzmusik aus dem von der Klägerin wahrgenommenen Repertoire öffentlich wiedergegeben. Die Klägerin hatte vor
den [X.] keine Einwilligung in eine
Nutzung der von ihr wahrgenommenen [X.] erteilt.
1

-
3
-
Die Klägerin, die vor Klageerhebung das nach §
14 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
a, §
16 Abs.
1 [X.] vorgesehene Verfahren vor der [X.] durchgeführt hat,
hat die Beklagte wegen
dieser
Musikwiedergaben auf Zahlung einer Vergütung von [X.]

in Anspruch
genommen. Die Vergütung hat sie entsprechend
ihren
Tarifen
U-VK
I (Allgemeine Vergütungssätze für Unter-haltungs-
und Tanzmusik mit Musikern) und M-U
I ([X.] für Unterhaltungs-
und Tanzmusik mit Tonträgerwiedergabe) nach der Größe der Veranstaltungsfläche -
gerechnet vom ersten bis
zum letzten Stand und von Häuserwand
zu Häuserwand
-
berechnet.
Das [X.] hat
der Klage in Höhe von 38.567,88

stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Die
Beklagte verfolgt
mit ihrer vom Berufungsgericht ([X.], Urteil vom
7.
September 2010

4
U
37/10, juris) zugelassenen
Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt,
ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen,
die Klägerin könne von der Beklagten wegen der in Rede stehenden Musikaufführungen nach §
97 Abs.
2 Satz
1 und 3 [X.] Schadensersatz in Höhe von 38.567,88

verlangen. Dazu hat es
ausgeführt:
Die Beklagte habe zum [X.]punkt der Werknutzung nicht über ein von der Klägerin abgeleitetes Nutzungsrecht verfügt. Sie könne auch nicht mit [X.] geltend machen, eine
Einwilligung der Klägerin in die Nutzung sei [X.] gewesen. Der Schadensersatzanspruch könne auf der Grundlage der Li-zenz
berechnet werden, die angefallen wäre, wenn die Klägerin in die Nutzung 2
3
4
5

-
4
-
eingewilligt hätte. Da es für Freiluftveranstaltungen keinen
Tarif
gebe, dürften
zur Berechnung der Vergütung die
dieser Nutzung am nächsten stehenden [X.] U-VK
I und M-U
I herangezogen werden. Die [X.] habe
bereits mehrfach befunden, dass es angemessen
sei, die Vergütung bei [X.] ebenso wie bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen ent-sprechend den
Tarifen U-VK
I und M-U
I nach der Größe der [X.] zu bemessen. Es bestehe kein Anlass, von dieser
Einschätzung abzuweichen. Die Beklagte könne hinsichtlich der Vergütungen für Veranstal-tungen aus dem [X.] nicht mit Erfolg die Einrede der Verjährung erheben.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die
Klägerin von der Beklagten dem Grunde nach Schadensersatz beanspruchen kann (dazu
1). Die Höhe des Schadensersatzanspruchs hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entsprechend den von der Klägerin aufgestellten Tarifen U-VK
I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs-
und Tanzmusik mit Musikern) und M-U
I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs-
und Tanzmusik mit Tonträger-wiedergabe) nach der Größe der Veranstaltungsfläche berechnet (dazu
2). Die-ser
Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt (dazu
3).
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin von der Beklagten wegen der ohne ihre Einwilligung erfolgten öffentli-chen Musikwiedergaben dem Grunde nach gemäß §
97 Abs.
1 [X.] aF (jetzt §
97 Abs.
2 [X.])
Schadensersatz beanspruchen
kann.
Die Beklagte hat dadurch, dass sie
bei den in Rede stehenden Veran-staltungen Musikwerke
aus dem Repertoire der Klägerin ohne deren Einwilli-gung öffentlich wiedergegeben hat, von der Klägerin wahrgenommene Urheber-6
7
8

