Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.02.2020, Az. 4 AZR 510/18

4. Senat | REWIS RS 2020, 351

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Gegenstand

Beförderung zum Purser - Stufenzuordnung bei Umgruppierung - maßgebendes Steigerungsdatum


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. September 2018 - 6 [X.]/18 - aufgehoben.

2. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 29. November 2017 - 3 Ca 2685/17 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Stufenzuordnung des [X.] innerhalb einer Vergütungstabelle und daraus resultierende Differenzentgeltansprüche.

2

Der Kläger ist seit dem 20. Mai 2007 bei der [X.] beschäftigt. Nach den Feststellungen das [X.]s finden [X.] die jeweiligen von der [X.] und der [X.] ([X.]) für das Kabinenpersonal geschlossenen Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, ua. der [X.] Nr. 3 für das Kabinenpersonal bei [X.] vom 16. August 2013 ([X.]).

3

Der Kläger war zunächst als Flugbegleiter tätig. Die Beklagte vergütete ihn bis zum 30. April 2013 nach der in der [X.] zum [X.] für [X.] enthaltenen [X.], zuletzt nach der Stufe 6. Zum 1. Mai 2013 wurde der Kläger zum Purser befördert. Er erhält seither eine Vergütung nach der zeitlich jeweils einschlägigen Vergütungstabelle des [X.] für Senior [X.] ([X.]), anfangs der Stufe 4 und ab dem 1. Mai der Folgejahre nach der jeweils nächsthöheren Stufe.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bereits ab dem 1. Juni 2013 habe er ein Entgelt nach Stufe 5 der Vergütungstabelle [X.] und jeweils zum 1. Juni des Folgejahres nach der nächsthöheren Stufe beanspruchen können. Bei einer Beförderung zum Purser und dem damit verbundenen Wechsel der Vergütungstabelle ändere sich das jeweilige „individuelle Steigerungsdatum“ - dies sei bei seinem [X.] am 20. Mai 2007 der 1. Juni des jeweiligen Jahres - nicht. Der [X.] sei ebenso zu verstehen wie die Regelungen in dem zwischen dem [X.] ([X.]) und [X.] für das Kabinenpersonal der [X.] geschlossenen [X.].

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.778,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger vom 1. Juni 2018 bis zum 30. April 2019 nach der Vergütungsstufe 10 und ab dem 1. Juni 2019 nach der Vergütungsstufe 11 der ab dem 1. April 2014 gültigen Vergütungstabelle [X.] des Vergütungstarifvertrags Nr. 3 für das Kabinenpersonal bei [X.] zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge ab dem 1. des jeweiligen Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei nach § 2 Abs. 3 [X.] in die Stufe der Vergütungstabelle [X.] überzuleiten gewesen, die „mindestens dem bisherigen Gesamtgehalt zuzüglich € 306,78 entspricht“. Für einen nachfolgenden Stufenaufstieg müsse er zwölf volle Monate in der danach ermittelten Stufe verbracht haben.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat das Urteil auf die Berufung des [X.] abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das [X.] hat der Berufung des [X.] zu Unrecht stattgegeben. Die zulässige Klage ist unbegründet.

9

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht das für den Antrag zu 2. nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Mit der erstrebten Feststellung kann der Streit der Parteien über den zutreffenden Zeitpunkt der Stufensteigerung und damit die Berechnung der Vergütung zukunftsbezogen geklärt werden. Das Feststellungsinteresse besteht auch bezogen auf die gegenüber der Hauptforderung akzessorischen Zinsforderungen ([X.] 27. Januar 2016 - 4 [X.] - Rn. 12, [X.]E 154, 83; für eine Eingruppierungsfeststellungsklage vgl. 13. Mai 2015 - 4 [X.] 355/13 - Rn. 9 mwN).

II. Beide Klageanträge sind nicht begründet. Der Kläger war bei seiner Beförderung der Stufe 4 der Vergütungstabelle [X.] zuzuordnen. Die nächste Stufe hat er erst am 1. Mai 2014 und die folgenden Stufen jeweils am 1. Mai des Folgejahres erreicht. Daher kann er weder die Zahlung von Vergütungsdifferenzen noch die begehrte Feststellung verlangen.

1. Der [X.] hat ua. folgenden Inhalt:

        

„§ 2 Eingruppierung / Umgruppierung

        

1)    

Die Einstellung der [X.] erfolgt unmittelbar nach erfolgreich absolvierter Ausbildung.

        

2)    

Mitarbeiter beginnen bei Einstellung grundsätzlich in der untersten Stufe der jeweiligen Vergütungsgruppe.

