Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2018, Az. XII ZB 99/18

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 7497

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[X.]:[X.]:BGH:2018:200618BXII[X.]99.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]

vom

20. Juni 2018

in der Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG § 295; BGB § 1903
a)
Bei der Verlängerungsentscheidung über eine Betreuung mit Einwilligungsvorbe-halt hat das Gericht hinsichtlich der Betreuung und hinsichtlich des Einwilligungs-vorbehalts darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang diese fortzusetzen oder aufzuheben sind.
b)
Für die Anordnung eines [X.] muss eine konkrete Gefährdung des Vermögens des Betroffenen durch [X.] festgestellt werden, indem er etwa vermögenserhaltende und -schützende Maßnahmen des Betreuers [X.] oder andere vermögensschädigende Maßnahmen trifft. Ist der Betroffene Unternehmensinhaber, können hierunter auch solche Verhaltensweisen fallen, die das Vertrauen in die Unternehmensführung und damit die Aufrechterhaltung der Geschäftskontakte und Kreditlinien gefährden (Fortführung von [X.]sbeschluss vom 15.
März 2017

XII
[X.]
563/16

juris).

BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 -
XII [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 20. Juni 2018
durch
den Vorsitzenden Richter Dose und [X.], [X.], Dr.
Botur und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 8. Februar 2018
unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels in-soweit aufgehoben, als
es den Einwilligungsvorbehalt betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des [X.], an das [X.].
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
[X.]: 5

Gründe:
I.
Der
62jährige Betroffene leidet an einer
am ehesten als Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis
zu qualifizierenden psychischen Erkrankung, wegen derer er seine
Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Für ihn ist seit 1999 eine Betreuung
eingerichtet, zuletzt
mit dem Aufgabenkreis der Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen bezüglich der Leitung seines inha-bergeführten Unternehmens "einschließlich aller mit der Leitung des [X.]
-
3
-
mens verbundenen steuerlichen, postalischen und vermögensrechtlichen (ein-schließlich Führung und -
gegebenenfalls treuhänderischen -
Verwaltung der Konten) Angelegenheiten sowie bezüglich des Hauses

, Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen gegenüber Behörden, Krankenkassen, Rentenversi-cherungsträgern, Banken und anderen Institutionen, Grundstücksangelegenhei-ten und Vertretung in gerichtlichen Verfahren". Zur Betreuerin ist die Mutter des Betroffenen (Beteiligte zu 2) und zur Ersatzbetreuerin seine geschiedene Ehe-frau (Beteiligte zu 3) bestellt.
Ein Einwilligungsvorbehalt ist angeordnet
für die Bereiche Vertrags-
und Vermögensangelegenheiten seines
Unternehmens so-wie die Grundstücksangelegenheiten des Betroffenen.
Mit
Beschluss vom 17. Mai 2017 hat das Amtsgericht die Betreuung ver-längert. Das [X.] hat die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen; hiergegen richtet sich seine
Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg, soweit sie den Einwilligungsvorbehalt betrifft;
im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Bei feststehender psychischer Erkrankung bestehe der Betreuungsbedarf mit unverändertem Aufgabenkreis. Das gelte insbesondere weiterhin für die Leitung des Unternehmens, das Existenzgrundlage des
Betroffenen sei,
und ihm er-mögliche, ein weitgehend selbstbestimmtes Leben nach seinen Vorstellungen zu führen. Ohne die Betreuung sei
der Geschäftsbetrieb nicht aufrechtzuerhal-ten mit der Folge, dass auch das im Eigentum des Betroffenen stehende und von ihm bewohnte Haus nicht zu halten
wäre. Dass die Verlängerung der Be-2
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-
treuung dem geäußerten Willen des Betroffenen widerspreche, stehe der [X.] nicht entgegen, weil er nicht in der Lage sei, seinen Willen frei zu [X.].
2. Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit es den Einwilligungsvorbehalt anbelangt.
a) Nach § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelten für die Verlängerung der Be-stellung eines Betreuers oder der Anordnung eines [X.] die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend.
Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen der Verlängerung der Betreuung ei-nerseits und der Verlängerung des [X.] andererseits, die auch unterschiedliche
rechtliche Voraussetzungen haben. Bei der [X.] hat das Gericht deshalb sowohl hinsichtlich der Betreuung als auch hinsichtlich des [X.]
darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang diese fortzusetzen
oder aufzuheben sind.
b) Die Entscheidungen
der Instanzgerichte verhalten sich zwar nicht in den jeweiligen Entscheidungsformeln, aber in den Gründen zum
Einwilligungs-vorbehalt.
Mithin ist davon auszugehen, dass auch dieser verlängert worden ist.
3. Indessen sind die
Voraussetzungen einer Verlängerung des Einwilli-gungsvorbehalts nicht hinreichend festgestellt.
a) Das Betreuungsgericht ordnet nach § 1903 Abs. 1 BGB an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenbereich des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf, soweit dies zur Abwendung einer erhebli-chen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist (Einwilligungsvorbehalt). Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen. Der Umfang der Ermittlung 5
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5
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richtet sich
auch danach, dass es sich bei dem Einwilligungsvorbehalt um einen gravierenden Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen handelt, der sich ohne weitere Feststellungen nicht rechtfertigen lässt
([X.]sbeschluss vom 13. Sep-tember 2017 -
XII [X.] 157/17 -

FamRZ 2017, 1963 Rn. 16
mwN).
b) Um den
Betroffenen
in seinen
Angelegenheiten zu unterstützen und das krankheitsbedingte Unterlassen notwendiger Maßnahmen im Rahmen einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung abzuwenden, ist die Beteiligte zu 2 zur Betreuerin bestellt worden. [X.] dieses Amtes liegt es in ihrer [X.], die notwendigen Maßnahmen unter anderem in Bezug auf die [X.] zu ergreifen.
Der Einwilligungsvorbehalt hingegen schützt den Betroffenen vor Vermö-gensgefährdungen durch [X.]. Für die Anordnung eines [X.] muss daher eine konkrete Gefährdung des Vermögens des Betroffenen durch [X.] festgestellt werden, indem er etwa vermö-genserhaltende und -schützende Maßnahmen der Betreuerin konterkarierte oder andere vermögensschädigende Maßnahmen trifft
([X.]sbeschluss vom 15. März 2017 -
XII [X.] 563/16 -
juris Rn. 10).
Dabei können zu den vermögens-schädigenden Maßnahmen auch solche Verhaltensweisen gehören, die das Vertrauen in die Unternehmensführung und damit womöglich die Aufrechterhal-tung der Geschäftskontakte einschließlich der für das Unternehmen
erforderli-chen Kreditlinien
gefährden.
Insoweit fehlt es bisher an jeglichen Feststellungen, die eine Verlänge-rung des [X.] rechtfertigen.
4. Der angefochtene Beschluss kann daher, was den Einwilligungsvor-behalt betrifft, keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache
nicht
ab-10
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schließend entscheiden, da er die noch erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.
5. Die Entscheidung bezüglich der Verlängerung der Betreuung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Von einer weiteren Begründung der Ent-scheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7
FamFG).
Dose
Schilling
Nedden-Boeger

Botur
Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.05.2017 -
10 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 08.02.2018 -
8 [X.] -

14

Meta

XII ZB 99/18

20.06.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2018, Az. XII ZB 99/18 (REWIS RS 2018, 7497)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7497

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