-
5
-
rechte widerrechtlich verletzt.
Die Klägerin ist entgegen der Ansicht der [X.] nicht daran gehindert, sich auf das Fehlen einer Einwilligung zu berufen.
a) Die Revision macht vergeblich geltend, der Klägerin sei es verwehrt, -Schadensersatz
zu beanspruchen, weil die Beklagte die Aufführungen jeweils rechtzeitig vor Beginn der Veranstaltungen angemeldet und die Klägerin hierauf
nicht reagiert
habe.
Die Beklagte hat
diese
Veranstaltungen nach ihrem eigenen Vorbringen erst zwei bis sechs Tage vor Beginn bei der Klägerin angemeldet. Die Klägerin war nicht verpflichtet, innerhalb so
kurzer [X.]
auf die
Anmeldungen zu reagie-ren
und ihre Einwilligung in die
Musikaufführungen zu erteilen. Es ist daher nicht rechtsmissbräuchlich, dass sie sich auf das Fehlen einer Einwilligung [X.].
b) Die Revision macht weiter ohne Erfolg geltend, der Klägerin
sei es versagt, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, weil sie es entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus
§
13 [X.] versäumt
habe, für derartige Veranstaltungen -
also Veranstaltungen unter freiem Himmel auf öffentlichen Plätzen
-
einen eigenen Tarif zu schaffen und zu veröffentlichen.
Entgegen der Ansicht der Revision war es
der Beklagten dadurch, dass kein Tarif für solche Veranstaltungen
bestand, nicht unmöglich, nach §
11 [X.]
vorzugehen und damit die
bis zum Beginn der Veranstaltungen
nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen.
Die Klägerin ist auch dann, wenn sie keinen Tarif für eine bestimmte Nutzung aufgestellt hat, nach §
11 Abs.
1 [X.] ver-pflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf [X.] zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Kommt ei-9
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6
-
ne Einigung über die Höhe der Vergütung für die Einräumung der Nutzungs-rechte nicht zustande, gelten
die Nutzungsrechte auch beim Fehlen eines Tarifs für diese Nutzung nach
§
11 Abs.
2 [X.] als eingeräumt, wenn die Vergü-tung in Höhe des vom Nutzer anerkannten Betrages an die [X.] gezahlt und in Höhe der darüber hinausgehenden Forderung unter [X.] an die Verwertungsgesellschaft gezahlt oder zu ihren Gunsten hinterlegt worden ist.
c) Die Revision wendet ferner erfolglos ein, die
Klägerin sei daran gehin-dert, Schadensersatz
zu verlangen,
weil zwischen den Parteien eine gängige Praxis bestanden habe, dass
die Klägerin die Veranstaltungen im Nachhinein abgerechnet habe.
Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass der zwischen den Parteien bestehende Vertrag nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klä-gerin infolge einer Kündigung der Beklagten im Jahr
2003 geendet
hatte. Die Beklagte durfte jedenfalls nach der Kündigung des Vertrages nicht auf den
Fortbestand einer bis dahin möglicherweise bestehenden Praxis einer nachträg-lichen Abrechnung vertrauen.
2. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entsprechend den von der Klägerin aufgestellten Tarifen
U-VK
I und M-U
I nach der Größe der Veranstaltungsfläche berechnet.
a) Die Klägerin
ist im Falle einer Verletzung der von ihr wahrgenomme-nen Rechte berechtigt, den Verletzer auf Schadensersatz in Anspruch zu [X.]. Dabei stehen ihr grundsätzlich alle drei Berechnungsarten zur Wahl: Sie kann den konkreten Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns, die Herausgabe des Verletzergewinns oder die Zahlung einer angemessenen Li-13
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7
-
zenzgebühr verlangen ([X.], Urteil vom 1.
Dezember 2010 -
I
ZR
70/90, [X.], 720
Rn.
19 = [X.], 1076 -
Multimediashow, mwN).
b) Berechnet die Klägerin
den Schaden -
wie im Streitfall -
nach der an-gemessenen Lizenzgebühr, hat sie dieser Berechnung regelmäßig die [X.] zugrunde zu legen, die der Rechtsverletzer bei ordnungsgemäßer Ein-holung der Erlaubnis der Klägerin
hätte entrichten müssen ([X.], [X.], 720
Rn.
20 -
Multimediashow, mwN).
Grundsätzlich kommt
es danach
auf die-jenige
Vergütung an, die
die Klägerin
auch sonst für derartige Nutzungen be-rechnet. Für Freiluftveranstaltungen hatte
die Klägerin
zum [X.]punkt der hier in Rede stehenden Veranstaltungen allerdings keinen Tarif aufgestellt.
Enthält das Tarifwerk der Verwertungsgesellschaft keinen unmittelbar passenden Tarif, so ist grundsätzlich von dem Tarif auszugehen, der nach seinen Merkmalen der im Einzelfall vorliegenden Art und Weise sowie
dem Umfang der Nutzung [X.] nahe kommt ([X.], Urteil vom 23.
Mai 1975 -
I
ZR
51/74, [X.], 35, 36 -
Bar-Filmmusik; Urteil vom 1.
Juni 1983 -
I
ZR
98/81, [X.], 565, 567 -
Tarifüberprüfung II). Das Berufungsgericht ist von den Parteien [X.] davon ausgegangen, dass die Tarife
U-VK
I und M-U
I nach ihren Merkmalen der in Rede stehenden Nutzung am nächsten stehen.

Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Klägerin sei es verwehrt, diese
Tarife
heranzuziehen, weil sie
ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus §
13 [X.] nicht
nachgekommen
sei, für derartige Veranstaltungen eigene Tarife zu erstellen. Anders als in den vom [X.] entschiedenen Fällen handele es sich hier
nicht um seltene Ausnahmen oder unzulässige
Veranstal-tungen, für die
die Schaffung eines eigenen Tarifwerkes unzumutbar sei. [X.] gehe es um Straßenfeste, Stadtteilfeste
und
Weihnachtsmärkte, die seit 17
18

-
8
-
Jahrzehnten in zumindest jährlichem Rhythmus in einer Vielzahl von [X.] Städten und Ortschaften stattfänden.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin nach §
13 Abs.
1 Satz 1 [X.] verpflichtet war, einen eigenen Tarif für derartige Veranstaltungen aufzustellen. Die Einhaltung der Verpflichtung zur Aufstellung von Tarifen ist von der Auf-sichtsbehörde zu überwachen (§
19 Abs.
1 [X.]). Der [X.] hat keinen Anspruch gegen die Verwertungsgesellschaft auf Aufstellung eines Tarifs [X.] in Dreier/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
13 [X.] Rn.
3). Ein Verstoß ge-gen die Verpflichtung zur Aufstellung von Tarifen hat daher nicht zur Folge, dass die
Verwertungsgesellschaft daran gehindert
wäre, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte und Ansprüche eine Vergütung zu verlangen. Im Übrigen hat die Klägerin mittlerweile einen Tarif U-ST für Unterhaltungsmusik bei Bürger-, Straßen-, Dorf-
und Stadtfesten, die im [X.] stattfinden, geschaf-fen.
c) Bestimmt der
Tatrichter
die angemessene Vergütung für die Einräu-mung eines Nutzungsrechts unter Heranziehung des dieser Nutzung am nächs-ten stehenden Tarifs, kann das Revisionsgericht dies nur darauf überprüfen, ob der
Tatrichter
von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und sämtliche für die Bemessung der Vergütung bedeutsamen Tatsachen berück-sichtigt hat, die von den Parteien vorgebracht worden sind oder sich aus der Natur der Sache ergeben (vgl. zur Überprüfung der Angemessenheit des Tarifs einer Verwertungsgesellschaft [X.], Urteil vom 29.
Januar 2004 -
I
ZR
135/00,
[X.], 669, 670
f. = [X.], 1057 -
Musikmehrkanaldienst; [X.], 720 Rn.
30 -
Multimediashow; zur Schätzung einer angemessenen [X.] im Rahmen der Lizenzanalogie [X.], Urteil vom
2.
Oktober 2008

I
ZR
6/06, [X.], 407
Rn.
23 = [X.], 319 -
Whistling for a train, 19
20

-
9
-
mwN; zur Bestimmung der angemessenen Vergütung nach §
32 Abs.
1 Satz
3 [X.]
[X.], Urteil vom 7.
Oktober 2009 -
I
ZR
38/07, [X.]Z 182, 337 Rn.
31

