Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.06.2014, Az. VI R 41/13

6. Senat | REWIS RS 2014, 4515

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Gegenstand

(Personalrabatt: Anwendbarkeit des § 8 Abs. 3 EStG auf Fahrvergünstigung der Deutschen Bahn AG für Ruhestandsbeamte)


Leitsatz

1. Auf Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG Ruhestandsbeamten des Bundeseisenbahnvermögens gewährt, ist gemäß § 12 Abs. 8 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG entsprechend anwendbar.

2. Der Altersentlastungsbetrag ist nicht auf steuerfreie Einkünfte anwendbar.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die steuerliche Behandlung von [X.].

2

Die Kläger und [X.] (Kläger) sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger erzielten als Ruhestandsbeamte des Bundeseisenbahnvermögens (BEV) neben ihren Versorgungsbezügen geldwerte Vorteile in Form von [X.] durch die [X.] ([X.]) und zwar in Höhe von 486,46 € für den Kläger und 663,76 € für die Klägerin. Auf diese freiwillig geleisteten Vergünstigungen, die die Kläger bereits vor dem Eintritt in den Ruhestand während ihrer aktiven Dienstzeit erhalten hatten, bestand kein Rechtsanspruch.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) behandelte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung 2011 die geldwerten Vorteile aus den [X.] als Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG).

4

Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machten die Kläger geltend, dass es sich bei den geldwerten Vorteilen um Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG handle, nicht jedoch um Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG. Daher sei für beide Kläger ein [X.] nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG und für den Kläger darüber hinaus ein Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG zu berücksichtigen. Im Übrigen seien die [X.] steuerfrei nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG.

5

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1403 veröffentlichten Gründen statt.

6

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

7

Es beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des [X.] ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des [X.], soweit das [X.] dem Kläger einen Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG gewährt hat (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Im Übrigen ist die Revision unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Zwar hat das [X.] zu Unrecht § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht angewandt. Es kam aber aus anderen Gründen zu dem richtigen Ergebnis, dass die [X.] keine steuerliche Auswirkung haben (§ 126 Abs. 4 [X.]O).

1. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass es sich bei den [X.] um Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG handelt. Die [X.] stellen dem Grunde nach jeweils geldwerte Vorteile dar, die die Kläger aufgrund ihres früheren Dienstverhältnisses erhielten, und zwar in Höhe von 486,46 € für den Kläger und in Höhe von 663,76 € für die Klägerin (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2007 VI R 89/04, [X.], 555, [X.], 719).

2. Im Streitfall kann dahinstehen, ob es sich bei den gewährten [X.] um Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG handelt, da die Einnahmen jedenfalls --entgegen der Auffassung des [X.]-- nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG steuerfrei sind. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats setzt § 8 Abs. 3 EStG nicht voraus, dass der Sachbezug von dem Arbeitgeber eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses stammen muss. Werden Sachbezüge für eine Beschäftigung gewährt und erfüllen sie damit den Lohnbegriff, so findet § 8 Abs. 3 EStG vielmehr unabhängig davon Anwendung, ob es sich um einen Sachbezug aus einem gegenwärtigen, früheren oder zukünftigen Dienstverhältnis handelt (Senatsurteil vom 8. November 1996 VI R 100/95, [X.], 61, [X.] 1997, 330).

3. Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, so gelten als deren Werte abweichend von § 8 Abs. 2 EStG die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem [X.] nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet (§ 8 Abs. 3 Satz 1 EStG). Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1.080 € im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG).