        

3)    

Beim Upgrading vom [X.] zum [X.] erfolgt die Umgruppierung in die entsprechende Gehaltsstufe der [X.], die mindestens dem bisherigen Gesamtgehalt zuzüglich € 306,78 entspricht.

        

§ 3 [X.]

        

1)    

Der Beginn der Bezahlung erfolgt nach dem Einstellungsdatum des schriftlichen Arbeitsvertrages.

        

2)    

Jeweils nach 12 vollen Monaten erfolgt die Jahressteigerung in die nächst höhere Stufe laut Vergütungstabelle nach § 4 Abs. 1), bis die Endstufe der jeweiligen Tabelle erreicht ist. Einmalig gilt jeweils für [X.]s in der bis dahin geltenden Endstufe 8 und für Purser in der bis dahin geltenden Endstufe 10 der 01.07.2011 als Steigerungsdatum in die neuen Endstufen, soweit sie am 01.07.2011 bereits seit mindestens 12 Monaten in der bisherigen Endstufe waren. Das individuelle Steigerungsdatum bleibt im Übrigen erhalten.

        

3)    

Bei Umgruppierung oder Jahressteigerung zwischen dem 1. und 15. eines Monats, erhalten die Mitarbeiter die Vergütung rückwirkend ab dem 1. des Monats. Trifft das Ereignis erst nach dem 15. eines Monats ein, so erhalten sie die Vergütung ab dem 1. des Folgemonats.

        

…       

        
        

§ 4 Gehalt

        

1)    

Die Mitarbeiter erhalten ein monatliches Grundgehalt gemäß gültiger Vergütungstabellen…“

2. Die Umgruppierung des [X.] anlässlich der Beförderung zum Purser am 1. Mai 2013 erfolgte nach § 2 Abs. 3 [X.] in diejenige Stufe der Vergütungstabelle [X.], bei der sich seine Vergütung gegenüber der bisherigen um mindestens 306,78 [X.] erhöhte, mithin in die Stufe 4 der Vergütungstabelle [X.]. Entgegen der Auffassung des [X.]s ist mit „entsprechend“ nicht „die numerisch gleiche Stufe wie zuvor in der Vergütungstabelle [X.]“ gemeint. Das ergibt die Auslegung des [X.] (zu den Maßstäben der Tarifauslegung zB [X.] 20. Juni 2018 - 4 [X.] 339/17 - Rn. 19).

a) Der Wortlaut des § 2 Abs. 3 [X.] sieht eine Umgruppierung in die „entsprechende Gehaltsstufe“ vor. Das Wort „entsprechend“ könnte zwar für sich genommen als „numerisch entsprechend“ verstanden werden. Ein solches Verständnis ließe aber den sich anschließenden Relativsatz - „die mindestens dem bisherigen Gesamtgehalt zuzüglich € 306,78 entspricht“ - außer Betracht. Dieser definiert als „entsprechende Gehaltsstufe“ diejenige Stufe, die als erste die vorherige Vergütung um mindestens 306,78 [X.] übersteigt. Das ist nicht stets die numerisch „entsprechende Gehaltsstufe“, wie die Vergütungstabelle [X.] im Vergleich zur selben Stufe der Vergütungstabelle [X.] zeigt.

b) Die Beklagte hat die Umgruppierung dementsprechend vorgenommen und dem Kläger ab Mai 2013 ein Gesamtgehalt nach der Stufe 4 der damals einschlägigen Vergütungstabelle [X.] (für die Zeit bis zum 31. Dezember 2013) des [X.] geleistet. Diese Stufe überstieg als erste das Entgelt nach der vormaligen Vergütungstabelle [X.], Stufe 6, um den nach § 2 Abs. 3 [X.] vorgesehenen „Mindestabstand“. Anders als das [X.] angenommen hat, ist der Kläger - wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hatte und die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt haben - vor der Umgruppierung nicht nach Stufe 4, sondern nach Stufe 6 der Vergütungstabelle [X.] vergütet worden.