Talking to A[X.]ison). Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält einer solchen Nachprüfung stand.
aa) Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Beurteilung im [X.] dem Einigungsvorschlag der [X.] im vorgeschalteten Verfahren und der ständigen Spruchpraxis
der [X.] in vergleichbaren Verfahren (vgl. etwa ZUM 2007, 587, 588
f.) angeschlossen. Das ist rechtlich
nicht zu be-anstanden.
Der
Tatrichter
kann und muss sich auch
danach richten, was die [X.] in dem vorgeschalteten oder in vergleichbaren Verfahren vorge-schlagen hat. Die [X.] ist wesentlich häufiger als das jeweilige Gericht mit derartigen Verfahren und der Überprüfung von Tarifen befasst. Ein über-zeugend begründeter Einigungsvorschlag
der [X.] hat daher eine ge-wisse Vermutung der Angemessenheit für sich ([X.], Urteil vom 5.
April 2001

I
ZR
132/98, [X.], 1139, 1142 = WRP 2001, 1345 -
Gesamtvertrag privater Rundfunk).
Die Revision ist der Ansicht, die Sachkompetenz der [X.] be-gründe die
Vermutung der
Angemessenheit des Tarifs nur bei Gesamt-verträgen. Dem kann nicht zugestimmt werden. Der Gesetzgeber hat die Anru-fung der [X.] nicht nur dann zur zwingenden Voraussetzung für die Erhebung einer Klage gemacht, wenn es um den
Abschluss oder die Änderung eines Gesamtvertrages geht

14 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
c, §
16 Abs.
1 [X.]), sondern auch dann, wenn bei einer Streitigkeit zwischen [X.] und [X.] die Anwendbarkeit oder Angemessenheit eines Tarifs im Streit ist (§
14 Abs.
1 Nr.
1 Buchst.
a, §
16 Abs.
2
[X.]). Damit wollte der 21
22
23

-
10
-
Gesetzgeber sicherstellen, dass in allen Streitigkeiten über Tarife ein begründe-ter Einigungsvorschlag der [X.] vorliegt, den die Beteiligten annehmen können oder der doch zumindest den Gerichten bei ihrer Entscheidungsfindung als Grundlage dienen kann (BT-Drucks. 10/837, S.
12).

Die Revision beanstandet
ohne Erfolg, die [X.] sei nur mit [X.] des Deutschen Patent-
und Markenamtes
besetzt und nicht auch mit Vertretern der Veranstalter. Da die Beamten des Deutschen Patent-
und Mar-kenamts keine Vertreter
der Verwertungsgesellschaft sind, ist die [X.] nicht deshalb unausgewogen besetzt, weil ihr keine Vertreter der Veranstalter angehören.
[X.]) Die Revision macht vergeblich
geltend, die Beklagte habe aus den Veranstaltungen keinen wirtschaftlichen Vorteil gezogen.
Veranstaltungen der in Rede stehenden Art seien für die Kommunen oder
ihre veranstaltenden Tochtergesellschaften wie die Beklagte grundsätzlich ohne jeden eigenen wirt-schaftlichen Vorteil. Solche Veranstaltungen
dienten vornehmlich den Interes-sen der Bürger und der Allgemeinheit.
Die Frage, ob eine Vergütung angemessen ist, richtet sich
allerdings grundsätzlich
nach dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Berech-nungsgrundlage für die Tarife sollen nach §
13 Abs.
3 Satz
1 [X.] in der [X.] die geldwerten Vorteile sein, die durch die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Werke oder Leistungen erzielt werden. Damit gilt auch für die [X.]shöhe der urheberrechtliche [X.], nach dem der Urhe-ber oder Leistungsschutzberechtigte an jeder wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke oder Leistungen tunlichst angemessen zu beteiligen ist (vgl. [X.], [X.], 669, 670
f.
-
Musikmehrkanaldienst). Allerdings ist auch dann, wenn mit einer
wirtschaftlichen Nutzung keine geldwerten Vorteile erzielt wer-24
25
26

-
11
-
den, jedenfalls
eine Mindestvergütungsregelung erforderlich, um die Urheber und Leistungsschutzberechtigten vor einer möglichen Entwertung ihrer Rechte zu schützen. Eine solche Mindestvergütung
darf nur nicht so weit gehen, dass der [X.] zu Lasten des Verwerters in einem unangemesse-nen Verhältnis überschritten wird (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Oktober 1987
-
I
ZR
164/85, [X.], 373, 376 -
Schallplattenimport
III; [X.], 720
Rn.
31 -
Multimediashow).