Für die Umstrukturierung der [X.] sieht § 12 des [X.] ([X.]) Sondervorschriften vor. So gilt § 8 Abs. 3 EStG für die an die [X.] nach den Absätzen 2 und 3 zugewiesenen Beamten und die Ruhestandsbeamten des früheren Sondervermögens [X.] entsprechend (§ 12 Abs. 8 [X.]). Daher sind [X.], die die [X.] den ihr zugewiesenen Beamten bzw. den Ruhestandsbeamten des früheren Sondervermögens [X.] gewährt, nach § 8 Abs. 3 EStG steuerbegünstigt. Dies gilt, obwohl in einem solchen Fall die Zuwendung nicht durch den Arbeitgeber [X.], sondern durch einen [X.], [X.], erfolgt und die Dienstleistungen bzw. Produkte (Fahrkarte bzw. Beförderungsleistung) nicht zur Liefer- und Leistungspalette des Arbeitgebers [X.] gehören. Auch wenn die Beamten ihre Arbeitsleistung bei der [X.] erbringen, ist das [X.] und nicht die [X.] Arbeitgeber, da nach § 12 Abs. 4 [X.] trotz Zuweisung die Rechtsstellung sowie die Gesamtverantwortung des bisherigen Dienstherren gewahrt bleiben (vgl. hierzu Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 26. Januar 1995  4 S 3368/94, juris; [X.], [X.], 1114). Mit der Regelung des § 12 Abs. 8 [X.] wird gewährleistet, dass die zugewiesenen Beamten den [X.] behalten und mit den direkt bei der [X.] beschäftigten Angestellten und Arbeitern gleichgestellt werden (BTDrucks 12/6269, 132).

4. Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG aufgrund der Sondervorschrift des § 12 Abs. 8 [X.] entsprechend anwendbar, so dass den Klägern als Ruhestandsbeamten des [X.] jeweils ein [X.] in Höhe von 1.080 € zu gewähren ist.

5. Entgegen der Auffassung des [X.] war dem Kläger jedoch kein Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG zu gewähren.

a) Der Altersentlastungsbetrag ist nach § 24a Sätze 1 und 5 EStG bis zu einem Höchstbetrag im Kalenderjahr ein nach einem Prozentsatz ermittelter Betrag des Arbeitslohns und der positiven Summe der Einkünfte, die nicht solche aus nichtselbständiger Arbeit sind. Nach § 24a Satz 2 EStG bleiben Versorgungsbezüge und Leibrenten bei der Bemessung des [X.] außer Betracht. Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer ist die Regelung für jeden Ehegatten gesondert anzuwenden (§ 24a Satz 4 EStG).

b) Aus Gründen der Praktikabilität wird anstelle der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Arbeitslohn der Berechnung des [X.] zugrunde gelegt (BTDrucks 7/1470, 279). Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte des § 24a EStG gebieten es jedoch, nur solche (im Alter bezogenen) Einkünfte zu privilegieren, die nicht schon aufgrund anderweitiger Bestimmungen steuerbegünstigt oder gar von der Besteuerung gänzlich ausgenommen sind (vgl. Beschluss des [X.] vom 6. August 1997 VIII B 88/96, [X.] 1998, 168). Steuerfreie Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis scheiden daher aus der Bemessungsgrundlage aus (so auch die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. [X.]/[X.], § 24a EStG Rz 12; [X.]/Wacker, EStG, 33. Aufl., § 24a Rz 4; [X.], in: [X.][X.], EStG, § 24a Rz [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 24a EStG Rz 16; [X.] in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 24a Rz 4). Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG steuerfreie Einnahmen sind deshalb nicht im Rahmen des [X.] nach § 24a EStG zu berücksichtigen.

c) Diesen Rechtsgrundsätzen entspricht die Vorentscheidung nicht. Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, dass die vom Kläger erzielte [X.] für die Berechnung des [X.] nach § 24a EStG ist. Auch im Übrigen liegen keine Einkünfte des Klägers vor, die im Rahmen des [X.] zu berücksichtigen wären. Die neben der Fahrvergünstigung erzielten Versorgungsbezüge des Klägers bleiben nach §§ 24a Satz 2 Nr. 1, 19 Abs. 2 EStG außer Betracht. Die Sache ist spruchreif, so dass der Senat durchentscheiden konnte (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). Die Klage war daher insoweit abzuweisen.

Meta

VI R 41/13

26.06.2014

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 22. Mai 2013, Az: 7 K 3185/12, Urteil

§ 8 Abs 3 EStG 2009, § 24a S 1 EStG 2009, § 24a S 2 EStG 2009, § 24a S 4 EStG 2009, § 24a S 5 EStG 2009, § 12 Abs 2 DBGrG, § 12 Abs 4 DBGrG, § 12 Abs 8 DBGrG, EStG VZ 2011

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.06.2014, Az. VI R 41/13 (REWIS RS 2014, 4515)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4515

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

10 K 3384/14

6 K 2979/17

3 K 1062/16

3 K 588/16

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