3. Der Kläger erreichte die Stufe 5 der Vergütungstabelle [X.] entgegen der Auffassung des [X.]s nicht bereits am 1. Juni 2013, sondern erst am 1. Mai 2014. Die weiteren [X.] erfolgten dann jeweils zum 1. Mai der nachfolgenden Jahre.

a) § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] sieht einen Stufenaufstieg „jeweils nach 12 vollen Monaten“ vor. Eine ausdrückliche Regelung zum Beginn der [X.] enthält die Tarifnorm nicht. Die Formulierung „jeweils“ spricht allerdings dafür, dass der Arbeitnehmer in der jeweiligen Stufe zwölf Monate verbracht haben muss.

b) Ein solches Verständnis ergibt sich vor allem aus der Systematik des [X.]. Danach ist für den Beginn der [X.] der jeweilige [X.] in der niedrigeren Stufe der einschlägigen Vergütungstabelle ([X.] oder [X.]) maßgeblich.

aa) Die [X.]bestimmungen erfolgen in § 3 [X.], der nach seiner Überschrift den „[X.]“ regelt. Für den Beginn der [X.] ist nach § 3 Abs. 1 iVm. § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] bei der Einstellung an den jeweiligen [X.] anzuknüpfen, an den sich nach „12 vollen Monaten“ die „nächst höhere Stufe“ anschließt. § 3 Abs. 3 [X.] legt für die (im Ergebnis erstmalige) Stufensteigerung den [X.] - je nachdem, ob die vollen zwölf Monate „zwischen dem 1. und 15. eines Monats“ oder danach erfolgen - einheitlich entweder auf den 1. des jeweiligen Monats oder den 1. des Folgemonats fest.

bb) Diese Tarifregelung ist auch bei einer Umgruppierung maßgeblich. Für den Stufenaufstieg ist an den jeweiligen [X.] anzuknüpfen. Für ein anderweitiges Verständnis fehlt es an Anhaltspunkten im [X.]. Eine Abkürzung der Tätigkeitsdauer in der entsprechenden Stufe sieht der Tarifvertrag nicht vor. Sie ist „jeweils“ zu durchlaufen. Bestätigt wird das Ergebnis durch § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Auch für diese besonders geregelten Fallgestaltungen sind die Tarifvertragsparteien grundsätzlich davon ausgegangen, ein Mitarbeiter müsse - auch wenn der 1. Juli 2011 als Steigerungsdatum festgelegt ist - vor einem Stufenaufstieg mindestens zwölf Monate „in der bisherigen Endstufe“ tätig gewesen sein. Entgegen der Auffassung des [X.] lässt sich für ein abweichendes Ergebnis § 3 Abs. 2 Satz 3 [X.] nicht anführen. Dieser regelt lediglich die Beibehaltung des individuellen Steigerungsdatums in den speziellen Fällen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.], wie sich aus dem Wortlaut von Satz 3 („im Übrigen“) und aus seiner systematischen Stellung ergibt.

c) Sinn und Zweck der Tarifbestimmungen gebieten kein anderes Verständnis. Unabhängig davon, ob - wie der Kläger meint - durch die vorliegende Stufensteigerungsregelung entweder die Betriebstreue oder die Berufserfahrung honoriert werden sollen, kann dies nicht nur durch ein „individuelles Steigerungsdatum“ tariflich umgesetzt werden, sondern auch - wie vorliegend - durch einen späteren Stufenaufstieg erfolgen.

d) Der Kläger kann sich für eine andere Auslegung nicht auf den für das Kabinenpersonal der [X.] geschlossenen [X.] stützen. Für eine nur ausnahmsweise mögliche tarifvertragsübergreifende Auslegung durch Heranziehung dieses Tarifvertrags fehlt es bereits an dafür erforderlichen Anhaltspunkten (vgl. dazu [X.] 1. Juli 2009 - 4 [X.] - Rn. 44 mwN, [X.]E 131, 197). Zudem ist die Vergütung von Stewards und Pursern in dem vom Kläger herangezogenen [X.] abweichend strukturiert. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang meint, die Tarifvertragsparteien des [X.] hätten wie in dem [X.] für das Kabinenpersonal der [X.] das anfängliche „individuelle Steigerungsdatum“ auch im Falle einer Beförderung beibehalten wollen, hat ein solcher etwaiger Wille in den tariflichen Regelungen keinen Niederschlag gefunden.

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Treber    

        

    Rinck    

        

    Klug    

        

        

        

    Kopp    

        

    [X.]    

                 

Meta

4 AZR 510/18

26.02.2020

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 29. November 2017, Az: 3 Ca 2685/17, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.02.2020, Az. 4 AZR 510/18 (REWIS RS 2020, 351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 351


Verfahrensgang

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Az. 4 AZR 510/18

Bundesarbeitsgericht, 4 AZR 510/18, 26.02.2020.


Az. 3 Ca 2685/17

Arbeitsgericht Köln, 3 Ca 2685/17, 29.11.2017.


Az. 6 Sa 253/18

Landesarbeitsgericht Köln, 6 Sa 253/18, 13.09.2018.


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