Die Tarife [X.] und [X.] entsprechen
diesen Anforderungen. Sie se-hen Vergütungsgruppen vor, die nach der Höhe des Eintrittsgelds für die jewei-lige Veranstaltung
gestaffelt sind. Für Veranstaltungen, die -
wie die hier in [X.] stehenden -
ohne Eintrittsgeld oder nur gegen ein Eintrittsgeld von bis zu 1

zugänglich sind, ist nach den Tarifen eine Mindestvergütung zu zahlen. Es [X.] keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Mindestvergütung unangemes-sen ist. Entgegen der Ansicht der Revision liegt dieser Tarifgestaltung nicht die Annahme zugrunde, dass die Veranstalter von Aufführungen in geschlossenen Räumen stets Einnahmen erzielen. Bei Veranstaltungen in Gebäuden werden erfahrungsgemäß nicht immer
Eintrittsgelder
erhoben oder Speisen und Ge-tränke verkauft.

[X.]) Nach den Tarifen U-VK
I und M-U
I ist bei geschlossenen Ver-anstaltungsräumen die Größe der Veranstaltungsfläche für die Höhe der Vergü-tung maßgeblich. Das Berufungsgericht hat es in Übereinstimmung mit der [X.] als angemessen erachtet, die Höhe der Vergütung auch bei [X.] nach der Größe der Veranstaltungsfläche -
gerechnet vom ersten bis
zum letzten Stand
und von Häuserwand
zu Häuserwand
-
zu be-stimmen. Entgegen der Ansicht der Revision ist dies
nicht als willkürlich und unangemessen
anzusehen.
27
28

-
12
-
(1) Die Revision meint, Berechnungsgrundlage für die [X.] und die Vergütungshöhe könne nur der Bereich sein, der von den Bühnen
mit Musikdarbietungen beschallt werde. Maßgeblich sei die mögliche Schallent-faltung, die von den örtlichen Gegebenheiten und der verwendeten Lautstärke
abhänge. Diese Fläche sei
weiter zu vermindern um die Bereiche, die von [X.] nicht betreten werden könnten
oder dürften. Dazu gehörten
beispiels-weise Flächen, die von Ständen bedeckt würden,
und Flächen, die -
wie etwa der öffentliche Verkehrsraum -
für eine
Nutzung durch Besucher nicht zugelas-sen
seien.
Zudem seien die Flächen abzuziehen, die von den Betreibern von
Ständen
beschallt würden. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb der [X.] von Flächen, bei denen die von der Bühne [X.] Musikwiedergabe von anderen Beschallungsquellen überlagert werde
und für die bereits die
Standbetreiber der Klägerin [X.] seien, nochmals eine Vergütung zahlen solle.
Damit dringt die Revision nicht durch. Das Berufungsgericht hat in Über-einstimmung mit der [X.] rechtsfehlerfrei angenommen, zur Berech-nung der angemessenen Vergütung sei nicht nur auf den von den Bühnen mit Musikdarbietungen beschallten Bereich, sondern auf die gesamte [X.] abzustellen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts prägt die Musik auf den Bühnen bei solchen
Festen die gesamte Veranstaltung. Die Musikdarbietungen
richten
sich an alle Besucher auf der gesamten [X.]. Da das Publikum vor den Musikbühnen ständig wechselt, hören im Laufe der [X.] in der Summe mehr Zuhörer die Musik, als vor der Bühne Platz fänden. Für die Höhe der angemessenen Vergütung
kommt es
deshalb
auch nicht darauf an, ob bestimmte Teile der Veranstaltungsfläche von den Besu-chern nicht betreten werden konnten oder durften, ob sie von den Standbetrei-bern beschallt wurden oder nicht zur Musikwahrnehmung vorgesehen waren.
29
30

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13
-
(2) Die Annahme des Berufungsgerichts, eine
Berechnung der Vergü-tung nach der Größe der Veranstaltungsfläche sei auch aus [X.] geboten, lässt gleichfalls keinen Rechtsfehler erkennen.

Entgegen der Ansicht der Revision ist es erfahrungsgemäß nicht ohne weiteres möglich, ausgehend von der jeweiligen Bühne den physikalisch rele-vanten Beschallungsbereich zu
ermitteln. Dieser hängt nach dem eigenen [X.] der Beklagten von den örtlichen Gegebenheiten und der verwendeten Lautstärke ab und wäre somit regelmäßig nur mit sachverständiger Hilfe fest-stellbar. Es ist der Klägerin nicht zuzumuten, bei jeder Musikaufführung im [X.] einen Sachverständigen mit der Ermittlung
des Beschallungsbereichs
zu beauftragen. Das Honorar des Sachverständigen würde insbesondere bei klei-neren Veranstaltungen ohne [X.] die Vergütung für die Nutzung des [X.] aufzehren.
Das Berufungsgericht
hat im [X.] an die [X.] rechtsfehler-frei angenommen, dass auch eine Berechnung der konkret begehbaren Fläche in jedem einzelnen Fall einen unzumutbaren und das Vergütungsaufkommen übermäßig belastenden Aufwand mit sich bringen würde. Es ist der Klägerin nicht zuzumuten, bei jeder der zahlreichen und verschiedenartigen Veranstal-tungen im gesamten [X.] die Flächen zu ermitteln, auf denen sich keine Besucher aufhalten
können oder dürfen. Entgegen der Ansicht der Revi-sion kann
dem
Interesse
der Klägerin an einer verwaltungsarmen Handhabung ihres Aufgabenbereichs auch nicht dadurch Rechnung getragen werden, dass von der beschallten Fläche -
je nach dem Charakter der Veranstaltung -
prozen-tuale Abzüge für Flächen vorgenommen werden, die von den Besuchern nicht genutzt werden. Es fehlen Erfahrungswerte, die es der Klägerin ermöglichen könnten, nicht begehbare Teilflächen ohne aufwändige Ermittlungen pauschal 31
32
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-
14
-
zu schätzen. Zudem wäre bei einer solchen Schätzung zu erwarten, dass zahl-reiche
[X.] einwenden, die Klägerin trage den besonderen Gegebenhei-ten der Veranstaltung nicht Rechnung und unterschätze deshalb die Größe der für Besucher unzugänglichen Teilflächen. Damit wäre der mit der Aufstellung von Tarifen verfolgte Zweck verfehlt, es der Verwertungsgesellschaft zu
erspa-ren, in jedem Einzelfall langwierige Verhandlungen über Art und Höhe der zu zahlenden Vergütung zu führen ([X.],
[X.], 35, 37 -
Musikautomat).
[X.])
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe
nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt, dass die Musikwiedergabe bei derartigen Veranstaltungen lediglich einen Nebenzweck darstelle, während die Tarife U-VK
I und M-U
I auf Musikveranstaltungen ausgerichtet seien, bei de-nen die Musikwahrnehmung der Hauptzweck sei.
Für die Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kommt es auch nach den Tarifen U-VK
I
und M-U
I nicht darauf an, ob die Musikwiedergabe Haupt-
oder Nebenzweck der Veranstaltung ist. Die Musikaufführungen bei den hier in Rede stehenden Veranstaltungen richteten sich zudem an alle Besucher der Veran-staltung
und damit auch an diejenigen, die die Musikdarbietungen als neben-sächlich
empfanden. Die Revisionserwiderung
weist zutreffend darauf hin, dass
die praktische Handha[X.]arkeit eines Tarifs in Frage gestellt
wäre, wenn die Vergütungshöhe danach zu bestimmen wäre, ob und inwieweit eine Aufführung Haupt-
oder Nebenzweck der Veranstaltung ist. Die Klärung dieser Frage
könn-te
zu langwierigen Verhandlungen mit [X.]n
führen. Das aber soll der Verwertungsgesellschaft durch die tarifliche Regelung der [X.] erspart bleiben.
3. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die [X.] der Klägerin nicht verjährt sind.
34
35
36

-
15
-
a) Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urhebe-rechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts finden nach §
102 Satz 1 [X.] die Vorschriften der §§
194 ff. [X.] über die Verjährung entsprechende Anwendung. Daher verjähren [X.] wegen Urheberrechtsverletzungen nach §§
195, 199 Abs.
1 [X.] re-gelmäßig innerhalb von drei Jahren. Es kann offenbleiben, ob danach [X.] wegen Musikaufführungen bei Veranstaltungen in den Jahren 2004 und 2005 -
wie die Revision geltend macht -
zum [X.]punkt der Klageeinreichung am 24.
Februar 2009 verjährt waren.

b) Hat der Verpflichtete durch die Verletzung des Urheberrechts etwas auf Kosten des Berechtigten erlangt, findet nach §
102 Satz
2 [X.] die Be-stimmung des §
852 [X.] entsprechende Anwendung. Danach ist der Ersatz-pflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereiche-rung verpflichtet

852 Satz
1 [X.]). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden
Ereignis an

852 Satz
2 [X.]).
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist danach jedenfalls deshalb nicht verjährt, weil er auf Herausgabe einer durch die Verletzung des Urheberrechts erlangten
Bereicherung gerichtet ist.
aa) Die Beklagte hat durch die Verletzung der von der Klägerin [X.] Urheberrechte auf deren Kosten etwas im Sinne von §
102 Satz
2 [X.] erlangt.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte
habe kei-nen Vermögensvorteil erlangt, weil ihr für die Veranstaltungen kein Entgelt zu-37
38
39

-
16
-
geflossen sei. Die Beklagte hat durch
die öffentliche Aufführung der Musikwerke in den Zuweisungsgehalt des von der Klägerin wahrgenommenen Rechts zur öffentlichen Wiedergabe der Musikwerke eingegriffen und damit auf Kosten der Klägerin
den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund erlangt
(vgl. [X.], Urteil vom 29.
April 2010 -
I
ZR
68/08, [X.], 623 Rn.
33 = [X.], 927 -
Restwertbörse, mwN).
[X.]) Da die Herausgabe des [X.] wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der
Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausge-geben werden kann, ist nach §
818 Abs.
2 [X.] der Wert zu ersetzen. Der ob-jektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. [X.], [X.], 623 Rn.
33 -
Restwert-börse, mwN).
Die Höhe dieser Lizenzgebühr hat das Berufungsgericht rechts-fehlerfrei bestimmt (vgl. oben Rn.
15
ff.).
[X.]) Die Verpflichtung zum Wertersatz ist auch nicht deshalb ausge-schlossen, weil die Beklagte nicht mehr bereichert
wäre (§
818 Abs.
3 [X.]). Die Revision macht geltend, bei der Beklagten
sei
im [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz kein Vermögensvorteil mehr vor-handen gewesen, da sie
eine hundertprozentige Tochter der [X.] mit Gewinnabführungs-
und Verlustnachschusspflicht sei. Mit diesem Vorbringen hat
die Revision schon deshalb keinen Erfolg, weil es sich dabei um neuen, in
der Revisionsinstanz grundsätzlich unbeachtlichen Sachvortrag handelt (§
559 Abs.
1 ZPO). Der Einwand der Revision wäre aber auch unbegründet. Wer durch die Verletzung eines Urheberrechts etwas erlangt hat, kann sich im [X.]fall nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§
818 Abs.
3 [X.]) berufen, da das Erlangte
-
also
der Gebrauch des Schutzgegenstands
-
nicht mehr entfallen 40
41

-
17
-
kann (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Juli 1971

I
ZR
58/70, [X.]Z
56, 317, 322

Gasparone II).
II[X.] Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten (§
97 Abs.
1 ZPO) zurückzuweisen.
Bornkamm
Pokrant
Büscher

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 17.12.2009 -
I-8 O 85/09 -

[X.], Entscheidung vom [X.] -
I-4 [X.] -

42

Meta

I ZR 175/10

27.10.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2011, Az. I ZR 175/10 (REWIS RS 2011, 1865)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1865

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 175/10

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